3 100 142 884 X MSG1LL UNIVERSITY LIBRARY DER QUERSCHNITT Band 7/2 1927 KRAUS REPRINT Nendeln / Liechtenstein 1970 Ui3y Reprinted by permission of Verlag Ullstein GmbH., Berlin by KRAUS REPRINT A Divison of KRAUS-THOMSON ORGANIZATION LIMITED Nendeln/Liechtenstein 1970 Printed in Germany ^J| l ' , l||lll |,, 'l|||||i M l|||||li ,, l||||||i ,, l||||||i : 'l||||||i''i||||||i''l||||||i H i||||||i"i||||||i"i|| , llllllll ll |||||||! M l||||||l"l||||||l"l||||||l"l||||||l"l||||||l"l||||||l'l|lji GALERIE FERD. MÖLLER BERLIN JV3S, SCHONEBERGER UFER 38 (an der Bendlerbrü cke) Fernsprecher : Lüttow 98 12 * Die erste Ausstellung in Jen neuen Räumen ist eröffnet; gezeigt wird eine Sammlung zeitgenössischer Kunst mit Sonderausstellungen und E-inzelwerken "t- Geöffnet täglick von 9 - 6 Ulir ^lllillllllllnlIllllllullllllllnlIllllllullllllllullllllllHtlllllhtilllllllliillllUlltilllllllliilllllllliillllUlli tlllllllli illlllllli illlllllltillllllllnllllllllnllllllll 1 illllllllillf^ £33RE PORTAL DES KUNSTPALASTES DÜSSELDORF, DIE SCHÖNSTE MODERNE GROSSSTADT AM RHEIN GROSSE DEUTSCHE KUNSTAUSSTELLUNG / DÜSSELDORF 1928 DER QUERSCHNITT VII. Jahrgang Heft 7 INHALTS-VERZEICHNIS Florent Fels 1827—1927: Victor Hugo und die französische Romantik Zita Jungman-Guinness English Girls Benjamin James Die spanische Frau Otto Cartellieri . Vom Hofe der Herzoge von Burgund Augusta v. Oertzen Das Nebelderby von 1927 Maurice Dekobra . . . Psychologie der Eisenbahnen und Metaphysik der „Palace-Hotels“ Thomas Schramek Zwei indianische Märchen Peter Supf Gedichte Bernhard Schroeder-Wieborg .... Jagd in Südamerika Dorothea Hofer-Dernburg .Junge Tiere im Berliner Zoo Mattheo Quinz Die Rechenmaschine Emanuel Steiner Alain de Leche Maurice Chevalier Tilla Durieux Meine Haustiere Bücher-, Schallplatten- Querschnitt Marginalien Mit vielen Abbildungen im Text und auf Tafeln Beilagen: Die wichtigsten Auktionspreise (Verzeichnis 11) * Umschlagbild nach einer Radierung von Renee Sintenis (Mit Genehmigung von Fritz Gurlitt) PREIS DES HEFTES 1,50 GOLDMARK Verantwortlich für die Redaktion: H. v. Wedderkop. Berlin. — Verantwortlich für die Anzeigen: Hans Scheffler, Berlin Verantwortlich ln Österreich für Redaktion: Ludwlß Klinenberger. für Herausgabe: Ullstein ra, W ien Nowak 1827-1927 VICTOR HUGO UND DIE FRANZÖSISCHE ROMANTIK Von FLORENT FELS J oseph Leopold Sigisbert Hugo wurde 1774 in Nancy geboren. Er war der Sohn eines Schreiners, wurde 1788 Soldat und war mit der Armee am Rhein, in der Vendee und in Italien. Er war es, der die be- rühmte kalabresische von Fra Diavolo angeführte Räuberbande zer- sprengte. Er war der Autor eines Romanes, „Abenteuer in Tirol“, und zahlreicher militärischer Werke. Er war auch der Autor dreier Söhne, dreier Schriftsteller: Abel, ein Memoirenschreiber Eugen, und ein Poet Victor . . . Victor Hugo kam in Besangon im Jahre 1802 zur Welt und starb 1885 in Paris. Sein Vater schleppte ihn von Feldlagern in Garnisonen. Man bestimmte ihn für die militärische Karriere. Im Alter von 13 Jahren hatte er Oden, Satiren Episteln und eine Tragödie ge- schrieben. 487 Er veröffentlichte sein erstes Buch ,,Les Ödes“ 1822. Im Jahre 1827 das Drama „Cromwell“. Seine Vorrede wurde das Manifest der romantischen Kunst in Frankreich. * Für die Menschen meiner Generation (zwanzig Kriegsjahre, gnädige Frau) war Victor Hugo ein ziemlich langweiliger, ziemlich spruch- reicher, bärtiger alter Herr, der sich mit allem abgegeben hatte: Philo- sophie, Roman, Theater, Politik, und dessen Absichten unter einem Schwall von Bänden verschwanden. Heute erscheint er uns als einer jener Männer, wie sie es nicht mehr gibt. Man findet noch Blumen, aber die Wälder sind gefällf. Da ich mit einigen großen Persönlichkeiten unserer Zeit: Maurice Barres, Marcel Proust, Guillaume Apollinaire, Henri Matisse, Maurice de Vlaminck, Andre Derain und Picasso verkehrt habe, kann ich be- haupten, daß solche Musterexemplare des Menschengeschlechts wie Balzac, Alexandre Dumas und Victor Hugo einer Gattung anzugehören scheinen, deren Ausmaß, deren vitale und schöpferische Potenz außer- halb unserer jetzigen Größenverhältnisse ist. Es waren die letzten Riesen. Vielleicht existieren noch Heroen. Aber sie wenden sich anderen Betätigungen zu, und manchmal nur stellen wir Wirkungen ihrer Aktivität fest, in der Luftschiffahrt, in den Trusts, den Revolutionen und den Kriegen. Sie übermitteln nicht den wägbaren Ausdruck ihrer Mächtigkeit auf eine leicht faßliche Art. Sie bleiben im Abstrakten der Formeln und Ziffern. Ein Städte-Erbauer ist vielleicht ebensoviel wie ein Dichter. Aber er fällt noch nicht in die Kapazität unserer Sinne, und wir lassen uns weiter von dem Glauben fesseln, daß die Schöpfung des Geistes vor allen materiellen Realisationen den Vorrang habe. Hugo hat die Romantik nicht geschaffen. Aber sein Oeuvre ist ihr populärer Ausdruck. Er arbeitet im lebenden Material, und von allen Menschen seiner Zeit ist er derjenige, der die Epoche mit ihren Vor- zügen und mit ihren Schwächen am treuesten spiegelt. * ,,Die Vorrede zu Cromwell“, hat Theophile Gautier gesagt, „strahlte in unseren Augen wie die Gesetzestafeln auf dem Sinai, und gegen seine Argumente gab es nach unserer Mei-nung keinen Widerspruch.“ Das Manifest ist ganz geladen mit jenem groben, gesunden Menschenverstand, den Victor Hugo bei einem Gegenstand, der ihn lockt, niemals zu bekunden verfehlt. Dadurch ist er dem Mann aus dem Volke liebenswert, der für einfache Gedanken schwärmt, auch wenn sie falsch sind. Der Dichter führt die Kunst auf drei Phasen zurück: die 488 Urzeit, die in der Genesis zum Ausdruck gelangt, die Antike, die in der Ilias ihre Form findet, und die Neuzeit, die sich im Christentum ver- körpert. Die christliche Religion „ist vollständig, weil sie wahr ist“ (?); sie lehrt den Menschen, daß er zwei Leben zu leben hat, ein vergäng- liches und ein unsterbliches. Sie zeigt ihm, daß er „doppelt ist wie sein Schicksal.“ Und das ist die ganze Ethik der französischen Romantik! Irene Hirsch-Patzelt Eine geliebte Frau wird je nach Zeit und Umständen ein Engel oder ein Dämon sein. Im allgemeinen ein Engel vorher . . . ., und ein Dä- mon, wenn Herr Hugo ermüdet ist, was übrigens ein recht, recht schwieriges Unternehmen für seine Partnerinnen ist. Als er schon Pair von Frankreich war, feierten seine Kollegen noch seine „Mannheit“ und neideten sie ihm. Als er nach 1870 nach Paris zurückkommt, wählt er mit Vorliebe das Omnibusverdeck für Spazierfahrten. Be- trachtet der Poet Paris? Seine Freunde geben zu, daß er hinaufstieg, um den Grisetten zu folgen, und daß er nach den niedlichen Beinen 489 unter den hübschen Unterröcken schielte, wenn sie die kleine Treppe emporkletterten. Unterwegs schnitt er dann diesen Mädchen die Cour und blieb nicht dabei, sondern ging in seiner Unternehmungslust recht weit. Er hatte seiner Braut versprochen, ihr „einen reinen Körper und ein jungfräuliches Herz“ mit in die Ehe zu bringen. Mit zwanzig Jahren schrieb er ihr: „Ein junges Mädchen, das einen Mann heiratet, ohne , dank der Prinzipien und des ihr bekannten Charakters dieses Mannes, die moralische Sicherheit zu haben, nicht nur, daß er solide ist, sondern auch jungfräulich — ich gebrauche das Wort ausdrücklich in seiner vollsten Bedeutung — , ebenso jungfräulich wie sie selbst .... ein solches Mädchen zväre für mich nur eine ordinäre, uni nicht zu sagen vulgäre Frau.“ In Adele, seiner Zukünftigen, sieht er „einen Engel, eine Fee, eine Muse“. Als im Jahre 1832 Adele mit dem Kritiker Sainte-Beuve einen kleinen Seitensprung gemacht hat, zögert der Dichter nicht, seine Fesseln zu lösen. Er verbindet sich, und zwar für fünfzig Jahre, mit der Schauspielerin Juliette Drouet. „Der Kopf von Fräulein Juliette“, schreibt Theophile Gautier, „zeigt eine regelmäßige und delikate Schönheit, die sie für das Lächeln der Komödie geeigneter macht als für die Verkrampfungen desDramas.“ Hugo hatte sie auf einem Künstler- ball getroffen. Aber er verliebte sich erst richtig in sie während der Proben zu seiner Lucretia Borgia im Theater de la Porte Saint-Martin, wo sie die Prinzessin Negroni verkörperte. Ihre erste Liebesnacht war im Carneval. Draußen hörte man Paris lachen und singen und die Masken tollten vorbei. Die Hitze seiner lyrischen Begeisterung hindert Victor nicht, grau- sam gegen seine Maitresse zu sein. Er peinigt sie mit ihrer Vergangen- heit, mit der Erinnerung an ihre Liebhaber, den Bildhauer Pradier, den Fürsten Demidoff, der sie ausgehalten hatte. „Ich werde dich mit einem einzigen Worte charakterisieren, meine arme Freundin. Ein Engel in einer Hölle!“ Weint sie? Jedenfalls nennt er ihre Tränen die „Perlen der Liebe“ und — ist getröstet. Bis in sein spätes Alter bewahrt er sich seinen Appetit. Eine junge Frau von achtzehn Jahren kommt, ihn flehentlich um seine Intervention zur Rettung ihres Mannes zu bitten. Er geht darauf ein, aber nachdem er sich unter den Tränen der Frau mehr genommen hat, als man im allgemeinen einem Wohltäter bewilligt. Als Greis schnitzt er Möbel, ißt für vier und setzt seine Enkel in Er- staunen, weil er sich eine Orange im ganzen in den Mund stopft und mit seinen Kiefern zermalmt, seinen „Löwenkiefern“, wie die roman- tischen Dramaturgen sagten. * 490 Julius Kroll 1826 veröffentlichte Victor Hugo einen Roman, den er im Alter von sechzehn Jahren geschrieben hatte, ,,Bug-Jargal“, ferner die ,,Oden und Balladen“. Er arbeitete an seinem Cromwell, von dem er mehrere Szenen dem großen Tragöden Talma vorlas, der die Rolle nach seinem Wüchse fand. Im Cromwell will Hugo, ganz verliebt in Shakespeare, „das Dunkel mit dem Lichte, das Groteske mit dem Erhabenen, den Körper mit der Seele und das Tierische mit dem Geistigen“ vermischen. Das alles in einer schönen Unordnung, die das Charakteristikum der französischen Romantik ist. Sie hat nicht jenes Maß, zu dem die nicht weniger lyrischen aber kälteren germanischen Schriftsteller mit Leich- tigkeit gelangen. Das Gleichgewicht zwischen dem Erhabenen und dem Grotesken stellt sich schwer her, und noch die Heroen erliegen leicht dem letzteren. Man muß übrigens die Werke Hugos leidenschaftlich wälzen, um plötzlich, nach mühsamer Lektüre, auf Stücke von reiner Empfindung und unleugbarer Schönheit zu stoßen wie La Tristesse d’Olympio oder Oceano Nox. Cromwell erschien Dezember 1827. Das Stück folgte nur der Mode. Wenn es gälte, die wirkliche Aesthetik der französischen Romantik zu suchen, würde man sie viel eher bei klaren, glänzenden und weniger umwölkten Geistern als bei dem Gewitterkopf Victor Hugo finden, bei Madame de Stael und bei Stendhal. Die französische Romantik ist wesentlich deklamatorisch. Ihre Menschen sind mit maßlosen Gefühlen aber einer geringen Sensibilität ausgestattet. Auf ästhetischem Gebiet brüstet sich die Romantik mit zwei Genies: Gericault und Baudelaire. Aber sie hat sie nicht hervor- gebracht. Sehr lange vor den Programmen der Aesthetiker haben sie 491 sich an jenem grandiosen Wiederaufleben des Barockgeistes entzündet, das der Romantik eigentümlich ist. Selbst in dem Enthusiasmus unserer zwanzig Jahre und unter der Verzauberung des letzten der großen französischen Tragöden, Mounet- Sully, gaben uns Hugos Dramen leicht \ eranlassung zum Gelächter. Mit einer gewissen Ironie erwarteten wir in ,,Ruy Blas“ oder ,,Hernani die klappernden Alexandriner: ,,Yous etes mon lion superbe et genereux“ oder noch besser: „Te ne soupqonnais pas ce cabinet, Madame“ Uebrigens gewinnt uns die Romantik ein wenig gerade durch ihren grotesken Zug wieder für sich. Wir spürten darin ein berichtigtes Vergnügen, eine glückliche Entspannung in einer ganz auf den In- tellekt, auf die kritische Prüfung, auf die psychologische Spannung gestellten Epoche. Seine Biederkeit bezauberte uns, namentlich die seiner Dramen ,,La Tour de Nesles“ und ,,La Jeunesse des Mousque- taires“, und ich setzte niemand in Erstaunen, als ich die vehementesten, warmherzigsten unserer Maler mit Vlaminck als Oberhaupt unter der Bezeichnung „Neuromantische Schule“ zusammenfaßte. Diese Roman- tiker, Vlaminck, Ronault, Soutine, Per Krogh, Terechkovitsch und Gromaire, sind Brüder Ihrer Expressionisten. Und zahlreich sind die jungen Schriftsteller, die die rote Weste der Löwen der Hernani-Premiere gern hissen würden, an ihrer Spitze Jo- seph Delteil, der einen Hugo hat beschreiben können: „Ich sehe ihn groß, den Hals zu den Sternen gereckt, mit Kon- quistadorenschritt, einer Statur wie Karl der Große und einer Stirn wie Herkules, einer Stirn für die Stirnbinden der Antike. Er hat die Seele Gargantuas — hat er nicht auf einer herrlichen Seite Rabelais zum Leben erweckt? — , einen Körper zum Verschlingen gemacht, einen Geist zum Verdauen. Er ist niemals schöner, als wenn er eine Welt zu Füßen hat oder eine Nachtigall auf der Hand. Er lacht, er gröhlt, er ist einer der seltenen Poeten, die zu lachen verstehen. Er hält die Erde um die Taille gefaßt, und ihre Kinder, das Wasser und das Feuer, sind seine Enkel.“ Henri de Montherlant, der doch romantischen Geistes ist, schreibt: „Hugo ist ein Ruhm Frankreichs, aber ich bin der Meinung Doumics“, schreibt der Autor der „Bestiaires“, „was seine repräsen- tative Geltung betrifft — repräsentativ wofür auch immer — , so ver- stehe ich nicht recht, was das heißen soll.“ Vorbehalte in der Bewunderung findet man bei Franqois Duhourcan. in dessen Augen ,,\ ict.or Hugo allzuoft eher ein geschwollener Dichter ist als ein großer.“ 492 „Ich lese sehr gern wieder in Victor Hugo'*, schreibt Marcel Arland. „Uebrigens: Hat Victor Hugo existiert? Ist er nicht vielmehr ein My- thos, ein Symbol, das Symbol des französischen Publikums mit seinen Neigungen und Wünschen?“ Hätte der Poet nicht existiert, so „würde unserer Literatur etwas fehlen“, versichert Henri Duvernois. Der Dichter Ferdinand Divoire ist seiner Bewunderung weniger sicher: „Mit vierzehn Jahren hatte ich Hugo ganz gelesen, von der ersten Zeile bis zur letzten“, bekennt er. „Ich möchte lieber meine ersten Eindrücke behalten. Verbrennen, was man angebetet hat: Das ist traurig. Und Gefahr zu laufen zu lachen .... nein, vermeiden wir das!“ Während Andre Maurois, Verfasser des köstlichen „Disraeli“, er- klärt: „Ich betrachte Hugo als sehr repräsentativ für eine gewisse Seite des französischen Geistes. Wenn ich ihn nicht wieder lese, so haupt- sächlich deshalb, weil ich ihn auswendig weiß.“ Angesichts so vieler sich widersprechender Meinungen, die offen- bar in der Regellosigkeit des Genies Hugos ihren Grund haben — Hugos, der das Verdienst hat, die französische Romantik durchgesetzt zu haben — , fragt man sich, ob es nicht an der Zeit ist, eine Scheidung vorzunehmen zwischen dem Oeuvre des Poeten und dem des Roman- ciers mit ästhetischen Prätentionen. Das könnte nicht ohne die Be- fürchtung geschehen, daß Hugo einen Teil seiner souveränen Stellung verliert und an den gekanntesten und verkanntesten französischen Li- teraten vom Anfang des neunzehnten Jahrhunderts abgeben muß, an das Weltgenie: Alexander Dumas den Aelteren. (Deutsch von Frans Leppmann.) Rudolf Schlichter ENGLISH GIRLS Von ZITA JUNGMA N- G UINNESS E s ist vielleicht einzig in England so, daß junge Mädchen in ihrer Unab- hängigkeit den verheirateten Schwestern vollkommen gleichgestellt, ihre Stellung in der Gesellschaft wie abgeschlossene und bestimmt ausgesprochene individuelle Persönlichkeiten einnehmen. Ob diese Aktionsfreiheit der Ent- schlossenheit der Töchter zuzuschreiben ist oder der Laxheit der Eltern, die von ihren eigenen Angelegenheiten in Anspruch genommen sind, oder ob es das instinktive Vertrauen beider, der Mutter wie der Tochter, in die Zuverlässigkeit des normalen jungen Engländers ist, läßt sich schwer sagen. Wahrscheinlich halfen alle diese Tatsachen zusammen, in Verbindung mit der durch den Krieg erfolgten Lockerung der althergebrachten Konventionen, der Existenz des eng- lischen girls die Freiheit zu verschaffen, deren es sich jetzt erfreut. Wir erinnern aber zunächst daran, daß Society in London in ihrer Zu- sammensetzung nicht mit der Gesellschaft des Kontinents verglichen werden kann. Hier ist es gewöhnlich ein ganz fest umrissener, aus Aristokratie und Diplomatie gebildeter Kreis, während bei uns fast jeder Aufnahme finden kann: ärmster Adel, reiche Juden, Industrieriesen, Schauspielerinnen, Schauspieler und amerikanische „climbers“. Die Gesellschaft setzt sich hier aus Hunderten von Zirkeln zusammen, die alle ineinandergreifen, und obwohl jede „Clique“ um eine bestimmte Gruppe von Personen kreist, quirlen sie auf den ver- schiedenen Bällen, Partien, Routs und Veranstaltungen während der Saison und auch sonst im Laufe des ganzen Jahres alle durcheinander. Jeder Zirkel hat seine eigene Nuance, und das Debüt eines jungen Mädchens steht natürlich unter dem Einfluß von Brauch und Ton des Kreises, dem ihre Eltern angehören. Trotzdem kann jedes Mädchen, gleichviel ob ihre Eltern sich in der fashionabelsten oder der bohemehaftesten Gesellschaft bewegen, bei ihrem Eintritt in die Gesellschaft, ihre Stellung irgendwo unter Gleichaltrigen finden und mit Leichtigkeit ihr Leben so vollkommen von dem ihrer Eltern emanzipieren, daß sie ihnen jahrelang in Gesellschaft nicht zu begegnen braucht. Allerdings geht heute die Neigung der Mütter wieder weit mehr auf strenge Behütung als vor drei oder vier Jahren, und man gewöhnt sich allmählich wieder daran, an den Wänden des Ballsaales eine Linie von „dowagers“ sitzen zu sehen. Im Mai und Juni werden die Debütantinnen dem König und der Königin bei Hofe vorgestellt, und dann folgt eine Reihe von Bällen, zu denen die jungen Mädchen sich ihre Partner mitbringen müssen. Wenn die erste Saison vorüber ist, besuchen die jungen Mädchen und ihre Partner die Bälle ohne die Mütter, und in diesem Falle werden die jungen Leute „pooled“, d. h. der ganze Trupp zieht geschlossen von Ball zu Ball wie ein Schwarm Vögel. Tagsüber finden sich die „jungen Damen“ zu gemeinsamem Lunch, Kinobesuch, Bummel zusammen, oder sie sausen in ihren Zweisitzern durch London, ganz auf sich allein angewiesen; der größte Teil von ihnen niemals von den Müttem ausgefragt und im tatsächlichen Besitz völliger Unabhängigkeit von elterlicher Ueberwachung. 494 Berlin, Sammlung v. M.-B. Juan Gris, Bauernfrau. 1926 Juan Gris + Photo Man Ray, Paris Lugano, Sammlung Dr. Reber I Entwurf eines Manifestes Victor Hugos gegen Napoleon III. (Zum ersten Male veröffentlicht) Photo G. Nadasz, Paris Nach diesem ersten Jahr mehr oder weniger konventionellen Lebens, wo Nachtklubs noch nicht gestattet und nur die üblichen Bälle besucht werden dürfen, beginnt das junge Mädchen, sich ihr Leben zu gestalten. In den fol- genden Jahren gewinnt sie immer mehr an Freiheit, und die ursprünglich strengen Regeln, die ihr Aufblühen bewachten, werden fallen gelassen. Die Mütter haben gelernt, daß es besser ist, ihre Töchter so früh wie möglich von der eigenen Klugheit Gebrauch machen zu lassen, und ebenso, daß es die jungen Mädchen glücklich macht, ihren Takt und ihre Vertrauenswürdigkeit hinsichtlich ihrer Führung beweisen zu können, indem man ihnen möglichst großes Ver- trauen schenkt. So kommt es, daß englische Mädchen, wenn sie das Alter von zwanzig Tahren erreicht haben, im allgemeinen ein unabhängiges Leben führen, Nachtklubs und jede Art von Veranstaltungen, ausgenommen Rennen, besuchen dürfen; sie haben ihre eigenen Zirkel von Freundinnen und Freunden und bilden oft neue und amüsante Cliquen unter sich, und ihre Mütter und älteren Geschwister sind entzückt, wenn sie zu ihnen eingeladen werden. Mädchen, bei denen die strenge Ueberwachung fortgesetzt und denen es verboten wird, an den ver- schiedenartigen Vergnügungen teilzunehmen, die ihren Altersgenossinnen er- laubt sind, suchen ihre Eltern auf jede nur mögliche Art zu täuschen und werden darin von den Jungen und Mädchen ihrer Bekanntschaft unterstützt. Um nicht von den Alltagsvergnügungen ausgeschlossen zu sein, und in der Furcht, die F'reunde zu verlieren, wenn immer eine langweilige Anstandsdame miteingeladen werden muß, schrecken sie nicht vor Lügen zurück, und gerade sie werden oft das, was man unter einem „modern girl“ versteht, und zügelloser als all die andern, die tun und lassen dürfen, was sie wollen, ohne Furcht vor Fragen oder Tadel. Der Erfolg dieser Freiheit ist, daß Heiraten immer mehr an Bedeutung zu verlieren scheinen. Wenn ein Mädchen sich nicht beeilt und in ihrem ersten oder zweiten Jahr heiratet, ist anzunehmen, daß sie ihre Unabhängigkeit liebt, und daß sie es ablehnen wird, ohne sehr gute Gründe sich in eine Ehe hetzen zu lassen. Das ist nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, wie angenehm und leicht das Leben für ein junges Mädchen ist, das in seiner eigenen Wohnung lebt, frei von jeder Art von Rechenschaft, frei zu kommen und zu gehen, wie es ihr paßt, umgeben von einem großen Bekanntenkreis, der sich aus ihren eigenen wie ihrer Eltern Freunde zusammensetzt. Sie kann ihr Dinner oder Lunch allein mit jedem beliebigen Mann nehmen. Sie kann Nachtklubs besuchen, ohne daß es als unschicklich angesehen würde, sie spielt Golf, Tennis, Bridge, hält sich über Week-end in ihrem geräumigen, schönen Landhause auf; oft ist sie Studentin: der Philosophie, der Geschichte, der Musik. Im allgemeinen ist sie Besitzerin eines Autos, in dem sie das ganze Land nach allen Richtungen hin bereist; sie kann sogar in der alleinigen Be- gleitung eines anderen jungen Mädchens das Ausland bereisen, ohne daß sich ihre Eltern einen Augenblick darüber beunruhigen. Ihre Mutter ist ihre Freundin, die selten irgendwelche Einwendungen macht. Warum also sollte sie sich mit der Ehe beeilen, wenn sie schon jetzt genau das gleiche Leben führen kann wie eine verheiratete Frau? 495 Ein anderer Zug des Lebens englischer Mädchen ist seine Ausgefülltheit ohne männliche Gesellschaft. Während des Tages, wo die Männer natürlich beschäftigt sind, entwickelt sich ein gesondertes, strenges und erfülltes Leben unter den Mädchen selbst. Zu zweit oder dritt gehen sie morgens „shopping“ oder spielen Tennis, zu acht und zehn lunchen sie zusammen ohne Männer und diskutieren dabei den Ball der vergangenen Nacht, bevorstehende Gesell- schaften, ihre Angelegenheiten, das Leben selbst — sie sind sehr interessiert für Literatur und Malerei, die Oper, Politik, verschiedene Philosophien. Und alle diese Gegenstände werden mit ihrem Für und Wider erörtert, wenn die jungen Mädchen an Winternachmittagen vor dem Kamin beieinander sitzen oder im Sommer, wenn sie nach dem Tee gemeinsam durch die Parks ziehen. Sobald sie aber Dinner-dress angezogen haben, beginnt das Leben in Männer- gesellschaft. Im ganzen finden sich in diesem großen Kreis junger Mädchen, die ihr Leben so sehr auf eigene Faust leben, ganz wenige, die sich ein irgend- wie ungehöriges Benehmen gestatten. Man sieht selten ein Mädchen übermäßig trinken oder rauchen, selten spielen und nur in der harmlosesten Weise wird geflirtet. Das liegt zum Teil daran, daß ihre männlichen Freunde ebenso ruhig und leidenschaftslos, ebenso vorbildlich in ihrem Benehmen sind wie sie selbst, und es ist immer eine Ausnahme und nur in bestimmten Kreisen möglich, wenn Zügellosigkeit und Ausschweifung bei der Jugend der englischen Gesellschaft angetroffen werden. (Deutsch von B. Schiratski.) DIE SPANISCHE FRAU Von BENJAMIN J ARNES I n« schlecht benannten „Spanien des Tamburins“ — dieser Name ist nichts als ein Exportprodukt der Kunst-Industriellen — pflegt man drei Quellen der Freude, der leuchtenden Verzücktheit, des Lebens zu zählen: Wein, Sonne, Weib. Drei goldene Nägel, die im Sinne des Fremden die Erinnerung an Sevilla und mit ihr die an Spanien fest- halten. Es wird ihm leicht, die Frau als malerisches Element zu defi- nieren. Zwei glühende Kohlen, die zwischen den Nelken einer Reja blinzeln. Oder zwei Hände, die sich über einer von Dolchstichen durch- bohrten Brust kreuzen je nachdem man die Erinnerung in einem mystischen Sinn oder im Sinn der Eroberung sucht, beide durchdringend sinnlich. Sogar die spanische Tänzerin, die auf den europäischen Bühnen triumphiert, bestätigte oftmals diesen doppelten Sinn. Das rein Plastische, Peripherische dieses Weiblichen hat Gold und Beifall ge- erntet. Der Mann mit dem Kodak und der Mann vom Kabarett pflegen sich stets mit der Schale der Dinge zu begnügen. Und Spanien selbst half mit, diese Schale unmäßig zu polieren, die verborgene geistige Substanz der Frau unbesonnener Weise vergessend. Der legendäre 496 spanische Student riß, wenn diese stolze, herausfordernde Frau vorbei- ging, seine Capa zu Boden und machte aus dem anmutigen Kleidungs- stück einen bescheidenen Teppich. Der Dichter ließ die Luft von den silbernen Glöckchen seiner Reime erzittern, welche die Verachtung seitens seiner Schönen besangen. Und alle erfanden Schmeichelworte, Knospen des Madri- gals, um sie wie er- schauernde Tauben an den Busen der vorüber- eilenden Herrlichen zu lassen. Nur der Mo- ralist murmelte seinen alten Fluch. — Wenn sich auch zweifellos schon weniger Capas entfalten, Rondos schmiegen. Und das Schmeichelwort — die Taube hat sich die Flügel mit Kot be fleckt — verwandelte sich langsam in Luft- schlagen oder in Pfeile, die an der Glut drän- gender Geilheit ent- zündet wurden. Die spanische Frau steigt nach und nach von ihrem Götzen-Piede- stal herab und gewinnt den schönen Rang des Kameraden vom Mann. Mit jedem Fenstergitter, das ab- gerissen wird, um einem Wolkenkratzer den Weg zu bahnen, und mit jedem neuen Fensterbrett ohne Blumentöpfe klärt sich die unschlüssige Bewertung, welche Picasso 497 die Frau in der Welt männlicher Träume genoß. Auf dem Weg vom maurischen Bogenfenster zum Kontor oder zur kosmopoliti- schen Teestube verliert sie ihre Legende, aber ihre Wirkungskraft in der unbedeutenden Geschichte des Alltags wächst. Von der dramati- schen Eroberer-Gesinnung, welche die zahllosen spanischen Don Juans vor einem Fenstergitter erbeben ließ, bleiben kaum mehr Reste in ab gelegenen Provinzstädten, wo noch der alte Moralist brummelt und vor dem sich sehnenden Weib die traditionellen Mauern höher steigen. Für viele neugierige Fremde war Spanien eine Brücke zwischen den Dancings Europas und den Huris des Propheten. Aber von der Brücke steht gerade noch ein Bogen, geborsten, wunderschön, in dem süßen Andalusien. Es schadet nichts, daß Spanien beim Niederreißen des Götzen Gefahr läuft, eines seiner anziehungsreichsten Exportprodukte zu verlieren. Die Tamburin-Industriellen sollen sehen, wie sie fertig werden. Im wirklichen Spanien, das nicht nach den kosmopolitischen Bazaren ver- pflanzt werden kann und von jeder zweifelhaften Aureole entblößt dasteht, ist die Frau etwas Tieferes als jene Träumerin Dona Ines, die durch die Gänge des Sevillaner Klosters irrt oder in den Armen des Verführers Don Juan zittert. Im wirklichen Spanien ist die wirk- liche Frau: Teresa la bien Plantada (Teresa de Jesus, die Voll- kommene) — wie sie Eugenio d’Ors nennt — , das heißt: Gleichgewicht, Standhaftigkeit, Ordnung. Teresa hat Formeln für die Leitung der Küche und der Provinz. Einstmals hieß Teresa: Isabella und besaß Rezepte für die gesamte Nation, und durch Isabella fing Spanien an zu sein. Der spanische Mann zog immer vor, sich dem Meer und dem Wind anzuvertrauen, um junge Kontinente zu suchen, statt auf dem seinen zu bleiben, der alt war, und der Liebe und des ständigen Opfers be- durfte. Der spanische Mann träumte, erfand; stürzte sich einmal in den Krieg, das andere Mal auf die Kunst. Aber durch seine Nachlässig- keit und hundertjährige Faulheit wären beinahe alle seine Eroberungen, seine Träume, seine kühnen Abenteuer in Kunst und Krieg mißlungen. Viele mißlangen auch, aber immer harrte sie zu Hause und wartete darauf, im Gemahl oder im Sohn einen Moment der Müdigkeit zu erspähen, um das Werk des Mannes aufzumuntern und zu stärken. Oder wenigstens, um ihm Liebkosungen und Balsam zu schenken. Das ist die spanische Frau. Hausfrau. Schöne Genossin des Helden, stolz auf die Taten des Geliebten; aber in der Stunde der Niederlage versteht sie weise die Wunden zu heilen. VOM HOFE DER HERZOGE VON BURGUND Von OTTO CARTELLIER1 ährend des Hundertjährigen Krieges entstand das neuburgundische Reich, zwischen Frankreich und Deutschland. Das alte Zwischenreich, das viel umstrittene Lotharingien schien in veränderter Form und Gestalt von neuem ins Leben zu treten. Schon der erste Herrscher, Philipp der Kühne, ein fran- zösischer Prinz von Geblüt, erstrebte größtmögliche Unabhängigkeit. In der Formel: „Car ainsi nous plaist-il estre fait“, die in seinen Urkunden er- scheint, liegt ein tieferer Sinn. Unabhängig gegenüber Frankreich, damals dem gefährlichsten Gegner, gegenüber England und endlich gegenüber dem Deutschen Reich, damals dem ungefährlichsten Gegner, unabhängig gegenüber allen! lautete der Leitsatz für Philipp den Guten (1419 — 1467), der mit beson- derem Geschick die Politik des Großvaters fortsetzte. Souverän wollte der Fürst sein, der außer der Bourgogne sein eigen nannte Brabant, Limburg und Luxem- burg, die Freigrafschaft, Holland und Seeland, Namur, Artois und Charolais und Flandern, zumal zusammen mit Mecheln und Antwerpen, die reichste, edelste und größte Grafschaft der Christenheit. Souverän mußte er sein, mochte ihn auch die Königskrone nicht schmücken, mochten ihn auch Lehnsfesseln noch stören. Souveränität verkündete der Orden des Goldenen Vließes, den er noch mitten im Kampfe mit Frankreich gründete: nicht nur die auserwählten burgundischen Ritter, auch Kaiser und Könige sollten zu Ehren des burgun- dischen Hauses die Toison d’Or tragen. Zum größten Aerger des fran- zösischen Königs, der mit immer steigender Unruhe den trotzigen Vasallen betrachtete, nannte sich Philipp der Gute „von Gottes Gnaden“ — wie sein Lehnsherr. Ein Nimbus umgab das französische Königtum, man kann von einer Religion des Königtums in Frankreich sprechen. Auch die burgundischen Prinzen, die in ihrem Wappen die Lilie führten, hatten den Glauben an die göttliche Mission des Herrschers. Herzog Philipp der Gute beanspruchte eine Verehrung, die sich bis zur Vergottung steigerte. Sprüche der Heiligen Schrift, die Gottes Ruhm verkünden, ließ er seine Untertanen zu seiner Ver- herrlichung gebrauchen. Er schrieb sich selbst sein Sittengesetz vor. Morali- sierende Chronisten hätten auch ihm die Lebensweise eines Jupiter oder Sa- lomo vorwerfen können. Der Herzog schenkte zahlreichen Frauen seine Gunst, mochte auch seine Devise: „autre n'aray (n’aurai)“ stolz der Gemahlin Treue versprechen. Diese Nebenfrauen traten allerdings aus dem geheimnisvollen Halb- dunkel der Kemenate nicht hervor; keine von ihnen hat eine Rolle gespielt wie des Königs Karl VII. Geliebte Agnes Sorel, mit der die Reihe der fran- zösischen maitresses attitrees beginnt. Die Kinder der freien Liebe aber wur- den neben den ehelichen mit aller Sorgfalt erzogen. Die Bastarde spielten als Diplomaten, Generäle oder als Kirchenfürsten eine glanzvolle Rolle. Die un- ehelichen Töchter beglückten mit ihrer Hand einen ehrgeizigen Höfling. Nur der Schrägbalken im Wappen verriet die illegitime Abkunft. 499 So schwer es den Hoftheologen fallen mochte, sie mußten sich in Philipps Lebenswandel schicken und sich mit anderen Eigenschaften des F ürsten trösten, die ihnen Anlaß zu begeistertem Lobe gaben. Als Kämpe der Kirche und Schild des Heiligen Stuhls ward der Herzog gerühmt. Jederzeit lieh er der Kirche seinen Arm zur Ausrottung der Ketzer; auch in seinen Landen verbrei- tete die Inquisition Furcht und Schrecken, loderten die Scheiterhaufen. Zahl- reiche Gotteshäuser, auch solche in Palästina, erhielten reiche Geschenke. V or allen anderen Heiligen wurde der Heilige Andreas verehrt: ,,Nostre Dame de ßourgogne et Montjoie Saint-Andrieu“ war die Losung. Auch die Leben- den, die im Gerüche der Heiligkeit standen, erfreuten sich der Gunst des Herrscherpaares. Nach strengster Etikette verlief das Leben am burgundischen Hofe. Der Herrscher unterwarf sich ihr willig und verlangte es erst recht von seinen Dienern, von dem höchsten bis zu dem niedrigsten, vom Kanzler bis zum Küchenjungen. Ein großer Meister führt in einer wundervollen Miniatur eine feierliche Audienz vor Augen: Herzog Philipp geruht von Jean Wauquelin die Chroniques du Hainaut in Empfang zu nehmen. Eine eisige Luft weht in dem Raum. Aus farbenprunkendem Damast der Baldachin. In elegantem modischem Gewand und Chaperon der Herzog in majestätischer Isoliertheit, Herrscher vom Scheitel bis zur Sohle, hoch erhaben über die anderen Sterblichen. Zu seinen Füßen gehorsam das Windspiel. Der Sohn, der Kanzler, Beamte, Höflinge in gebührender Entfernung, seines Winkes gewärtig. Als oberster Grundsatz galt: nichts schändet, was im Dienste des Herrschers geschieht. Es war eine besondere Ehre und Gnade, dem Fürsten in den vertrau- lichsten Angelegenheiten zu dienen: man denkt an das Lever am Hofe des Sonnenkönigs! Bei dem um die kleinsten Kleinigkeiten sich kümmern- den Zeremoniell nahm man unbedenklich kirchliche Ordnungen zum Muster. Manches scheint der Messe abgelauscht zu sein. Auch die Ver- giftungsgefahr, das Schreckgespenst jener wilden Zeiten, wurde niemals außer acht gelassen. Die Serviette, an welcher der Fürst sich die Hände abtrocknete, wurde vor der Ueberreichung geküßt. Ebenso führte der Knappe an seine Lippen die Hefte der beiden großen Messer, die der Herzog be- nutzte. Häufig knieten die Knappen bei den Handreichungen nieder. Peinlich war der Tafeldienst bei dem erhabenen Schauspiel der fürst- lichen Mahlzeit geregelt. Wie ein Räderwerk griffen die einzelnen Hand- lungen ineinander. Karl der Kühne, Philipps des Guten Sohn, speiste allein. Aber adlige Herren, Knappen, Pagen, Ungezählte waren als Akteure be- teiligt. Zuletzt erschien der Hofstaat, der nach Rang und Stand geordnet für sich gegessen hatte, zur Begrüßung des Fürsten, pour luy donner gloire. Auch in der Küche herrschte die strengste Ordnung, in dieser gewaltigen Halle, wie sie mit ihren sieben Herdstellen heute noch in Dijon zu sehen ist. Auf einem hohen Stuhle zwischen Buffet und Kamin thronte der Koch, um alles zu sehen, was vorging. Wehe dem Unberufenen, den vorwitzige Neu- gier in die Nähe des Machthabers trieb: der große Löffel, den die Rechte hielt, diente nicht allein zum Kosten der Suppe. Bei besonderen Anlässen 500 durfte auch der Koch, der erst nach peinlicher Untersuchung seinen Ver- tiauensposten erhalten hatte, vor dem Antlitz seines Herrn erscheinen: kniend überreichte er die ersten Trüffeln, die ersten Heringe. Nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Türken im Jahre 1453 plante Herzog Philipp der Gute einen Kreuzzug. Wie ein anderer Herzog von Brabant, wie Gottfried von Bouillon, der noch in aller Munde lebte, wollte er die Ritter und Mannen des Abendlandes auffordern, ihm zum Kampf gegen die Ungläubigen zu folgen. Es galt, die gesamte Ritterwelt zu entflammen. Andere Mittel waren notwendig als einst, da Papst Urban II. auf der weiten Ebene von Clermont durch eine schlichtgeniale Rede Tausende und abermals Tausende in berauschte und berauschende Be- geisterung erhoben hatte. Der hehre Kreuzzugsgedanke war abgenutzt, war profaniert worden: im schillernden Gewände der Ritterromantik sollte er von neuem ent- stehen. Ein großartiges Fest, vvie nur das Barock es wieder gesehen hat, ward in Lille veranstal- tet. Zwei Bankette, die des Außer- gewöhnlichen schon viel boten, dien- ten zur Einleitung, zur Vorbereitung der Stimmung. Dann das Fasanenfest, welches am 17. Fe- Maria, Gemahlin Karls des Kühnen von Burgund. Medaille bruar 1454 statt- fand. Zunächst eine Tjost: auch dies- mal unterließen es die Ritter nicht, angesichts der an- gebeteten Herrin Proben von Mut und Tapferkeit, Ge- wandtheit und Un- erschrockenheit ab- zulegen. Der Schleier, der Hand- schuh der Dame des Herzens, der am Harnisch flat- terte, rief in Augenblicken der größten Gefahr den honigsüßen Atem und den sanften Milchduft der Haut in Erinnerung, um mit dem Troubadour zu sprechen. Am Abend die eigentliche Feier, die zu einer Haupt- und Staatsaktion wurde: auch Kanzler und hohe Beamte gehörten dem Festausschuß an. Im Lichte ungezählter Kerzen und Fackeln erstrahlten die Gemächer. An den Wänden des Hauptsaales die Teppiche mit den Taten des Herkules, der als Ahnherr der Könige von Burgund gepriesen wurde. Auf den Borden des Schautisches schimmerte Kristall, leuchtete perlen- und juwelenge- schmücktes Glas aller Farben und Formen. Auf den Tafeln Seidendamast, wappenverzierte Kissen auf den Bänken. Ueber dem Sitz des Herzogs ein Baldachin aus Goldstoff. An einem Pfeiler lehnte eine nackte Frauenfigur, im Schmuck des herab- wallenden blonden Haares. Um ihre Lenden war ein Schleier mit violetten griechischen Buchstaben geschlungen. Aus der rechten Brust floß Ge- würzwein. Als Wächter lag ihr zu Füßen ein prächtiger lebender Löwe: der flandrische Leu wollte für die kaiserliche Stadt am Bosporus eintreten. Auf den Tafeln standen gewaltige Schaustücke, die beliebten entremets. Seltsames, Drolliges, Aufregendes, Bekanntes, Fremdes in buntem Durch- einander. In einer Kirche und in einer Pastete ließen Musikanten ihre Weisen ertönen. Auf dem hohen Turm des Schlosses Lusignan sonnte Me- lusine ihren Fischschweif. Von einem Felsen sprudelte ein nacktes Knäblein Rosenwasser auf die natürlichste Art und W eise der Welt herab. Wilde Tiere, durch ein Uhrwerk belebt, trieben in exotischen W äldern ihr Un- wesen. Andere entremets, die \olkstümliche Sprichwörter in Erinnerung riefen, hätten einem Brueghel als Vorbild dienen können ! Während des Gastmahls Darbietung auf Darbietung. Sehr viele \ ariete- Stücke für einfachere und anspruchslosere Gemüter, Gaukler, abgerichtete Tiere, Automaten, Schwebemaschinen. Dazwischen die drei Akte einer Pantomime zur Verherrlichung des Goldenen Vließes: Jason auf Kolchis. Mit der größten Realistik wurden die Abenteuer des Helden vorgeführt. Zwischendurch Musik in Hülle und Fülle, Gesang und die verschieden- artigsten Instrumente. Endlich die beiden Hauptstücke. Auf einem Elefanten erschien die Heilige Kirche und heischte von dem grand duc d’occident Hilfe in ihrer Not. Von Wappenherolden geleitet, brachte der Wappenkönig vom Goldenen Vließ einen Fasanen herein; war es doch alte Rittersitte, einen Schwur von besonderer Bedeutung auf einen edlen Vogel abzulegen. Herzog Philipp der Gute erhob sich und gelobte Gott, seinem Schöpfer, der glorreichen Jungfrau Maria, den Damen und dem Fasanen, das Kreuz zu nehmen. Sein Sohn, Ritter und Herren folgten dem Beispiel. Noch ein Nachspiel, noch ein Ball! Der Morgen war schon an- gebrochen, als sich der Hof zurückzog. Wie ärgerlich, daß kein Maler, kein Miniaturist sich das Fasanenbankett zum Vorwurf genommen hat. Welch unersetzlicher Verlust, daß von allen den großartigen Palästen der burgundischen Herzoge in Paris, in den üppigen Niederlanden und in der weinfrohen Bourgogne, in Brüssel und Brügge, in Arras und Hesdin, in Argilly und in Germolles auch nicht ein ein- ziger den Stürmen der Zeit widerstanden hat. Welche Ueberraschungen bot den Gästen das Schloß in Hesdin, in welchem Philipp der Gute mit Vorliebe weilte. In einem Zimmer schilderten Fresken die Abenteuer des Jason. In Erinnerung an Medeas magische Künste ahmten geheimnisvoll verborgene Maschinen Blitz und Donner nach, ließen regnen und schneien. Auch derbere Späße wurden getrieben. Unver- sehens wurden die Besucher mit Mehl bestreut oder mit Wasser bespritzt, Leitungen waren angelegt, ,,pour mouiller les dames par dessouz“. Gute Zeugen all der verschwundenen Pracht sind die noch erhaltenen Teppiche, mit denen die Räume geschmückt wurden. Die Herzoge führten sie von Residenz zu Residenz mit sich. Auch bei Reisen in das Ausland trennten sie sich nicht von ihnen. Welche Bewunderung erregten die Stücke, die Karl der Kühne zu seiner Zusammenkunft mit dem Kaiser Friedrich III. nach Trier mitgenommen hatte. Die Bildteppiche wurden für den Gebrauch sorgfältig ausgewählt, wie 502 H e r z o von B u r u n Antwerpen, Museum Unbekannter Meister, Herzog Johann Ohnefurcht Avignon, Museum Unbekannter Meister, Karl der Kühne Französischer Wandteppich. Um 1505. New York, Privatbesitz Paris, T-ouvre Niederländischer Wandteppich nach Bernhard van Orley’s Entwurf: Wildschweinsjagd. Um 1530 S/vT yfarit (iintm L z t ituvitUffp# U lCiVtenn(T< <\m< fi'VffiHrfVrflm iftv ir %V Veröffentlichungen des Kunstarchiv. Werkkunst-Verlag, Berlin. In diesem Verlag ist eine Reihe von kleinen, ausgezeichneten, reich illustrierten Monographien erschienen, wie die für Rudolf Levy mit Beitragen von Carl Scheffler, Hans Siemsen und von ihm selbst, für Maurice de Vlaminck mit Bei- trägen von Daniel Henry, Teriade und Gedichten des Malers, über die Bronzen von Edgar Degas mit Aufsätzen von Curt Glaser und Wilhelm Hausenstein, für Tang-Skulpturen und chinesische Holzschnitte , die Walter Bondy herausgab, für Südsee-Skulpturen (Slg. Flechtheim), die Einstein katalogisierte, für Dix , Mopp , Schmidt-Rottluf und viele andere. — Am beachtenswertesten sind die beiden Bildhauer-Monographien, die für Ernesto de Fiori und die der Renee Sintenis, die beide den Oeuvre-Katalog und sehr viele schöne Abbildungen der Skulpturen und Zeichnungen bringen. Die Fiori-Monographie bringt Beiträge von Alten, Bernhard Guillemin, Emil Szittya und H. von Wedderkop. Für Renee Sintenis schreiben Moritz Heimann, Marie Laurencin, Julius Meier-Graefe, Joachim Ringelnatz, Hans Siemsen und Philippe Soupault. Des letzteren Worte dienen als Vorwort für die Sintenis-Ausstellung, die in Bälde in der Galerie Barbazanges in Paris stattfindet. Sz. August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe. Herausgegeben von Josef Körner und Ernst Wieneke. Insel-Verlag, Leipzig. Es ist schon ein ganz besonderes Verdienst des Insel-Verlages, daß er sich solcher besonderen Dokumente deutschen Geisteslebens annimmt, wie es diese Briefwechsel sind. — Nach dem frühen Tode Wienekes hat Körner die umfang- reiche Arbeit zu gutem Ende geführt, nachdem er die Beziehungen der Brief- schreiber schon 1924 in einem eigenen Werk kritisch dargestellt hatte. Unver- gleichlich lebendig, ohne den philologischen Apparat zu verachten, aber sind allein die Briefe selbst, und wenn man auch über manches hinwegliest, der großartige Schwung der großen Epoche ist mitreißend wie vor hundert Jahren. A B. D. NEU MANN-NEURODE, Kindersport. Quelle & Meyer, Leipzig. Der bekannte Schöpfer methodischer Säuglingsgymnastik gibt hier eine Fülle von Turnübungen für das Kindesalter von 1 — 6 Jahren an; jede Uebung ist durch eine anschauliche photographische Wiedergabe illustriert. Voran geht eine kurze, aber beachtenswerte allgemeine Einleitung und eine Beschreibung des eigens für das Kinderturnen konstruierten „Wolmrecks“. D . Dr. ERICH KLOSE, Die Seele des Kindes. Verlag Ferdinand Enke, Stuttgart. Die kleine Broschüre gibt auf knappem Raum ein reichliches Material zum Ver- ständnis der geistigen Entwicklung des Kindes. Besonderen Raum nimmt die Behandlung der spiachlichen und zeichnerischen Entwicklung des Kindes ein; die beigebrachten zahlreichen Beispiele wirken überzeugend und instruktiv. Die Abschnitte über Spiel, Phantasie, kindliche Lüge und Scheinlüge werden vielen Eltern und Erziehern manches Neue zu sagen haben und sie manches vermeintlich Bekannte verstehen lehren. D. SCHUBART, Dokumente seines Lebens. Herausgegeben von Hermann Hesse und Karl Isenberg. S. Fischer Verlag, Berlin. Der Verlag S. Fischer gibt eine von Hermann Hesse besorgte kleine Bibliothek „Merkwürdige Menschen und Schicksale“ heraus. Die Dokumente über und von dem verfütternden Genie Schubart geben das Bild einer „strahlenden kindlichen und zugleich gefährlichen Persönlichkeit“, deren Extravaganz und hinreißende Wärme den Leser von der ersten bis zur letzten Seite bannt. Dr. 531 HANS JA N N O W I TZ , Jazz Verlag Die Schmiede, Berlin. In dem Erlebnis von fünf Jazzband-Bovs soll ein Bild der Epoche gegeben wer- den. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Autor ein guter T änzer ist. sonst hätten sich Rhythmus und Tempo des Jazz eindringlicher auf seinen Roman übertragen. Trotzdem gelingt es ihm, ein amüsantes Bild unserer Tage zu geben. Dr. HENRI DE REG NI ER, „Fiirstengunst'' und „Die zwiefache Liebe des Herrn von Calandot“ , Brunsverlag. Minden. Der Brunsverlag hat einmal für die deutsche Literatur eine Mission erfüllt, indem er das Gesamtwerk von Baudelaire in guter Uebersetzung vermittelte. Aber wie alle nur auf Vornehmheit aufgebauten Verlage, hatte der Brunsverlag den Fehler der Einseitigkeit : er blieb im französischen Symbolismus stecken. Die zwei Romane von Regnier sind für Deutschland um 30 Jahre zu spät gekommen. Die Romane wirken wie eine Lektüre für altmodisch gebliebene, ferne alte Fräuleins der Normandie. Emsci. HERMANN STEPHANI , Grundfragen des Musikhörens. Verlag Breit- kopf & Härtel. Leipzig. Das Grundproblem dieses Buches läßt sich auf die Formel bringen: Musikhören bedeutet aktives Mutschaffen. Stephani geht aus von dem Zeitalter der Klassik mit seinem Genießen erdenwüchsigen Klanglebens und kommt über die Poly- phonie Bachs zur modernen Polytonalität. So wie wir in unserem übrigen Erleben die Umwelt umschaffen, hören wir zunächst mit dem Willen, erst dann mit dem Ohr. Deshalb sind wir imstande, die Einzelklänge im Sinne ihres musikalischen Zusammenhangs bis zu kleinen Bruchteilen eines Ganztons umzuwerten. Relativi- tät unseres inneren Gehörs wird im Zeitalter der Relativität ausgesprochen und nachgewiesen. Dieses Buch deutet in die Zukunft. B. B. Neue Novellenbücher aus dem Propyläen- Verlag. Die Reihe der kleinen „Propyläen-Biicher“ wird mit fünf Bänden wiedei aufgenommen, die wesentliche Gaben junger Dichtung umfassen. Leonhard Franks Erzählung ,,Karl und Anna“ schildert den Kriegsgefangenen, dem aus der maßlosen Sehnsucht das Bild einer Frau aufsteigt, so daß er sie er- schleichen und besitzen muß — seltsamer Kameradschaftsdiebstahl, gerecht- fertigt durch die einfache Größe seiner Liebe. Unvergeßlich ist die Frauen- gestalt, die sich von dem Hintergründe des Arbeiterhauses abhebt. Carl Zuckmaycr schreibt von Tieren, von Wachstum, auch die Menschen seiner Geschichten führen im wesentlichen ein athmosphärisches Dasein. Farbe und Puls des animalischen Lebens schaffen den vielfältigen Begebenheiten eine eigenartig erregende und anziehende Wirkung. Hertha von Gebhardt, ein neuer Name, wird sich mit den zwei Novellen des Bandes ,,Das singende Knöchlein“ rasch einprägen. Eine nicht gewöhnliche Gestaltungskraft bringt den kühnen Stoff, die scharf gesehenen Gestalten aus dem L T mkreis einer Wiener Kartenschlägerin wie das Wesen einer Künstlersfrau nahe. Willi Seidel liefert eine sehr witzige Typenschilderung aus München mit spiritisti- schem Beiwerk „Alarm im Jenseits“. Schließlich sind die sieben Novellen von Heinrich Mann, unter dem Gesichtspunkt und Titel „Abrechnungen“ zu- sammengefaßt, wieder sehr schön zu lesen. 532 MARGINALIEN Davis-Cup: Tennismatch Landmann — Kleinschroth (Heini) (Deutschland): Raymond — London (Südafrika). Szene: erste Reihe, Korbsessel, Dialog zwischen zwei deutschen Spiele- rinnen. „5 : 2 für Deutschland.“ „Jetzt müssen sie es machen!“ „Match ball!“ „Der Heini muß mehr ans Netz, flüster’ es ihm zu!“ „Um Gottes willen nicht, das macht ihn nervös.“ „Südafrika holt auf, 5 : 3.“ „Siehst du, jetzt fangen die an! Immer so!“ (Südafrika schlägt out): „Ich danke dir, mein Süßer! 5 : 4.“ „Laufen kann der Landmann!“ „Immer in die Mitte, wunderbar! Das sind die schwersten!“ „Ne, ne, Heimchen — “ „Ei schade!“ „Sie dürfen dem Condon nichts zuwerfen, ich würde dem Condon nie etwas zuwerfen, nie machen die ’nen Doppelfehler!“ „Das gibt’s nicht in Südafrika. Das wissen die gar nicht, was ’n Doppel- fehler ist.“ „Dem Landmann gelingt nichts mehr.“ 533 Ein Herr, früher Engländer — Strichwächter — , fällt auf durch seine großartige Verschlafenheit und zugleich eminente Wachsamkeit, mit der er wie ein bissiger Köter auf die Außenlinie bohrt, die er zu bewachen hat. Kaum ist ein Ball drüber, bellt er auch schon: „aus!“ „Der Landmann wird nicht noch mal aufgestellt.“ Kleinschroth smasht einen Ball. (Entzückt): „Sieh mal, den Heini, sieh mal das kleine Kerlchen, wenn der smasht, ist der Ball tot, Landmann tötet nicht!“ (Kalt): „Der Landmann kann ja nicht gewinnen, der läßt sich ja von Kozeluh nichts sagen. Kaes (Trainer des Blau-Weiß-Clubs) hat auch gesagt: ,Der kann nich gewinne, der läßt sich ja nicht von mir masseere.'“ „Ei wei, ei wei, warum denn nicht die einfachsten Bälle?!“ „Bravo, Heinichen, ach Heim- chen, mach ’nen Satz, ganz allein einen, ganz allein!“ „Aber Landmännchen!“ „Ach was, ist kein Land- männchen!“ „Aber Heinichen, Spitzmäuschen, das war ja schlimm, das hat er ver- korkst!, ist aus, ganz aus!“ „Out!“ „Ich danke dir Raymond! Aber der Kerl besteht nur aus Energie und Gehirn! Einstand, deuce!“ „Ach, ist das entsetzlich, jetzt führen die schon wieder mit einem Punkt!“ „Ist doch! (h ütend) : „Der Landmann tötet den Ball nicht — geht weiter, der hat auch keinen Schnitt, der cuttet nicht.“ „Sage ich doch immer; er blüht nicht!“ „Aber Heini blüht.“ „Ob der blüht!“ „Weit drüber raus! Der hätte mich beinah ins Gesicht geschlagen.“ „Dein Hut ist aber auch zu groß.“ „Können sie nicht mal 5 : 3 machen, die Affen?!“ „(Zu Raymond) Süßer, mach doch mal ’nen Doppelfehler!“ „Kennen die gar nicht, unbekannt in Südafrika.“ 534 Photo Suse Byk Der Erstgeborene von Frau Baronin Schey (Else Eckersberg) Jan Kozeluh Irma Kallmayer und Jan Kozeluh Tilden und Froitzheim Tilden’s Back B e r l i n e r e n n i s -To urnaments Kronprinz und Kronprinzessin Rot -Weiß Photo Pcrschke Der Boxer Max Schmeling, der erste deutsche Europameister Photo Kuipers, Paris Der Judomeister 6. Grades, Prof. Aida aus Tokio ,,Aber Landmann, in den Ball hineingehen, hobbi, hobbi, — hinein, h — i — n — ei — n ! ! Wie oft hat der Kozeluh das gesagt!“ „Der Landmann geht nie auf den Ball los, läßt ihn rankommen, aber laufen kann er! Gott, der Unglücksmensch! Jetzt muß er den wieder einholen! Kinder, es ist ein Trauerspiel! Es ist vom Schicksal bestimmt.“ „Was heißt Schicksal! Die sind einfach besser. Die sind besser eingespielt als Tilden-Hunter. — Nie geschlagen, und wie der richtig voliert! Wie die Boumann! Geht sie vor?“ „Wenn sie kann. Hält das Racket wie’n Mann.“ „40 : 15.“ „L'ff, das war der entscheidende Ball, das war die Chance, jetzt ist sie vorbei.“ „Das fünftemal Einstand, ich kann nicht mehr.“ „Das sechstemal Einstand, Kinder, es ist nicht wahr.“ „Das war die letzte Chance! Jetzt bloß nach Hause und zu Bett!“ „Grete, ich guck nicht mehr hin, ich guck auf deine Schuhe! Fabelhaft mit den schwarzen Punkten auf dem Weiß.“ Kleinschroth schlägt schwierigen Ball, den Raymond verfehlt. „Bravo, Heini, Donnerwetter, ist ja ’n Raffineßchen, der Heini!“ „Märchenhaft.“ „Vorbei, die können es nicht! Ist ’ne Nervenfrage. Der Landmann hat den besten Trainer der Welt und will nicht lernen.“ „Heini, Heini! Aber Spitzmäuschen! Ist zu klein für den hohen Ball, kann nicht mehr wachsen.“ „Ich kann nicht mehr hinsehen, ich werde immer elender.“ „Der erste Doppelfehler bei den Südafrikanern, der erste!! Das sind ja richtige Menschen!“ „Paß auf, 11 : 9 gewinnen die Deutschen, ich habe prophetischen Blick.“ „Verflucht, hat der ’n Dusel, der kleine Raymond!“ — „Weil sie keine Nerven haben. Nur Leute ohne Nerven haben Dusel.“ „Süßer Condon, mach ’nen Doppelfehler, süßer Afrikaner!“ Drei Match. „Pause“? „Ausgeschlossen, niemals bei Doppel! Weiter.“ „Weißt du, warum die sonen Dusel haben?“ „Weil das Glückshundchen da seitwärts am Netz sitzt und dran riecht.“ „5 : 1 für die Südafrikaner. Jetzt kommt’s drauf an, wenn die’s jetzt nicht kriegen, hat’s geklingelt!“ „Können nicht mehr, erschossen.“ „Paß auf, der Heini macht den Punkt, ich riech’s.“ „Du riechst verkehrt.“ „Ach, du meine Güte! Kinder, ist das ein Elend! Zum Weinen, ich geh zu Bett. 54 Vol. 7 535 Le Francais tel qu’on le parle ä Berlin Madame, Je vais vous faire un propos : nous irons d a n s u n local oü il y a beaucoup de « cocottes ». A moins que je ne vous emmene dans une societe. Excusez moi, les vocables me manquent pour vous parier. J’ai oublie t o u t mon Franqais. Et aussi la grammatic est si difficile! Mais vraiment, je s u i s r a v i s e de vous. II faut vous dire que je ne suis pas enthousiastique de la P r u s s i e. Je ne suis ni nationalistique ni Chauvinist e. Et je suis pour la societe communis tique et contre la societe capi- t a 1 i s t i q u e qui developpe le sentiment individualistique des enfants. Je suis atheiste et je ne suis pas m o r a 1 i q u e. En art, je suis naturalistique. Et, dans la vie, je ne suis ni animalesque, ni materialistique, ni sadiste. Et je n’ai pas « une philosophie » de s n o b i s t e. Je trouve cela trop i d i o t i q u e. Tout cela n’est pas purement theoretique ! Et pas davantage protestantique ! Etes vous cocai niste oumorphiniste? Ah Madame! Je parle volontierement avec vous de tous «ces problemes» parce que vous etes un homme objectiviste comme moi, et non subjectiviste. Vous comprenez tous : vous etes tres « prudente » (intelligente). Je vous g r a t u 1 e. J’aimerais vous entretenir de mes affaires privates : j’ai eu beaucoup de dif f icultes financielles, mais, heureusement, j’ai un grand nombre de connections et Monsieur le professeur m’a fait des offerts : il veut travailler ensemble avec moi. Ma femme etait tres fächee que je travaille avec lui : eile m’a fait u n grand spectacle! Je voudrais bien aller me promener a u p a y s (ä la Campagne) avec vous. J’ai ecoute qu’il y a beaucoup des hommes qui font des sports : c’est un besoin p h y s i c a 1. Madame la Docteur X est morte. J’ai ete faire une visite de tristesse ä leur mari. Connaissez-vous « le poete » B? Il travaille tres severe. Je n’aime pas quand on travaille lourde; c’est ennuyant. J’aime quand on travaille leger. « C’est ma philosophie »! Connaissez-vous le c r i t i c i e n X? Il a beaucoup de p 1 a t e s de gramophone. Et des livres avec des dedication,s. Il a une grande influence c u 1 1 u r e 1 1 e. Je suis ete chez lui. Mais il y avait si beaucoup de gens que j e m’en suis alle. 536 Etes-vous m u s i c a 1 e ? C’est le p r i n c i p i e 1. T'attends c e q u’o n m’appelle, et j’irai voir si l’eau b o u i 1 1 e. Hier soir j’ai eu beaucoup de «chagrin» (desagrements), l’electricite ne marchait pas chez moi. Mr. X est d r 6 1 a t i q u e. Me. X est sans chaque qualite et saus c h a q u e beaute. Neanmoins eile a une grande influence erotique. Je suis heureux d’aller ä le restaurant. J’ai du soif. Nous mangerons des delicatesses et une p 1 a t e de legumes. Comment qagoüte? Qagoutebon? Ah! les vocables me manquent. J’ai oublie t o u s. Vous voulez t o u s entendre. Vous allez b o n ? Au m o m e n t tout va b o n. Ah Madame! Ne riez pas! Ne me prenez pas comme experimente. C’est criminaliste. Ne suis-je qu’un material pour vos articles! Je n’aime pas vos moeurs journalistiques. Vous etes sans chaque indulgence! Je ne veux pas avoir une disputation avec vous, mais je dois vous dire qtte je suis o f f e n d u. Pourquoi ne faites-vous pas la correcture de mes fautes? « Je vous salue.» 537 Monsieur, Je ne fais pas « la correcture » de vos fautes, parce que j’aiine infiniment votre faqon de parier le Fran<;ais. Vous introduisez dans la langue Francaise un element de fantaisie qm m’enchante. Mon oreille est arrivee ä un tel degre de perversite que je trouve sans saveur le langage approuve par l’Academie. Je trouve que vous exprimez votre pensee d’une faqon plus forte que je ne saurais le faire lorsque vous me dites : « c’est trop idiotique!» Je trouve votre langage plus plastique que le mien lorsque vous m’entretenez du film « naturalistique » et de vos idees « moraliques ». II me semble que c’est beaucoup plus amüsant d’etre « animalesque » que d’etre « animal ». Et beaucoup moins ennuveux de faire « une visite de tristesses » que de faire « une visite de condoleance ». Et d’etre « prudente » que d’etre « intelligente ». Et beaucoup plus dröle d’etre « drölatique » que d’etre « dröle ». Et si ravissant que vous soyez « ravise » de moi! «Je vous salue.» A Berlin on discute « des problemes ». Chacun dit quelle est « sa Philosophie ». Certains d’entre eux sont tres « differencies ». . . . C’est leur « complexe ». A Berlin, ces Messieurs vont ä des « Conferences » de la meme facon que ces messieurs, ä Paris, vont ä des diners d’affaires. L’atmosphere est tres « erotique ». «Je vous salue». Jeanne Bailhache. Ich biete Ihnen Einheirat in: Speditionsgeschäft, Dame 24 Jahre; Möbel- Fabrik, Dame 25 Jahre; Restaurant, Dame 26 Jahre; Pensionat, Dame 26 Jahre; Hof (6 Pferde), Dame 28 Jahre; Herrengarderoben-Haus, Dame 30 Jahre; Spirituosen-Fabrik, Dame 28 Jahre; Modesalon, Dame 33 Jahre; Stellmacherei, Dame 34 Jahre; Tageszeitung, Dame 34 Jahre; Export-Ge- schäft, Dame 35 Jahre mit 150000 M. Vermögen; Hotel, Dame 38 Jahre; Marschhof (9 Pferde), Dame 40 Jahre; Restaurant. Dame 45 Jahre; Dro- gerie, Dame 46 Jahre; Kaffeehaus, Dame 47 Jahre; Restaurant, Dame 48 Jahre; Hotel, Dame 48 Jahre; Hotel, Dame 49 Jahre; Dame mit 150000 Mark Vermögen usw. Näheres durch Fritz Dunkler. Erstes und größtes In- stitut, Kurzestraße 123, Hochparterre. Sprechzeit 11 — 1, 5 — 8 Uhr. ( Hamburger Fremdenblatt.) Unser diesjähriges Kind ist heute angekommen und heißt Paul Gert Dies melden hocherfreut Hans H. und Frau Maria, geb. W., Köln. 538 Judo-Weltmeister Prof. H. Aida. Die „Times“ schreibt: „Professor Aida ist unzweifelhaft der erfolgreichste Judoist der Welt, und kein Weißer kann ihm oder seinen Schülern länger als 30 Sekunden Widerstand leisten.“ Prof. H. Aida selbst schreibt an Baronin Wöllwart Wesendonck: „Dear Baroness, Sie wünschen etwas über Judo und meinen Auftrag, Europa mit diesem, von Prof. Kano, dem Präsidenten von Kodokwan, begründeten System des vervollkommn eien Jiu-Jitsu bekanntzumachen, zu hören. Ich bin halb offiziell von Kodokwan als einziger Vertreter dieses Systems nach Europa geschickt worden. Mir sind für Judo sechs Grade verliehen worden, das heißt, man erklärt mich als einen „großen Champion“. Aber eigent- liche Champions gibt es ja bei uns in Japan, wo es keine Matches zur Fest- stellung der Meisterschaften im europäi- schen Sinne gibt, nicht. Wer fünf Grade und darüber hat, nimmt an den öffentlichen Turnieren nicht mehr teil; für die Inhaber von vier Graden und darunter finden Turniere sechs- bis achtmal jährlich statt. Japan hat für diese Dinge ein ganz anderes System als Europa. In Europa habe ich nirgends so große und bedeutende Schulen für Boxen, Ringen oder Fechten kennen- gelernt, wie unser Kodokwan es für Judo ist. Und unsere großen japanischen Champions sind ausnahmslos aus Kodok- wan hervorgegangen und gehören ihm an. Sie üben fast täglich und studieren und trainieren an- und miteinander. Es H. Bieling gibt da keine geheime Vorbereitung zu Turnieren und keine Reklame. Es gibt eben Turniere im europäischen Sinne gar nicht, bei denen das Publikum entscheidet, wer besser und stärker ist. Während die europäischen Boxer und Ringer ihren Sport für Geld ausüben, studieren wir Japaner unseren Sport zu unserem eigenen Vergnügen und der Kunst wegen. Und ich bin sicher, daß, wer vier Grade in Judo erhalten hat, jeden europäischen Champion besiegen kann. Ich selbst habe, seitdem ich Japan verließ, keinen Gegner getroffen, der den Kampf mit mir hätte auf- nehmen können; daher kann ich nicht von „ Weltmeisterschaft “ sprechen. Aber komische Leute haben mich so genannt. Richtiger wäre es vielleicht, mich (wie einige englische Zeitschriften) den erfolgreichsten Judo-Champion der Welt zu nennen. Das ist alles . . . Ihr ergebener H. Aida. 539 Briefe an einen Zirkusdirektor. Geehrter Herr Direktor. Dorch zu viele Schwierigkeiten, um mit die von Ihnen gekannte meine Braut, zu heiraten, muste ich alle Geschäfte aufgeben. Jetzt bin ich in Paris mit neue Familie von mir — meine krau und Schwegermutter, — vorhier Frl. und Fr. Knaak — und eine uns geburne Dochter von 2 K Monate. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir helfen wollen, für Ihnen eine sehr gute Truppe, wie Sie es haben wollen, wieder ausstellen? Wenn die Truppe in America war nicht ganz gut, war es nur wegen dem anderen Kolegen. Er hat immer die Kolegen sein weise überzeugt. Ich verbleibe mit Hochachtung Ihr ergebener Hadj Brahim Ben Said. Herrn Direktor Hans Stosch-Sarrasani. Ich offeriere Ihnen meine Arbeit. Meine Frau Tscherkesen Voltige af Direktions Pferd, und gute Luftnumer Transformation gengenden am Haltz Lira und zum schlus Looping the Loop. Fille gipsche Kostüme. Und ich August fir gantzen abend Antres und Riprisen. Hage 1000 Mark per Monot. Tarif Fortrag ab Sofort frei. Hochachtungsfoll Jan und Anvisa Richter. Monsieur le Directeur du cirque Sarrasani. Monsieur, ayant lu dans la Noite que vous aviez besoin d’une femme pour prendre soin de la menagerie je veux vous offrir mes Services. J’ai a Paris travaille dans les parcs d’amuse- ments et je suis süre de vous satisfaire. Je ne demande rien prenez moi a l’essai tout ce qui peut m’arrivee de pire et d’etre devore et je suis bien cer- taine que cela ne m’arrivera pas. En deux mots je vous explique ma Situation, je suis seule au monde. Je suis nee a Jujny Republique Argentine, j’ai 33 ans. Je vais faire 34 au mois de Decembre. J’ai de la force et du courage, mais malheureusement pas de chance. J’ai deja couru un peu le monde, je parle lis ecris 3 langues differentes, Anglais, Francais et Portugais. J’ai dans l’idee que je pourrais vous etre utile de rester toujours a la meme place. Ca m’agace. On dirait que je suis nee saltimbanque. Je dois vous aviser pour etre franche car malgre qu’il en coüte un peu il faut dire la verite, que mon unique occupation pour le moment est de faire ce qu’on appelle vulgairement une filie de joie mais croyez bien que le nom n’est pas appoprie a la fonction, fille de larmes serait mieux. Enfin, Monsieur le Directeur, je me propose et vous avez de dispose, je n’ai de compte a rendre a personne car comme j’ai deja dis plus haut je suis seule au monde. Je suis plutöt grosse que maigre mais avec un bon regime je perds ce que j’ai de trop. J’ai lu dans le journal que vous etiez un homme tres bon. Ca me donne le courage de vous adressez ces quelques lignes. De vive voix je pourrais vous donner tous les renseigne- ments convenables. Je n’ai rien en fait de vetements ou d’argent mais je sais coudre moi-meme mes effets. Esperant que vous voudrez bien me prendre en consideration agreez Mon- sieur mes meilleurs salutations. Bertha Leonarrage, 98, Rite Baitra Aranjo, Rio de Janeiro. 540 Das Ekel von Capri. Von Paul Morgan Wer jemals in Capri war, kennt es. Es vergällt einem den Aufenthalt auf diesem herrlichen Fleck Erde. Es ist aufdringlicher als die blaue Grotte, deren überwältigender Anblick ohnehin durch die vielen „Ah!“-, „Oh!“- ,,Wonderful [“-Ausbrüche der Reisenden schon genügend beeinträchtigt wird. Das Ekel von Capri . . . einen Augenblick, Sie werden gleich d’raufkommen, was ich meine. Man steigt ans Ufer und fährt nach dem oberen Teil der Insel. Der Fahr- stuhl speit die Fremdlinge aller Herren Länder auf den Hafenplatz. Das Herz klopft ... das Auge weitet sich ... da: was ist das? Breitspurig, affektiert, aufdringlich bläht sich eine gewollt malerische Erscheinung vor dir; ein Kerl mit einem scheußlichen weißen Fußsack im Gesicht, neckisch bis zum Nabel dekolletiert, eine niederträchtig rote Mütze in penetranter Absichtlichkeit möglichst nonchalant aufgestülpt, eine lange Pfeife, wie sie sonst kein anderer Mensch auf der Welt raucht, im stets lächelnden Maul ... es ist „Pescatore Spada'ro“, die „Type” von Capri! Seit Jahrzehnten fallen alle Touristen auf ihn ’rein. Er stolziert wie ein Pfau umher, stellt sich in den Weg, blickt, malerisch an eine Balustrade gelehnt, gegen das Meer und schielt dabei listig nach den gezückten Kodaks. Das ist nämlich sein Beruf : sich photographieren lassen!! Jeder richtet das Objektiv auf ihn und schenkt ihm dann etwas, be- vorzugten Dummköpfen gibt er auch sein Autogramm auf das Bild. Dafür hat er allerdings einen besonderen Tarif. In allen Schaufenstern Capris, in jeder Verkaufsbude . . . überall dieser gräßliche Vollbart. In Oel, Aquarell und Pa- stell, auf Muscheln, Federhaltern, Aschbechern, Schachteln, Tintenfässern . . . immer und immer wieder: ,,il pescatore“!! Kein Mann in ganz Italien geht so läppisch angezogen wie er, kein Italiener trägt eine so schreiende rote Mütze, keiner so ein Maskenballhemd und solche Theaterhosen. Er ist das personifi- zierte ,,Wie-sich-der-kleine-Moritz-Capri-vorstellt“. Er tut nichts, arbeitet nichts, nichts, nichts . . . den ganzen lieben Tag lungert er im Hafen herum, läßt sich photographieren und neppt . . . Meine Frau ist eine leidenschaftliche Kodak-Knipserin. Sie ärgerte sich grün und blau, denn jedesmal, wenn sie ein schönes Motiv gefunden hatte... bums, da stand schon wieder mitten im Sucher: das Ekel! Sie wird immer tückischer. Hält den Apparat gegen den Bart ... er stellt sich siegesgewiß und kokett in Positur . . . aber im letzten Moment dreht sie sich nach einer anderen Richtung: Tagelang macht sie das . . . il pescatore beginnt sich zu ärgern. Ein stummer Kampf ist entbrannt, aus dem schließlich meine Frau als Siegerin hervorgeht. Er weicht ihr brummend aus, murmelt Flüche, wenn er sie von weitem kommen sieht. Als wir von Capri abfuhren, hatte sie vier Dutzend Aufnahmen gemacht und auf keiner einzigen war das Ekel von Capri zu sehen! Ha!!... Der Portier des Hotel Cocumella in Sorrent schrieb uns zum neuen Jahre eine Postkarte mit den besten Wünschen und der Frage, wann wir wieder- kämen. Die Karte haben wir wütend weggeschleudert. Sie zeigte: das Ekel Katzenausstellung. „Mein Name ist Mulili-Maus, ich bin der Liebling der Familie.“ — „Ich habe ein Ringelschwänzchen; mein Name ist Lumpen- liesel.“ Wäre die Ausstellung in einem Garten, so ständen allenthalben tönerne Zwerge und Glaszierkugeln. Hier ist jeder einzelne Käfig ein trautes Heim. Mit allerliebsten Blümchengardinen. Jedes Kätzchen hat sein klein Häus- chen, es fehlt nicht an Glückspilzen und Schlummerrollen. — Der erfüllte Wunschtraum des Kleinbürgers. Die Katze das heilige Tier des Lauben- kolonisten. Und eines Tages fällt das Licht der großen Welt in den Laden: Erste Internationale Katzenaus- stellung. Schnully sitzt in einem öffentlichen Saal. Ihm zu Häupten schweben aus Stukkaturträumen Putten. Die Herren vom Ehren- komitee tragen Erkennungsmedail- len, die Damen vom Ausschuß verkaufen reizende Spiegelchen, Gummikätzlein und andere Sächel- chen. Schnully ist mit einer Num- mer versehen und katalogisiert, als sei er aus Terrakotta. Die Familie sitzt wechselweis auf dem Stuhl neben Schnully. Man hat ihm ein Bärchen und eine Kinderklapper mitgegeben, wie einem lieben Toten ins Grab. Auch kann man Hand- tasche und Kaffeeflasche zu Schnully hineinstellen; zur Be- quemlichkeit trägt man Leisetreter. — Wieviel gibt es zu beantworten! Die Herrschaften können nicht genug fragen. Fünf Tage im Mittelpunkt der Großstadt, im Brennpunkt des Inter- esses. Es gilt, diese Tage festlich zu begehen. Der Kunstwille des Kleinbürgers ruht nicht. Es ist nicht damit getan, daß er sein Katzenwerk in die Oeffentlichkeit setzt, im Interesse der Rassen- forschung, der Ordnung halber, gleichsam („Eigener Import aus Siam. Ein- getragen im Schutzbuch. X., Regierungsrat a. D.), — für den Kleinbürger fordert dieser Schritt in die Oeffentlichkeit ein Zeremoniell, wie jeder Akt von unirdischem Gehalt. Derselbe Stil, der die Babydecken mit Blümchen und Schleifchen benäht, der in die Grabsteine Medaillons mit gläsernen Ver- gißmeinnicht einläßt, schlingt hier papierne Heckenrosenranken durchs Gitter, taucht den ganzen Käfig in violette oder rosa Beleuchtung. Er schafft Namen, die, wie die Ausschmückung der Käfige, den Wunsch nach der großen, von Jupiterlampen erhellten Welt bezeugen. „Axel von der hohen Lilie“, „Schöne Strandnixe“, „Prinzessin Schöne von Siam“. 542 Zita Jungman als Romeo Photo C. Moffat u. O. Wyndham Lord Tweetmouth, Earl of Sefton und Mr. Montague machen Witze Die Buchmacher Photos Sport & General Hamburger Zimmerer auf der Wanderschaft Auto-Rennen in Atlantic City Strand-Yachten in Fahrt Fashionable Ferienunterhaltung in den Seebädern Nord-Frankreichs Fox Photo Diese Katzen sind nicht mittelmäßig. Sie sind ausgewählt vor vielen. Ihre Fähigkeiten übersteigen die anderer Katzen; der Besitzer, Urheber des Wunders, fühlt sich berufen, es zu verkünden: „Kommt auf den Pfiff seines Herrn und kann apportieren.“ — „Springt über den Stock, gibt Pfötchen, öffnet sich die Tür.“ — „Kann schön bitten und bringt einen Papierball, wenn er ihm geworfen wird.“ — Einigen Katzenzüchtern ist es gelungen, die Natur zu regulieren. Katzen, dem heutigen Stand ihrer Rasse nach, andere Tiere mordend und essend, sind auf ihre paradiesische Beschaffenheit zurückgeführt, sanft und mit Pflanz- lichem zufrieden. „Unser Goldkerl lebt mit Kanarienvögeln, Buchfink, Hänf- ling, Grasmücke und Rotkehlchen zusammen. Mit auszustellen ist aus anderen Gründen nicht möglich.“ — Fünf Tage des Glanzes, fünf hohe Tage. Zuschauer aus allen Bereichen, Bilder und Aufsätze in allen Zeitungen. Am sechsten Tag werden die Heckenrosenzweige und Blümchengardinen abgenommen. Und eine Woche später liegt Schnully in der Sofaecke hinter dem Laden. An der Wand hängt, unter Glas, ein Diplom, vom Preisrichterkollegium unterzeichnet. Und daneben, im Vergißmeinnichtrahmen, eine Photographie: Schnully, auf seidenem Kissen, in geschmücktem Käfig. M arianne Kamnitzer-M arschak. Testament. Der kürzlich verstorbene Advokat Charles Miller in Toronto (Canada) hat folgende Legate testamentarisch festgesetzt: Dem Oberstaatsanwalt, einem erbitterten Feind jeder Wette, 40 Prozent der Anteile des Jockeiklubs in Toronto. Einem Senator aus Toronto, der Vorkämpfer für die Trockenlegung Amerikas gewesen war, ein Paket Brauereiaktien. Zu Testamentsvollstreckern ernannte er zwei Kollegen, die sich haßten wie die Pest. Den Rest seines Vermögens vermachte er Miß Wanterton, die ihn zum glücklichsten Menschen igemacht hatte, weil sie vor 20 Jahren seine Hand zurückwies. Canadian Reviews. Todkrank. Der berühmte Chirurg Lord Joseph Lister (1827 — 19 12 ) wurde eines Nachts zu einem sehr reichen Mann gerufen. Der empfing den aus dem ersten Schlaf gerissenen Chirurgen mit vielen Seufzern und den Worten: „Ach, Herr Doktor, mir geht es sehr schlimm, ich glaube, ich sterbe.“ Lord Lister untersucht den Kranken und sagt schließlich unbarmherzig: „Haben Sie schon Ihr Testament gemacht?“ „Nein,“ erwiderte erbleichend der Patient, „Sie glauben also . . „Wie heißt Ihr Notar?“ „M. X. Aber lieber Herr Doktor . . .“ „Lassen Sie ihn rufen.“ „Aber ich bitte Sie, Herr Doktor, ich bin doch noch so jung!“ „Lassen Sie ihn rufen und auch Ihren Vater und Ihre beiden Söhne.“ „Also muß ich sterben?“ „Nein, aber ich will nicht der einzige Dummkopf sein, den Sie heute nacht aus den Federn gejagt haben.“ ( Eingesandt von Draco.) 543 Die neue Galerie Flechtheim in Berlin. Der Umbau nat das früher aus wenigen dunklen Zimmern bestehende Lokal am Lützowufer erhellt und mehr als verdoppelt, und jetzt trägt es den Titel Galerie mit Recht. Das Galeriehafte gehört nun einmal zum Berliner Geschäft. Pariser Kunsthändler wie Vollard, der in der Rue Laffitte in einem einzigen Raum vom Umfang einer bescheidenen Epicerie mit zwei Küchen- stühlen als Mobiliar und mit einer verwahrlosten Bonne als Personal seinen Handel trieb, einen Handel, der lange Zeit die ganze Produktion der Cezanne, Gauguin, Maillol und viele andere bedeutsame Werke unter die Leute, will sagen in alle Länder brachte, sind in Berlin undenkbar, und daraus ließen sich manche Schlüsse auf die psychologischen Unterschiede zwischen dem Berliner und dem Pariser Liebhaber gewinnen. Unter den großen deutschen Händlern bildete Flechtheim bisher eine Brücke zu der scheinbar voraussetzungslosen, in Wirklichkeit voraussetzungsreichen Pariser Art, und der Umbau des Architekten Mahlberg hat diese Nuance beibehalten. Kein Luxus, helle, ange- nehme Wandbekleidung, Seitenlicht. Das andere müssen die Bilder besorgen. Auch die Ausstellung, mit der soeben das neue Haus eingeweiht wurde, deutet nach Paris, und zwar nicht nur mit den Namen der Künstler. Flechtheim hat alle ihm erreichbaren Improvisationen Cezannes in Aquarell und Zeichnung zusammengestellt, über sechzig Blätter aus deutschem und französischem Besitz, und obwohl gerade aus Berlin einige von der Konkurrenz besetzte, besonders typische Aquarelle fehlen, genügt die Auswahl reichlich, um in die Intimität des großen Wirklichkeitskünders einzuführen, der in dieser Materie wohl nicht die überwältigende Statik und Pracht seiner Gemälde erreicht, aber die geheimsten Mittel seiner Realisierung sehen läßt. In den relativ vollendeten Aquarellen, z. B. in den beiden kleinen Blättern mit Gruppen nackter Männer, die von der Familie Renoir beigesteuert wurden, spürt man das Element dieser Kunst, und die verlockende Farbe, die allein schon den Zauber genügend erklärt, verführt den Betrachter, das Element im Dekorativen zu suchen. Aber in viel summarischeren Andeutungen fast ohne Farbe und jedenfalls ohne Palette, in denen das Aquarell dem Bleistift kaum merkbare Akzente hinzufügt, bleibt dieselbe Art von Schwingung wirksam und erzielt mit dem Nichts von Materie beschwingte Farbigkeit. Manchmal erkennt man kaum den Baum, das Haus, den Umriß des Berges, und dabei fühlt sich das Auge im Bann einer ganz gesicherten Räumlichkeit und spürt die Atmosphäre um den Baum, das Haus und über dem Gebirge. Unter den Blättern stehen ein paar der besten Bronzen von Degas. Im Empfangsraum begrüßt den Besucher die Arlesienne von van Gogh; nicht eine der Varianten gleichen Titels, sondern das berühmte Hauptwerk im Besitz der Frau Marie Anne von Goldschmidt-Rothschild, mit dem unnachahm- lichen goldgelben Grund und dem Stilleben aus Schirm und Handschuhen auf dem Tisch, ein Bildnis, in dem sich Okzident und Orient begegnen, der stärkste persönliche Ausdruck eines Menschen unserer Zone und Zeit und die hier- atische Pracht eines Sharaku. In dem neuen Saal am Ende der Flucht: Munch und meist jüngere Fran- zosen und die Deutschen, die zum Hause gehören, Hofer, Weiß, Levy, die 544 Sintenis, Fiori und andere. Wie ich hörte, kommt nächstens Max Beckmann dazu, und Berlin wird endlich den Maler, der ihm eigentlich der nächste sein sollte, kennenlernen. Flechtheim unterscheidet sich vorteilhaft von vielen seiner anspruchsvollen Kollegen durch seine Bereitwilligkeit, auch mit nicht arrivierten Künstlern zu handeln. Hoffentlich bleibt er dieser Tendenz im neuen Haus treu. Auch sie läßt sich erweitern. Julius Meier-Graefe in der Frankfurter Zeitung“. Allerlei E — rosinen: Bierulkige Wissenschaft. Uns ist ganz kanibalisch wohl — All — Alles Sexualsymbol. Wie's uns treibt, so geht’s. Es bildet ein Komplex sich an der Stelle, Wo uns ein Trauma traf im Strom der Welt. Der springende Punkt. Es war von je der Weisen Art, Seit Faust, Galen und Eisenbarth, Den Schmerz in Kopf und Steiß, in Herz und Nieren Aus einem Punkte zu kurieren. Kammerlatein. Seine Mutter liebt jener, die Tochter dieser — Wie nennt man das wissenschaftlich — präziser? Für die Reihe der Oedipus-Inceste Scheint mir ,,M ischpochalcomplex“ das Beste. John Höxter. Wie aus dem Anzeigenteil ersichtlich, tritt der Verein „Germania“ auf viel- seitigen Wunsch hin wieder mit einem Theaterstück vor die Oeffentlichkeit. Das Stück betitelt sich „Der Meineidbauer“ von L. Anzengruber. Der Ver- fasser ist mit seinen Stücken sehr bekannt und seine Werke werden gern ge- hört. Der Verein hat in seiner schon jahrelangen Theatertätigkeit wohl ge- zeigt, daß er Kräfte besitzt, die die Worte voll und ganz wiederzugeben ver- mögen, so daß ein guter Eindruck hinterbleiben wird. In letzter Zeit wurde das Stück an größeren Bühnen, so in Weimar, aufgeführt. In feinsinniger Weise hat der Verein auch dafür Sorge getragen, daß die Kostüme dem Orte der Handlung (Gebirge in Oberösterreich) vollkommen angepaßt sind und da- durch das Bühnenbild, gemeinsam mit den vorkommenden Effekten etwas wirk- liches darstellen wird. Das Stück ist nicht zu verwechseln mit dem vor Jahres- frist aufgeführten Theaterstück „Der Goldbauer“. Allen denen, die sich einige genußreiche Stunden auf schriftstellerischem, sowie auf theatralischem Gebiete verschaffen wollen, wird der Besuch an- gelegentlichst empfohlen. (Helmstedt er Anzeiger) Cantate-Essen. Sämtliche Buchhändler und Buchverleger versammelt im Buchhändlerhaus in Leipzig. Eine Welt für sich, eine papierne Welt, von der der Dutzendmensch nicht die geringste Ahnung hat. Der Sonntag Cantate ist nach altem Brauch dazu da, daß sich Verleger und Sortimenter Grobheiten an den Kopf schmeißen, sich gegenseitig der Farce und des Satirspiels be- schuldigen, diesmal alles wegen der berühmten 5 Prozent, die der Verleger dem Sortimenter nicht gönnt. Aller Streit löst sich dann auf in einem solennen Festessen, von wo aus man sich gewohnheitsgemäß in den Kaffeebaum begibt, um dort Pilsner Bier zu trinken. „Haben Sie Orden und Ehrenzeichen.'“ wurde ich gefragt, „dann tun Sie sie bitte an!“ Die Buchhändler sind streitbar und klirrend, es herrscht ein frisch-fröhlicher Ton in der Papiergilde, was einen überrascht, wenn man sie einzeln kennt. Einzeln wirken sie ganz besonders friedlich. Das ist eine Welt, die man gesehen haben muß, diese Mittler des Geistes. Sie haben es nicht leicht als solche. Sie dürfen nicht verweilen bei ihren eigenen Lieblingen, dürfen — wenigstens offiziell — keine eigene Meinung haben (ob sie das etwa durch Gesinnung ausgleichen? Wie man den Hunger durch stramme Haltung ersetzt.), dürfen nicht etwa dem Publikum sagen: Kaufen Sie den Dreck nicht, sondern müssen ihn empfehlen. Es ist nicht immer an- genehm, mit Geist (sog.) Geschäfte zu machen. Eine der markantesten Persönlichkeiten ist unser Freund Dr. Jolowicz, Inhaber des Weltantiquariats Fock. Er geht herum wie ein Veteran des Buch- handels, mit dem großartigen Gesicht eines Yankee (von der Sorte Lincoln), auf den man Häuser bauen kann, und hat ein Antiquariat, das eine Wunderwelt ist. Sämtliche Doktordissertationen kann man bei ihm haben (selbstverständlich auf den ersten Griff die gewünschten), sämtlicher fauler Zauber aller jemals aufgeworfenen Doktorfragen ist dort zu haben, eine grandiose Möglichkeit, die nur der zu bewerten weiß, der an dieser gewissen Art Xußknackerthemen (der Vertrag mit den Bergsteigern oder Haltung des Samariterhundes usw.) mal mitgearbeitet hat. Zettel, Zettel — nichts als Zettel — , die ganze Riesenfirma besteht aus nichts als Zetteln, in Kästen geordnet, und aus Gehirnen, die in Zetteln denken. Fielen die Zettel weg, würde der Betrieb Stillstehen. Ich möchte den Jahrgang 1886 der Voce della Calabria haben — schon liegt er auf dem Tisch. Dr. Jolowicz hat soeben eine Artilleriekaserne gepachtet, um seine Millionen Bücher unterzubringen. Das ist noch mal eine hübsche Ver- wendung. h. v. W. Apfeltorte. 1 Pfund Mehl, 3 ganze Eier, 190 Gramm Butter, 190 Gramm Zucker, davon einen Mürbeteig bereiten. 4 Pfund Aepfel werden geschält, der Länge nach geschnitten, mit 125 Gramm Butter, Rosinen, Zucker, geschnittenen Mandeln und Rum nach Geschmack, auf dem Feuer gedünstet. Die Aepfel müssen stückig bleiben. Alles kommt in eine Springform, Backzeit eine Stunde. Diese Apfelscharlotte reicht für 8 bis 10 Personen. Ehe die Aepfel dem Teig beigegeben werden, müssen sie erkaltet sein! E.G. 546 Annoncen-Querschnitt des „Artist“ Jazz - Trompeterin und Pianist , Solisten. Hot style. Wünschen sich zu verändern, am liebsten zusammen. Prima Damen - Stimmungskapelle „Fidelio“, drei junge hübsche Damen, zwei Herren. Chantant mit Effekt- instrumenten. Vornehmes Auftreten in Schwarz. Verkauf gestattet. Frau Kapellmeisterin im Hotel Reichshof, bis i Uhr nachts. T emperamentvolle Stehgeigerin, Ia, strichfest, tadellose Erscheinung, Gage nicht übertrieben. Offerten „Nelly“, Düsseldorf. Damen - Quartett (ausschließlich Damen), jung und hübsch, per sofort gesucht. Gage täglich io M. ein- schließlich Verpflegung. Volle Reise- vergütung 4. Klasse. Entsprechend der hohen Gage werden sogenannte Kanonen verlangt. Offerten von Damen, welche bestimmt eintreffen, an Schultze, Fliederdiele, Höchst. Gesucht humorvoller Kellner für Schenke, prima Vortrag, Alter fünf- undvierzig Jahre. Angebote an Harzer, Schweinfurt. NB.: Bescheidene, ältere Dame, welche sich häuslich nieder- lassen will, wolle Lebenslauf ein- senden. Stehgeiger gesucht. Wo, wie lange studiert und Alter muß angegeben werden. Ist nicht genügend Routine da, wird etwas Rücksicht genommen. Muß verstehen, die Gäste dauernd durch Komik zu fesseln. Wenn Be- dingungen, welche gestellt, da sind, vornehme Dauerstellung, sonst frist- lose Entlassung ohne Kündigung. Offerten unter RV2R, postlagernd. Pianist, erfahrener Koch, und junge temperamentvolle Stehgeigerin, Dirigentin, frei ab sofort für kleines, feines Hotel oder Weindiele. F. Hauke, Essen-Ruhr. Zu Haustrinkkuren Dieser in rein natürlichem Zustande abgefüllte Mineralbrunnen ist ein anerkanntes Heilwasser von größter Bedeutung und findet erfolgr. Anwendung bei Gicht, Rheumatismus, Zucker-, Nieren-, Bla- sen-, Harnleiden(Harn- säure) Arterienverkal- kung , Magenleiden , Frauenleiden usw. Man befrage den Hausarzt! Dieser Naturbrunnen von größtem Wohlgeschmack, dessen Heilkraft vonTausenden aller Stände u. Berufe unzählige Male erprobt wurde, ist infolge seiner günstigen Zusammen- setzung auch ein altbewährtes Vor- beugungsmittel gegen Festsetzung schädl. Bestandteile im Organismus. Fachingen erhält Körper und Geist frisch und gesund. Brunnenschriften sowie ärztliche Anerkennungen werden auf Wunsch jederzeit unentgeltlich versandt durch das Fachinger Zentralbüro, Berlin W 66, Wilhelmstraße 55. Erhältlich ist das Heilwasser in Mineralwasser-Handlungen, Apotheken und Drogerien usw. Fachingen verlängert das Leben! 55 Vol. 7 547 Der Verbrecher (Mil geteilt von „Hof“ -Sänger Fr. Beyer) In Wien , im Großstadtleben , Da trieb ich mich umher , Mit Zittern und mit Beben , Hab keine Heimat mehr. Des Nachts spielt ich Verbrecher , Am Tage den Baron, Und dieses Doppelleben Führ ich seit Jahren schon. Noch einmal will ich's wagen, Den letzten kühnen Streich, Will den Verbrechern sagen, Wir werden wieder reich. Beim Schein der Blendlaterne, Der Einbruch mir gelang, Der Kasse vor mir stand. Da gal : es kein Zurück mehr, Und rasend ward mein Blick , Und ich versetzt 1 dem Armen Dann plötzlich Stich auf Stich, Raffte zusammen Banknoten Und das gestohVne Gut, Warf einen Blick auf den Toten , Befleckt waren die Hände mit Blut, Zum Mörder bin ich geworden, Jetzt ist mir alles egal, Seht nur, die Häscher kommen , Lebt wohl, es war einmal, Ja, es war einmal. Bis plötzlich der Besitzer Die Anfänge. 1912 oder 1913 hielt Meier-Gräfe seinen Vortrag bei Cassirer „Wohin treiben wir?“ Ich war damals noch Sammler und ein angesehener Mann. Ich telegraphierte an Marc nach München: „Meier-Gräfe mit Vortrag , Wohin treiben wir“ morgen bei Caspari. Auspfeifen, totschlagen usw.“ Die Sekretärin bei Cassirer zeigt das Telegramm, da sie irgend etwas meiner Hieroglyphen nicht lesen konnte, Meier-Gräfe, und dieser sagt: Absenden. Und als Marc und Macke, mit Hausschlüsseln und faulen Eiern bewaffnet, bei Caspari saßen, da hielt Meier-Gräfe einen Vortrag über Dostojewski, und von Hausschlüsseln und faulen Eiern konnte kein Gebrauch gemacht werden. Vier Wochen Berlin an der Nordsee ist der Inhalt des neuen Romans des Querschnitt-Herausgebers H. v. Wedderkop, der im August im S. Fischer- Verlag erscheint. Er beschäftigt sich liebevoll mit dem Aufenthalt verschie- dener prominenter und nicht prominenter Berliner an der Nordsee und ist nicht ein Roman im üblichen Sinne mit konstruiertem Schicksal, sondern hält sich an das Leben, wie es sich tatsächlich abspielt. Dekobrisme. « En Italie II Secolo de Milano a ouvert une enquete parmi ses lecteurs pour connaitre quel etait, dans le- temps present, l’auteur le plus lu. Apres depouillement des votes Maurice Dekobra sortit vainqueur aux 61 % des voix. Entre temps un ami, le Redacteur en chef du « Mattino » de Naples venu ä Paris nous dit: « Je crois que l'Italie cst actuellement svphilisee au 3 me degre de Dekobrisme. » In den Ausstellungsräumen des Verlages Bruno Cassirer, Berlin, wird Anfang Juli zu Ehren des 80. Geburtstages von Max Liebermann eine um- fangreiche Pastellausstellung eröffnet. Die Ausstellung wird bis Mitte August dauern und werktäglich von 9 — 6 LIhr, Sonnabends von 9 — 2 L’hr geöffnet sein. Alfred Flechtheim. 548 Ibu — die Wundermischung. Eines Tages faßte mich Mr. Charlie Peysar, Mixer der Grandhotelbar in Wien und Mitglied der „Internationalen Bar- meisterunion" (I. B. U.), unterm Arm. „Kommen Sie übermorgen in die Reißbar; wir veranstalten eine inter- nationale Cocktailkonkurrenz. Erstklassiges Publikum. Der türkische Gesandte wird da sein, der englische Konsul, der französische Militärattache und der Vertreter von der , Chicago Tribüne“.“ Diese sonderbarste aller Veranstaltungen fand kürzlich statt. Die Reißbar, wiewohl kaum mehr als 25 Quadratmeter groß und eher einem hübsch möblierten Wohnzimmer als einem Raum für orgiastische Betätigung ähnlich, war mit Recht zu ihrem Schauplatz berufen. Es ist der „Schwannecke“ 549 Wiens. Lokal der gut angezogenen, id est: gewaschenen Boheme. (Daher frei- lich reicher an Voyeurs als an Akteurs.) Der türkische Gesandte, der englische Konsul, der französische Militär- attache und der Vertreter von der „Chicago Tribüne“ waren schon da. Es brodelte und wimmelte von Alkohol und Sachverständigkeit. „What’s the matter?“ fragte mich ein Amerikaner, den das Gerücht anti- prohibitiver Begebenheiten herbeigelockt hatte. Ich erklärte ihm die matter. Es handle sich darum, aus 120 aus der ganzen Welt eingesandten neuen Cocktailrezepten (Sidnev, Kopenhagen, Baku, Duis- burg war geographisch vertreten) durch Jury- Gruppen von je sechs Mann — und zwar zwei Barbesitzern, zwei Mixern und zwei Laienrichtern — das Beste zu ermitteln und dieses Beste auf die internationalen Getränke- Karten zu setzen. Der Preisträger erhalte überdies ein goldenes Etui, während dem Nächstprämiierten ehrenvolle Verlesung nebst Frucht- und Likörkörben winke. Charlie, in dessen Kopf der Einfall auf- geblüht war, hatte die Hände voll zu tun. Ein Glockenzeichen. „Zwölfte Jury! . . . Bitte nehmen Sie Platz, meine Herren!“ Die Herren saßen aber schon: sehr ernst- haft, jeder einen Zettel mit Punktevermerk zur Seite (von Null bis Zehn) und voll be- sinnlichen Austauschs über Geschmack und Erlesenheit der Mischung. Zwölfte Jury — das hieß: 72stes bis 78stes Glas Cocktail. Da vier solcher gemischter Gruppen in Betracht kamen, hieß es weiter: i8tes bis 22stes Glas pro Kopf . . . Das Tablett, auf dem der Kellner die Mischungen reicht, wechselt blitzschnell. Coktail? — Hahnenschweif? Es müßte ein Sehr exotischer Hahn Sein, dessen Gefieder SO Rudolf Grossmann Chamberlin eindeutig, bald giftgrün, bald perlgrau, bald orangerot schimmert wie diese Substanzen im Glase. Zwischen „Good look“ und „Rosenkavalier“ — wie die Kennworte der nächsten Rezepte heißen — verliest Charlie ein an Senator Andrew Volstead, den Führer der amerikanischen Prohibitionsbewegung, nach Washington gerichtetes Spottelegramm folgenden Wortlauts: „Internationale Barmeisterunion in fröhlicher Versammlung vereinigt, mit dem Zweck, die Zusammensetzung neuer Cocktails zu fördern, sendet Ihnen die dankbarsten und herzlichsten Glückwünsche für Ihre Bemühung, welche die amerikanischen Getränke in Europa populär machten und wo- durch diese Konkurrenz als notwendig sich erwies.“ 550 Three Cheers for Charlie! . . . Die Uhr rückt vor, Ginfizz, Curaqao, Wermut, Orangebitter leuchtet aus hundert Pupillen, des Amerikaners Sehnsucht hat sich erfüllt, er sitzt in einer Kommission, ich berechne eben, ob sich mit fortschreitender Alkoho- lisiertheit die Sachverständigkeit steigert oder abschwächt, resp. : ob sie die Mitglieder der ehrenwerten Jurys milder oder strenger stimmt, — da schallt der lang erwartete Ruf an mein Ohr: „90. bis 96. Jury! Bitte, Mister Kuh!“ Hier gilt es, gerecht zu sein! 11 Uhr nachts: Gewählt erscheint mit einem Vorsprung von zwei Punkten Essen an der Ruhr. Deutschland hat die Cocktailweltmeisterschaft. Der Name des glücklichen Essener Mixers ist Jonnie Hensen, sein Merkwort lautete „Valencia“, das Rezept gibt an: 2 Spritzer Orangebitters, Saft einer halben Orange, 1 Likürgläschen Aprikosenbiandy. Auffüllen mit Sekt und Früchten Aufruf an alle Dichter und Denker! Einladung zur Mitarbeit für sämt- liche nichtberufsmäßige Poeten beiderlei Geschlechtes. Unter dem Protek- torate: Henny Porten, Richard Tauber wird ein Werk in Buchform erscheinen, welches — eine absolute Neuheit auf literarischem Gebiete — die dichterische Begabung aller Kreise der deutschsprechenden Bevölkerung prüft, indem es jedem, bisher unbekannt gebliebenem Talente Gelegenheit gibt, mit vollem Namen in die Oeffentlichkeit zu treten. Erwünscht sind Einsendungen von Gedichten beliebiger Form und Tendenz gegen gleichzeitige Ueberweisung eines Kostenbeitrages von zwei Reichs- mark pro Gedicht. Mit Rücksicht auf die Raumverhältnisse soll die Länge der Gedichte nicht mehr als sechzehn Verszeilen betragen; andernfalls erhöht sich der Beitrag um fünfzehn Pfennig für jede weitere Zeile. Einsendungen in Prosa, unter den gleichen Bedingungen, dürfen den Umfang von siebzig Worten nicht überschreiten. Die Drucklegung des Werkes: „Volk der Dichter und Denker“ erfolgt nach dem Muster der Separatausgabe aus dem „Deutschen Nationalschatz“ von Schillers sämtlichen Werken. Die Bände sind einzeln käuflich. Für Autoren 25 Prozent Preisnachlaß. Im Anschluß an das Erscheinen des Werkes wird eine Zeitung herausgegeben werden, zu deren ständiger Mitarbeit die Einsender eingeladen sind. Jeder Einsender muß einen an sich selbst adressierten, mit Rückporto ver- sehenen Briefumschlag zu eventuellen Aenderungsvorschlägen oder sonstigen Mitteilungen beilegen, da nach Möglichkeit kein Manuskript zurückgewiesen werden soll. Der Verlag behält sich das Recht vor, besonders interessante Einsendungen noch vor dem Erscheinen des Buches zu veröffentlichen. Die Einsendungen sollen möglichst bald, spätestens aber Ende kommenden Monats, nur an die Neuzeit-Verlagsgesellschaft m. b. H. „Dichterdank“ Berlin-Wil- mersdorf, Uhlandstraße 140, gerichtet werden; die gleichzeitig zu leistenden Einzahlungen dagegen haben nur an die Commerz- und Privatbank, Depositen- 55 ' Kasse N, Berlin W 9, Potsdamer Straße i, auf das Konto der Neuzeit- Ver- lagsgesellschaft „Dichterdank“ zu erfolgen. Männer und Frauen Deutschlands, Oesterreichs, der Schweiz, sowie Aus- ländsdeutsche! Man hat uns das „Volk der Dichter und Denker“ genannt. Gebt euer Bestes und zeigt der Welt, in welchem Grade wir diesen stolzen Titel verdienen! Neuzeit — Verlags-Gesellschaft in. b. H. «Marie-Louise Tribe-Renoir qui fut l’inoubliable Tanit-Zerga de l’atlantide et qui anima tant de films d’un regard jailli d’yeux trop grands, dans un petit visage brulant d’intelligence. Marie-Louise Tribe qui porte, par alliance, le 110m du grand peintre Renoir vient de preter ä « Marquitta » son äme, et. « Marquitta » vivra, cinematographiquement, d’une vie ardente sur les ecrans du monde, apres avoir ete la chanson populaire des rues d’Europe et d’ Amerique.» Pierre Destringelt. Hugo. Heft 2/3 der Zeitschrift für Mikroskopisch- Anatomische Forschung bringt eine umfangreiche wissenschaftliche Veröffentlichung aus der Ana- tomischen Anstalt der Universität Halle a. d. S. Verfaßt ist diese von dem Vorstand der Anstalt Prof. Dr. med. et phil. H. Stieve, der auch als Heraus- geber der Zeitschrift zeichnet. Die Abhandlung ist „Herrn Prof. Dr. A. Held in Dankbarkeit und Verehrung zu seinem 60. Geburtstage am 8. Erntemond gewidmet“ und ihr Titel: „Ein 13A Tage altes in der Gebärmutter erhaltenes und durch Eingriff gewonnenes menschliches Ei.“ Befruchtete menschliche Eier, besonders solche, deren Alter einwandfrei " festzustellen ist, sind äußerst selten der Forschung zugänglich. Hier handelt es sich um einen solchen seltenen Fund. Eine 34 Jahre alte Frau, die bereits zwei gesunde Kinder geboren hat, kam mit schweren Lhiterleibsbeschwerden zu dem berühmten Gynäkologen Prof. Hugo Sellheim. Ein operativer Eingriff erwies sich als notwendig; die Gebärmutter wurde im ganzen nebst den beiden Eileitern und dem linken Eierstock entfernt. Nach der Operation war die Frau bald vollkommen wiederhergestellt und erfreut sich jetzt voller Gesund- heit und Leistungsfähigkeit. Sellheim vermutete bei der Stellung der Diagnose das Bestehen einer Schwangerschaft, die einwandfrei von einer Kohabitation 13 Vi Tage vor dem chirurgischen Eingriff herrühren mußte. Die Untersuchung der entfernten Gebärmutter im Anatomischen Institut bestätigte diese Annahme. Prof. Stieve fand das befruchtete Ei. Und nun schreibt er in seiner Abhandlung: „Auch diesen ungemein wertvollen Fund verdanke ich nur dem Zusammenarbeiten mit dem früheren Vorstand der Hallenser L T niversitäts-Frauen-Klinik, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Hugo Sellheim, der jetzt leider nach Leipzig übergesiedelt ist. Als Zeichen meines besonderen Dankes habe ich den Keimling nach ihm HUGO benannt.“ Eine Tat, die Stieve nicht hinderte, nach verschiedenen Prozeduren Hugo in Zelloidin-Paraffin nach Peterfi (1921) gebettet zwecks wissenschaftlicher Untersuchung in 10 dicke Schnitte zu zerlegen. — dach. 552 Haus mit Haremserkern in Damaskus Photo Krehan Photo Paul D. Miller M orgenunterhaltung Verkaufsstand eines Schuhhändlers in China Photo Galloway Topical-Photo Strandgymnastik Sonnenschirme gefällig? Schirmverleiher bei englischen Wettspielen Fox-Photo Photo Agencc Trampus Schule für rhythmischen Tanz von Melle Joly in Paris Sant’ Apollinare nuovo in Ravenna TI tut* o u$ öcrn ^uclH>olffUßclo0/JHün4ett DerRoman des weißen Giftes MAX PULVER JjimmcIpfoEtgaffc In Ganzleinen gebunden RM. 7. — Der Roman des Lasters unserer Zeit, der Roman des berauschenden Giftes, das von Hand zu Hand geht, des Kokains. Drei große deutsche Hauptstädte geben den Hintergrund ab. Und dort spielt die Handlung, die der Autor in eigenartiger Sprache machtvoll aufzubauen weiß. Ein neues, ein fes- selndes, ein starkes Buch. 8 - Uhr- Abendblatt Das Buch ist prall geladen mit Wissen undErkenntnis um Leid und Lust des Lebens, eine reiche schmerzlich-süße Arbeit. Die Himmelpfortgasse bleibt ein Unikum in unserer Literatur. Unbürgerlich, dreist. Voll neuer Möglichkeiten, ein Schlager meinetwegen. Aber ein Schlager mitten ins Herz. Luzerner Neusten Nachrichten JOHN ERSKINE Dn$ priüaüeben ticc fronen Helena Roman aus dem Amerikanischen / In Ganzleinen gebunden RM. 7.50 Dieses Buch hat in Amerika und England einen Sen- sationserfolg und wird ihn sicher auch in Deutschland erleben: Die Fürstin Lich- nowsky schreibt darüber in der Pfingstnummer der Frankfurter Zeitung: „Das Buch ist so leicht, daß man kaum sieht, wie schwer es ist, und so schwer, daß man es nur mit beglücktem Lächeln lesen kann.“ Und Fritz Philipp Baader sagt in der Westfälischen Zeitung u. a. : „Unter allen Büchern , die ich in letzter der auf die guten alten Griechen, als auf die amerikanische Gesellschaft mit ihrem Heuchlertum nach außen, ihrem „Allerlaubt“ nach innen. DURCH JEDE GUTE BUCHHANDLUNG ZU BEZIEHEN Z eit las , eines der köstlich- sten! Hier ist ein diskreter anglikanischer Humor mit hohem Ernste und zugleich mit einem erfreulichenFrei* mut außerordentlich glück- lich gemischt. Eine Offen- bachsche Operette ohne Musik in der Form eines dialogisierten Romans. Nur ist der Geist, der dahinter steht, nicht der destruktive desJeanJacques, sondern der eines anglikanisch-amerik. Kopfes, der bei Bernhard Shaw gelernt hat. Und die Satire geht natürlich min- 553 LIA. Die emsigen kleinen Herren, die den südlichen Teil der Friedrich- Straße bevölkern und sich gerne Filmindustrielle nennen hören, waren schon immer groß im Prägen neuer Worte, die sich zwar mit Ausnahme von „Ufa“ nie durchgesetzt haben, aber den an die Zeitungen versandten Waschzetteln ein seriöses Gepräge gaben, als versteckten sich hinter den „Dafu, Defu, Ifag Bebag“ a tutti quanti seriöse Gründungen, zum mindesten Firmen von den Ausmaßen einer Hapag oder A. E. G. Vor kurzem durchbrauste die Stamm- lokale dieser Herren ein neuer Heilsruf: LIA. „Waren Sie schon bei Lia? Schlagen Sie die Sache Lia vor! Vielleicht läßt sich das Ding mit Lia drehen!“ Außenstehende zerbrachen sich den Kopf. Es konnte sich nicht um Lya Mara, den Liebling des Volkes, handeln, nicht um Lia de Putty, auch um keine neue Lia (denn welche neue Lia hätte heute, ohne daß ganz Berlin es wüßte, einen so potenten Freund, daß er es wagen könnte, einen Film zu finanzieren?) Lia, das große Zauberwort, das „Sesam öffne dich“, auf das die geschäftigen Herren ihre ganzen Energien konzentrierten, hatte auch gar nichts mit einer weiblichen Beaute zu tun, sondern bezeichnete den Wallfahrtsort aller, die mit Film- wünschen beladen waren: „Lubitsch Im Adlon“. Wenn in diesem Haus ein Potentat absteigt, wird als äußerlich sichtbares Zeichen am Eingang gleich hinter dem Windfang ein besonders gut gewachsener und extra pomadisierter Galadiener in Eskarpins und weißen Strümpfen auf- gebaut, der nichts zu tun hat, als dekorativ dazustehen, eine Säule mehr, um die sich das Leben der Hall herumtrudelt. Sicher ist diese Nuance noch keinem der Könige aufgefallen, die es ja sowieso nicht anders gewöhnt sind. Den Habitues hat es aber jedesmal wohl getan und ihr Selbstbewußtsein gehoben. Daß man Lubitsch diese Ehre vorenthielt, erscheint fast unbegreiflich. Dafür hatten aber während seines Aufenthalts die Boys mehr zu tun, als wenn ein ganzer Locarnokongreß im Adlon getagt hätte. Vor allem hatten sich alle Be- sucher darauf geeinigt, in diesem Einzelfall LIA die Sitten und Gebräuche Amerikas, wie sie in deutschen Filmen so hübsch gezeigt werden, in die Praxis umzusetzen. Die schöne Verpflichtung des Präsidenten der U. S. A., für jeden Bürger seines Landes einen Händedruck bereit zu haben, wurde auf Lubitsch übertragen und machte das korrekte Anmeldungssystem des Adlon, das es dem illustren Bewohner sonst so schön ermöglicht, sich verleugnen zu lassen, zunichte. Daß jeder dieser Besuche einem der weltbewegendsten Finanzprojekte galt oder ein Filmmanuskript nach sich zog, versteht sich von selbst. Zu LIAs Unglück hatte sich's aber auch noch herumgesprochen, daß er, aller Masken- macherei im Film abhold, Naturtypen suche. Nicht der schöne Mann ist mehr Trumpf, sondern die Charaktertype. Der Effekt war eine Wallfahrt aller Choleriker, Kretins, Makro- und Mikrozephalen, der Dicken und Dünnen, der Dämonischen und der sanft lächelnden Riesensäuglinge. Dazu kamen die Volksmassen, die einmal bei der Maenz am Tisch nebenan gesessen hatten „Wissen Se, Herr Lubitsch, an dem Tag, wo der olle Duff die Platte hin- schmiß“, also die ganz intimen Bekannten. Bei alledem hat sich heraus- gestellt, daß die Männer viel mehr Penetranz entwickeln können als Frauen, denen allerdings Eitelkeit die Anpreisung als Type verbot. Was sich an Frauen als filmtauglich, also als schön, empfand, schlug daher einen anderen Weg ein. 554 Noch nie hat das Adlon in seiner Halle so viele Mauerblümchen versammelt gesehen wie in den Lubitsch-Tagen. Stundenlang und unentwegt saßen sie, dreißig bis vierzig Bubiköpfe hoch, auf den Sofas herum, die Lippenstifte immer aufs neue abwetzend und versuchend, die Nachbarin durch verächtliches Lächeln zu vertreiben. „Einmal muß er ja doch durchkommen!“ Jede gab sich ein Air, als sei sie per Rohrpost herbestellt, und starrte ungezwungen nach der Treppe und dem Gang, der vom Lift herführt. Bis dann Lubitsch kam. Ach, er warf keinen Cäsarenblick im Kreise herum! Er stürzte auf keines der armen Mädchen zu und schrie auch nicht: „Ha, nach Ihnen suche ich nun schon seit Monaten den Globus ab!“ Er tat nichts dergleichen, sondern lutschte nur an seiner Zigarre und schmuste mit einem sehr dicken Herren, dessen Wiege auch eher am Hausvogteiplatz ge- standen haben mag als unter den Palmen Kaliforniens, was auch ein gold- gefaßtes Monokel kaum zu verbergen vermag. Und dann ging die Hoffnung 555 der armen Mauerblümchen durch die Drehtüre ab, unbekümmert um die in Herrn Adlons weichen Klubsesseln zusammensinkenden Hoffnungen, als ob er so gar nichts anderes wäre als irgendein Herr Sowieso aus Beuthen oder Meseritz, der auch mal im Adlon wohnen wollte, wobei nur auffiel, daß die Aermel seines Anzuges etwas länger geraten waren als die des Ueberziehers, was sich in diesem Milieu nicht sehr vorteilhaft ausnimmt. Matheo Quinz. Roman- Angebot: ,,In dieser barbarischen, materialistischen Welt sind die Menschen geistig total verkümmert, das Leben beginnt jedoch erst nach dem Absterben des Körpers, und ist das kurze irdische Leben bloß eine Feuerprobe. Man kann die Errungenschaften der Wissenschaft entgegenhalten zum Beispiel Elektrizität, Radio usw. ist jedoch bloß eine Einmischung in die Arbeit Gottes, aber woher dies alles kommt, haben die Herren Beelzebuben keine Ahnung, sie wissen nämlich nicht, wenn sie sich in einen elektrischen Wagen setzen, daß sie damit auf ihre Urgroßmütter reiten, nämlich, daß die entflohene Kraft ihrer Urahnen sie als Elektrizität in die Wägen spannten, denn die Erde brachte bei ihrer Geburt keine Elektrizität mit sich, bloß Lebenskeime und was jetzt Elek- trizität ist, kann man sich aus diesen paar Worten zusammenräumen, sogar einen schönen Vers daraus machen.“ (Das Angebot liegt dem Verlag vor.) Anrede, die Andrä Hofer, Oberkommandant vor. Tirol, bei seiner Ankunft den 15. August 1809 um 12 Uhr Mittag aus dem Fenster seines Zimmers von dem Gasthofe zum goldenen Adler in Innsbruck an eine große Menge Landes- vertheidiger und viele Stadtbewohner nachstehenden Inhalts gehalten hat: „Grüeß enck Gott meine lieb’n S’brucker, weil ös mi zun Oberkommedanten g'wöllt hobt, so bin I holt do, es seyn ober a viel Andere do, dö koani S’bru- cker seyn. Alle dö unter meine Waffenbrüder seyn wöll’n, dö müeßten für Gott, Koaser und Voterland, als tapfre, rodle und brave T’roler streiten, dö meine Waffenbrüder wern wöll’n; dö ober dös nit thüen wöll’n, dö soll’n haim gien, I roth encks, und dö mit mir gien, dö soll’n mi nit verlass’n, I wer enck a nit verlass’n, so wohr I Andere Hofer hoaß; g’sogt hob I encks, g’söchen hob’s mi, bfied enck Gott.“ (Innsbrucker Ansichtskarte.) Chamberlin und Levine in der amerikanischen Botschaft Fast noch sympathischer als Chamberlin scheint Levine. Chamberlin ist noch entgegenkommend, freundlich — konventionell, bei dem ewigen Unterschreiben. Levine ist schlechthin muffig und gibt sich nicht die leiseste Mühe, das zu ver- bergen, was er denkt. Mit äußerster Antipathie setzt er immer von neuem seinen vielfach verschnörkelten Namenszug auf die Ansichtspostkarten, irgend- wie hat der Namenszug etwas Persisches, sieht aus wie ein persisches Schrift- nest mit unentwirrbaren Schnörkelzügen. Ein Photograph übernimmt die voll- ständige Herrschaft über die beiden, baut sie auf, rückt sie zurecht, sagt, sie sollten freundlich gucken, und legt ihnen die Hände, die 40 Stunden das Steuer gehalten haben, zurecht. Sie lassen alles geschehen, entzückende Leute. Wir taten unser möglichstes, um sie gähnend auf die Platte zu bringen. H. v. IV. 556 HANOMAÖ! Überall bringt Sie dieses Kleinauto bequem, sicher und zuverlässig bin, und zwar bei ganz geringen Unkosten. 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Aber es gab auch ganze Regionen, ganze Scharen, die ohne den geringsten Konnex mit den Vortragenden blieben und keine Ahnung hatten, daß derartiges sich in dem hinteren Zimmer ereignete. Man saß und redete eben in allen Zimmern weit entfernt. Man sah und hörte nichts und wurde gequetscht, aber — das muß man sagen — artig aufgereiht und wartend. Auf Ehepaare war die Ver- anstaltung nicht angelegt, sie hatten kein Glück. Kaum eingetreten, wurden sie auseinandergerissen; die Frau erhielt eventuell einen Stuhl, der Mann wurde weggedrängt. Es war ein schönes, bewegtes Fest. Das ganze Tout-Berlin, hübsche Mannequins (wer die Sorte liebt) und schöne Kleider. P>este Glück- wünsche ! H. v. W. Heiratsgesuch. Wie der Sturm draußen, wie der Sturm in meinem Innern, wie der Inflationssturm meine einstige Mitgift fortgefegt hat, so möchte ich mir im Sturm das Herze eines lieben herzensgebildeten charaktervollen Mannes erobern. Bin 29 Jahre alt, besitze einen Reichtum an inneren Werten und äußeren Vorzügen, habe einen sonnigen Humor (Neue Badische Landes-Zeitung.) Der Tod des Juan Gris. Am 11. Mai 1927, bei Sonnenuntergang, starb in Boulogne bei Paris mein lieber Freund Juan Gris. Er war am 23. März 1887 in Madrid zur Welt gekommen. Nach Paris kam er mit zwanzig Jahren. Seine ersten Oelgemälde stammen aus dem Jahre 1910. Kein Künstler unserer Zeit war reiner als er. Er war lauter und edel. Sein Weg war gerade. Und die Klarheit seines Werkes war nicht Mangel an Tiefe oder an Wucht. Nein, diese Ruhe war erkämpft durch einen starken Willen gegen ein leidenschaftliches Temperament. Vernunft forderte er von allem. Zweideutigkeit war er feind. Nichts Undeutliches, Verschwommenes ließ er zu. Kahnweiler. 558 Pf. tß. H rii.Fashcnder A.-G. , fterlm Linie 5! Roseneck 0 A Wilbolmsauo C B Potsd, Plate B C Rbf. Sdienh. All« A 0 M or dend Linie B4E - Wilheimsaue B A Luisenpl. A ^^y]ens8t_ - LinSo 73 - Rosenöck D A Hobrechtstr. C 60"! 39422 ED 1 1 2 1 3 1 4 Printer ä fcoute Neri t/aasäftlsdbl« Vorderseite eines Marseiller Fahrscheins +- Unio 5? - Roseneck A EmserPL 8 Potsd.Pl. C Stettin. Bf. D Poöbieiskistr, 0 C B A Linie 76 ~ Hnndefcahle 0 A Liitzowpl. C ß Spitteim. B C Strausfe. PI. A B Lückstr. - Linie 79 * R»if. -Halens. T5 A Lützowplatz C B Sohloßplatz B C _Schör>I d love to meet that old sxveethearl of tnine“ : Sentimentales Quintett, zart folkloristisch gefärbt . . . Gemütstiefes Summen wohlklingender Stimmen im Wettstreit mit Saxophonen. Grammophon. 62376. „ Hamlet -Monolog “ sozvie Goethes „Der Gott und die Baja- dere“, gesprochen von Josef Kainz: Unerhörte Modulationsfähigkeit einer stets menschlich schwingenden Stimme, die bis in feinste Nuancen gekonnt und be- herrscht ist. Odeon. A4312. „Wliere do you work — a John?“, „Bridget o’Flynn“: Europäische Melodiebrocken, marschartig rhythmisiert, illustratives Parlando des O Keh-Kut- Ups-Duos (Tenor und Bariton nebst Klavier). Columbia. 4017. „Always“ : Zärtliche kleine Liebesweise, anmutiger Text, warm timbrierte Stimmen: Frühlingsillustration des „Immer“ ... — Rückseite: „Oh, Miss H annah !" : Prächtiges Pianissimo. Grammophon. 859 084. „Largo al Facto tum' “ aus Rossinis „Barbier von Sevilla “. Bariton: Titta Ruffo : Verblüffende Virtuosität, fantastisch-schnelles Parlando — wie es nur ein Lateiner zustande bringt! — Rückseite: „ Valentins Gebet“ aus Gounods „Margarethe“ : Echt operistische Phrasierung, hochdramatische Ge- staltung. Polydor (Grammophon). II 70 006/7. „Sch’ma Kolenu“, Oberkantor S. Pinkasovicz: Lehrreich für Atonale und Vierteltöner die haarscharf vibrierten Tonabweichun- gen. Einzelnes der schwermütigen Rhapsodie erinnert an die Rufe sizilianischer Arbeiter. C COLUMBIA Die Schallplatte 565 Salabert. „Un bon mouvement" , ,,Mon Coeur“, „Je ne dis pas non " und „Je l’sens' : Vier entzückende Platten Chevaliers, des berühmten Lieblings sämtlicher Pariser und Pariserinnen. Pathe. ,£a c’est Paris“ , gesungen von Mistinguett, mit dem bekannten Schmiß der nicht endenwollenden Diva. Salabert. „Black Bottom“, gesungen von Layton und Johnson: Der berühmte Tanz wunderbar vorgetragen und synkopiert. Electrola. E. G. 377- „Baby Face“. Multikolorierte Flüsterplatte Jack Smiths: Pausenloser Vortragsfluß, etwas beeinträchtigt durch zu starke Klavierbegleitung. — „I’m on my way home“ (Jack Smith): Kontrastreicher Wechsel von Bariton- tiefe und tenoraler Höhe. Electrola. D.B. 983. „Liebesleid“ und „Liebesfreud“ . Violine (Fritz Kreisler) mit Klavier: Zwei charmante — jedes Gesellschaftserfolges sichere — Kreisleriana. Electrola. „Serenata I“ (Rimpianto) von Toselli. „ Serenata II“ von R. Drigo für Tenor (Benjamino Gigli) und Orchester: Jedem Lagunen- und Caprifahrer mehr oder weniger angenehm im Gedächtnis. Glühend zu beneidender Kitsch geseg- neten Klimas, südlichen Kehlkopfes, klingender Vokalisierung. Vorzügliche Auf- nahme. Electrola. E.G. 433. „Slie’s still my Baby“ und „Don’t sing Aloha when I go‘ : Komische Kombination von Almatmosphären und kunstvollem Männergesang- quartett. Columbia. 9186. „Platoffs Lied“ (alte Kosakenmelodie), „ Lobgesang “ (Tschai- kowski), gesungen vom Kosaken-Chor unter Leitung S. Jaroffs: Hinreißendes Accelerando folgt auf schwerrhythmisches Wiegen. Glanzvolle Disziplin des variabelsten aller Chöre. American Record (Lindström). A4313 „ Yankee Rose “ und „Blue Skies‘ (Sani Lanin): Unbekümmert fröhliches Drauflosjazzen mit schmalzigem Tenorsolo. Columbia. 4256. „Pack up your tr o übles“ , „ It’s a long ivay to Tippcrary “ , ,, God save the King“ (14000 Stimmen) : Moderne Tohuwabohu-Aufnahme von National- begeisterung: Polyphonie der Straße mit Stimmengewirr, Gröhlen, Jubeln, Klat- schen, Marschtritten usw. usw. Vox. 08473. „ Fridericus Rex-Grenadiermarsch“ (Radek), „Preußens Gloria-Marsch (Piefke), gespielt vom Blasorchester und Spielleutechor des Obermusikmeisters a. D. Becker: Tüchtige Pfeifer, hervorragende Bläser, zündender Rhythmus. Grammophon. 61961. „Szene aus der Ringerzählung “ (Nathan der Weise) und „Max, bleibe bei mir“ ( Wallenstein ), gesprochen von Adolf Ritter von Sonnenthal : Seltene Klangfülle des Organs. Welche Atemtechnik! Odeon. O 4006- „Y ou know — J knoiu ev’rything’s made for love“ ; .Amerikanische Groteskszene mit zahlreichen thematischen Anleihen der alten Welt, mit Klingeln, Zischen, Sirenenheulen, Pfeifen und großem Jazzrummel in Schnellzugstempo. Polydor (Grammophon). H 70022/23. ,, Kraudau ", gesungen von Oberkantor S. Pin- kasovicz: Gewaltige Tenorstimme, bravouröser Vortrag der uralten hebräischen Melodie, unterstützt durch fabelhaft klangschattierten Chor. Vox. 8457. „Juanita“ und „ Singapore “ der Ette-Kapelle : Einschmeichelnder Tango von schmissiger Lässigkeit. Gut equilibriertes Ensemble. Odeon. O 2134. „Black Bottom“ und „Ca cest Paris!“: Zwei Tanzschlager mit handfester Rhythmik. Odeon. O 6526. „Judith“ (Hebbel): Tilla Durieux gestaltet visionär mit nuancen- reicher Stimme die Traumerzählung. 566 Ui diu, rtv&dvwji-t OUuxAi C^cAicUc! CB isßi£r loCBcuvSe mU Goüo (BiiBcthv - r *? L ' Lg. ' j «y Jfur Ute ftttfc Ne u er scheinungen Der neue CLAUDE ANET Dir gottlidir $nr>annr Deutsche Bearbeitung von Dr. Willy Meisl Mit vielen neuen Photographien, Zeich- nungen und erstklassigen Karikaturen von Dolbin, Fodor, Jean Jacob y, Gero, Kelen, Kahan, Jean Cabrol, Sem, Graf Stenbock-Fermor etc. Ballonleinen RM. 6.— Dieses packende Werk ist mehr als ein in- teressantes Tennis- und Memoirenbuch — es ist das wundervolle Monument, das ein begeisterterDichter einer großenVirtuosin setzte. Der neuentdeckte Dichter zweier Sprachen j BENNO VIGNY ^tll ftornan ctnrr TTrmngtcn Ganzleinen RM. Ö.50; Kartoniert RM. 4.50 „Xell John” von Vigny erweitert das Stoff- gebiet des Romans, wirkt neue Spannung, schafft Einblick in bishernicht erschlossene Bezirke der menschlichen Seele. Schon um seiner Technik willen, die, geschult an besten romanischen Mustern, locker und gespannt zugleich, in Deutschland über- aus selten ist, verdient das Werk hohe Auf- merksamkeit. Lion Feuchtzuanger Ferner ist erschienen: BENNO VIGNY ärnp Joll? i JDic Jfrau aus iHarrafcrfd) Der fesselnde Marokko - Roman Ballonleinen RM. 6. — : Kartoniert RM. 4.— „Amy Jolly” ist in der Form eine Dich- tung, im Inhalt ein Kulturdokument! Dr. Emil Faktor , „Ber/. Börsen - Courier" Vigny selbst nennt dieses Werk ein B e - kenntnis an alle die Frauen, die durch den Mann gelitten haben. Verlangen Sie diese Neuerscheinungen in Ihrer Buchhandlung und überall auf der Reise! Unsere Verlagsprospekte erhalten Sie auf Wunsch kostenlos. — Vergleichen Sie unsere Anzeige in voriger Nummer. WELTBÜCHER -VERLAG BERLIN-FRIEDENAU hn er 3 >ki n o rgano Ko smetikum — aus Pa nzertieren — zum Einreiben verjüngt die H aut «Stärke I. . . M 25.- II. . M 5o. — Bezugsquellen, 0rucfefd)riftcn burd) bic alleinige $}crftcllerin Opotera pia G. m. b. H., Berlin * ©runcroalb, 3Ticbrid)sruher Str. 37 a. Sei. : faläburg 3S84 — 5526. 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Teils . . 450 „ Die Wahlverwandt- schaften, 2 Bde., Tübin- gen, Cotta, 1805, 1. Aus- gabe 160 ,, Musenalmanach für das Jahr 1796, vollständiges Exemplar 120 Schiller, Wilhelm Teil, Tübin- gen, Cotta, 1804, 1. Druck 120 „ Turandot, Tübingen, Cotta, 1802, 1. Ausg. . 150 Beardsley, The later Work, 1912 35 Bibliothek d. literar. Vereins Stuttgart, Bd. 1—268, kompl. 1842—1925 3000 Casanova, Erinnerungen, deutsch von H. Conrad, München 1907 ff., 17 Halbperg.-Bde 170 Gentz, Schriften, hrsg. v. Schle- sier, 5 Bde., 1838 — 39 22 Hebbel, Sämtl. Werke, hrsg. v. Werner, 27 Bde 140öst.Sch. Die Insel, 1899—1901, Jahrg. I und II 90 ,. Lewald, Allgem. Theater-Revue, Jahrg. I— III, Stuttg. 1835 ff. 30 Lichtenberg, Vermischte Schrif- ten, Göttingen 1800/06, 9 Bde. 65 Nietzsche, Werke, Taschenaus- gabe, 11 Bde., 1906 55 Ludw. Richter, Ludwig Beck- steins Märchenbuch, 1853, 1. v. Richter ill. Ausgabe 400 Fr. Ludw. Schröder, Dramat. Werke, hrsg. v. Bülow u. Tieck, 4 Bde., 1831 20 * 7 . u. 8. April. S. M. Fraenkel, Berlin Altenberg, Was der Tag mir zuträgt. 1901, 1. Ausgabe 6 AL J. Dellile, Oeuvres, 20 Bde., Paris 1800—21 38 „ Fichte, Grundlage des Naturrechts, 2 Bde., Jena 1796—97, 1. Ausg. . . 9 „ Friedrich d. Gr.; Oeuvres posthumes, 15 Bde. in 7, Amsterdam 1789 .... 19 ,, Goethe, Götz v. Berlichingen, Frank- furt 1774, 2. Druck 30 ,, R. Haym, Hegel und seine Zeit, Ber- lin 1857 25 „ W. Heinse, Sämtl. Schriften, hrsg. v. H. Laube, 10 Bde. in 5, Leipz. 1838, I. Gesamtausgabe 35 ,, Jean Paul, Ausgew. Werke, Berlin 1847 ff., 16 Bde. in 8 24 „ Lafontaine, Fabies, illustr. v. G. Dore, Paris 1868 43 ,, Lessing, Sämtl. Schriften, 30 Bände, Berlin 1791—94 45 „ Ad. Menzel, Die Armee Friedrichs d. Gr., Auswahl v. 100 Tafeln, Faksi- mile-Reproduktion 60 „ * 81 BÜCHER BÜCHER 27 — ’ 9 - April. Sotheby, London. Bob. Burns, Poems, Kilmarnock-Aus- gabe, 17SG 730 £ Dickens, Sketches by Boz, 1. Ausg. in Oktav, 1837-39 200 „ 0. Goldsmith, The Vicar of Wakeüeld, 1. Ausgabe, 1766 350 „ H. Alkens, National Sports of Great Britain, 1821 155 „ G. B. u. F. Piranesi, Opere, vol. I bis XXXII in 18 Bdn., 1748— 1808 ... 250 „ * 28. — 29. April . Max Perl , Berlin CI. Brentano, Gockel, Hinkel, Gacke- leia, 1838, 1. Ausg 410 „ Eob. Browning, Some Poems, Lon- don, 1904, Perg.-Druck 125 „ Diderot u. dA.lerabert, Encyelopcdie, 1751—80, 35 Fol.-Kalbld.-Bde. ... 600 „ Goethe, Werke, Sophien-Ausg., 143 Halbld.-Bde 810 „ G. Hauptmann, Ges. Werke, 6 Bde., 1. Ges. -Ausg., 1906 38 „ Ei T. A. Hoffmann, Ges. Schriften, ill. v. Hosemann, Berlin, 1871 ff., 12 Bde. in 6 65 „ Alfr. Kubin, Von verschiedenen Ebe- nen, Berlin, 1922 50 „ Nagler, Künstler-Lexikon, Leipzig, 1924, 25 Bde 80 ., * 9. — 10. Mai. L. Liepmannssohn & Henrici, Berlin (Musik-Sammlung Hey er, 2. Teil ) (Musikbücher) Fr. C. Arauxo, Libro de tientos y dis- corsas de Musica pratica (1626) . 720 M P. Aron, Toscanello in musica (1529) 300 „ Adr. Coelicus, Compendium musices (1552) 215 ,, Eene Descartes, Musica Compendium (1650), 1. Ausg 40 „ Fr. Cafori, Theorica Musice (1492) 500 „ ., Practica Musice (1496) . . 1450 „ „ de Harmonia Musicorum Instrumentorum Opus (1518) 750 „ Vinc. Galilei, Dialogo (1584) .... 420 „ Ph. Galle, Encomium Musices (1595) 360 ,, B. Kuchler, Ecpraesentation der fürstl. Aufzug u. Eitter-Spil(1611) 130 ,. M. Vitruvius, de Architectura libri Aeccin (1552) 30 M J. Chr. Wagenseil, De Civitate No- ribergensi coraraentatio (1697) . . 100 „ Fra Sim. Zappa, Eegulette de canto feruso (1535) 230 „ Jacopo Peri (e Caccini, Giulio), L’Euridice (1600) 100 „ (Praktische Musik) Angelini, II primo libro de madri- gali (1583) 280 „ Const. Antegnati, Salmi a otto voei (1552) 205 ,, Giov. M. Asola, Liber secundus missas tres (1588) . . 300 „ „ Vespertina omnium solemnitatum psalmo- dia (1582) 205 „ Ipp. Baccusi, II secondo libro de madrigali (1572) 410 „ Adr. Banchieri, Saimi a cinque voci (1598) 430 „ C. Berti, Magnificat (1593) 225 „ G. Contini, Introitus et Halleluja (1560) 325 „ Nie. Dorati, Le stanze della Sigra Vittoria Colonna (1570) 490 ,, Gail. Dressier, Opus sacrarum can- tionum (1577) 180 „ Andr. Falconieri, Sacrae modulatio- nes quinque voces (1619) 285 „ Andr. Gabrieli, II terzo libro de madrigali (1589) 300 „ Tom. Gratiani, Missa cum introitu (1587) 335 „ P. Hoffhaimer, Harmoniae poeticae (1539) 500 „ ( Insirumentalwerke) ‘d Angelbert, Pieces de Clavecin (Paris 1689) 580 „ Joh. Seb. Bach, Dritter Teil der Cla- vier-Cbung (1739) 710 „ A. Corelli, Sonate ä tre (1689) ... 230 ,. »♦ Sonate a Violino e Violone (1700) 200 , Gottfr. Finger, Sonatae XII. pro diversis Instruraentis (1688) ... 385 „ Gio.rd. Frescobaldi, II primo libro delle canzoni ad una, due (1628) . 290 „ W. A. Mozart, Sonates pour le Cla- vecin (Paris, 1764), op. 1 (Mozarts erstes im Druck erschien. Werk) 205 82 AUTOGRAPHEN AUTOGRAPHEN Jannequin, 11 secondo libro de can- zon francese (15G0) 320 M Orl. di Lasso, Patrocinium musices (1573 — 1570), (5 Teile in 5 gr.-fol.- Bänden) 7C00 ,, Hans Gerle, 1. Musica Teusch. (1532), 2. Tabulatus auff die Laudten etli-ches Preambol (1533) 5500 „ Jan. Matelart, Intavolatura de Leute (1559) 620 „ Es. Reusner, Erfreuliche Lauten- Lust (1697) 480 „ Vallet, ,,Le Secret des Muses“ (Am- sterdam, 1618/19) 760 „ S. Verovio, Cantzonette a quattro voci (In Roma 1591) 600 „ J. B. Sully, Prosperisse (1707) . . . 105 „ AUTOGRAPHEN 2 g. — jo. April . Stargardt, Berlin E. M. Arndt, E. Albumblatt m. U. 24 M Bett. v. Arnim, E. Br. (4 S.) . . . . 24 „ CI. Brentano, 6 eigh. Zeilen 100 „ „ E. Br. m. U. „Clemens“ . . 120 „ Wilh. Busch, Eigh. Federzeichnung, dazu eigh. Gedicht m. U., 1 Bl. . 265 „ R. Dehmel, E. Gedicht m. U 26 „ F. Freiligrath, E. Br. m. U 19 „ „ E. Br. m. U. (London) . . 40 „ „ Eigh. Gedicht m. U 95 „ Goethe, Eigh. Br. m. U. (1 S.) . . . 400 ,, Kl. Groth, E. Br. m. U 17 „ Hebbel, E. Br. m. U 280 „ Heine, Eigh. Gedicht „Lass ab“(lS.) 165 „ ,, Eigh. Schriftst. „Musikalische Saison“ (8 S.) 185 „ „ 2 eigh. Gedichte (2 S.) 215 „ L. H. Hölty, Eigh. Schriftst. (1 S.), sehr selten 56 „ Arno Holz, E. Br. m. U., 4 eigenh. Gedichte 29 „ K. Immermann, E. Br. m. U. (1 S.) 205 „ Jung gen. Stilling, E. Br. m. U. . . . 50 „ Leconte dß Lisle, E. Br. m. U. (1 S.) 15 „ Lenau, E. Br. m. JJ. (2 S.) 4o H. Longfellow, E. Br. m. U. (4 S.) 60 „ Th. Mann, E. Br. m. U. (IX S.) . . 20 ,, Nestroy. E. Br. m. U. ( 2 ^ S.) . . . 38 „ Wilh. Raabe, E. Br. m. U. (3 S.) . . 20 „ ff E. Br. m. U. (IS.).... 16 „ Fr. Reuter, Eigh.. .Albumblatt ,m. U. 90 ,, R. M. Rilke, Eigh. Br. m. U. (3 S.) 28 M Max Schenkendorf, E. Br. m. U. (3 Seiten) 50 ,, Sir W. Scott. E. Br. m. U. (1 S.) . . 29 „ Adalbert Stifter, Eigh. Albumblatt m. U 33 „ „ Eigh. Schriftst. m. U. (1 Seite) ^4 „ Theod. Storm, E. Br. ra. U. (X S.) . 3® „ W. M. Thackeray, E. Br. m. U. (1 S.) 115 ,, Voltaire, E. Br. ohne U. (2 S.) . . 91 ,, K. Wetzel, Eigh. Gedicht (3% S.) . 42 „ Fr. H. Baader, E. Br. m. U. (1 S.) . 20 „ Louis Blanc, E. Br. m. U. (3 S.) . . 21 „ J. G. Fichte, Eigh. Mskr. (4 S.) . . 51 „ F. W. Schelling, E. Br. m. U. (1 S.) 16 „ A. Schopenhauer, E. Schriftst. m. U. (engl.) (IS.) 325 „ Mor. Schwind, E. Br. m. U. (1 S.) . 25 „ Beethoven, Eigh. Br. m. U. (3 S.) . 1150 „ Joh. Brahms, E. Br. m. U. (3 S.) . 68 ,, Fr. Chopin, Visitenkarte mit 5 eigh. Zeilen (polnisch) 75 ,, Fr. v. Liszt, E. Br. m. U. (2 S.) . . 13 ,, F. Mendclssohn-Bartholdy, E. Br. m. U. (1 S.) 68 W. A. Mozart, E. Br. m. U. (2 S.) . 1250 „ Fr. Schubert, Eigh. Musikmskr. (6 S. Quer-Fol.) 1345 ,, Rieh. Wagner, E. Br. m. U. (1 S.) . . 40 „ K. M. von Weber, E. Br. m. U. (1X> S.) 68 „ (Geschichte) Bismarck, Eigh. Br. m. U. (1 S.) . 465 ,, Christine von Schweden, Urkunde m. U. „Christina“ (IX S.) . . . . 40 „ Wilh. Liebknecht, E. Br. m. U. (3 S.) 25 „ Pierre Proudhon, E. Brief m. U. (1K S.) 27 „ Wallenstein, E. Br. m. U. (Par.) (1 Seite) 300 ,, Wilhelm I., E. Br. m. U. „Wilhelm“ (3 Seiten) 24 „ Wilhelm II., Br. m. U. u. E. (1 S.) . 60 „ * IO. Mai. L. Liepmannssohn & Henrici, Berlin (Musiker-Autographen der Sammlung Heyer 2. Teil) Pietro Aron, Eigh. Brief m. U. . . . 425 M Ran. da Casalbigi, Eigh. Br. m. U. 170 ,, G. Caccini,. Eigh. Brief m. U. . . . 320 ,, G. B* .Cimador, Eigh. Brief m. U. . 35 „ 83 KUNSTGEWERBE KUNSTGEWERBE Are. Corelli, Eigh. Brief m. U. . . 620 M. A. G. Dragoni, Schriftst. m. eigh. U. 165 ,, Gior. Frescobaldi, Eigh. Br. m. U. 750 „ Michelang. Galilei, Eigh. Br. m. U. 560 B. Galuppi, Eigh. Musik-Mskr. m. N. (1706-1785) 260 „ (Geigenbauer) Amati, Antonio u. Girolamo, Schrift- stück m. eigh. Bestätigung u. U. beider Brüder 1280 Cas. Bertolotti gen. Casparo da Salö (1543—1609), Eigh. Schriftstück mit Namensnennung 1500 ,, Giov. P. Maggini, Eigh. Schriftst. m. 3mal. Namensnennung 1400 ,, Ant. Stradivari, Eigh. Brief m. U. . 5100 ,, Golddose (Neuber-Dose), ca. 1790, Gewicht 230 gr 2000 M Andreas Riccio (1480—1566), Knien- der Satyr, Bronze, Höhe 9 cm 2000 „ ,, Sitzender Faun, Bronze, 17% cm . . . 3400 „ Giov. da Bologna, Vogelsteller, Bronze, 26 cm 2650 „ Berliner Eisenguß, Friedrich der Große, ca. 1800, 15 cm 155 , Schreitender Hirsch, silbervergoldet, Trinkgefäß, Augsburg, Meister Melchior Beyr, geb. 1550, Höhe 47 cm, Gew. 2080 gr 12000 „ Joh. Kepler, Eigh. Br. m. U Orlando di Lasso, Eigh. Stammbuch- blatt m. LI J. B. Lully, Schriftst. m. U Martini, Msk. m. Namen T. Merula, Eigh. Schriftst. m. U. . . P. Metastasio, 2 eigh. Br. m. U. . . Monteverdi, Eigh. Br. m. U Palestrina, Eigh. Schriftst. m. U. . U. Piccini, Eigh. Brief m. U. . . . O. Rimiccini, Eigh. Ged. -Msk. . . . J. J. Rousseau, Eigh. Br. m. U. . . . Cyriacus Schneegass, Egh. Br. m. U. G. Spataro, Eigh. Br. m. U 270 „ 590 „ 185 „ 320 „ 115 „ 100 „ 1710 2150 „ 200 „ 100 ., 340 „ 120 „ 850 KUNSTGEWERBE 24. März. Berlin, Henrici Humpen, silbervergoldet, Nürnberg 1594, Meisterzeichen David Lauer, 17 cm hoch, Gewicht 540 gr. . . 3100 M. Prunkkanne, silbervergoldet, Augs- burg ca. 1600, Meisterzeichen Joh. Lencker. Höhe 19 cm, Gewicht 2700 gr 6400 „ 2 Kunkel-Rubinglasflaschen, Ende 17. Jahrh., Höhe 33 cm 2000 „ Rubinglas mit Deckel, silbervergol- dete Fassung, ca. 1680 480 „ 2 kleine Kunkel-Rubinglasflaschen, Höhe 24 cm 1010 „ Renaissance-Dose, messingvergoldet, Durchm. 7,6 cm, süddeutsch, Ende 16. Jahrhundert 270 „ Chodowiecki - Dose, Emailledeckel mit Goldbronzemontierung. Auf den Deckeln Emaillemalerei-Origi- nale von Ch., ca. 1760 1450 „ 3. — 6. Mai. Sotheby, London (Waffen und Rüstungen) Schwert des 14. Jahrh., reich ver- ziert (sog. Dreux-Schwert) . . . 420 £ Vollständige deutsche Rüstung, ca. 1540 720 „ Rüstung, ca. 16, mit Handwerks- zeichen v. Ant. Peffenhauser, Augsburg, 1525 — 1603 900 ., Schwert des Ambrogio Spinola (1570—1630) 3000 Geschlossen. Helm, deutsch, ca. 1500 410 .. Visier-Helm, italien., ca. 1480 .... 920 .. Italien. Helm-Haube, spätes 14. Jahrhundert 420 „ Schild, hervorr. franz. Metallarbeit d. 16. Jahrh 640 „ Turnier-Helmhaube, deutsch (Nürn- berg, ca. 1450) 1250 Italien. Schwert d. 16. Jahrh 500 ,, Arquebuse, dat. 1583, m. Gravierun- gen v. Jagd-, mytholog. u. bibl. Szenen 1050 „ Vollständ. Rüstung aus Greenwich von 1568 1250 „ Parade-Rundschild, Ital ien, Mitte des 16. Jahrhunderts 1900 „ Span, vollst. Rüstung, ca 1470—80 . 3900 „ GRAPHIK 2 . — 3. Mai . Boerner, Leipzig Albrecht Altdorfer, Die Landschaft m. d. 2 Fichten, Rad. . 7900 M. „ Der Kindermord zu Bethlehem, Holzschn. . 500 „ 84 GRAPHIK GRAPHIK Albrecht Altdorfer, Der heilige Georg zu Pferd, Holzschn. 1060 M Hans Sebald Behara, Das Bauernfest 650 ,, Lukas Cranach, Der heilige Georg zu Pferd 560 ,, Kupferstiche Albrecht Dürer, Adam und Eva, 1. Zust. (schönster Abdr,) 42000 .. ,, Die Geburt Christi . . . 3800 .. ,, Die Passion 7800 .. „ Christus am ölberg . . . 4600 ,, ♦, Das Schweißtuch .... 3800 ,, „ Der verlorene Sohn . . . 1500 ,, .. Die Jungfrau mit lan- gem Haar 1800 „ Die Jungfrau mit Ster- nenkrone und Szepter . 590 ,, ., Die Jungfrau mit kur- zem, gebundenem Haar 1000 „ Maria mit dem Kinde . . 9400 ,, Die Jungfrau m. d. Kind 1650 „ Maria, das Kind stillend 1300 ,, „ Die heilige Jungfrau . . 950 „ ,, Die Jungfrau, von zwei * Engeln gekrönt 1100 .. Maria an der Mauer . . . 2450 „ Maria mit der Birne . . . 1900 .. „ Die Madonna mit der Meerkatze 7400 „ Die heilige Familie . . . 1250 „ Der heilige Georg zu Pferde 5150 ,, Der hl. Antonius, lesend 2500 ., Der hl. Hieronymus in der Zelle 6100 ,, Der heilige Hierony- mus in der Wüste .... 1100 .. Die heilige Genovefa . . 3000 .. Die drei Genien 1300 Die Satyrfamilie 1800 .. Der Raub der Amyraone 6100 Die Wirkung der Eifer- sucht 1150 .. Die Melancholie 6800 .. Der kleine Kurier .... 800 „ Die Dame zu Pferd . . . 1700 .. Der Fahnenträger .... 1250 ., Das kleine Pferd 1500 ,, Das große Pferd 1600 ,, Ritter, Tod und Teufel 15000 „ Holzschnitte : Albrecht Dürer, Simson tötet den Löwen 3300 M ,, Die Anbetung 1800 ,, ,, Christus als Schmerzens- mann 1000 .. Die Gefangennahme . . . 2100 .. Das Abendmahl 500 ., Das Titelblatt zur Apo- kalypse 3700 Das Marienleben 9500 ,, Die Jungfrau mit den vielen Engeln 800 .. ,, Der heil. Christophorus 3100 „ Der heilige Hierony- mus in der Zelle 1700 „ Herkules 3300 Anton van Dyck, Peter Breughel der Jüngere 5400 ,, Claude Gellte, Der Rinderhirt . . . 1100 ., Augustin Hirschvogel, Der Burghof 3^00 „ ,, Die Flußlandschaft . 4400 ,, Landschaft mit hob. Felsen 2600 ,, Hans Sebald Lautensack, Landschaft 1110 ,, „ Landschaft, rechts eine Kirche 900 ,, Lucas van Leyden, Die Taufe .... 800 ., ,, Virgil im Korbe .... 1550 „ ,, Die Dame im Walde . 800 ,, Israel van Meckenem, D. Orgelspieler 2800 ,, ,, Die spielend. Kinder 3300 „ Robert Nanteuil, Ludwig XIV. . . . 500 „ Adrian van Ostade, Mann und Frau . 620 ,, D. Schweineschlachten 1050 ,, ,, Der Tanz i. Wirtshaus 1200 ,, ,, Das Frühstück .... 2100 ,. Rombrandt, Selbstbildnis mit der Schärpe . 1100 Selbstbildnis mit dem Säbel 550 ,, Rembrandt mit Saskia, 1. Zustand 2200 „ „ Das Selbstbildnis mit dem aufgestützten Arm, 1. Zu- stand 15500 ., Dasselbe Blatt, 2. Zustand 1700 ,, Selbstbildnis mit d. Feder- busch (Abdruck von der ovalen Platte) 4200 ., „ Abraham mit Isaak sprech. 650 „ „ Abrahams Opfer 2050 „ ,, Verkündigung an die Hirten 3400 57 Vol. 7 85 GRAPHIK GRAPHIK Rembrandt, Die Bettler an d. Haus- tür, 1. Zustand 4600 M ,, Die Landschaft mit d. drei Bäumen, Exemplar aus der Sammlung Kalle . . 28000 ,, „ Die Landschaft mit den drei Hütten, vollendeter Zustand 36500 „ Die Hütte und der Heu- schober 9000 „ „ Faust, 1. Zustand 7000 „ „ Jan Lutma der Ältere, 1. Zustand 34500 „ .. Jan Asselyn, 1. Zust. . . 16500 „ „ Ephraim Bonus 6000 „ „ Jan Uijtenbogaert .... 5400 „ „ Rerabrandts Mutter mit dem schwarzen Schleier 11000 .. Jacob Ruisdael, Das Getreidefeld 600 „ Prinz Ruprecht von der Pfalz, Krie- ger mit Lanze 2200 „ Martin Schongauer, Die Geburt Christi, früher Abdruck 9400 „ Cornelis Y isscher, Gellius de Bouma 800 ,, Martin Zasinger, Die Umarmung . . 2300 „ Bücher: G. Braun u. Fr. Hogenberg, Be- schreibung ... der .. Stät .der Welt, 2 Bde., Köln 1572—1618 . . 1100 „ Chronik von Köln, 1499 840 Merian-Zeiller, Topographien, 31 Bde. in 16, 1640 — SO, kompl. . . . 2050 f , Schedel, Hartmann, Liber chronico- rum, 1493 1250 „ j. — 4. Mai. Boerner , Leipzig Kupferstiche : Albrecht Altdorfer, Die Madonna in einer Landschaft . . . 1100 M „ Der bethlehemitische Kinderraord 820 „ Die Enthauptung Jo- hannis 1150 „ ,, Der heil. Hieronymus 1020 „ „ Das große Taufbecken 1550 •• Las Urteil des Paris 110 ,, nans Baidung, Lukrezia 2950 Jacopo de* Barbari, Die Viktoria . . 1500 „ Hans SebaJd Beham. Holzschnitte, Die heilige Familie . 840 M , , Badestube C20 „ Domerico Campagnola, Die Land- schaft 550 M Lukas Cranach, Die heilige Familie 580 ,, „ S. Jacob der größere . . 640 „ „ Aus der Folge der Apo- stelmartern 520 „ ,, Die Predigt Johannis . . 700 „ ,. Die Kreuzigung .... 20000 , , „ Christus am ölberg . . 27000 ,, Albrecht Dürer, Die Passion .... 2000 ,, ,, Maria, von zwei Engeln gekrönt 1650 „ Maria an der Mauer . . . 500 ,, Die Madonna mit der Meerkatze 1650 „ Der Raub der Amymone 1400 „ Die Melancholie 1750 „ Der Spaziergang .... 1400 Willibald Pirkheimer . . 1200 „ Holzschnitte : Albrecht Dürer, Die A_nbetung der Könige 1050 „ Die Kreuztragung . . . 1500 „ ». Die kleine Holzschnitt- Passion 1450 „ „ Die Offenbarung des Johannes 2750 „ „ Die Madonna 1300 „ „ Die Ruhe auf der Flucht 1550 „ Hendrik Goltzius, Die Pieta 620 „ Augustin Hirschvogel, Seelandschaft 2000 „ .* Flußlandschaft . . . 1250 „ Hans Sebald Lautensack, Die Land- schaft 620 „ Lucas van Leyden, David vor Saul 650 „ „ Christus in Gethse- mane 1550 „ Das große Ecce Homo 5200 „ Andrea Mantegna, Die Geißelung . . 850 „ „ Die Kreuzabnahme . . 2800 „ Israhel van Meckenem, Das Liebes- paar 3300 „ Meister E. S. Querfüllung mit Blatt- werk 16000 „ ,. Querfüllung mit sechs • Vögeln 16000 „ 86 GRAPHIK GRAPHIK Rembrandt, Der Triumph des Mar- dochäu9 4600 M „ Die Verkündigung .... 2100 „ ,, Christus, predigend .... 1400 „ „ Die Kreuzabnahme .... 1100 ,, „ Der heil. Hieronymus . . 3900 ,, „ D. Landschaft m. d. Jäger 1100 ,, ,, Die Landschaft mit Hütte . 1800 ,, Der Obelisk 2200 „ Die Windmühle 3400 ,, Sammelnummern Albrecht Dürer, 29 Blatt Original- stiche 1100 M Rembrandt, ca. 50 Blatt Original- radierungen 2100 „ ♦ 4- — 6. Mai. ßoerner, Leipzig „ Faust 1800 „ Marlin Schongauer, Die Verkündi- gung 3000 ? , „ Die Gefangennahme . 1550 ,, ., Die Dornenkrönung . 1150 „ Der Tod der Maria . 1300 „ Eine der törichten Jungfrauen 2500 ,, „ Der Greif 1150 ,. Wappenschild mit dem Einhorn 1200 „ „ Hochfüllung mit einer Eule 7500 „ ., Gotisches Blattorna- ment 7000 „ , Ähnl. Blattornament . 5200 ,, „ Ein drittes Blattorna- ment 7500 „ ,, Dünner, aufwärts ge- richteter Ast 6400 „ ., Querfüllung mit Ran- ken 5400 „ „ mit Papageien 8500 „ „ „ mit Hopfen- ranken .... 7200 „ „ auf hellem Grund .... 5200 „ Dirk Vellert, Christus und die Sa- mariterin 900 ,, Martin Zasinger, Die Umarmung . . 1600 ,, Holzschnitte : Albrecht Altdorfer, Der Sündenfall . 540 ,, „ Adam und Eva .... 520 „ Jost Amman, gr. Allegorie auf den Handel 560 „ Anonyme Meister des XV. Jahrhun- derts, Christus am Kreuz 4400 ,, „ v, Kreuzanheftung . . . 2300 „ ,, „ Das Schweißtuch . . 2300 „ „ ,, Schmerzensmann . . . 2600 ,, „ „ Madonna m. Engeln 10000 „ „ . ,, Heil. Brigitte .... 1050 ,, „ „ Johannes wirft sich dem Engel zu Füßen 2900 ,, „ „ Heil. Nikolaus .... 6800 .. ,, ,, Schmerzensmann . . 1700 ,, „ ,, Heilige Anna .... 1400 „ „ „ Christus am Kreuz . 1200 ,. Hans Baidung, Heil. Sebastian . . . 1600 „ „ Parzen 1100 „ ,, Heil. Anna 3600 ,, Leonh. Beck, Weißkunig 1200 ,, Hans Burgkmair d. Ältere, Simson . 720 ,, „ Simson und Delila . . 520 „ ,, Madonna 4600 „ „ Bildnis des Conrad Celtis 740 „ , # Aristoteles u. Phyllis 1150 „ „ Qruppe von vier Landsknechten .... 750 ,, Der Meister von Zwolle, Die Ma- donna 22500 ,, Francesco Bartolozzi, Miß Farren . 1400 „ Louis Philibert Debucourt, La Pro- menade publique 3800 „ Nach Sir Joshua Reynolds, Homble Mr. Leicester 2800 ,, Clair-Obscur -Holzschnitte : Burgkmair, H., Junges Paar .... 3300 L. Cranach d. Ältere, Ruhe auf der Flucht 2150 „ „ Heil. Christophorus . . 4700 „ H. Wechtlin, Ritter 9500 „ „ Pyrgoteles, stehende männliche Figur .... 2100 „ 87 GRAPHIK H. Weiditz, Stehender Schmerzens- R. Goltzius, Bildnis des Haarlemer Kupferstechers 920 „ „ Arkadische Landschaft . . 540 ,, Marine 540 „ Chr. de Jegher, Ruhe in Ägypten . . 700 ,, J. Livens, Brustbild eines Mannes . 1250 ,, H. Vries, Perspektivische Ansicht . G00 ,. Anonyme Meister, eine reiche Sammlg. Clair-Obscur-Holzschnitte 520 ,, Jacob Cornelisz van Oestzanen, Grablegung 1500 ,, i , Passionsdarstellungen 2000 „ „ Die sieben Tugenden . 1900 ,, Lucas Cranach, Christus v. Kaiphas 540 „ ,, Christus vor Herodes . . 660 ,, ,, Geißelung 560 „ ,, Christus, die zwölf Apo- stel und Paulus 4000 ,, „ Folge d. Apostelmartern 2100 ,, ,, Heil. Christophorus . . . 4200 „ „ Heil. Georg 900 „ Der große heilige Georg zu Fuße 780 ,, , f Heil. Barbara 620 ,, „ Heil. Michael 1600 v „ Maria 1900 „ ,, Landsknecht 3000 „ „ Luther 2900 „ ,, Profilbildnis Luthers . . 660 ,, „ Christus 4000 Lucas Cranach der Jüngere, Bild- nis des Johannes Schey- ring 700 ,, „ Brustbild Philipp Me- lanchthons 700 „ Albrecht Dürer, Kain erschlägt Abel 1000 ,, „ Große Passion 650 ,, ,, Kleine Passion 810 ,, Apokalypse 1150 „ ,, Heil. Familie m. d. Has. 900 „ österr. Schutzheilige . . 580 ,, „ Triumphwagen 1810 ,, ,, Kaiser Maximilian I. . . 1350 ,, ,, Brustbild Albr. Dürers . 1050 „ ,, Christus am Kreuz . . . 3500 ,, Christus am Kreuz zwi- schen Maria u. Johann. 1100 „ GRAPHIK Peter Flötner, Ornamentleiste . . . 720 M Flugblätter: Anathomia 1150 „ Porträts 510 „ Mathias Gerung, Darstellungen a. einer Apokalypsenfolge 950 ,, Urs Graf, Zwei Landsknechte .... 560 „ Hans Holbein d. J., Daß Altweyb . . 600 „ ff Kauffmann 520 „ ,, Edelfraw 540 „ „ Hertzoginn 560 ,, „ Kraemer 680 „ ,, Ackermann 620 „ „ Ablaßhandel 920 „ Wolfgang Huber, Geburt Christi . . 540 „ „ Beschneidung 520 ,, „ Parisurteil 850 „ „ Pyramus 1900 ,, Lucas van Leyden, Isaaks Opferung 1050 ,, „ Jahel und Sissara . . . 660 .. „ D. Tocht. d. Herodias 2100 ., ,, Die Nachzügler .... 2850 .. ,, Folge d. neuen Helden 900 .. Jan Livens, Brustbild eines bärti- gen Mannes 1650 „ Nikolaus Meldemann, D. Stadt Wien Belagerung 1680 „ Monogrammist H. W. G., Die Land- schaft mit dem heiligen Hieronymus 800 ,, ,, Die Hirschjagd 820 ,, „ J. D. (H. D?.) Banner- schwingen 540 ,, Jost de Negker, Der kaiserl. Adler 2300 ,, Michael Ostendorfer, D. neue Kirche 620 ,, Wolfgang Resch, Das Profilbildnis des Jakob Fugger 2500 ,, Hans Schaeufelein, D. Kreuztragung 600 ,, „ Die heil. Veronika . . 2700 ,, ,, Pyramus und Thisbe . 555 ,, „ Der Fahnenträger . . . 550 ,, ,, D. große Kreuzigung 510 ,, „ Christus am Kreuz . . 750 ,, Schorpp, Madonna i. Strahlenkranz 10500 ,, Wolf Traut, Der Schmerzensmann und Maria 580 „ Verlags- und Druckerzeichen, ca. 1200 Blatt 1300 „ Wolgeraut (Schule), Die Heiligen Petrus und Paulus 560 „ BFJLAGE ZUN »QUERSCHNITT« / JULI - HEFT 1937 EUROPÄISCHE KUNST RER GEGENWART ZENTENAR -AUSHEILUNG DES KUNSTVEREINS HAM B URC K U N S T H A L L E AUGUST-SEPTEMBER 19 2 7 BAD EMS Weltberühmt durch seine Quellen und seine Schönheit Von den bedeutendsten Ärzten seit Jahrhunderten empfohlen bei allen Katarrhen (Luftwege, Magen, Darm, Niere, Blase, Unterleib), Asthma, Emphysem, Grippefolgen, Rückständen von Lungen-und Rippenfell- entzündung, Herz-, Gefäßerkrankungen, Gicht und Rheumatismus Trinkkuren, Badekuren, Inhalations- und Terrainkuren Natürliche kohlensaure Bäder. Die besteingerichteten und vielseitigsten Inhalatorien. Pneum. Kammern. 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Freier Ausblick auf die Alpenkette, und Erholungsbedürftige. 26 völlig neu ausgestattet ; h en n&usen kür innere Kranke sowie Nervöse seit Ende 1Kunst< und dient als einfache Vor - und Nachspeise, als Brotaufstrich oder Beerensaft usw. — Man wählt je nach Geschmack oder wechselt : 1. Lukutate- Gelee-Früchte, die süße Geschmacksform . . M 3.60 2 . Lukutate -Bouillonwürfel, für den, der >süß< nicht mag, sowie für Korpulente und Diabetiker Dl 3,60 3 . Lukutate-Mark, Marmelade als Brotaufstrich etc. . ....M 3.60 4. Lukutate-Beerensaft, (mit indischem Rohrzucker) .... FI H..60 s. Lukutate-Mark konzentriert, (Loku-ta-te ihdia orig. Hiller) M 8 .- In allen Apotheken, Drogerien, Reformhäusern erhält l. - Literatur durch die Fabrik kostcnfr. WILHELM HILLER / HANNOVER NAHRUNGSMITTELWERKE zugleich Hersteller der BR OTELLA-DARM-DJÄ T nach Prof. Dr. Ge wecke Richard Seewald Lithographie (Verlag Fritz Gurlitt) VOLKERBUND DER BÜCHER (GLOSSEN ZUR INTERNATIONALEN BUCHKUNST- AUSSTELLUNG LEIPZIG i 9a7 ) Von ARNO SCHIROKAUER N atürlich ist diese Ausstellung nicht für die spärlichen Fähnchen der paar hundert Bibliophilen gemacht. Und natürlich ist es Unsinn, ihre biblio- philen Intentionen immer wieder zu betonen. Tag für Tag durchpilgern diese Ausstellung über dreihundert Leute, Sonntag für Sonntag sind die Räume von reichlich tausend Schaugierigen vollgestellt. Dreitausend Bibliophile die Woche? Ist das goldene Zeitalter angebrochen? Hat jeder dritte Deutsche sein Lesekabinett zu Hause, und liegen da zu Rudeln die Handpressendrucke und die köstlichsten Graphiken? Diese Ausstellung der Buchkünstler hat einen Sinn, der weit über den bibliophilen Anlaß hinausgeht. Daß der Bücherlieb- haber, nach dieser Augenweide lechzend, hinfährt, ist klar; aber wer noch? Wem noch gilt diese Völkerschau etwas? Tagtäglich liest der Mittelständler in seiner Zeitung von den Albanern, von den Spaniern, von den dicken Yankees, von den kleinen Japsen, von Auf-, und Abrüstung, von Stunk und Versöhnung, von Rachereden und Verbrüde- rung, von Paneuropa und Lippe-Detmolds Staatsräson. Vielleicht sagt er .-sich da folgendes: Die Zeitungen schwindeln, und wenn die nicht, die 567 Diplomaten schwindeln, ihre Visagen in den illustrierten Blättern schwindeln. Wenn sie in Genf am Tisch herumsitzen oder Kaffee trinken, haben sie alle die gleichen Anzüge an, darin ihre Eigenart versteckt ist. Ihre Reden hören sich alle so französisch an, und leider übersetzt sie die Regierung anders als die Oppo- sition. Aber da kommt mir ein Gedankel Im Museum in Leipzig sind die repräsentativen Bücher von 19 Staaten versammelt, da tagt das Paneuropa des Buches! Die Männer, die diese Bücher ausgestattet haben, haben nichts anderes tun wollen, als ihre Meinung, ihren Glauben, ihren Geschmack in diesem Fall, mit den Mitteln ihres Gewerbes ausdrücken. Zweifellos sind die Physiognomien dieser Bücher ehrlicher als die einer Gesellschaft von Bot- schaftern. Und zweifellos ist es eher möglich, aus den pergamentenen, sumach- gegerbten Runzeln ein ehrliches Bild von der Seele einer Nation zu bekommen, als aus dem eingeübten Stirnrunzeln eines Ministers. Denn ich, immer noch Idealist, immer noch für die prästabilierte Harmonie, immer noch gläubig, immer noch dem Kausalsatz hörig, ich bin überzeugt, daß an der handwerk- lichen Form des Buches, an seiner Drucktype, an seiner Satzordnung, an seinem Einband, ar. den Hoch- und Querverhältnissen seines Formates der Geist einer Nation wesentlich beteiligt ist. Im Rauch schlechter Zigarren, im Dunst unechten Pilseners, auf dem Wege durch einen schlechten Magen verliert dieser Gedanke * natürlich einiges an Klarheit; aber es ist doch vielleicht politische Neugier und ist sicherlich politisches Mißtrauen, was den Mittelständler in die Versammlung der euro- päischen Bücher treibt. Und er sieht: Die Kleider aller Bücher haben gleichen Schnitt; die Stoffe sind die gleichen überall, die Formate sind immer dieselben, Gesetze scheinen überall und über alle nationalen Grenzen in Geltung, die Materialien werden von Griechenland bis Norwegen gleich behandelt: es ist ganz sicher, Europa ist hier eine Einheit, und nicht der Roßapfel einer Idee kann in einem Lande zu Boden fallen, ehe ihn nicht zwanzig Nachbarn berochen hätten. Bei jedem Volk aber gibt es Temperamente mit rascherem und wilderem Puls, mit heißerem Blut, deren Strich, deren Farbe üppiger, fester ist, deren Werk kühner und erregbarer ist; der Regenbogen eines Einbands, der Umriß eines Lithos, die Struktur einer Schrift verrät ein Genie und gibt die selige Gewiß- heit: in Europa leben immer noch Wilde. Deutschland zeigt Corinth und Gulbransson, Liebermann und Orlik, Belgien Masereel, England Will Ovens; ja, an Kerlen fehlt es nirgends. Europa lebt noch! In den mürben Adern des Abendlandes rauscht noch, brandet noch das Blut. * Vor dreizehn Jahren gab es in Leipzig die ,,Bugra“. Der Revolverschuß von Sarajewo (dem ein paar Billionen grundloserer, aber wirksamerer nach- knallten) jagte sie auseinander. Nun beschwört diese neue Ausstellung ganz absichtlich den Vergleich mit 1914 herauf. Buchkünstler, die vor dreizehn Jahren aufbrachen, einen neuen Stil des Buches zu erschaffen, sehen sich heute durch einen ungeheuren Erfolg bestätigt. Eine Generation von Künstlern, die das Buch aus einem häßlich und lieblos 568 fabrizierten Massenartikel wieder zu einem Kunstwerk wandelte, sieht nun in der Vollkraft ihres Schaffens und auf der Höhe ihres schöpferischen Wirkens auf das Geleistete zurück. Der Krieg sinkt unter die Bewußtseinsschwelle, die Inflationen sind verdämmert; der beruhigte Blick überprüft das Ganze. Und da ergibt sich ganz klar, daß in gemeinsamer oder getrennter Arbeit die Schaffenden aller Nationen in gleicher Richtung am Werk waren. Das schöne Buch, das ist das werkgerechte, das materialgerechte Buch, das ist das Buch, dessen Inhalt durch die Schrift, dessen Schrift durch das Papier, dessen Papier durch den Einband, dessen Einband durch den Titel- satz, dessen Gesinnung, dessen Immaterielles durch das Materielle bekräftigt wird. Das Buch ist wieder ein Organismus, weil die vielen an ihm schaffenden Hände wieder ein Geist lenkt. Maßlos und ganz einsam steht in dieser Versammlung europäi- scher Bücher der Raum der Russen , und jeder Besucher fühlt, welche Grenze er überschreitet, wenn er hier eintritt. Ein Fremder ist im Völkerbundl In das Ge- flüster besonnener Staatsmänner schreit ein religiöser Fanatiker. Wir sind auf der Straße, Plakate brüllen, Phototechnik ersetzt Handarbeit, wir sind in eine Volksversammlung geraten, es geht laut und wirr zu, in grellen Farben lodert die Broschur. Das ist keine private Bibliothek, das sind Litfaßsäulen, die Graphik ist Photo geworden, das Buch ist Flugblatt geworden, der Lederrücken ist Fanfare aus buntem Papier geworden, das Bücheizimmer ist mitten auf den Marktplatz gesetzt, und nun branden die Leidenschaften einer noch unbeendeten Revolution in d.e Bücher, die wie Bomben rauchen. Die Graphik schreit und i.-t massig, an Stelle der Zeichnung dominiert der grobe und harte Holzschnitt. Das Bild der Massen (Photo) im Buch der Massen erscheint in Massen. Scharenweise liegen und hängen die Plakate, Umschläge, Einband- deckel, die Einzelleistung verwischt sich zu einem starken Kollektiveindruck. Das russische Buch ist schön, denn es hat das Gesicht seiner Lehre. Und ist schrecklich, lärmt unerträglich; furchterregend wie ein Amokläufer stößt es 88 : Christian Allers 569 wild um sich. Man flüchtet aus diesem Raum voll Besorgnis für das Schicksal Europas. Aber wo ist Trost? Was man von den Franzosen sieht, ist nobel, auch geistreich, ich meine, de: Schwall der klugen Bekenntnisse reißt gar nicht ab, es stockt nie und nirgends einer; die ,, Entwicklung" vom häßlichen und vernachlässigten Buch zum schönen geht auf einem laufenden Band vor sich, die Materialien werden immer erlesener und ihre Komposition immer nebensächlicher, man macht Bücher mit Geld und aus dem Handgelenk, und sie sehen dann pikfein aus. aber blutarm. Leber ihr müdes Näseln brüllen die Russen hinweg. Auch mit Geid, aber aus bestem Geist, stellen die Engländer ihre Bücher her. Aus Bildern machen sie sich nichts, dem Text wird alles andere unter- geordnet, und jegliche Dekoration spielt nur als Begleitmusik um den Orgel- punkt des Textes. Diese Bücher sollen einfach gelesen werden. Sie sehen kerngesund und behäbig aus; ordentliche Enkel, eifern sie Großvätern nach, für das Geschrei der Russen haben sie keine Ohren. Ihr Stoffwechsel leidet nicht. Die Nationen von 1918, die Polen, die Tschechen, die Finnen sind die lautesten, denn sie möchten gern überzeugen, daß sie existieren, sie haben sich kolossal angestrengt und zeigen wirklich gute Sachen. Aber unter all der Pracht und Liebenswürdigkeit der viven Tschechen fällt mir ein, daß das technisch miserabelste Buch dieses Jahrzehnts ganz sicher Haseks „Schwrejk" ist; der Tschechen größtes Buch ist haarsträubend gedruckt: also was soll die Pose ihres anmutigen Kabinetts. * Angesichts dieser Ausstellung von 40 — 50jährigen denke ich am liebsten dieses: Ein 20 — 25jähriger wird in das Museum am Augustusplatz ver- schlagen. Seine abendfüllenden Vokabeln sind Chaplin, Baker, Tunney, Golf aber seine Mokkastunde gehört Kipling und Sherwood Anderson. Bodoni und Doves Press sind ihm so geläufige Worte wie Bergius-Yerfahren oder Neutrodvne. Er kennt Renner und Flechtheim, Anna Simons hat ihm seinen Führerschein Illb gebunden; auf dem Nachttisch, neben dem er einige seiner Nächte zu verbringen pflegt, liegen Nummern des Querschnitts. Mit dem Schmutz einer längeren und sehr schnellen Autofahrt kommt er in die Aus- stellung, schlendert verhaltenen Schrittes an Vitrinen und köstlichen Schränken vorbei, hält sich bei Steiner-Prag, bei Liebermann, dem großen Werk Ehmke> nicht lange auf, schielt bei Weiß, Grüner und Mathey mal schnell rein, streift den wunderbaren Wandbehang von Graphik mit nachlässigem Gesicht, steht aber plötzlich hingerissen. Denn die Stuckgreuel des Museums sind ver- schwunden, keinerlei Kaisermanöver-Reminiszenzen finden hier statt. In die alten Räume sind grau-weiße Würfel aus Rupfen gestellt, man steht, scheint es, inmitten mächtiger Rechtecke aus Beton; klar, hart, kantig zerhauen sie den Raum in Quader, brechen den Raum in Würfel; hinter ihnen horcht man auf das Stampfen der Maschinen, hinter ihnen müßten sich Dynamos schwärz- lich zitternd decken. Und nun läßt unser Jüngling seinen Schritt hart dröhnen, wartet auf das schmetternde Toben angeworfener Propeller, marschiert durch Montagehallen, einen Negergesang pfeifend, überall sind 570 Bücher montiert, aber was geht ihn das an. Der Geist von heute in diesem Raum hat ein starkes Gesicht, und der Geist von gestern in diesen Büchern schweigt. Die Architektonik ist sein größtes Erlebnis. Freilich möge es diesem Jüngling nicht passieren, daß er auf Rudolf Kochs handgewebte Schriftteppiche trifft. Da hat Larisch wie im 15. Jahrhundert den „Faust“ in Schwarz und Gold mit der Hand geschrieben, da ist mit Hanf und Seide ein Kapitel der Passionsgeschichte gewebt, da sind Fanatiker am Werk, Hintergründige und Abseitige, und handwerken, als sei die Sonne über dem Osten stehengeblieben. Karl Holtz Lithographie tausend und mehr Jahre. In dem Knirschen dieser Inbrunst könnten dann die Maschinen matt verhallen, und auch dieser Jüngling würde zwischen Rußland und Amerika den Glauben glauben lernen, der bei dieser glaubensstarken Aus- stellung waltend gewesen ist. * Da ist der Gerhart-Hauptmann- Raum. Beim Anblick seiner frühesten Bücher übergruseln uns die Namen Piloty und Makart, dann defilieren die Naturalisten, die Symbolisten, die Neuklassizisten, und dabei werden die Bücher immer schöner und anmutiger; man sieht schon an manchen, daß die Liebe von Hunderttausenden an ihrer buchgewerblichen Form mitgewirkt hat — denn natürlich sieht ein vielgehaßtes Buch anders aus als ein vielgeliebtes — , immer deutlicher wird das Buch mit dem einen Namen repräsentativ für das 58 Vol. 7 571 ganze Land. Diese 40 Jahre des deutschen Buches, an einem verbindlichen Beispiel gezeigt, sind schon ein Aufstieg. Das deutsche \ olksbuch von heute hält wirklich die Spitze in Europa. Der Deutsche Hauptraum transponiert das Bekenntnis des Hauptmann-Raums aus dem Bürgerlichen ins Monumentale. Während man noch durch die Vor- höfe des Deutschen Buches schlendert, wird man in ein heftigeres und innigeres Licht gesogen und befindet sich unversehens in dem riesigen Würfel des Hauptraumes. Ein warmer, goldmattierter Stoff zieht den Blick auf die klaren Flächen der Wände, als Fries läuft ein vierfarbiges Schriftband rings; eine ruhige Antiqua schließt in dreifacher Reihe die Fläche entschieden und unbezwinglich ab. L T eberall liegen und hängen die Buchgraphiken. Das Problem der Buchillustration ist recht umstritten; von dieser Dis- kussion schweigt die Ausstellung leider. Die Fundamente der Buchkunst sind erschüttert. Das bemäntelt die Ausstellung leider. Eine Generation von Künstlern, deren Morgen ein Aufbruch und deren Mittag ein großer Sieg war, macht Vesperpause und sieht zurück. Neues kommt sichtlich herauf, aber diese Ausstellung deckt Wolken darüber, leider. Nur hin und wieder, von der Raumarchitektonik unterstrichen, wird ein neuer Formwille bemerkbar, der einfacher, fester, straffer ist als irgend etwas in den vergangenen 40 Jahren. In irgendeiner Vitrine sehen wir etwas „kurz Angebundenes“, eine einfache Linie, einen Titel, eine Schrift, eine Graphik, gar nicht mehr üppig und anspruchsvoll ; — aber der köstliche, feine und phantasievolle Plunder rings ist noch viel stärker. Uebrigens strengt es auch weniger an, ihn zu betrachten, womit die dreitausend „Bibliophilen“ der Woche gleich erklärt wären. MUSSOLINI*) Von FRANCIS HACKE TT I ch hatte eine lange Unterhaltung mit Mussolini. Es war kein Inter- view und ich kann nicht wörtlich zitieren. Aber das Gespräch warf ein Licht auf seine Persönlichkeit und ermöglichte es mir, sie so zu zeigen, wie ich sie fand. Es ist eine aufregende und im höchsten Grad interessante Persön- lichkeit; eine der geschlossensten und zugleich vielfältigsten, die mir begegnet sind. Sie ist ein italienisches Meisterstück, mit allem Schat- ten und Sonnenlicht — dicht, greifbar und kühn. Es lohnte, den Mann zu treffen. Ich hielt es für die Hauptsache, ein Thema zu finden, das Mussolini als Menschen interessierte. Deshalb schien es mir ratsam, anfangs die Politik zu vermeiden. Ich hatte gerade eine seiner Geschichten gelesen, *) Aus der „March Graphic Survey“, New York. 572 die er ziemlich zu Beginn seiner Laufbahn geschrieben hatte, und die etwas wie literarisches Genie zeigte. Sie war hart, gewaltsam, zynisch, stolz, stark und wild. Ich sagte ihm das mehr oder weniger, und sagte auch, daß ich nicht sicher wäre, ob er keinen Fehler begangen habe, als er die Literatur aufgab. Das reizte ihn. Er fragte, warum. Es war leicht, ihn daran zu er- innern, daß die größten Namen Italiens schließlich diejenigen schöpfe- rischer Künstler wären — Dante, Michelangelo, Leonardo und, in seiner Art, Machiavelli. Das Erhoffte geschah. Er ging darauf ein. In der Ruhe war er mir schauspielerhaft vorgekommen. Ein (ebenso wie der Kiefer) mäch- tiges und sogar abschreckendes blaues Kinn, ein unsympathischer, verschlossener, barscher Ausdruck. Vor solch einem Gesicht würde ein Angestellter zittern, der seine Ent- lassung fürchtet. Unerbittlich. Er- barmungslos. Ein Gesicht, der Menschheit zum Trotz geschaffen! Ein Gesicht, in dem Kälte und Eitel- keit und aggressive Härte liegen. Wahrhaftig, kein angenehmes Ge- sicht. Aber als die Sache ihn zu in- teressieren begann, als er sich vor- wärtsbewegte undsich wirklich mit- teilte, da war er ein anderer Mensch. Das Gesicht war keine Maske mehr. Es nahm den gewinnendsten Aus- druck von der Welt an — den Aus- druck leuchtender Intelligenz, den Ausdruck forschenden und durch- dringenden Interesses an einem Qskar Berger anderen Menschen. Es war so offen wie ein offenes Fenster, und man konnte in einen freien und prächtig bunten Raum blicken, in dem Luft, Bewegung und Glanz war. Ich merkte bald, daß ich an kein einziges Vorurteil oder Mißverständ- nis, an keine einzige geistige Schranke stieß. Mussolini war imstande, sich den Typus des Fragenden vorzustellen, sich auf ihn einzustellen, ihn zu erfassen. Und das mühelos. Seine journalistische Schulung, seine Tätigkeit als Lehrer, als Redakteur des ,, Klassenkampf“, seine Kämpfe mit den Schweizer und den österreichischen Behörden, seine 573 zahlreichen Gefängnisstrafen — all das hat viel dazu beigetragen, seinem Geist eine wunderbare Geschmeidigkeit zu verleihen. Salvemini**) hatte mir in London gesagt, daß Mussolini, wenn ich ihm etwas in pazifistischer Beleuchtung darstellte, mich beobachten würde, um zu seherf, was ich erwartete, und daß er mir dann dement- sprechend antworten würde; und wenn ich dann der Sache geschickt einen militaristischen Dreh gäbe, würde er mir sicherlich auch mili- taristisch beistimmen. Ich ging aber nicht ganz in der Weise vor. Ich bin nicht sicher, daß Mussolini weiß, was die Wahrheit ist. Ich meine, ich weiß nicht recht, ob er kein Chamäleon ist. Er ist geistig derart behende, daß man sich äußerst genau kennen müßte, um es mit ihm auf- zunehmen. Aber das weiß ich nach diesem Gespräch, daß Mussolini kein Narr, kein Clown, kein Marktschreier und kein schlechter Witz ist. Mussolini 1926 ist, rein als Persönlichkeit betrachtet, unverfälschter Wein. Daß er gefährlich, skrupellos und bösartig ist, scheint mir freilich auch sicher. Aber um ihn zu verstehen, muß man ihm ganz gewissen- haft gerecht werden. Der Mann ist ein Problem, das nicht mit Gewalt zu lösen ist. Vom Kriege sprach er in der Art, wie uns Norman Angell***) davon zu sprechen gelehrt hat. Er erklärte, er sei zwar der verdächtigste Mann Europas, aber trotzdem sei es für ihn ausgemacht, daß kein großes Volk, das angriffe, hoffen dürfe, den Krieg zu gewinnen, und daß außerdem sich kein großes Volk einen Krieg finanziell leisten könne. All das sagte er in der gemäßigtesten und vernünftigsten Art — obwohl natürlich kein Wort von alledem seine felsenfeste gefühls- mäßige Ueberzeugung ausschloß, daß jedes Volk, das sich wirtschaftlich und geistig ausdehnen will, im Grunde imperialistisch sei. Aber wenn man auf Salvemini zu sprechen kommt oder auf die Liberalen, schrickt man zusammen. Wenn man diesen Nerv berührt, wird er sofort zum Mann, der eine Mission hat. Seine Vorstellung von dieser Mission ist ganz einfach: Italien war ein Schiff ohne Steuer. Er ist der Kapitän. Widerstand gegen ihn ist Verrat. Die Tugenden, die er empfiehlt, sind die, die man von Kindern verlangt: Disziplin, Gehor- sam, ehre deinen Vater und deinen Duce, sei fleißig, und wenn es so weit ist, sei fruchtbar. ,,Ich errichte ein Gebäude“, versicherte er ernst, „und mittendrin kommen sie und sagen: Jenes Ornament ist zu schwer.“ Und dennoch war dieser erstaunliche Mann nicht böse, als ich ihm folgende Frage stellte: „Was wäre aus Ihnen selbst geworden, wenn **) Italienischer Universitätsprofessor, der wegen seiner Feindschaft gegen den Faschismus Italien verlassen mußte. ***) Englischer Pazifist. 574 Heinrich Zille Photo Ilcluiy Hurt Atlantic Photo Mussolini inspiziert eine römische Kaserne i Photo Riba Mussolini bei der Landarbeit Der Duce spricht in Villa Glori Photos Cav. Uff. Americo Petitti Mussolini und d’Annunzio in Gardone Photos Cav. Uff. Americo Petitti Photo Paul de Frcncs Benito Mussolini Kardinal Piffl jemand Sie zu .Disziplin', .Gehorsam' und .Treue' angehalten hätte?'* Einen Moment überlegte er seine Antwort, dann sagte er, daß eine neue Epoche — die nach dem Kriege — einen neuen Geist verlange. Was mich erstaunte und zur Bewunderung zwang, war nicht diese dürftige Antwort. Es war die Schlichtheit, mit der er eine Frage beantwortete, deren Billigkeit seinem Wirklichkeitssinn einleuchtete. Wäre er ein kleiner Egoist, so wäre er wütend aufgebraust. Nichts davon! Und zwar deshalb nicht, weil er in seinen Augen eine endgültige Unantast- barkeit gewonnen hat — die Unantastbarkeit einer furchtlosen, heißen, leidenschaftlichen Natur — , die nur leider in einer fast unsinnigen Weise versucht, sich als ungeheuerer Egoismus auszuwirken. Mussolini ist eine vulkanische Natur. Ihm kann das Blut zu Kopf schießen, ihn kann eine turmhohe Wut überkommen, eine Sturzwelle dämonischer Besessenheit, die in Rausch, Lava und Zerstörung endigen können. Corfu war ein Ausbruch dieser Art. Corfu war ein Symptom. Für gewöhnlich aber wird diese vulkanische Natur bewußt be- herrscht. Mussolini sitzt sich selbst ironisch und guter Laune gegen- über; er kennt die wilden Pferde in seinem Innern sehr wohl, und ist entzückt über den Sturm, in dem er dahinbraust. Er kann im Scherz sagen, daß er seinen Schädel den Kriminal-Anthropologen überlassen werde. Er nimmt sein Wesen ruhig hin und an, solange man ihm nicht widerstreitet. ✓ Wenn man zu ihm spricht, kann man sehen, daß sein Drama im Grunde als das Drama eines Ausgestoßenen begonnen haben muß. Er erblickte das Licht der Welt in einem unterlegenen und erniedrigten Lande, und sein Vater, der Dorfschmied, war einer jener hitzigen Rationalisten, deren Worte Feuer sind. Mussolini hat von klein auf Feuer geschluckt, und es wurde ihm zur Gewohnheit. Selbst jetzt, in dem prächtigen Palazzo, ist der Mann im wesentlichen unverändert. Wenn man ihm das Wort „Sozialismus“ sagt, flammt sein Auge auf. „Ich glaube“, sagt er, „mein Sozialismus hat mir gut getan.“ Man kommt zur Erkenntnis: Er gehörte nicht dem Sozialismus. Der Sozialismus gehörte ihm! Mit einem Wort: Es ist ein ungeheures Ich. Und doch, als ich mit ihm in diesen 40 Minuten sprach, fühlte ich, daß es ein ungeheuer wertvolles Ich sein könnte. Zerrissen und unversöhnt, ist es imstande, seine Befriedigung auf Kosten der Wirklichkeit zu finden. Aber zu- sammengeschweißt und mit der Wirklichkeit ausgesöhnt, ist es die Sorte von Ich, aus der große Laufbahnen allein gemacht werden. Er sah aus wie ein gesunder Mann. Seine Gesichtsfarbe ist reines Oliv, seine Augen sind blank, sein Gesicht elastisch. Seine weißen und wohlgepflegten Hände waren nicht nervös beschäftigt. Der Eindruck 575 inneren Gleichgewichts und unverbrauchter Kraft wurde durch seine Geduld verstärkt. Er trieb seinen Besucher nicht zur Eile. Er tat sich nicht wichtig. Er ist nicht der Mann dazu, Anekdoten zu erzählen oder seinen Besuchern aufs Knie zu schlagen. Aber er hat auch keine der üblen Angewohnheiten galliger Magnaten, unfroher Intellektueller oder zweckbedachter Angelsachsen. Als soziales Wesen mochte ich ihn gern. Daß er sich nicht in Sympathie an andere verlieren kann — das gehört zu seinem inneren Drama. Er zieht sich unbarmherzig zurück. Er ist unpersönlich. Er läßt die Zugbrücke hochgehen, um sich zu ver- gewissern, daß sie intakt ist. Sein Ich ist ewig wachsam. Den besten Grund dafür, daß er Italien so völlig als Objekt seiner schöpferischen Kraft behandelt, kann man in seinem fundamentalen italienischen Nationalstolz finden. Mussolini ist in seinem \ erhältnis zu Italien nicht ungeheuerlicher als irgendein großer Industrieller, der nie etwas von den verrückten demokratischen Methoden der „Betriebs- räte“ oder sonstiger „Vertretungen“ gehört hat. Mussolini ergreift Italien als ein Ganzes. Diese Vorstellung ist zeitweilig ganz spezifisch die eines Schaffenden. Er hält das Land in der Hand. Und dann, wenn es unter dem Druck jenes ungeheuren Ich, dessen Wächter er ist, sich von ihm losmachen will, bekommt er es fertig, das Baby auf den Schädel zu hauen, damit es still hält, wenn er ihm Abendbrot gibt. Ich sehe das nicht in erster Linie als Grausamkeit und Brutalität an. Ich halte es für eine der Tragödien dieser vielleicht unbeherrschten Natur. In diesem Kampf, den Mussolini unternommen hat, um seinen Willen durchzusetzen, hat er seinem Ich ohne Zweifel die Rechte und Vorrechte eines über gewöhnliche Maßstäbe erhabenen Genies gegeben. Um sich nun selbst zu beweisen, daß er diese erhabene Unantastbarkeit besitzt, schwankt er dazwischen, zu glauben: „Alles ist erlaubt“ — und dann, wenn andere ihm sagen: „Es ist nicht erlaubt“, plötzlich seine Wutanfälle zu bekommen. Ein Mann von dieser ungewöhnlichen Art müßte von Leuten um- geben sein, die einigen Respekt vor der Wahrheit haben. Seine eigene Klugheit, so groß sie ist, genügt doch nicht. Mussolini gehört zu jenen Männern, die sich viel zu leicht in das luftige Reich der Theorie ver- lieren, und die durch ruhige und prosaische Ratgeber daran erinnert werden müssen, daß die Staatskunst nicht auf eine psychologische Pantomime hinauslaufen kann. Der Mann braucht dringend Kritiker und hat keine. Er fängt an, in der unwirklichsten aller Welten zu leben. Unter „unwirklich“ verstehe ich auch, daß nicht mit der Schwäche der menschlichen Natur gerechnet wird. Mussolini denkt in runden Ziffern, wie die Verfasser von Prospekten. Er hat den Charakterzug, der Lloyd 576 George Grosz George dazu verführte, während der Friedensverhandlungen seine dicken Finger irgendwo auf die Karte von Kleinasien zu setzen und zu sagen: „Das muß ich haben“ — als ob es eingewickelt und am nächsten Morgen abgeliefert werden könnte. Diese Fähigkeit zur Theorie ist für einen Italiener, der im Welt- kriege und durch ihn zu seinem politischen Programm kam, nur natürlich. Und doch muß ich gestehen: Bei der Erwähnung Lloyd Georges huscht ein Lächeln um Mussolinis Lippen, und er murmelt: „Nikotinfreier Sozialismus“, und dann ein Wort, das merkwürdig ähnlich wie „Mosley“ klingt. 577 Es ist dieses Spiel und Verhältnis der Kräfte, das einen seinen heißen Kopf vergessen und einen glauben läßt, er könne für Italien nutzbringend sein. Aber er versteht sich gar zu gut auf die Kunst der Schwarzen Hundert, die Knebelung der Presse, das Spitzel wesen, den Pogrom. Es gibt nur wenige Anzeichen für ein wirkliches Vorgehen der Kirche, der Krone oder der Armee gegen diese Entwicklung. Sein Apparat ist zu mächtig. Seine Berechnung und Kühnheit zu glänzend. So gesunden Sinnes er auch scheint, wenn man mit ihm spricht: unter seinen braunen Augen schlüpft der Held von .,Rot und Schwarz“ hervor und enthüllt sich: nicht als hinterlistig, noch schwach, noch lasterhaft — aber wie er ständig in den Massen Italiens die Tragikomödie eines Egoismus aufführt. Deutsch von Dr. A. Prinz. Auch wer Klangtüfteleien nicht leiden mag, wird gestehen, daß dieser Name so barock und trivial zugleich wirkt wie seine Trägerin; er ist Christian- Morgenstern - Erfindung (abwandelbar durch sämtliche Fälle) und gemeine Realität; kündet einen Bezirk — und welchen andern, als jenen bestimmten, Leopoldstadt genannten, den Kaiser Joseph II. den Wiener Juden als Domizil zuwies? — , stellt ihn aber durch die Vorsilbe wieder unbestimmbar in Frage. Das ist die ganze Werbezirk, dieser hinreißende faux pas der Schöpfung, dieses Jargonwunder an Leib, Seele und Stimme! Die Leopoldstadt hat der deutschen Nation schon eine Menge großer Naturen geschenkt: den Zauberer Reinhardt-Goldmann, den Dämon Kohn- Kortner, das Rautendelein Berger-Bergner, den Weltenzimmerer Bronner- Bronnen, die Königin Massary-Masarik — aber, wer von ihnen war so unverfälscht, so zügellos, so urfärbig wie Frau Werbezirk? Und bei wem stammt das Unwahrscheinliche, auf das es doch ankommt, so wie bei ihr aus der Selbstentblößung statt aus der Bemäntelung? Wenn man dieser Frau mit ihrem verzogenen Vollblutprofil, aus' dem desungeachtet ein himmelblaues, heiteres Aug’ blickt — „Nee,“ hat Else Lehmann neulich zu ihr gesagt, „wie kann sich ’ne Frau, die solche Augen hat, nur so karikieren lass’n?“ — , wenn man ihr gegenüber sitzt, sie mit ihrer unbetonten Gackerstimme treppauf, treppab plaudern hört, jede Silbe ein lapsus linguae, jeder Ton ein Exzeß, wenn man Zeuge dieser Selbstgesättigt- heit wird, die einen wie Unverschämtheit anknallt — dann könnte man über den Spezialfall hinaus das Wesen des Komikers erfassen: als ein Phänomen des „Scheuklappen“-Trägers. Nämlich des unverdrossenen Geradausgehers, nicht rechts noch links Blickers, mit dem Kopf durch die Wand Spazierers, der GISELA WERBEZIRK Von AK TO K KUH erbezirk . . . 578 vollkommen kontaktlos seine Rede abspulen ladt und auch niemals aus dem Trab kommen kann, weil ihn eben die Natur mit der Unfähigkeit, seinen Neben- mann zu sehen oder zu hören, begnadet hat. Gelangt dieses Talent an einen Menschen von der Stäminigkeit, der Unsymmetrie und dem unterspickten Phlegma der Werbezirk, dann versöhnen sich Frosch und Nachtigall; die Welt wird ruhig, der Hader schweigt, und es singt die Disharmonie der Sphären. Ein ruhender Pol ist Frau Werbezirk im Leben wie auf der Bühne; von ihr strahlt eine Luft aus wie von einem ausgekühlten Küchenherd. Sie dankt dem Schicksal, daß es ihr Anmut versagt hat. ,,Was war’ sonst aus mir ge- worden? ... Ich war’ in Preßburg geblieben als Liebhaberin. Oder bei Jarno: ein Dienstmädchen — Frau Werbezirk. So aber bin ich herausgefallen“ — sie kreischt es ein zweitesmal — „herausgefallen! . . Apropos: alle Beschränkten sprechen mit den anderen wie mit Schwer- hörigen — eine Oktave Eindringlichkeit höher. Wenn das Frau Werbezirk tut, ist es Selbstparodierung; sie hat sich ja auch den Gesichtskreis der kleinen Leopoldstädtischen Geflügelfrauen zu eigen gemacht, die um das Fett der Gans feilschen und über ihre Bretterbude hinaus kein Stück der Welt sehen; das ist ihre geniale, sachliche Unromantik. Einmal war sie in Venedig. „Hören Sie mir auf mit dem Venedig!“ sagte sie bei der Heimkehr. „Wer halt das aus? Die ganze Nacht streiten sich die Einspänner (Droschkenkutscher) von die Gondeln herum. L T nd wenn etwas ans Haus klatscht, so ist es keine Woge, sondern eine tote Katz’!“ Daß eine Gondola eine Droschke ist — allen Hochzeitsreisenden und Romantikern ein- zuschärfen! — , weiß ich erst von der Werbezirk. Aber ich verdanke ihr noch einiges: „Ein Couplet darf man nur aufsagen — wenn man es vorträgt, merkt jeder, daß es blöd ist.“ „Der Reinhardt will, ich soll die Marthe Schwerdtlein spielen — ich bin ka Klassikerin.“ „Je mehr die Leut’ lachen, desto mehr schimpft die Kritik." L'nd zu allem neigt sinnend und zustimmend Herr Piffl . . . Richtig, Frau Werbezirk hat vor sechzehn Jahren einen Cafetier geheiratet; •er heißt Piffl, aber sooft man ihn im Scherz oder Ernst nach dem „Herrn Onkel, dem Kardinal“, fragt, lenkt er auf ihren, den anderen Onkel hinüber, „den Oberrabiner von Warasdin“. Dem Bund entsprang ein Knabe. Er ist heute fünfzehn Jahre alt, der Mutter aus dem leiblichen und seelischen Gesicht geschnitten, nachgeborener Held jenei Anekdoten, die mit den Worten beginnen: „Der Lehrer fragt in der Schule . . .“ Als er mit sechs Jahren einer Vorstellung des Ischler Kur- theaters beiwohnte, in Erwartung, seine Mutter auftreten zu sehen, statt dessen aber erfuhr, daß Strindbergs „Vater“ in Szene gehe, verließ er mit den Worten das Haus: „Oje, Strindberg? ... Da geh’ ich!“ 579 WIR KOMIKER HABEN ES BESSER... Von GISELA WERBEZIRK Die Wiener Komikerin, die im Metropoltheater gastiert, empfing den Lokalreporter in ihrer Garderobe zu einem Inter- view. Was ihm vor allem auffiel, war, daß auf ihrem Toiletten- tisch, auf dem farbigen Kattundeckchen, auch nicht eine einzige Stange Schminke zu sehen war. N aa, außer dem bisserl Trockenrouge und dem Heferl Fett brauche ich nix zu meiner Spielerei. Der Direktor Jarno in Wien, bei dem ich angefangen hab, ein sehr gescheiter Theatermann, hat einmal gesagt, der Schauspieler darf sich das Gesicht nicht verschmieren. Gleich, wenn er auftritt, will das Publikum wissen: Aha, das ist der und der, und nicht erst im Programm nachblatteln müssen und Rätsel raten. Einen Schauspieler wie Girardi hat man nie mit einem Bart gesehen. Der hat schon gewußt, warum. Der ist herausgegangen mit seinem dalketen Ge- sicht, wie es war. Wir Komiker haben es ja leichter, als wie die Tragiker, weil w i r nämlich wissen, ob wir einen Erfolg haben oder nicht, die anderen haben aber keine Ahnung und müssen erst auf die Kritik warten. Wenn die Leut lachen, war man gut, das weiß man sofort, und wenn in der Kritik dann — unberufen toi toi toi! — was anderes steht, dann schadet’s auch nix. Mir ist es ja hier in Berlin immer gut gegangen, wo sie doch hier in meinem Fach ganz große Schauspielerinnen haben: Eine Yaletti, eine Griining, das ist schon was! Aber ich spie! auch gern in Berlin. Wissen Sie, hier ist das Publikum viel naiver als anderswo, lachfreudiger. Viele Gesten und Witze wirken erst hier oder wirken viel stärker. Ich habe doch dasselbe Stück schon oft auch in Wien ge- spielt, aber hier — das ist kein Schmus! — ist das Publikum wun- derbar lachfreudig. Nicht wie in Wien, wo sie bei jedem Witz noch überlegen ,,Oi weh, dös ham ma doch schon da und da vor fünf Jahren gehört.“ Hier lachen’s und wenn sie es noch so oft gehört haben, wenn es nur komisch ist. — Ich bin ja eine Ensuiteschauspie- 580 lerin, und da fällt es einem daher hier noch leichter als anderswo, seine Gspassetteln hundertmal zu machen. Naa, die Tragiker haben’s wirklich schwerer: so hundertmal en suite aus Kummer sterben — ich danke für die Ehr! Und dann noch das ganze Gesicht mit Fett verschmiert! Wird auch schlechter bezahlt als komisch. Mit meinem Rouge und meinem Fettheferl lang ich das ganze Jahr. Und diese Hasenpfote, die hab ich, seit ich beim Theater bin. Freilich, eitel bin ich ja gerade nicht. Aber einen Sport habe ich: z. B. der Kamm hier als Garnitur auf dem Hut oder diese Brosche! Das ist mein Sport! Solche fabelhaften Geschmacklosigkeiten pflege ich und denk ich mir aus, da hab ich einen Rekord. Das ist so eine Spezialität von mir. Groß braucht eine Rolle auch nicht sein, damit sie mir Spaß macht, drei Szenerln, ein Couplet, — aber das bisserl muß dann S o sein! Das ist die Hauptsach, dann lachen die Leut schon, und zum Lachen- machen sind wir Komiker halt auf der Welt. nmm PAUL LOUIS COURIER i yyZ — i8a5 Von MAGNUS ». WEDDERKOP W enn man ein profunder Courierkenner auf Grund des Studiums seiner Schriften werden möchte — in längstens zwei Stunden ist ’s getan; nimmt man noch seine gesammelten Briefe hinzu, so dauert es etwas länger. Denn kaum zum zweiten Male auf der Welt gibt- es ein solches Mißverhältnis zwischen Berühmtheit und Quantität wie im Falle Courier. Seine Werke bestehen aus fünf bis sechs politisch-satiri- schen Bagatellen, was man in ihrer Ent- stehungszeit, also 1815 bis 1825, Pamphlete nannte. Sie sind nicht viel länger als ein Zei- tungsartikel, aber aller- beste französische Marke und gute Tradition des Charles Hug XVIII. Jahrhunderts. Voltaire hat auch hier Pate gestanden. Sie geben sich als Petitionen eines Provinzialen an die Kammern oder eine Behörde, und indem sie scheinbar Tyrannei und Gewalttätigkeit der örtlichen Autoritäten in Couriers kleiner Heimatsgemeinde in der Touraine zum Gegenstand haben, spiegeln sie, für jeden verständlich, die allgemeinen Zustände im Frankreich der Restauration. Die Angriffe sind von beispiel- loser Schärfe, aber in der Form völlig beherrscht. Man fühlt den Zorn und die Empörung des Autors, aber sie machen sich nie ungehemmt Luft und sind stets nur in der Metastase des Witzes und der Bosheit vor- handen. Das so gebändigte und sublimierte Temperament wirkt dadurch mit vervielfachter Stärke. Freilich erklären diese Qualitäten allein nicht den ungeheuren Ein- druck, den die Schriftchen machten, und den Ruhm, den sie dem Autor brachten. Zum Genie kam Glück, hier wie immer unanalysierbar inein- ander verschlungen: Couriers Auftreten und der psychologische Mo- ment, in dem die Nation nach ihm verlangte, trafen zufällig zusammen, und als reine Glücksfälle kamen dann noch hinzu seine Ermordung und der Tintenklecks auf dem Longus-Manuskript. Diesen machte er 1807, und da ein europäischer Riesenskandal daraus entstand, war Couriers Name schon in aller Munde, als er sich als politischer Kämpfer meldete. In Florenz hatte er eine unbekannte Handschrift des in Frankreich zu allen Zeiten höchst populären kleinen, griechischen Romans „Daphnis und Chloe“ von Longus entdeckt, das vollständig war und die großen Lücken in allen vorhandenen Ausgaben ergänzte. Ueber dies Manu- skript goß Courier versehentlich Tinte. Die Bibliothekare der Lauren- tiana erhoben ein Zetergeschrei und bauschten die Sache maßlos auf. Der Haß der Italiener gegen ihre damaligen Herren, die Franzosen, flammte gewaltig auf, ganz Europa tönte wider von dem Streit um Couriers Tintenfleck. In Deutschland nahm sogar Goethe das Wort zur Sache. In Paris wurden höchste Behörden in Bewegung gesetzt, und es fehlte nicht viel, so hätte der Herr der Welt selber eingegriffen. Dann Couriers Ermordung im Jahre 1825, gerade als er auf der Höhe seiner Popularität stand. Sie war von undurchdringlichem Ge- heimnis umgeben. Die gerichtliche Untersuchung blieb erfolglos, aber allgemein war der Glaube verbreitet, seine politischen Feinde hätten ihn ermordet. So fügte sich die Aureole des Märtyrers um Couriers Haupt zur großen und dauernden Mehrung seines Ruhmes. Courier war Soldat, Philologe, Patriot und Politiker, alles auf seine eigene, sehr persönliche, unzünftige Art. Sein erster Feldzug war der - . J > 1 ► ff J 'l .. ff 1 a T rr n V v •i •/ ifW 7 7 / / *7 j/ 7 7 T*fy 7 1 %Jr \ 4 r -71 ) r~ J 7 r _ —L dM iT \Pm lTff»,^=r • ^ j -J J7 m I t (-H- 4 * f r .H . + aa-LET p ££T f ^ *-^~i _p p p p — ** — p~v ~ ff 1 W — ) — t — f V f-H ♦ 1 "ff •/ p P V ' p ar y ^ _ l f=±d ?-■- 1 . _ 7.. — 2 :t=±= t±= Z_ / Copyright 1926 by Dr. Benno Bardi, Berlin W 15 Nachdruck verboten. Aufführungs-, Arrangements- und Vervielfältigungsrechte für alle Länder Vorbehalten 5$3 SONDERBARE LOKALE Von ANTON M AYE R I nternationale Lokale jeder Art können sehr angenehm sein; man ist auf der ganzen Welt sofort in ihnen zu Hause und weiß ganz genau schon vorher, wie die Tournedos Rossini oder die Soles ä la bonne Femme schmecken werden; die Hotelzimmer sind sich völlig gleich, so daß man beim Aufwachen unmöglich wissen kann, ob man in Frisco, Rom oder Sidney ist. Das hat alles seine Vorzüge; aber auf die Dauer kann es enorm langweilig werden. Es ist also ganz amüsant, gelegentlich abseits von der großen Straße liegende Orte aufzusuchen, in denen man noch alles mögliche Unerwartete antreffen kann. Man braucht zu diesem Behufe gar nicht in weit entfernte oder exotische Länder zu reisen; man kann schon zum Beispiel in Griechen- land allerlei ganz Merkwürdiges finden. Am Langadapaß im Peloponnes liegt ein kleines Nest mit Namen Trypi (Akzent auf der letzten Silbe), in dem man übernachten muß, wenn man über den Taygetos von Sparta nach Kalamata reiten will. Als ich mich mit einem Freunde, dem Dichter Rudolf G. Binding, vor Jahren in dieser schönen Gegend herumtrieb, hatte unser herrlicher, nur englisch- sprechender Dragoman einige Tage vor unserer Ankunft in besagtem Trypi einen Boten dorthin gesandt, der ein Huhn zum Abendessen für uns bestellen sollte, da es gewöhnlich nur wochenaltes, aufgebackenes Brot, Oliven und dergleichen gibt. Wir freuten uns während des ganzen Rittes durch die Berge auf das gebratene Vieh; es stellte sich aber leider sogleich heraus, als es serviert wurde, daß es einige Jahre zu spät gestorben war, und nur mit Hilfe einer starken Kreissäge zerlegt werden konnte. In dem glasveranda-ähnlichen Raum des kleinen sogenannten Gasthofes, den wir bewohnten, standen zwei Feldbetten; der Dragoman suchte unter ihnen herum, zog nach einer Weile einen zerbrochenen „Potschamber“, wie man in Württem- berg sagt, hervor und rief triumphierend: „Yes, you liave got a laratory!“ — Trotz dieser ungemein prächtigen Gelegenheit waren wir am nächsten Morgen vor dem Abreiten genötigt, einen — sagen wir einmal seßhafteren Ort aufzusuchen; wir fanden ihn schließlich am Ende einer schmalen Holzgalerie, die frei über dem Langada- Abgrund schwebte; etwa fünfhundert Meter tiefer unten stürzt der Fluß durch die Schlucht. Am Ende dieser Galerie also stand ein kleiner Verschlag, und in diesem Verschlag eine niedrige Kiste, mit dem Boden nach oben, — in den ein höchstens für fünfjährige Kinder berechnetes Loch geschnitten war. Blickte man hindurch, so sah man im Abgrund den Schaum des reißenden Flusses; saß man darauf, so verschwand alles ins Bodenlose ... Es war wohl das sanitärste W. C., das ich je getroffen habe, nur daß das W. hier in ziemlicher Tiefe die Spülung besorgte . . . L T nd amüsanter als die marmorgepflasterte Morgenandachtshalle im Plaza oder im Savoy war es ganz bestimmt. Es ist bekannt, daß der offene griechische Wein zum Zwecke der besseren Konservierung mit Harz versetzt wird — man nennt ihn Rezinatwein. Man 594 muß lernen, ihn zu trinken, es ist nicht ganz leicht; aber wir hatten es mit Ausdauer und Beständigkeit bald zu einer ansehnlichen Fertigkeit gebracht. Nur eine richtige Kneipe, einer italienischen Osteria entsprechend, hatten wir noch nicht zu Gesicht bekommen. In Nauplia endlich fanden wir sie, irgendwo in der Nähe des Hafens. Ein verräuchertes, schmales und enges Lokal, der Wein floß direkt aus den an der Wand hängenden Fässern in die Gläser. Es mußte sich bald herumgesprochen haben, daß Fremde, „Lordoi“ dort seien; denn in kurzer Zeit war in der Kneipe kein Platz mehr zu finden: man saß auf und unter den Tischen. Jeder aber, der eintrat, lud uns ein, jeden mußten wir wieder einladen. Es dauerte nicht lange, bis die Gesellschaft dionysisch wurde; trotzdem es Karfreitag war und weltliche Lieder nicht gesungen werden durften, tobte bald alles in völliger Selbstvergessenheit singend und selig durcheinander: Arbeiter, Studenten, Bauern, Soldaten, Fischer . . . Nie habe ich auf der Bühne ein Bild so entfesselter und natürlicher Freude gesehen, wie es die kleine Hafenspelunke Nauplias bot, in der das Dasein plötzlich außer Rand und Band geraten schien . . . Und es war merkwürdig: als wir am über- nächsten Tage in die Gegend der Stadt kamen, welche das Lokal beherbergen mußte, suchten wir es vergeblich; wir konnten es nie wieder finden. Als ob nur für die eine Nacht ein sonderbares und spukhaftes Leben in den geschwärzten Räumen aufgezuckt wäre, um nach unserem Weggang zugleich mit den Weinfässern und dem ganzen Hause wieder zu verschwinden. Aber ich würde viel darum geben, wenn ich noch einmal dort sein könnte . . . Auch was den Tanz anbetrifft, bekommt man manchmal Dinge zu sehen, die sehr viel aufreizender und merkwürdiger sind, als der beinverrenkendste Charleston oder Black Bottom. In einem kleinen Cafe an der Grenze Ober- ägyptens und des Sudans konnte ich einmal einen sehr sonderbaren Trance- Tänzer beobachten, dessen Produktion irgendeine okkulte oder religiöse Be- deutung hatte, die mir nicht erklärt wurde; ich weiß also bis heute nicht, was 595 das Ganze eigentlich war. Das Milieu war düster, schweigende Araber, Sudanesen und andere, undefinierbare Gestalten saßen mit gekreuzten Beinen da, vor sich den unvermeidlichen Mokka, lange Pfeifen rauchend. Ich wurde vorsichtig hinter einen Vorhang gestellt und durfte zusehen; da ich im Umkreis von vielen Kilometern der einzige Weiße war, schien die Echtheit des Ganzen garantiert. In der Mitte des Raumes stand ein völlig nackter Sudan-Neger und hielt, voll- kommen bewegungslos, mit ausgestreckten Armen einen Stock vor sich hin. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht erhoben. Nach einer Weile lief ein Zittern über seine Haut, von den Fingerspitzen an beginnend, und bewegte die Epidermis, wie wenn ein Pferd eine Bremse mit einem Zucken des helles vertreibt. Die Bewegung lief wellenförmig rhythmisch über den ganzen Körper des Mannes bis in die Fußspitzen, wallte wieder zurück und wiederholte ihren Weg einige Male; dann fiel der Neger plötzlich vollkommen steif um und blieb regungslos liegen. Im gleichen Moment wurde ich fortgezogen und mußte mich wegführen lassen; was weiter mit dem Trancetänzer geschah, weiß ich nicht; vermutlich erfolgten einige fakirhaft-sadistische Mysterien, die zu sehen mir als Ungläubigem nicht gestattet wurde. Ich kann aber versichern, daß dieser Haut-Tanz des Sudanesen eine der erregendsten Sachen war, die ich je erlebt habe. Die schweigende Konzentration der Versammlung, die durch eine arabische Musik von wenigen Instrumenten nur noch eindrucks- voller wurde, mußte sogleich in ihren Bann ziehen, und die körperliche, er- wartungsvolle Atemlosigkeit teilte sich dem Empfinden ohne weiteres mit; es war, als würde ich von dem dumpfen, alle Anwesenden beherrschenden Willen widerstandslos mitgerissen. War hier trotz der Unklarheit, welche die Bedeutung des fraglos mit sexuellen Motiven verknüpften Vorganges verschleierte, die Luft voller Er- regungen, so mußten alle derartigen Gefühle in einem Lokale sofort in Nichts zusammenfallen, dessen Bedeutung keinen Augenblick lang mißverstanden werden konnte. Es war eine „dem Vergnügen der Einwohner“ geweihte Stätte in Trinidad; allerdings eine solche nicht eben hohen Ranges. Die Ein- richtung war bemerkenswert; das einzige Zimmer des ganzen Etablissements wurde kurz und einfach durch zwei Vorhänge geteilt, hinter denen zwei bettähnliche Gestelle standen; zwischen ihnen eine Lavatory nach Langada- Muster. Einige schwarze Mädchen bevölkerten die Sündenhöhle, denen man, da sie sehr jung waren, wohl einen gewissen Reiz nicht absprechen konnte; indessen strömten sie einen durch die ansehnliche Hitze der Nacht verstärk- ten kräftigen Duft aus, der eine nähere Bekanntschaft durchaus unratsam erscheinen ließ. Die zahlreichen Kunden der vermutlich beliebten Oertlichkeit ließen sich durch unsere Anwesenheit nicht im geringsten stören, so daß wir infolge der mannigfachen hinter den Vorhängen ertönenden Ausrufe, Seufzer und Schreie ein anschauliches Bild das farbigen Temperaments bekamen, das bei besonders heftigen Ausbrüchen auch durch entsprechende Bewegungen des ersten Vorhanges verstärkt wurde. Es gab übrigens einen recht guten Whisky dort, so daß man einige Zeit in angeregter Unterhaltung verbringen konnte. Es ist also doch in jedem Falle besser, an die Quellen und Gründe alles Bestehenden zurückzukehren! 596 DUNKLES LACHEN Von SII ER WO ODA NDER SON H itze! Bruce Dudley ist gerade den Fluß herabgekommen. Juni, Juli, August, September in New Orleans. Man kann aus einem Platz nicht etwas machen, was er nicht sein will. Es war langsam ge- gangen, den Fluß herab. Wenig oder keine Boote. Oft tagelanges Her- umtreiben in Flußstädten. Man kann ja einen Zug nehmen und fahren, wohin es einem gefällt, aber wozu die Eile? Bruce hatte um diese Zeit, wo er gerade Bernice und seine kleine Beschäftigung an einer Zeitung verlassen hatte, immerzu seine Ge- danken auf etwas gerichtet, was sich etwa mit den Worten ausdrücken ließe. „Was soll deine Eile?“ Er saß im Schatten von Bäumen am Fluß- ufer, machte eine Fahrt auf einem Boot, fuhr auf den kleinen Paket- booten des Ortes, saß an den Lagerplätzen in Uferstädten, schlief und träumte. Die Leute unterhielten sich in einer trägen, gedehnten Sprech- weise, Nigger stapelten Baumwolle, andere Nigger fischten im Fluß. Die Nigger waren etwas, womit Bruce sich beschäftigte, er be- obachtete sie, dachte über sie nach. So viele schwarze Menschen, die langsam braun wurden. Dann kam ein helles Braun, die samtfarbenen Brauntöne. Kaukasische Gestalten. Die braunen Frauen hatten es darauf abgesehen, die Rasse heller und heller werden zu lassen. Weiche Südlandnächte, v/arme, dunkle Nächte. Schatten, die an den Rändern der Baumwollpflanzungen dahinflitzten, auf dunklen Landstraßen bei Sägemühlenortschaften. Lachen sanfter Stimmen. Oh, ma banjo dog, Oh, ho ma banjo dog. An’ I ain’t go’na give you None of ma jellv roll. So viel von dieser Art Dingen in amerikanischem Leben. Ist man ein denkender Mann — und Bruce war einer — macht man halbe Bekannt- schaften — halbeFreundschaften — Franzosen, Deutsche, Italiener, Eng- länder — Juden. Die intellektuellen Kreise des mittleren Westens, an deren Peripherie Bruce gespielt hatte — dabei beobachtet, wie Bernice kühner darin eintauchte — waren voller Menschen, die ganz und gar nicht amerikanisch waren. Da gab es einen jungen polnischen Bildhauer, einen italienischen Bildhauer und einen französischen Dilettanten. War 597 da etwas wie ein Amerikaner dabei? \ ielleicht war Bruce selbst etwas Derartiges. Er war unbekümmert, ängstlich, kühn und scheu. W enn man eine Leinwand ist, zuckt man dann vielleicht einmal zu- sammen, wenn der Maler vor einem steht? Alle die anderen geben ihm von ihrer Farbe ab. Eine Komposition entsteht. Er die Komposition. Konnte er es jemals wirklich wissen, ob Jude, Deutscher, Franzose oder Engländer? Und jetzt Nigger. Das Bewußtsein brauner Männer, brauner Frauen drang mehr und mehr in amerikanisches Leben — unter diesem Zeichen auch in sein Leben. Williger einzudringen, gieriger einzudringen als je der Jude, der Pole, der Deutsche, der Italiener. Herumstehend, lachend — durch die Hintertür hereingekommen — mit schiebenden Schritten, einem Lachen — einem Tanz im Körper. Feststehende Tatsachen sollten manchmal ins Auge gefaßt werden — von Einzelpersonen — , wenn sie vielleicht in einer intellektuellen Kerbe sitzen — wie Bruce gerade eben. Als Bruce nach New Orleans kam, fand er die langen Docks dem Flusse gegenüber liegen. Als er die letzten zwanzig Meilen vor sich hatte, lag vor ihm ein kleines Hausboot, das gerade einen Gasmotor bekam. Die Zeichen darauf: „Dein Wille geschehe.“ Irgendein Wanderprediger vom oberen Strom, der flußabwärts zog. um die Welt zu retten: „Jesus wird erretten.“ Der Prediger, ein bleicher Mensch mit schmutzigem Bart, barfuß, auf dem Rand des Bootes. Sein Weib, ebenfalls barfuß in einem Schaukelstuhl. Ihre Zähne waren schwarze Stumpen. Zwei nacktbeinige Kinder lagen auf dem schmalen Deck. Die Docks der City dehnen sich in einem großen Halbmond. Große Ozeanfrachtdampfer laufen ein, bringen Kaffee, Bananen, Früchte, Waren, laden Baumwolle, Holzstämme, Getreide und Oel. Nigger in den Docks, Nigger in den Straßen der City, Nigger, die lachen. Dauernd in einem trägen Tanz begriffen. Deutsche Kapitäne, Franzosen, Amerikaner, Schweden, Japaner, Engländer. Schotten. Die Deutschen segeln jetzt unter einer anderen als ihrer eigenen Flagge. Die Schotten segeln unter der englischen Flagge. Saubere Schiffe, schmutzige Vagabundenschiffe, halbnackte Nigger — ein Schattentanz. Wieviel kostet es, ein tüchtiger Mann zu sein, ein ernster Mann? Wenn wir nicht tüchtige, ernste Männer hervorbringen können, wie soll man je zu einem Fortschritt kommen? Zu nichts können wir es bringen, wenn wir nicht bewußt — ernstlich bewußt sind. Eine braune Frau, die dreizehn Kinder hat — zu jedem Kind einen anderen Mann — geht zur Kirche, singend, tanzend, breite Schultern, breite Hüften, sanfte 598 Der neue Straßenbahnhof in Berlin. Architekt Jean Krämer Photo E. Leitner Amari-Tempel in Kyoto (Japan) Photo l ndcrwood Burg Runkel im Lahntal Photo Aur. R u PI Wohnhausfassaden des Berliner Straßenbahnhofs. Architekt Jean Krämer Photo E. Leitner Augen, eine sanfte, lachende Stimme — empfängt Gott in der Sonntag- nacht — empfängt — was — in der Mittwochnacht? Mann, du mußt früh aufstehen und etwas tun, wenn du vorwärts- kommen willst. Wiiiam Allan White, Heywood Broun schreiben Kritiken über die Künste — warum nicht? — Oh, ma banjo dog — Van Wyck Brooks, Frank Crowninshield, Tululla Bankhead, Henry Mencken, Anita Loos, Stark Young, Ring Lardner, Eva Le Galliene, Jack Johnson, Bill Hey- wood, H. G. Wells schreiben gute Bücher, nicht wahr? The Literary Digest, The Dial Book of Modern Art, Harry Wills. Sie tanzen im Süden — vor der Stadt — Weiße in einem Pavillon in dem einen Feld, Schwarze, Braune, Tiefbraune, Samtbraune in einem Pavillon in dem nächsten Feld — bis auf den letzten Mann. Wir sollten mehr ernste Männer in diesem Lande haben. In einem Felde dazwischen steht Gras. Oh, ma banjo dog! Gesang in der Luft, ein träger Tanz. Hitze. Bruce hatte damals etwas Geld. Er hätte eine Anstellung bekommen können, aber wozu? Well, er hätte in die Oberstadt gehen und den New Orleans Picayune ankriegen können! Oder den Item oder die States um eine kleine Beschäftigung. Und warum eigentlich nicht, Jack Mc. Clure besuchen, den Balladenschreiber vom Picayune? Schenk uns ein Lied, Jack, einen Tanz — den Gumbo-Wirbe). Komm, die Nacht ist heiß. Wozu aber? Er hatte ja noch etwas von dem Geld, das er sich in die Tasche gesteckt hatte, als er Chicago verließ. In New Orleans kann man eine Bodenkammer zum Schlafen haben für 5 Dollar monatlich, wenn man es versteht. Man versteht es, wenn man nicht arbeiten will, wenn man schauen will und hören — wenn der Körper faul sein soll, während der Geist arbeitet. New Orleans ist nicht Chicago. Es ist nicht Cleveland oder Detroit. Gott sei Dank. Niggermädchen in den Straßen, Niggerweiber, Nigger. Eine braune Katze streicht durch den Schatten eines Gebäudes. „Komm, braune Miez, komm, hol dir deine Sahne!“ Die Männer, die in den Docks von New Orleans arbeiten, haben schlanke Flanken, wie Rennpferde, breite Schultern, lockere, schwere Lippen, die herabhängen — Gesichter wie alte Affen, manchmal — Körper wie junge Götter, manchmal. Am Sonntag, wenn sie zur Kirche gehen oder zu einer Taufe, können sich die braunen Mädchen nicht genug tun in Buntheit — prunkende Niggerfarben auf Niggerfrauen lassen die Straßen aufflammen, tief- purpurne, rote und gelbe Töne, grün wie junge Getreideschößlinge, flammen auf. Sie schwitzen. Die Hautfarben braun, goldgelb, rotbraun und purpurbraun. Wenn der Schweiß die schlanken, braunen Rücken 599 hinunterrinnt, treten die Farben her- vor und tanzen vor den Augen. Das solltet ihr aufleuchten lassen, ihr dummen Maler, fangt es im Tanz. Singtöne in Worten, Musik in Wor- ten — in Farben nicht weniger. Dumme, amerikanische Maler! Sie jagen einem Gauguinschatten bis zu den südlichen Seen hinunter nach. Bruce hat ein paar Gedichte ge- schrieben. Bernice ist sehr fern ge- rückt — in wie kurzer Zeit. Gut, daß sie es nicht wußte. Gut, daß keiner weiß, wie unwichtig er ist. Wir brauchen ernste Männer — die sollten wir haben. Wer wird es der Welt zeigen, wenn wir keine von dieser Art bekommen? Für Bruce gab es zurzeit keine sinnliche Emp- findung, die Ausdruck durch seinen Körper suchte. Komisches Geschäft, Bruce versuchte, Gedichte zu schreiben. Als er diese Beschäftigung an der Zeitung hatte, wo man doch eigentlich schreiben soll, hatte er niemals die geringste Lust dazu. Weiße Männer aus dem Süden pumpen sich, bevor sie Lieder schreiben, erst mit Keats und Shelley an. I am giving out of the richness of myself to manv mornings. At night, when the waters of the seas murmur I am murmuring. I have surrendered to seas and suns and days and swinging ships. My blood is thick with surrender. I shall be let out through wounds and shall colour the seas and the earth. My blood shall colour the earth where the seas come for the night kiss, and the seas shall be red. Was bedeutete dies? Oh, lache ein wenig, Mann. Was liegt daran, was es bedeutet? Oder dies: Give me the word, Let my throat and my lips caress the words of your lips. Heiße Tage. Süße Mutter! 600 Give me the word. Give me three words, a dozen, a hundred, a history. Give me the word. Ein hilfloses Kauderwelsch von Worten in seinem Kopf. Im alten New Orleans sind die engen Straßen voller Eisengitter, die hinweg- leiten an feuchten, alten Mauern entlang nach kühlen Patios. Das ist reizend — alte Schatten tanzen über entzückende alte Mauern. Aber eines Tages wird dies alles niedergerissen werden, um Raum zu schaffen für Fabriken. Bruce lebte fünf Monate lang in einem alten Hause, wo die Miete niedrig war, und wo die Schwaben die Wände auf und nieder rannten. Niggerfrauen wohnten in dem Gebäude in der engen Straße gegenüber. Man liegt nackt im Bett, an heißen Sommermorgen und läßt den träge kriechenden Flußwind herankommen, wenn er will. Gegenüber in der Straße, in einem Zimmer, erhebt sich eine Niggerfrau von zwanzig Jahren um fünf Uhr früh und reckt die Arme. Bruce rolltherum und guckt. Manchmal schläft sie allein, aber manchmal schläft ein brauner Mann mit ihr. Dann recken sich alle beide. Schmalflankiger, brauner Mann, Niggergirl mit schlankem, biegsamem Körper. Sie weiß, daß Bruce schaut. Was macht es? Er schaut, wie man auf einen Baum sieht oder auf junge Füllen, die auf einer Weide spielen. Bruce stand auf und ging eine enge Straße entlang in eine andere Straße in der Nähe des Flusses, wo er Kaffee und eine Stange Brot für 5 Cents bekam. An Nigger den- ken! Was für ein Geschäft ist das! Wie kommt er dazu? Menschen aus dem Norden werden oft häßlich, wenn sie über Nigger nachdenken, oder sie werden sentimental. Bieten Mitleid, wo keins verlangt wird. Die Männer und Frauen aus dem Süden haben vielleicht besseres Verständ- nis dafür. „Zum Teufel, habt euch nicht! Laßt die Dinge strömen! Laßt uns in Frieden! Wir wollen strö- men!“ Braunes Blut strömt, weißes Blut strömt, tiefer Fluß strömt. Ein träger Tanz, Musik, Schiffe, Baumwolle, Getreide, Kaffee. Ge- dehntes, träges Lachen der Nigger. Bruce erinnerte sich an einen Satz, 3 ' 601 den er einmal von einem Neger geschrieben sah: „Könnte ein weißer Dichter jemals wissen, warum mein Volk so sanft schreitet und bei Sonnenaufgang lacht?“ Hitze. Die Sonne steigt in einem senffarbigen Himmel empor. Trei- bender Regen, der gezogen kam, sprengte ein halbes Dutzend Blocks der City-Straßen, und in zehn Minuten war keine Spur von Senf mehr übrig. Zu viel feuchte Wärme, als daß ein wenig mehr feuchte Wärme etwas zu sagen hätte. Die Sonne leckte es auf, nahm einen Schluck für sich. Hier könnte man einen klaren Kopf bekommen. Einen klaren Kopf wofür? Well, nur keine Eile. Laß dir Zeit. Bruce lag träge im Bett. Des braunen Mädchens Körper war wie ein dickes, schwankendes Blatt einer jungen Bananenpflanze. Wenn man jetzt ein Maler wäre, könnte man das — vielleicht — malen: Ein braunes Niggermädchen in einem breiten, schwankenden Blatt, und es nach dem Norden senden. Oder warum es nicht einer Dame der Gesellschaft von New Orleans verkaufen? Ein wenig Geld bekommen, um noch eine Weile herumzulungern. Sie würde es nicht wissen, würde es niemals ahnen. Eines braunen Arbeiters schmale, geschmeidige Schenkel wie den Stamm eines Baumes malen. Und es dann in das Art Institut in Chicago schicken. Es den Anderson Galleries in New York schicken. Ein französischer Maler ist an die Südsee gegangen. Freddy O’Brien ist heruntergegangen. Erinnert ihr euch, wie das braune Weib versuchte, ihn zugrunde zu richten, und er sagte, wie er entwischt ist? Gauguin hatte sein Buch stark gepfeffert, aber man hat es für uns zu- rechtgemacht. Niemand hat sich viel darum gekümmert, auch nicht, als Gauguin tot war. Man bekommt so eine Tasse Kaffee für fünf Cents und dazu eine große Stange Brot, kein Spülwasser. In Chicago ist der Morgenkaffee an billigen Stellen wie Spülwasser. Nigger wollen gute Sachen, gute, große, süße Worte, Fleisch, Getreide, Zucker. Nigger wollen eine freie Kehle haben zum Singen. Ist man ein Neger im Süden drunten, so hat man ein bißchen weißes Blut in sich. Noch ein bißchen, und noch ein bißchen. Die Reisenden von Norden helfen dazu, sagen sie. O Himmel, o my banjo dog! Erinnert ihr euch an die Nacht, in der Gauguin nach Hause kam zu seiner kleinen Hütte und hier im Bett das schlanke, braune Mädchen auf ihn warten fand? Lest lieber das Buch. Noa-Noa nennen sie es. Brauner Mystizismus in den Wänden eines Zimmers, in dem Haar — eines Franzosen, in den Augen eines braunen Mädchens. Noa-Noa. Erinnert ihr euch an das Gefühl der Fremdartig- keit? Ein französischer Maler, der im Dunkeln auf dem Boden kniet, und die Fremdartigkeit riecht. Das braune Mädchen, das die Fremdartig- keit riecht. Liebe? Weiß man’s? Der Geruch der Fremdartigkeit. Geh sachte, hab keine Eile. Was soll all das Herumstürzen? 602 Ein bißchen mehr Weiß, ein kleines bißchen mehr Weiß, ins Graue gehendes Weiß, trübes Weiß, dicke Lippen — manchmal wülstig. Wir gehen ineinander über! Etwas geht auch verloren. Der Tanz der Körper, ein träger Tanz. Bruce auf einem Bett in einer fünf-Dollar-Kammer. Drüben, breite Blätter junger Bananenpflanzen, die sich wiegen. „Weißt du, warum mein Volk am Morgen lacht? Weißt du, warum mein Volk sanft schreitet?“ Schlaf wieder, weißer Mann. Keine Hast. Dann eine Straße entlang nach Kaffee und einer Stange Brot für fünf Cents. Matrosen von den Schiffen, trübäugig. Alte Niggerweiber und weiße Frauen gehen zum Markt. Sie kennen einander. Weiße Frauen und Niggerfrauen. Geh sachte, keine Hast. Gesang — ein träger Tanz. Ein weißer Mann liegt noch in den Docks auf einem Fünf-Dollar-pro-Monat-Bett. Hitze. Keine Hast. Wenn du dich von dieser Hast freimachst, arbeitet dein Verstand vielleicht, vielleicht wird es auch in dir zu singen beginnen. Mein Gott, es wäre nett, mit Tom Wills hier unten. Soll ich ihm einen Brief schreiben? Nein, besser nicht. Ein wenig später, wenn kühle Tage kommen, treibt man wieder nach Norden hinauf. Kommt dann eines Tages hierher zurück. Bleibt ein paar Tage hier. Schaut und hört. Gesang — Tanz — ein träger Tanz. Deutsch von B. Schiratzki. OSKAR FRIED IN PARIS EIN INTERVIEW Von MAT TIIEO QUINZ I. O skar Fried am Telephon: Sie wollen zu mir kommen, um mich zu inter- viewen? Das macht Ihnen doch nur Ungelegenheiten ! ... So, das ist Ihr Metier? Na, können Sie denn das Interview nicht ohne mich machen? . . . So? Geht nicht? Das ist aber ein Jammer. Na, worüber wollen Sie mich denn fragen? . . . Ueber Paris? ... Na also: Paris ist eine sehr schöne Stadt, wunderhübsch. Das wissen Sie doch auch, nicht wahr? Na also, sehn Se, jetzt können Sie den Rest doch ohne mich schreiben? . . . Wirklich nicht? Tjaaa, dann müssen Sie mich morgen ganz früh noch mal anrufen. Aber gaanz früh. Was? Sie stehen auch ganz früh auf? Das tut mir aber leid. Ach nee, ich hatte gehofft, Sie schlafen lange. Ja, was machen Sie denn so früh auf? . . . Was? Wie? Sie haben einen Garten? So! Na, das ändert die Sache ja gewaltig. Ich habe nämlich auch einen Garten. Ta, dann dürfen Sie kommen. Um io Uhr? Gut, gut, ich erwarte Sie mit Ver- gnügen. Können Sie auch Unkraut ausrupfen ? 603 II. In der Teutonenstraße in Nikolassee steht zwischen hochachtbaren Bürger-Villen mit prima Stuckfassaden ein nettes, kleines oberbayerisches Försterhaus. Zieht der Besucher an der Klingel, so erschreckt ihn nicht das übliche seelenlose Schnarren eines Apparates, sondern wohltuendes Ge- bummere einer veritablen Kuhglocke größten Formates begrüßt ihn mit der Sanftmut, die ihren großäugigen Trägerinnen auf den Almen eigen ist. Der Hausherr, nicht ganz so bajuvarisch wie sein Geläute, aber braungebrannt, sperrt selber auf, in weiten, gerippten Manchestersamthosen, Wollspenzer und Haferlschuhen. ,, Schade, daß Sie gekommen sind! Ich habe schon gehofft, Sie hätten auf das Interview vergessen. Also, was soll ich Ihnen sagen? Gar nichts werde ich Ihnen sagen! Haben Sie auch solche Aepfel? Nä, haben Sie nicht! Die werden so groß wie die Kinderköpfe! Und wenn das alles voll hängt und die Sonne darauf scheint, könnte man fast denken, man sei im Süden! Wissen Sie eigentlich, wieso Menschen auf die verrückte Idee gekommen sind, sich ausgerechnet hier mitten im Sand unter diesem tristen Himmels- strich anzusiedeln? Sehn Se, das wissen Sie auch nicht! Darüber sollten Sie ein Interview machen! Aber über Paris und mit mir? Hier ist übrigens mein Komposthaufen, der Stolz des Landmanns. Das ist viel wich- tiger. Und heute essen wir Erdbeeren, das heißt, erst wenn Sie weg sind! Was sagen Sie, dirigieren? Ob ich . . . .? Kennen Sie diese Erbsen? Zucker- erbsen, herrlich ! Ja, ins Haus können Sie auch reinkommen. Bitte — schön. Aber die Schuhe gut abwischen.“ III. Die Holztür zum Haus ist mit dem Reliefbild eines Dackels geziert und darüber die Inschrift MIR SAN MIR. (Für nichtbayerische Leser sei erklärt, daß dies der Wahlspruch der Feld- mochinger Bauern ist, welche in ihrer Heimat als die ,.großkopfetsten“ gelten. Im ganzen heißt der Spruch: „Mir san mir und schreim uns uns,“ auf norddeutsch: „Wir sind wir und schreiben uns uns.“ Auf Berlinisch-kurz: „Als wie icke.“) „Bei mir im Haus ist nämlich alles vom Ammersee, meine Frau und meine Kinder, ich bin allerdings nicht vom Ammersee.“ In einem Verandazimmer im ersten Stock. Große Pause! „Tja. Wollen Sie mich noch immer interviewen? Daß Paris wunder- hübsch ist, habe ich Ihnen doch schon am Telephon gesagt. Mit meinen alten guten Freunden, Herriot und Painleve — seit 20 Jahren sind wir befreundet — das war schon prachtvoll. Und dann die Pariser Gesellschaft, so etwas von Gastfreundlichkeit, von Freude . . . Meine Concierge ist aus dem Zittern über die Visitenkarten gar nicht mehr herausgekommen. La Princesse de . . . 604 Le Comte de . . . Eine Einladung zur Duchesse de Clermont-Tonnere . . . Tonnere, herrlicher Name, so wie bei uns Donnersmark! Aber viel älter! Zur Zeit der Kreuzzüge, da waren die Tonneres sicher schon dabei. Also die Duchesse de Clermont-Tonnere hat ihr Palais oberhalb Paris. Man sieht vom Park aus über die ganze Stadt — so gegen Abend, das hat schon etwas. In den Salons verkehrt alles Mögliche, auch Boheme gibt es in Paris noch, so richtig mit Schlapphüten und Lavallieres. Ich habe als erster Deutscher wieder in der Großen Oper dirigiert, Strawinsky, Sacre du Printemps und die Neunte... Dieses Gesellschaftsbild... Ob es ein Erfolg war? Weiß ich nicht. Das müssen Sie besser wissen! Ich fand es herrlich . . . Riechen Sie mal! Riechen Sie mal! Nach was riecht es? Es gibt heute Schweine- braten! Bekommen Sie heute auch Schweinebraten ?“ „Noch was über Paris wollen Sie wissen? Aber Menschenskind, lesen Sie doch ’ne Zeitung, ich habe keine Eindrücke gehabt. Und über mein Gastspiel waren alle Zeitungen voll, alle Größen von Artikeln finden Sie da. Auch angegriffen bin ich worden, von L’Intransigeant, mit Recht! Und der Lokalanzeiger hat es nachgedruckt, auch mit Recht. Und Herriot hat mich in die Sorbonne zu einem Vortrag über Berlioz mitgenommen. Kennen Sie den großen Saal der Sorbonne mit den Fresken von Puvis de Chavannes und den Säulen? Wie wir einmal schiert sind, ist alles rechts und links auf- gestanden und hat sich vor dem Minister verbeugt. Mich ging es ja gar nichts an, aber es war doch sehr schön. — Pläne? Nö, hab ich nicht! Kennen Sie Leute vom Film? Wissen Sie, so die Leute, die in kleinen Büros sitzen und wirklich die Filme machen. Filmmusik möchte ich gerne mal schreiben. Nicht zu „Araukaria, die verkaufte Gaucho-Braut“, aber zu einem guten Film. Ob das zuviel Arbeit für eine Eintagssacne wäre? Sehen Sie mal, die Geschichte ist doch so: Bach z. B. brauchte als Kantor jeden Sonntag zum Gottesdienst für seine Leute eine neue Kantate, und da hat er eben für jeden Sonntag so eine Kantate geschrieben, nur für diesen Zweck, wie man eben ein regelmäßiges Pensum erledigt. Zufällig war nun dieser Bach ein Genie. Wissen Sie jetzt genug für Ihr Interview? Wenn Sie wieder mal herauskommen, reden wir nämlich nur über den Garten! Nicht wahr? Wenn Sie nicht auch einen Garten hätten, hätte ich Sie gar nicht hereingelassen. Ueberhaupt . . . ich glaube gar nicht, daß Sie auch einen Garten haben. KARDINAL PIFFL Von CAROLUS CRACAS (WIEN) B ei der Wiener Beethovenfeier, da die österreichische Hauptstadt nach langer Zeit wieder einmal eine große internationale Gesell- schaft in ihren Mauern vereinte, zog ein roter Kardinalsmantel die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Die Gesandten der fremden Staaten verneigten sich vor ihm, der gewesene Jakobiner Herriot wie der Repräsentant des protestantischen Deutschlands, der sozialistische Bürgermeister Wiens wie der liberale Präsident des Landes. Die Reverenz galt dem ungekrönten Herrscher des Katholikenlandes, dem Fürsterzbischof von Wien, Kardinal Piffl. Im alten Oesterreich führten verschiedene Wege zum fürst- erzbischöflichen Stuhl: Kardinal Schwarzenberg war ein Kavalier aus dem alten böhmischen Adelsgeschlecht. Fürsterzbischof Skrbensky kam von der k. und k. Kavallerie, der Olmützer Erzbischof Dr. Kohn ent- stammte einer kleinen jüdischen Familie. Kardinal Piffl ist ein Bauern- sohn aus Oberösterreich, augenblicklich aber einer der wenigen Kirchen- fürsten auf deutschem Boden, die als ,, große Kardinäle“ anzusprechen sind. Man hat ihn mit dem Kardinal Ganganelli verglichen, dem späte- ren Papst Klemens XIW, von dem Josef II. an seine Mutter, die Kaise- rin Maria Theresia, schrieb, der neue Papst werde ,,da und dort viel- leicht nicht genehm sein“, er sei bescheidener Abkunft, ein Bruder des Papstes sei Tischler, ein Neffe Geigenspieler in den Osterien, aber er selber ,.ein Mensch von hohem, geistigem Flug und ein bedeutender Ka- suist“. Kardinal Piffl knüpft sehr gern an diese Zeit an. da Josef II., achtundzwanzig Jahre alt, „bescheiden angezogen wie ein gewöhnlicher Tourist“, zum erstenmal nach Rom kam, Museen, Bibliotheken, Kirchen besuchend und auch die schöne Fürstin Marianne Colonna Este, von der ein Zeitgenosse sagte: „Questa superba amazone del cor saettatrice“. Hundertfünfzig Jahre bedeuten nichts dem zeitlosen Blick eines Man- nes, der den Wandel der Dinge als Folge höherer Fügung betrachtet. Damals verlangten die streng katholischen bourbonischen Höfe die Auf- hebung des Jesuitenordens. In der Kirche II Gesü, wo der Jesuiten- general Ricci Josef II. den Silbersarkophag des Heiligen Ignatius zeigte, fragte der Kaiser den Jesuiten: „Auf welche Weise habt ihr einen so großen Schatz gesammelt?“ „Aus frommen Spenden“, gab der Jesuit zur Antwort. „Sollten nicht auch“, bemerkte der Kaiser, „die Profite in Indien dazu beigetragen haben?“ Auch der Wiener Hof war den Jesuiten nicht hold. Und der Papst schwächer als die Habsburger. Klemens XIII. mußte der Opposition gegen die Jesuiten nachgeben. 606 Photo R. Mahrenholz Photo Rieß Margo Lion in den „Hetärengesprächen“ und als Madame de Pompadour Galerie Paul Guillaume, Paris T n t e r nationale A usstellu n q ' H a m ly u r s > 1927 SIg. Roher, Lugano Picasso, Der Harlekin. Oelgemälde Photo Vollard, Paris Aristide Maillol, Frauengruppe. ßronze N Soldaten mit Rundgewichten G. H. Wolff, Holzrelief Aber er wollte die Aufhebung des Ordens nicht allein verfügen, sondern das Konsistorium entscheiden lassen. Einen Tag zuvor starb er. Josef II. kam gerade zumKonklave. Die drei regierendenKardinäle überschütteten ihn mit Aufmerksamkeiten. Hundertfünfzig Lakaien, so erzählt ein Zeit- genosse, schleppten die kostbarsten Gaben herbei, „die für eine ganze Armee von Feinschmeckern genügt hätten“, blumengeschmückte Fleisch- schüsseln, Fäßchen mit marinierten Fischen, Früchte, Pfauen, Fasanen, Ferkel, acht Faß römischen, siebzehn Faß kanarischen Weins, zwei Fäßchen Rosoli-Likör und mit Edelsteinen besetzte, goldgefaßte Reli- quien. Die Reliquien, die der Vatikan dem Feind der Kirche zu Füßen gelegt, sind heute noch in der Wiener Schatzkammer des ehemaligen Kaiserhauses erhalten. Sie stehen unter der Obhut der Republik. Im erzbischöflichen Palais auf dem Stefanplatz, dessen damast- behangene Fenster auf siebenhundert Jahre alte Steine schauen, ist der Thron von der Zeit unberührt geblieben. Sein Fürst, der Bauernsohn aus Oberösterreich, hat nur einen Blick: nach Rom. Er ist in einer Zeit aufgewachsen, da der Wiener Hof längst zur Demut zurückgekehrt war, der Kaiser sich vor allem als Diener der Kirche fühlte; aber die Kirche als Macht supranaturaler Ordnung verdammt grundsätzlich keine Re- gierungsform, vorausgesetzt, daß ihre alte Haltung und Freiheit nicht beschränkt werden. Unter der Monarchie und unter der Herrschaft des Konkordats erkannte der Staat die Förderlichkeit der Religion für das Staatswohl an. Die Kirche galt als staatliche Einrichtung; der Staat übertrug ihr die Sorge um das religiöse Leben. Die Schule war ihr untertan. Solange die Republik unter der Hand der Christlichsozialen Partei bleibt, wird der Statthalter Roms auch mit der Republik in Frieden leben. Streit erwächst nur dort, wo die Gemeinde Wien, unab- hängig vom Staat, die Schule nach eigenem Ermessen gestalten darf. Hier läßt Kardinal Piffl seine ganze Macht spielen: das feinste Instru- ment der Wirkung auf die Frauen, die Beichte, das donnernde Wort der Kanzel von Tausenden von Predigern gesprochen, den großen Pomp des Gottesdienstes, der seinen barocken Charakter erhalten hat. Der Fürst, dem die augenblicklichen Lenker des Staats widerspruchs- los gehorchen, und dem eine Armee von Klerikern zur Verfügung steht, er selber lebt ein anonymes Leben. Er zeigt sich nur selten, bei den großen Festen der Kirche, bei offiziellen Anlässen. Die Mauern des erz- bischöflichen Palais sind undurchdringlich. Niemals hat ein Außen- stehender den schlanken, blassen Sekretär, der auf dem Bock des erz- bischöflichen Wagens Platz nimmt, sprechen gehört. Vielleicht hat diese Abgeschlossenheit die Legendenbildung gefördert. Wien gleicht darin dem Kirchenstaat des achtzehnten Jahrhunderts: die von Barock- architektur und Kirchenmusik angeregte Phantasie dichtet. Sie verlangt nach Figuren, wie es Kardinal Nicoli Coscia gewesen, von dem Rom soviel sprach. Coscia beschloß, dem Papst zu beweisen — es war Be- nedikt XIII. — , daß die Volksphantasie dichte. Auf seine Veranlassung wurde dem Papst gemeldet, daß ein wegen seiner Schönheit wie seiner Sitten wegen bekannter Jüngling zu einer bestimmten Stunde beim Kar- dinal zu treffen sein würde; der empörte Papst ging selber in Coscias Zimmer, öffnete die Tür hastig — und fand ihn knieend in tiefem Gebet vor dem Kruzifix. Die Volksphantasie dichtet. V ill sie den Wiener Kardinal mit einem der berühmten Kardinale Roms vergleichen, dann müßte sie auf Papa Lambertini zurückgehen, der zu seinen Freunden im Konklave gesagt hat: ,,Es ist schade, die Zeit mit müßigen Betrachtungen zu verlieren; wollt ihr einen Heiligen, so wählt den Kardinal Gotti, soll es ein Poli- tiker sein, so gebt eure Stimmen Aldobrandini, wenn ihr euch aber mit einem ehrlichen Kerl zufriedengebt (se volete un buon caglione), so findet ihr ihn in mir“. ISMAEL GONZALEZ DE LA SERNA an ist kunstmüde geworden: die Festlichkeit ist aus den Werken, die freudige Unbefangenheit aus deren Betrachtung verschwunden; Wesentliches, nämlich das Irrationale in der Kunst, wird ausge,,merz“t. Da tritt in Paris ein junger spanischer Künstler, Ismael de la Serna, auf, der nicht mehr zerlegt und grübelt, der einfach malt, nichts als malt. Er greift zum Pinsel wie der Zigeuner zur Geige. Er schleudert seine Ergriffenheit auf die Leinwand in einem wilden Rhythmus, der an die Fla- mencolieder seiner Heimat (Serna stammt aus Granada) erinnert, an Lieder, die nichts sind als Fiorituren, als harte, spitze Wiederholungen eines langen, süßen oder wehen Aufschreis. Sernas Malerei ist eben solche Improvisation. Einwände gegen die Form, vielmehr die Formlosigkeit der Improvisation liegen auf der Hand. Man kann aber mit ihnen nicht heran an die innere Wahrheit von Sernas visuellem Erlebnis, das aus ihm heraus muß, das sich, wenn auch einstweilen nicht immer mit zureichenden plastischen Mitteln zum Ausdruck gebracht, spontan dem Beschauer mitteilt. Ismael Gonzalez de la Serna ist 1898 in Granada geboren. Sein maurischer Einschlag ist unverkennbar. Mit siebzehn Jahren malte er eine große Wand- dekoration in Granada, Länder und Lebensalter darstellend, die solches Auf- sehen erregte, daß man ihm ein Stipendium zum Besuch der Akademie in Madrid bewilligte. Aber dort verboxte er, verfußballspielte er das Geld. Sport Von ALBERT DREYFUS 608 wurde seine Hauptbeschäftigung. Er verpflanzte als einer der ersten das Fußballspiel aus dem spanischen Norden nach dem Süden. Welcher Aufruhr in Granada, welcher Protest der Aficionados der Toros, als der Stierzirkus durch Fußballspieler entweiht wurde, statt der seidenen Strümpfe, der gold- und silberbestickten Chaquetillas nackte Knie und gestreifte Trikots in Aktion traten! Die Modernisierung gelang. Sie war bezeichnenderweise der nach- haltigste Eindruck des jungen Serna. 1920 übersiedelte er nach Paris, wo er ein Atelier für Dekorierung, eine Werkstätte für Reparatur von Möbeln und Bibelots aufmachte. Ich habe Serna bei der Arbeit beobachtet. Er malt bei Tag und Nacht. Ist tags bedeckter Himmel, so ist das Oberlicht durch gelbes Papier verhängt. „Bei mir,“ so sagte er, „ist immer schönes Wetter.“ — Nachts malt er bei elek- trischem Scheinwerfer, ein alter, weißer Hutkarton dient als Reflektor. Seine Vision packt ihn so stark, daß er der schnellsten Niederschrift bedarf. „Er hat das Bild fertig in seinem Auge“ (ein Wort Cezannes über Courbet), was ihn befähigt, die Leinwand auch noch so großen Formats, damit die Farbe nicht abrinnt, flach über zwei Stühle zu legen und zu malen. Mit nässestem, breitestem, eiligstem Pinsel trägt er die Farbe auf, die er meist nicht von der Palette, sondern aus Töpfen herholt. (Er kommt vom Handwerk her, nicht von der Akademie!) Der inneren Spannung entspricht die Steigerung der Ausdrucksmittel. Er malt mit Oelfarben, aber auch, wenn er einen be- stimmten Effekt erreichen will, mit Autolackfarben, mit Ripolin, mit Astra- lein, und wenn er ein leuchtendes Schwarz braucht, sogar mit dem gefähr- lichen, weil mit Alkohol angemachten japanischen Lack. Er malt mit Anthrazitstaub, mit pulverisiertem Granit, mit Sand. Er malt wirklich damit. * Ismael de la Serna steht der jungfräulichen Leinwand unbefangen gegen- über. Ihn erzog kein akademisches Studium zu Respekt und Vorbehalt. Er „violiert“ die Leinwand im wahrsten Sinn des Worts. Er ist Dilettant, wenn man Dilettant mit Liebhaber übersetzen will. „Malerei und Liebe ist dasselbe,“ sagte er zu mir. „Sind Sie verheiratet?“ fragte ich im Lauf des Gesprächs. „Man muß zu zweit sein, um malen zu können,“ antwortete er. * Was am meisten an Serna frappiert, ist sein Lachen: das Lachen eines der Gegenwart sicheren Menschen. Schwer nur läßt sich seinen Reden wegen der spanischen Aussprache seines Französisch folgen. Aber dieses Lachen ver- steht man. Es zeugt von Gesundheit, Stärke des Herzens, Vertrauen zu sich. Solange Serna so lacht, glaube ich an ihn. * 609 STRASSENBAHNHOF Von MAX OSBORN L ängst hat die Berliner Pheripherie begonnen, die Innenstadt zu beschämen. Gesündigt wurde, versteht sich, auch hier über Bedarf. Von den Villen, die zurzeit der in Gott ruhenden Inflation zu Westend oder zu Dahlem ent- standen (wo nach des Bankdirektors Fürstenberg klassischem Wort „der Wiederaufbau Deutschlands“ begann), von den Siedlungen und Wohnblocks der folgenden Jahre ist vieles himmelschreiend. Der Zorn des Wanderers wird nur durch die Heiterkeit gemildert, die mancher Anblick in ihm auslöst. Von dem „Haus um des Daches willen“ bis zu den Stilinseln aus Alt-Nürnberg und Alt-Lübeck sind alle komischen Typen vertreten, die Bruno Taut in seinem köstlichen Buch von der neuen Baukunst in grimmigen Bildunterschriften auf- marschieren läßt. Aber daneben hat sich rings um die Riesenstadt eine lebendige und dauernde Demonstration neuer Baugedanken entwickelt, die in ihrer Mannigfaltigkeit und Ausdehnung kaum mehr übersehbar und wahr- haft großartig ist. Ein Tummelplatz in ungeheurer Kreisform für sämtliche moderne Architekturmöglichkeiten ist entstanden. In diesem kolossalen Rechenschaftsbericht der Raumkunst unserer Tage hat der neue Straßenbahnhof Jean Krämers in der Müllerstraße, oben im Berliner Norden auf noch fast jungfräulichem Gebiet, einen Anspruch auf Sonderstellung. Denn es ist eben gar nicht nur ein „Straßenbahnhof“, sondern eine ganze kleine Straßenbahn-Stadt. Ein mächtiger Komplex, der die beiden Enden der wichtigsten Bauprobleme von heute aneinander knüpft: eine An- lage rein technischen Charakters und ein weitgedehntes System von Wohn- stätten für Plünderte von Familien. Zwei völlig getrennte Dinge sollten in unmittelbare Berührung gebracht und zu einer Einheit zusammengeschmolzen werden. Wie das gelang, ist ungewöhnlich. Ausgangspunkt, Zentrum und Hauptstück ist der Bahnhof. Drei Hallen wuchsen zusammen, durch schlanke Eisenstützen getrennt und verbunden. In freier Entfaltung empfängt uns lichte Weite, der freie Rhythmus eiserner Ver- schraubungen, ein vielgestaltiges System interessanter Ueberschneidungen. Rings um uns ist und wirkt der Zauber mathematischer Präzision, die durch scharfsinnige Berechnung, durch Reduktion schwierigster Zusammenfügungen auf einfachste Formeln die Wucht des gewaltigen Gerippes zu einem Eindruck fast graziöser Leichtigkeit auflöst. 320 Wagen wollen hier übernachten, ge- säubert, beklopft und nötigenfalls kuriert werden. Darunter, im Keller, das gesamte Riesenviereck einnehmend, die „Kleiderkammer“ der dazugehörigen Straßenbahner, ein Schauspiel für sich in der praktischen Aufteilung und Munterkeit des Raumes. Aber nun mußte der breitgelagerte Kern der Tripelhalle mit den Bau- werken in Verbindung gebracht werden, die ihn umziehen. So erhielt er einen Mantel aus Eisenklinkern, die in den Sockelstreifen der Nebenbauten und der Wohnhaustrakte wiederkehren. Ein bräunlich-rötlicher Gesamtton grüßt von 6lO allen Seiten und bindet die verschiedenartigen Teile des Komplexes. Keiner davon wird vergewaltigt, aber jeder als Verwandter der Nachbarn kenntlich gemacht. Die Korresponsion wird gestützt durch einzelne Motive, die in Varianten, entsprechend dem jeweiligen Sinn der Bauten, wiederkehren, so durch das leichte Hervorziehen von Flächenteilen zwischen den Fensterachsen zu feinen, scharfen, vertikalen Kanten. Als Verbindungsglieder zwischen Bahnhof und Siedlung schieben sich Verwaltungsflügel ein. Dabei auch die Fahrschule mit ihrer „Schreckens- kammer“, wo die Anwärter der Fahrerwürde durch raffinierte Vorrichtungen auf die Eignung ihrer Nervenkraft und Schlagfertigkeit vorgenommen werden. Durch diese Partien, dazu durch absondernde Mauern, die Innen- höfe umschließen, werden die Wohnblocks, die im Viereck gleichsam den Außenbezirk von Krämers Straßenbahn-Stadt bilden, vor allzu enger Berüh- rung mit dem Mordsspektakel des Bahnhofsbetriebes bewahrt. Die 380 Fa- milien, für die Wohnungen untergebracht sind, jede mit Loggia, jede mit Bad, können frei aufatmen. Der Kasernencharakter ist weit verbannt. An der Straßenseite, den breiten Zugang mit dem Schienengewirr der Einfahrt flan- kierend, wachsen turmartige Aufbauten empor, nicht Schmuckstücke, sondern Träger der großen Wasserbassins im hohen Obergeschoß für den Bedarf der Hallen. Wie die langgereckten Fassaden gegliedert sind, indem die Treppen- häuser zu vorgezogenen Pfeilern wurden, wie belebende Farbe, mit guter Laune abwechslungsreich gewählt und verteilt, freundliche Stimmung in die Massenquartiere bringt, wie durch technische Einfälle immer wieder Prak- tisches und Dekoratives zugleich erreicht wurde, wie jede Einzelheit bedacht ist und aus sachlicher Einfachheit ein machtvoller Eindruck im großen auf- ragt, ist immer neu erstaunlich. ls Ende Juni in Paris die berühmte Sammlung Poles zur Versteigerung kam, ereignete sich ein kleiner Zwischenfall, der es verdient, bei uns registriert zu werden. Die Direktion des staatlichen Petit-Palais machte offiziell Mitteilung, daß sie einen Schreibsekretär des Rokoko für 310000 Fr. kaufen würde. Der Respekt vor dem Wunsch des Museums führte dazu, daß kein französischer Händler diesen Preis überbot, und als ein Schweizer zu treiben begann, stellten einige französische und ein amerikanischer Händler dem Museum sofort Geld schenkungsweise zur Verfügung, so daß das Museum doch zu seinem Sekretär kam. — Die bei dieser Auktion erzielten Preise waren sehr hoch, sie zeigen, daß die Vorliebe für gutes französisches Rokoko weiter im Ansteigen begriffen ist, so daß die an sich durchaus hohen Taxpreise noch erheblich überboten wurden. Am erstaunlichsten waren die Preise für kleinere Rokokomöbel. Ein Sekretär aus der Zeit Ludwigs XVI. kostete rund 500 000, ein Lackbüro von Carlin 170000, eine Vitrine, auch von Carlin, 133000 Fr. 5AMMEL-QUER5CHNITT Von ALEXANDER BESSA1ER TN1 6ll Wenn, wie berichtet wurde, ein Schrank von Cressent im Jahre 1894 i'und 40000 Fr. gekostet hat und jetzt 260000 Fr. brachte, so ist bei Berechnung der Frankenentwertung auf ein Sechstel, der Preis für dies Stück fast derselbe geblieben. Am höchsten bezahlt wurden, wie immer, die großen W andteppiche. hast eine Million Franken kostete ein Beauvois-Gobelin mit Darstellung eines Flötenpastorales nach Boucher. Auch Möbel mit Gobelinbezügen wurden ent- sprechend hoch bewertet, z. B. acht Sessel mit alter Rokokobespannung mit 320000 und ein einzelner Sessel sogar mit 225000 Fr. Unter den Käufern bemerkte man außer den großen Händlern auch den Agenten des Königs von England. Im ganzen brachte die Sammlung der Madame de Poles einund- zwanzigeinhalb Millionen Franken. Kurz vor dieser großen Versteigerung fand eine andere statt, die bei uns auch Beachtung verdient, und zwar die der Sammlung des Herrn Jakob Zubaloff. Besonders interessant sind die Preise für Bilder neuerer Maler, so kosteten: Renoir „Porträt einer jungen Frau“ 56000 Fr.; seine „Odaliske 100000 Fr.; sein „Kind mit Hampelmann“ 250000 Fr.; seine „Junge Frau“ 130000 Fr.; die „Frau Heunot“ 240000 Fr. Sehr gut bezahlt wurden Cezannes „Badende“ mit 475 °°o Fr., sein kleineres Bild „Venus mit 86000 Fr.; Monets „Blumenstilleben“ mit 280000 Fr. Von den recht häufigen Aquarellen Rodins w r urde eins bis auf 9000 Fr. getrieben, während eine Blei- stiftskizze Picassos sogar fast 20000 Fr. brachte. Picassos Gemälde „Badende“ kostete 17000 Fr., und ein Akt von Matisse 350000 Fr. Im ganzen erzielte die Sammlung Zubaloff viereinhalb Millionen Franken. Auch bei der Versteigerung der Sammlung Bureau Ende Mai hatte sich das Pariser Publikum sehr kaufkräftig gezeigt. Hier waren es die ausgezeichneten Daumiers, die die Sammler und Händler anzogen. Am höchsten bewertet wurde ein „Don Quichote und Sanchc Pansa“ mit 1 290000 Fr. Das Louvre- Museum kaufte für 700000 Fr. „Die Wäscherin“. Ein Aquarell „Der einge- bildete Kranke“ erreichte 400000 Fr. Die Preise für die guten Gemälde waren sämtlich sehr hoch. Die Gesamtsumme der Verkaufspreise ergibt fast acht- dreiviertel Millionen Franken. Alle diese französischen Preise bleiben wieder weit zurück hinter den Preisen, die man am 20. Mai bei Christies für Por- träts von Romney aus der Sammlung Raphael zahlte, so für das Porträt Mrs. Prescott 19200 Guineas, also rund 400000 M. und 10000 Guineas für Romneys Lady Hamilton als (zahme) Bacchantin. Der Gesamterlös belief sich auf rund 135 000 f, also rund 2 700 000 M. — Ueberraschend hoch war das Ergebnis einer anderen Londoner Ver- steigerung bei Sotheby, bei der eine frühe Evangelienhandschrift ausgeboten w'urde. Es handelte sich um ein Evangeliar des 11. Jahrhunderts aus dem Besitz des Herzogs von Anhalt. Die Nachrichten über den Verkauf und die Beschreibung der Pergamenthandschrift in der Tagespresse waren meist unrichtig. Das Manuskript war keine deutsche, sondern französische Arbeit in Art der Wänchester-Schule. Es war auch durchaus kein besonders schönes Beispiel früher Miniaturmalerei, die Miniaturen und Initialen waren vielmehr durchaus nicht hervorragend und weit unter dem Niveau wirklich hervor- ragender bekannter Museumsstücke dieser Art. Daher war das Evangeliar 612 von einer anerkannten Berliner Autorität, dem Direktor Degering der Hand- schriftensammlung der Staatsbibliothek, auch nach ausführlicher Beschreibung nur mit 75 000 M. eingeschätzt worden, einem Preis, der für ein so seltenes andererseits aber künstlerisch zweitrangiges und vor allem durch den defekten Einband im Wert gemindertes Stück durchaus angemessen war. Der Preis von 9000 £, also von rund 180000 M., den das Evangeliar in London erzielte, war eine außerordentliche Ueberraschung für alle Eingeweihten und ist auch aus der wirklich besonderen Seltenheit so früher, illuminierter Plandschriften nicht allein zu erklären. Bei dem Schadensersatzprozeß, den eine Berliner Kunsthandlung gegen den Herzog von Anhalt führt, weil er ihr das zum Verkauf übergebene Evangeliar nebst anderen Stücken wieder abgenommen hat, dürfte die Höhe des in London erzielten Preises wie die Tatsache des Verkaufs überhaupt noch eine wichtige Rolle spielen. — In Amerika soll ein noch höherer Preis, als der für das anhai- tische Evangeliar erzielte, für das Manuskript von Edgar Allan Poes, „Rabe“ mit 10 000 £ gezahlt worden sein. Poe erhielt für das Gedicht 10 Dollar Honorar von einer New-Yorker Zeitung, er schenkte das Manuskript seinem Schul- freund Dr. S. A. Whitaker. Aus dem Besitz der Eamilie Whitaker soll ein Händler diese einzig existierende Niederschrift von Poes berühmtestem Gedicht erworben haben. — Bei den letzten deutschen Autographen-Auktionen zeigte sich ein recht lebhaftes Interesse. Bei der unter Leitung von J. M. Fraenkel von Poseck veranstalteten Versteigerung kaufte ein schwedisches Privatmuseum ein eigenhändiges Musikmanuskript von Mozart, „Sonate für Klavier und Violine, B-dur“ (14 Seiten zu je 12 Linien) für 10000 M.; ein recht billiger Preis. Das Manuskript müßte schon mit 15 000 M. mäßig geschätzt erscheinen. Es stammte aus der Sammlung Ascot Kurtz in London, der es 1872 bei Sotheby gekauft hatte, wohin es aus der englischen Sammlung Stumpff- London zum Verkauf gekommen war. — Sehr gut waren die Preise, die das Antiquariat Leo Liepmannssohn bei seiner letzten Versteigerung erzielte, so z. B. 2300 M. für eine eigenhändige, aber unsignierte Niederschrift Goethes von seinem Gedicht „Wenn die Liebste zum Erwidern Blick auf Liebesblicke beut“. — Liepmannssohn und Henrici bereiten die dritte Auktion aus dem Heyer-Nachlaß vor, die vor allem Porträts von Musikern umfassen wird, während J. A. Stargardt eine Autographen-Auktion in Aussicht stellt, die vor allem kostbare Musik-Manuskripte bringen wird. In Paris starb vor kurzer Zeit der sonderbarste Typ unter den Auto- graphensammlern, ein kleiner alter Herr, der bei den Antiquaren bekannt war, nicht nur weil er sehr wählerisch war, sondern auch weil er jedes Stück, das er gekauft hatte, sofort zerriß. Erst kurz vor seinem Tode erklärte er sein Geheimnis: „Ich kaufe nur Briefe, in denen von oder über berühmte Leute Kompromittierendes oder Beleidigendes steht. Vernichte ich dann diese Schriftstücke, so diene ich dem Andenken und dem Ruf dieser Größen und damit der Menschheit. Und das ist mein einziges Vergnügen.“ — Der- gleichen puristischer, aber etwas geistesschwacher Heroismus, durch Zerstörung von Dokumenten die Helden der Menschheit fleckenlos den kommenden Generationen zu überreichen, wird als Legende auch von der Großherzogin 613 Sophie von Weimar und auch von einem Berliner Antiquar erzählt: Die Großherzog m soll den Direktor des Goethe-Archivs gezwungen haben, ein un- eröffnetes Paket mit angeblich stramm erotischen Manuskripten Goethes zu verbrennen; der Berliner Antiquar soll Liebesbriefe von Ludwig II. an Kainz nach dessen Tod von der Witwe gekauft, mit einigen Freunden gelesen und dann auch verbrannt haben. Was an diesen Geschichten von solchen Rein- machefrauen der Weltgeschichte wirklich wahr ist, konnte noch nicht fest- gestellt werden. Unter den Bücherauktionen war die wichtigste die Londoner Auktion bei Sotheby, bei der 120000 M. für vier Folio-Ausgaben der Werke Shakespeares aus dem Besitz von Lord Leigh gezahlt wurden. Der kostbarste Band war die berühmte erste Folio-Ausgabe, und zwar das Exemplar, das in der von Sidney Lee aufgestellten Liste der erhaltenen Exemplare mit Nummer 82 ver- zeichnet ist. Dieses Exemplar Nummer 82 hatte einige Fehler, unter anderem fehlte der Titel und das Blatt mit den Widmungsversen Ben Johnsons, sonst aber soll es ein „gesundes“ Exemplar gewesen sein. Es waren außer diesem ersten Folio die zweite Ausgabe des zweiten Folio, der zweite Druck des dritten Folio und die vierte Folioausgabe vorhanden. Bei der gleichen Auktion wurde für das zweite bekannte Exemplar von Painters „Palace of Pleasure“ aus dem Jahre 1566 die hohe Summe von 36 000 M. gezahlt. Bei Gelegenheit der Erwähnung dieser englischen seltenen Drucke muß verzeichnet werden, daß die Bibliothek des verstorbenen Eisenbahnkönigs Henry E. Huntington aus Pasadena in Kalifornien als Stiftung für die Bürger der U. S. A. die größte und schönste Privatsammlung, vor allem eng- lischer Drucke und Handschriften, öffentlicher Besitz geworden ist. Huntington besaß mehr Inkunabeln als die Universitätsbibliothek in Cambridge, unter anderem gehörte ihm eine vollständige zweiundvierzigzeilige Gutenberg-Bibel. Sein Tod wird sich auf dem Inkunabelmarkt sehr fühlbar für die Antiquare be- merkbar machen, denn wenn es auch in den angelsächsischen Ländern eine große Reihe jener bedeutenden und echten Bibliophilen gibt, die von keinem spekula- tiven, sondern lediglich von einem bibliophilen Gesichtspunkt aus sammeln, so ist doch eben der kaufkräftigste Konkurrent unter den Inkunabelkäufern mit Huntington ausgeschieden. Daß es in Deutschland überhaupt keine Biblio- philen von der Art und vor allem von der Kaufkraft der amerikanischen gibt, ist bekannt genug, aber wie elend es im Grunde mit den wirklich bibliophilen Interessen bestellt ist, zeigt ein beachtenswerter Aufsatz des Antiquars S. M. Fraenkel in der „Frankfurter Zeitung“ vom 1. Juli, in dem Fraenkel auf das Ergebnis der Auktion der Barockbibliothek Mannheimer hinweist. „Erzielt wurden (einschließlich der unverkauften Stücke) sage und schreibe 30000 Mark, das ist zwei Drittel von dem, was in letzter Zeit mehrfach Dürer-Blätter, und ein Dreißigstel von dem, was gute Bilder älterer, aber auch neuerer Maler erzielten Diese Barockliteratur ist so selten, daß sie an Seltenheit wert- vollen Stichen und Bildern kaum nachsteht.“ Vielleicht ist es die grundsätz- liche Einstellung zum Produkt des Künstlers, die heute in Deutschland dazu geführt hat, daß es kaum noch große Sammler, wohl aber um so mehr Kunst- spekulanten und amateurs marchands gibt. 614 Karin Evans Käthe Wilczynski Berlin Polo Turnier F r o Ji n a u Die Wiener Mannschaft (Capt. Welsch, Graf M. Kinski, Fürst Fugger, Graf Rud. Kinski) $ Photos Zander & Labiseh Die Berliner Mannschaft (Baer, v. Mumm, Dr. Fromme, Graf Montgelas) Graf W. Hohenau beim Gattersprung Photo Otto N. Voß Heinz Rühmann Photo Zander & Labiseh Grete Mosheim Photo Hänse-Herrmann AUKTIONSERGEBNISSE BÜCHER Paul Graupe , Berlin , 23. — April Goethe, Iphigenie 1G00 M , , Faust, 2 Bd 4G00 „ Stefan George, Das Jahr der Seele, erste Ausg 180 ,, Paul Graupe , Berlin, 27. April (Bibliothek Köpke) Amis de Livres Baudelaire, 12 Histoires. d’Edgar Poe 1005 M 42zeilige Gutenbergbibel, Faks.-Aus- gabe, Herausg. P. Schenke, 2 Bd. 430 „ Doves Press, Faust, London 1906-10, 2 Bände 4600 „ Goethe, Iphigenie, Lon- don 1912 1600 „ ,, Goethe, Leiden des jun- gen Werther, London 1911 320 „ „ Milton, Paradise lost, 1902 3500 „ Milton, Paradise re- gained 2400 .. ,, Shakespeare, Sonnets 2400 „ ,, The Tragedy of An- thony and Cleopatra . . 1500 ,, Ernst-Ludwig-Presse, Die Psalmen (Insel 1911) 500 „ Flaubert, Oeuvres completes, 18 Bd. 1250 ,. Friedrich der Große, Oeuvres de Frederic le Grand, 33 Bde., Für- stenausgabe 2250 ,, Victor Hugo, Notre-Dame de Paris, Edition Nationale, 2 Bde., 1889 . . 250 ,, Kipling, Works Bombay Edition, 25 Bde., 1913—17 9G0 „ Louys, Les Chantons de Bilitis, 190G 375 ,, Maupassant, Oeuvres completes, 29 Bde 415 „ Me'imee, Carmen, 1917 550 ,, Hotel Drouot, Paris, 30. April Goethe, Le Roi des Aulnes, Erlkönig 3100 Frs. Walther Christiansen & Co., Hamburg, 14 . Mai Goethe, Wilh. Meisters Lehrjahre, 1795 100 M Brüder Grimm. Deutsche Sagen, 181G— 18 110 „ Geßner, Salomon, Werke mit Kup- ferstichen, 1777 . 165 ,, GmrÄLDE UND CRAPHLK Hotel Drouot, Paris, 9 und 10. Mai Whistler, La vieille au loques . 4300 Frs. Magnascom, Wunderbarer Fisch- zug, Zeichnung 2000 ,, Forain, Double braconnage .... 1355 ,, Otto Helbing, München, //. Juni A. Achenbach, Ausfahrt, 78 : 103 . . 900 M Grützner, Frater Kellermeister, 43 : 2G 2500 „ v. Marees, Entwurf für Volkmanns Amazone, Rötelzeichn., 57 : 43 . . 1700 ,, C. Spitzweg, Flucht nach Ägypten, 15 : 22 4000 „ Anachoret, 15 : 32 4550 ,, v. Uhde, Alter Mann, 150 : 105 . . . 3750 ,, F. Gg. Waldmüller, Der alte Gei- ger, 32 : 27 7100 „ Hotel Drouot, Paris, 31. März Modigliani, Junger Frauenkopf 7 500 Frs. Pissarro, Die Amme 28 500 ,, Renoir, Cagnes 15 000 ,. Henri Rousseau, Vier Jahres- zeiten, zusammen 132 000 ,, Van Dongen, Der Hut 14 100 ,, American Art Gallery , New York, 22. April (Collection Fitzgerald) Monet, Abendsonne über der Seine im Winter 3500 $ ,, Dans la France campagnarde 5000 „ Fischerboote in Etretat . . . G000 ,, ,, Mme. Monet mit Kind .... 12000 ,, ,, Die Hügel von Vetheuil . . 8100 ,, Renoir, Stilleben 9500 ,, Sargent, Das Geständnis G000 ,, Karl Ernst Henrici, Berlin, 16. Mai Morland, nach Gosse, The Country Butcher, fbg 2G00 M Pastell, Franz Krüger, Friedrich Wilhelm III 2500 ,, Christie, London, 20. Mai G. Romney, Portrait od Mrs. Grif- fith, 1786 für 40 Guineen gemalt (Fielding) 5460 £ G. Romney, Portrait of Mrs. Lam- barde (Mason) 8925 ,, 6l Ol GEMÄLDE UND GRAPHIK MÖBEL UND TAPISSERIEN Hotel Drouot, Paris , I. — 3. Juni ( Sammlung Sevadjian) Daumier, Frau und Kind, Zeichnung (12 mal 14 cm) . . 8050 Frs. Delacroix, Pferde, Aquar. (18 mal 30 cm) 3800 „ C. Guys, Orientalische Typen, Aquarell (20 mal 33 cm) . . . 14200 ,, Degas, Tänzerinnen (33 : 47 cm) 5800 „ Laurencin, Blumen in einer Vase (62 mal 50 cm) 8900 ,, Pissarro, Das Bad (rückseitig), Pontoise (54 mal 38 cm) . . . 25100 ,, Renoir, Kinderbild (28 : 32 cm) 43000 ,, Vuillard, Junge Frau im Salon (44 mal 38 cm) 32500 ,, Kopf des Gottes Amon XX. Dynastie, Basalt (H. 20 cm) 18500 „ Junger stehender Faun, grie- chisch, 3. Jahrh. v. Chr., weißer Marmor (H. 166 cm) 115000 ,, Runde Platte, blauer Grund mit Blumen (Damascener Fayencen) 60000 „ Runde Schüssel mit Tulpen (Fayencen aus Rhodos) . . . 10100 „ Schüssel mit Kanne und Blu- men geschmückt 19100 „ Hotel Drouot, Paris , 9 . Juni (Sammlung Bing) Toulouse - Lautrec, Lesende junge Frau (72 mal 64 cm) 129000 Frs. Renoir, Apfel (21 mal 30 cm) . . 16100 „ Renoir, Junges Mädchen mit roter Blume (41 mal 33 cm) 40100 „ American Art Galleries, New York , 1. u. 2. April Sammlung des Prof. Volpi, italien. Kunstgegenstände : Geschnitzter Walnußbücherei tisch, Umbrisch, 16. Jahrhundert 6100 $ Jac. Hecht, Berlin, 10. Mai ( Kunstsammlung Blancke-Dahlem) Nordd. Barockschrank 1450 M Brüsseler Gobelin, Königin Arte- misia, sign. Cordys, 340 : 292 . . . 7500 „ Aubusson - Garnitur, neunteilig, Louis XVI 4000 „ Bureau-Plat, Louis XVI 1900 ,, AUTOGRAPHEN Karl Ernst Henrici, Berlin, 27. und 28. Mai Grabbe, Brief, 3 Seiten 280 M Hebbel, Brief (ungedr.), 1847, 3 S. . 475 ,, Kant, Brief, 1 S., 1786 265 „ Luther, Brief, latein., IS 1050 „ Reuter, 43 Zeilen, z. Schluß ,,Kein Hüsung“, mit 12 Federzeichn. . . 170 „ Schopenhauer, Brief, 3 S., 1857 . . . 505 „ Ifflands Stammbuch, mit 235 Eintra- gungen 5000 „ Schiller, Brief, 2 S., an seine Braut, 1789 810 „ J. S. Bach, Unvoll. Cantate „Ehre sei Gott“, 4 S 2050 „ Beethoven, Fünf Takte und Text ,,Ars longa vita brevis“ 1350 ,, R. Wagner, Ouvertüre zu ,, König Enzio“ von Raupach, für Piano- forte, Titel und 7 S., 1832 .... 2400 „ MÜNZEN Christie, London, 23. Juni J. M. W. Turner, Caub und Schloß Gutenfels a. Rhein 12 mal I 6 V 2 Zoll (Leggatt) 1102,10 £ Gutekunst & Klipstein, 15. — 17. März König, Le Retour des Alpes und La Familie labourieuse 3720 M ,, Collection complete de Costu- mes et occupations suisses . . 3000 ,, Hotel Drouot, Paris, 29. April Pissarro, Winterlandschaft in Erasny 19000 Frs. Henri Rousseau, Landschaft bei Pontoise 27000 „ Adolph Heß Nachf., Frankfurt a. M., 21. Juni Proberubel, 1723, Peter 1 1000 M Revaler Taler, 1536, Livländ. Orden 2375 ,, Ovaler goldener Gnadenpfennig, 1621, Georg Wilh. v. Brandenburg 1275 ,, Solms, Halbtaler, 1624, Philipp . . . 405 ,, Frankfurter Goldgulden, 1611 . . . 900 „ FAYENCEN Hotel Drouot, Paris, 9 . u. 10. Mai Faenza, Pokal auf Fußgestell . . 52 000 Frs. „ Krug mit zwei gegen- einander gekehrten Män- nerköpfen 45 000 „ Robbia, 16. Jahrh., Flachrelief, Die Jungfrau mit Kind und Johannes 35 000 „ 6l6 BUCHER-QUERSCHNITT MARCEL PROUST, „Im Schallen der jungen Mädchen ( A L'hombre des jeunes filles en fleur)". Verlag Die Schmiede, Berlin. Nach dem etwas mäßig geglückten Versuch der Uebersetzung von „Du Cote de chez Swann“ bringt der Verlag nunmehr diesen Band heraus. Die Namen von Ueber- setzern von der hohen Qualität wie Walther Benjamin und Franz Hessel garan- tieren eine vollendete Nachgestaltung. Es ist nach „Du Cote de chez Swann“ zweifellos der für Proust bezeichnendste Roman. W. H. D. LAW REN CE, Jack im Buschland“ . Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. Der Roman führt uns in das unbekannte Wunderland Australien, das Australien der achtziger Jahre. Die Schicksale, die außerordentlich typisch sind, lassen uns Australien als das Land der Verheißung erkennen. Wir erleben die sämtlichen Ereignisse im Leben eines Auswanderers, der sich selbst seine Existenz zurecht- zimmert. Dieses Leben ist ungewöhnlich plastisch geschildert. W. KNUD RAS MUSSEN, „ Rasmussens Thulefahrt“. Zwei Jahre im Schlit- ten durch unerforschtes Eskimoland. Frankfurter Sozietätsdruckerei. Diese Forscherfahrt durch bisher vollkommen unerforschtes Eskimoland gehört zu den aufregendsten Erlebnissen, die man haben kann. Wir lernen diese von aller Zivilisation freien Menschen aufs genaueste kennen. Abgesehen von den großen Forschungsergebnissen, insbesondere dahingehend, daß die gesamten Eskimostämme die gleiche Sprache, den gleichen Glauben, die gleichen Gesänge und die gleichen Sagen haben, ist vor allen Dingen die Heimat der Ureskimos gefunden. Neben wunderbaren Photos ist einer der Hauptreize des Buches die darin verstreuten Märchen und Poesieproben. Die ausgezeichnete Bearbeitung und Uebersetzung stammt von Friedrich Sieburg. IV. PETER PANTER, „Ein Pyrenäen-Buch“ . Verlag Die Schmiede, Berlin. Ein sehr frisch geschriebenes Buch, in dem besonders Verhältnisse wie in Lourdes außerordentlich lebendig geschildert sind. Eine inoffizielle Schilderung der Pyrenäen, die keine anderen Voraussetzungen kennt als die des persönlichen Er- lebnisses. VE. EUGEN HOLLÄNDER, Anekdoten aus der medizinischen Weltgeschichte. Ferd. Enke Verlag, Stuttgart. Das war ein glänzender Einfall, diese wunderbar lebendigen Anekdoten aus ihrer Verstaubtheit ans Licht zu ziehen. Sie kommen aus allen Zeiten, besonders auch aus dem Altertum, aber auch aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Schöne Repro- duktionen nach alten Stichen. W. FRITZ STAHL, Weg zur Kunst. Einführung in Kunst und Kunstgeschichte. Rudolf Mosse, Buchverlag, Berlin. Der Nestor der deutschen Kunsthistorie schenkt uns den Weg zur Kunst, einen neuen Weg der Synthese, die sich bei ihm gebildet hat aus dem täglichen Schauen, so daß ihn nicht nur sein Beruf, sondern auch seine Leidenschaft zwingt. Wir sind in Deutschland mit den lückenlosesten Wälzern bekannt, so daß ein derartig aufgelockertes und geistreiches Werk geradezu als eine Erlösung wirkt. Man lese z. B. die Renaissancierung des Nordens. IV. C U RT M O REC K , Sittengeschichte des Films. Paul Aretz Verlag, Dresden. Der Film, noch heute in künstlerische und wirtschaftliche Krisen des Anfangs verstrickt, auch technisch noch nicht vollendet, hat keine „Geschichte“ aufzu- weisen. Wohl kann die kurze Phase seit der Erfindung und das Gegenwarts- stadium als Material registriert und subjektiv ein Urteil gefällt werden, 617 wie es Moreck tut, der damit dem späteren Geschichtschreiber willkommenes Material bietet und dem heutigen Filmpublikum ein reich illustriertes und ge- schickt geschriebenes Buch, das der Verlag in Bild, Schrift und Ausstattung in ebenso großzügiger Weise bedacht hat wie die anderen vorzüglichen Bände seiner sittengeschichtlichen Werke. ^ r • HARALD BEYER, Norwegische Literatur. Ferdinand Hirth, Breslau. Die Ivonzentriertheit, welche alle Bände der im Verlag Hirth erscheinenden Mono- graphien-Sammlung auszeichnet, ist auch Vorzug dieses sorgfältigen Ueberblicks, der neben den ganz großen Beherrschern der letzten Literaturepoche Kenntnis von uns unbekannten Namen und Werken gibt und die Entwicklung der nor- wegischen Literatur veranschaulicht. Dr. Russische Filmkunst, Vorzvort von Alfred Kerr, mit 14 f Tafeln. Ernst Pollack Verlag, Berlin-Charlottenburg. Kerr gibt in Schlaglichtern alles Wesentliche über russische Filmkunst im Wort. Die Tafeln aus etwa dreißig zum Teil hier bekannten und sehr geschätzten Filmen sind gut gewählt und lassen die Größe dieser nationalen Filmkunst ahnen. B. Sch. RACHILDE: Der Liebesturm. Verlag I. C. C. Bruhns, Minden. Der Verlag gibt sämtliche Romane dieser eigenartigen französischen Schrift- stellerin heraus. Bisher sind außer dem erstgenannten erschienen: „Der Wölfinnen Aufruhr“, „Die Messertänzerin“, „Die Mordmühle“ und „Die Gespensterfalle“. „Der Liebesturm“ gehört zu den für ihre Art charakteristischsten Büchern. Eros ist der normalen Erlebniswelt entrückt: aus schärfstem Intellekt mit den realistischsten Mitteln aufgebaut, wie nur ein wirklicher Künstler gestalten kann, erscheint ein anderer Eros, qualvoll erschütternd, aber zauberhaft. Die Ueber- setzung von Bertha Huber ist ausgezeichnet. B. Sch. KARL HERMA, „Brautnacht und andere Novellen”. Verlag Ernst Pollack, Berlin-Charlottenburg. Der Autor, der wohl halb Russe, halb Deutscher ist, wählt die Gegenstände seiner Novellen im wesentlichen russisch-drastisch und bearbeitet sie deutsch-sentimental. Absicht und Erfolg fallen dadurch etwas auseinander. Die Brautnacht in der Steppe mit mystischer Personifizierung der Steppe und ihrer Kultansprüchc an die Menschen ist so schauerlich-schön, daß sie wie all die anderen Novellen durch etwas weniger wortreiche, etwas lakonischere Schilderungen nur gewonnen hätte. Aber dies ist wohl doch ein versprechender Anfang. B. Sch. MARTHA O S T E N S O , „Erwachen im Dunkel”. F. G. Speidelsche Verlags- buchhandlung, W T ien. Die stilistische Eigenart der Autorin, die sich etwa mit Beherrschtheit, Verhalten- heit gegen die Schicksale ihrer Gestalten ausdrücken läßt, macht ihre Werke so sympathisch. Die Fremdartigkeit, aber auch die Enge der Welt, in der sich ihre Farmer kulturell und geistig bewegen, geben dem Gegenstand einen besonderen Reiz. Gerade der anspruchslose Erzählerton, mit dem Martha Ostenso — oft mit fast unmerklich leiser Ironie — in die Tiefen leuchtet, gibt dem Roman das Fesselnde. Die Uebersetzung von Alice Schmutzer ist an dieser Wirkung zweifel- los beteiligt. B. Sch. ALEXANDER N EW EROW , „ Das Antlitz des Lebens”. Verlag für Literatur und Politik, Berlin. Ganz nackt liegt die Seele des russischen Bauern, des russischen Großstadtprole- tariers vor Newerow. Die ungeheuren Erschütterungen, die Revolution und Sowjet-Regime heraufbeschwören, die den einzelnen schleudern, daß seine 618 Instinkte bloßgelegt werden, sieht Nevverow. Die Auswahl der Schicksale, die er aufzeigt, ist sehr bunt; keines bleibt hinter anderem zurück in der ehrlichen Sach- lichkeit der Darstellung, in der Konzentriertheit und der Stärke des Ausdrucks. Die Uebersetzung von Maria Einstein ist sehr gut. B. Sch. JURIJ LIBEDINSKI, „Eine Woche”. Verlag Carl Hoym Nachf. Louis Cahnbley, Hamburg 8. Roman, der nicht losläßt, konzentrierteste, durchaus künstlerisch geschlossene Gestaltung einer einzigen Woche. In dieser Zeit Aufgaben, seelische Wandlungen, Kämpfe und Opfer verschiedenster Menschentypen für die Sache des Volkes, gegen den Widerstand des gleichen Volkes. Gewissen gegen Trägheit und Selbst- sucht. Ein starkes Buch. Die Uebersetzung von Eduard Schiemann ist adäquat. B. Sch. T H E O D O R L E S S 1 N G , Rudolf Hans Bartsch. L. Staackmann Verlag Leipzig. Ein Philosoph zeichnet auf seine Art das Lebens- und Schaffensbild eines Künst- lers. Also keine trockene Monographie, sondern feinste Beobachtung aller Re- gungen, die zum Schaffen des Dichters führten und aus großem Wissen geschöpfte Parallelen mit den Werken gleichartiger und entgegengesetzter Geister, wie Hölderlin, Proust, die Brüder Mann, Rosegger. Sinn und Natur allen Dichter- tums ist selten so fesselnd und klar dargestellt worden, so daß Lessings Schrift Wert über den Einzelfall hinaus erhält. Dr. R A O U L AUERNHEIMER, Die linke und die rechte Hand. S. Fischer Verlag. Auernheimer verfügt über eine besonders intime und lebendige Kenntnis der Wiener Gesellschaft. Eine kurzweilige und amüsant geschlungene Liebeshand- lung voll österreichischer Anmut ist der Inhalt des Romans, in dem sich Auern- heimer mit den Anschauungen der konservativen und der fortschrittlichen Parteien auseinandersetzt. Dr. PAUL B U S S O N , Sylvester. F. G. Speidelsche Verlagsbuchhandlung, Wien. Eine Seelengeschichte, zwischen Mann, Frau und der Dritten spielend. Sehr schön sind die Naturschilderungen, die die Geschehnisse der Liebe und Schmerzen umranken. Natur, Tiere und Wald spielen in menschliches Erleben des hellsichti- gen, weißblonden Knaben Sylvester hinein und erheben diesen reifen Roman zu einer zeitlosen Dichtung. Dr. RUDOLF HANS BARTSCH , Vom Glück des deutschen Menschen. L. Staackmann Verlag, Leipzig. Resümee des Schaffens eines dichterischen Menschen. Mit der bezwingenden Schlichtheit, die seine Romane auszeichnet, gibt Bartsch ein formvollendetes Bild der Sehnsucht seines Lebens und Dichtens nach Glück und Menschlichkeit. Seine innige Verwachsenheit mit der Natur und einer — heute entschwundenen — Idylle tritt nirgends in seinen Werken so schmerzhaft und innig zutage wie in diesem mit Herzblut geschriebenen kleinen Brevier. Dr. EMILE B A U M A N N , Der heilige Paulus. Verlag Josef Kösel und Friedrich Pustet, München. Zwar liebt der kirchen- und paulusgläubige Baumann seinen großen, der Kirchen- gläubigkeit entbundenen Landsmann Ernst Renan nicht, obgleich seine Gefühls- inbrunst wie auch seine meisterlich wuchtige Darstellungsart immerzu an diesen erinnern läßt. Dies sagt genug, um das geistige Format dieses Buches anzu- deuten, dem in der vorliegenden Uebersetzung durch M. A. Freiin von Godin in Deutschland sicherlich ein ebenso großer Erfolg werden wird wie in Frankreich. 619 So sehr man das einem, der an sein Werk spürbar verpflichtet war, auch gönnen mag, muß man doch eine solche Verbreitung vom Standpunkt eines zwar unkirch- lichen, aber recht verstandenen Christentums aus bedauern. Denn Baumann, ganz hingegeben einem heroischen Apostel Paulus, weiß nichts davon, daß dieser Paulus ein Christi Mißverstehender war, der nicht die Lehre des Nazareners (so dieser überhaupt eine Lehre hatte) verwirklichte, sondern seine, die in seiner eigenen altjüdischen Unerlöstheit ihren Ursprung hatte. Jesus von Nazareth aber war ein von seinem Volk und dessen Anschauungen politischer und moralischer Art Losgelöster, der in herrlicher Einmaligkeit in Bezug lebte zur kosmischen Welt. Nicht wie Paulus ihn sah, sondern wie Johannes von Ephesus, der vierte Evangelist, ihn begriff, als der Logos, der unter uns Dumpfgewordenen in dem den Menschen verlorengegangenen Bewußtsein zeltete: unverlierbares Teil des ewigen Kosmos zu sein: also müßte er uns wiedergeboren werden als Zielweisung zu neuer Allverbundenheit, der wir durch unsere Geistentwicklung entfielen. Sie ist aber vorbei, die Zeit, in der vergottete Menschenvorstellungen in das ent- standene Nichts hinaufprojektiert werden können. Seit einer Generation wieder belehrt von der Natur, wollen wir wieder eins werden mit ihr, die nicht nur von dieser Erde, sondern allüberall im Weltenraum ist, den wir durchkreisen, ohne uns dessen zu erinnern. W. Dünmvald. L. SPÄTH, Gärten, Sport- und Spielplätze. Ein überaus interessanter Querschnitt durch das Tätigkeitsfeld des heutigen Gartenarchitekten. Hier findet man Grundrisse und Ansichten von Park- und Gartenanlagen, Obstgärten, Teichanlagen, Rosen- und Staudengärten, Dach- gärten, Felsanlagen, Sport- und Flugplätzen. In Wahrheit das Arbeitsgebiet einer Weltfirma. A. F. ANTON ADOLF H O F M A N N , Der schwarze Jobst. Heimat-Verlag, Leipzig-Graz. So also ist es in der deutschen Vergangenheit zugegangen? Ich habe mir es etwas anders vorgestellt, aber der Autor muß es ja wissen. Seine Soldaten und Obristen, die nur derart lachen können, „daß die Wände dröhnen“, oder „die Mauern erzittern“, sind so lebfrisch und sangeslustig, machen dem beschaulichen Leser so bang, daß er sich freut, wenn edle und beschauliche Bürger und heitere Greisengestalten in die Handlung eingreifen und er beruhigt in dem Gedanken, in friedlicheren Tagen zu leben, das Buch beiseite legen kann. Dr. Die „Societe anonyme“ in New York, begründet von Frau Catherine S. Dreier, der amerikanischen Tochter des Waldenschen „Sturms“ und ebenso falsch eingestellt wie dieser, der Delaunay, Metzinger und Gleizes für die Meister hielt und nicht Picasso, gibt einen schön ausgestatteten Katalog heraus, der ein Durcheinander von wirk- licher Kunst und Nachäfferei zeigt, so daß den Amerikanern ganz schwindlig vor den Augen werden muß. Alle Länder sind vertreten, sogar Georgien und Island, von deutschen Malern folgende: Marc, Campendonc, Molzahn, Schwitters, Max Ernst, Seivert, Baumeister, Buchmeister, Kesting, Kuethe, Vordemberge und Kaethe Steinitz (Klee und Itten gelten als Schweizer). Sehr amüsant, was Frau Dreier über Hannover schreibt: „Anyone who knows Hannover and has known it for long receives a distinct curious reaction in contemplating that the soil from which Queen Victoria sprang is the same soil which has produced a Kurt Schwitters and a Nietzschke, such strong Modernists as to draw unto themselves a Kaethe Steinitz a Kestner Gesellschaft and a Frau Küppers.“ Der Katalog ist vorzüglich ausgestattet und Kandinski gewidmet. E. S. 620 MARGINALIEN Tennis in Wimbledon. Von unserm Sonderberichterstatter. Eine seltsam unwirkliche Atmosphäre lag dieses Jahr über den Lawn-tennis-Meisterschaftsspielen in Wimbledon, und wenn man zurückschaut, ist es schwer, genau festzustellen, was eigentlich passiert ist. W. T. Tildens Einzug erfolgte unter erschütternden Trompetenstößen. Er hatte das Gerücht vorausgeschickt, daß es ziemlich unwahrscheinlich sei, daß er jemals in die Reihen der Professionals eintreten würde; aber vorher hatte er schon zu verstehen gegeben, daß er beabsichtige, aus den Einzelkämpfen in Wimbledon als Sieger hervorzugehen, und damit zu beweisen, daß er der größte Tennis-Champion der Welt sei. Aus früheren Berichten hatten wir von den erstaunlichen Ausbrüchen von Temperament — was ja in Wirklichkeit in diesem Falle nur ein anderer Ausdruck für Laune ist — gehört, die er an den Zuschauern ausließ. Er hatte schon vorher in England an verschiedenen Matches teilgenommen, bevor er nach London kam, und besonders in Man- chester, wo Amerika England geschlagen hat, soll sein Benehmen jedermann abgestoßen haben. Wir waren infolgedessen natürlich neugierig darauf, wie dieser theatra- lische Amerikaner sich bei einem Treffen betragen würde, das schließlich doch das größte Lawn-tennis-Turnier der Welt ist. Ein einziges Mal schleuderte er sein Racket quer über den Tennisplatz, aber im allgemeinen hat er sich keiner 621 Ungehörigkeiten im Betragen schuldig gemacht, abgesehen von der Heftigkeit seines Spieles selbst, aber ich habe mir erzählen lassen, daß sein allgemeines Verhalten gegen die Autoritäten in Wimbledon impertinent im höchsten Grade war. Dies in einem Maße, daß die gequälten Veranstalter viele Flaschen Champagner auf öffentliche Kosten tranken, als sie seine sensationelle Nieder- lage durch Henri Cochet in der Vorschluß-Runde feiern durften. Dieses Match wird noch lange in aller Munde sein. Aber es läßt sich nicht bestreiten, daß während der ersten beiden Sätze und im dritten, wo er 5 : i führte, Tilden hervorragend spielte, ein Tennis, wie ich, der in Wimbledon seit mehr als 20 Jahren jedes Spiel gesehen, mir keines hätte träumen lassen. Plötzlich, als das Match sozusagen schon vollkommen gewonnen, brach Tilden zusammen. Cochet, der zweifellos der beste Turnierspieler der Welt ist, ergriff die Gelegenheit und biß sich fest wie eine kleine französische Bulldogge. Tilden haßt einen langsam gegebenen Ball, und Cochet reduzierte mit äußerster Klugheit das Tempo seiner Schläge derartig, daß der Amerikaner hilflos da- gegen war und in endgültiger Niederlage zusammenbrach unter Jubelschreien, wie ich sie in Wimbledon noch nicht gehört habe. „Was hat er wohl dafür bekommen, daß er das Match verkauft hat?“ meinte ein berühmter Spieler, als das Spiel beendet war. Daß er es verkauft hat, glaube ich natürlich nicht, weil es zu viel für Tilden bedeutete, hier zu gewinnen. Aber das^ englische Publikum hat nie das unglückliche Match von 1921 ver- gessen, wo der junge Südafrikaner Brian Norton gegen Tilden spielte und mit zwei Sätzen Vorhand, mit einem Punkt in der Meisterschaft war und sie dann plötzlich aufgeben mußte, und dann Tildens taktlose Freudenausbrüche darüber, daß er so in letzter Minute der Niederlage entgangen war. Tilden mag in den Vereinigten Staaten ein Held sein, aber hier haben wir endgültig festgestellt, daß er vielleicht ein Ritter ohne Furcht, aber nicht ohne Tadel ist. Tildens Kollege, F. T. Hunter, zeigte sich durchaus als Gentleman, aber S. B. Wood junior, ein junger Amerikaner, der erst 15 Jahre alt sein soll, war ein äußerst krasses Beispiel für das unsympathischste aller menschlichen Wesen, nämlich den amerikanischen Jungen. Er spielte in der ersten Runde gegen Rene Lacoste und trat dazu — zur Verblüffung des gesamten Stadions — in weißen „plus-ifours“ und Strümpfen an, wie sie von den besseren Ver- brechern in Sing-Sing getragen werden. Seine Manieren entsprachen seinen Strümpfen. Die allgemeine Empfindung war, daß sein Auftreten in Wimbledon als Ausgleichsposten gegen Englands Schuld an die Vereinigten Staaten ge- dacht war, in welchem Falle aber die Amerikaner sehr stark in unsere Schuld geraten wären. Tildens Niederlage entzog natürlich dem Finale so sehr alles Interesse, so daß man sich kaum mehr darum kümmerte, ob Cochet oder Jean Borotra Sieger wurde. Ich weiß, daß viele Leute große Summen auf Cochet gesetzt hatten in der Ueberlegung, daß die Franzosen, nachdem Borotra schon einmal die Meisterschaft davongetragen hatte, der Meinung waren, daß diesmal Cochet an der Reihe sei. Und so wurde es; aber es ist nur fair, zu sagen, daß Borotra hervorragend schön spielte, und die Art, in der die beiden um den letzten Punkt kämpften, bei einem Stand von „2 Sätze beide, 5 Spiele beide“, 622 Bronzebüste von Marg. Kennedy, Verfasserin der „Treuen Nymphe“ Daneben der Bildhauer hr. Dobson Photos M. Beck & H. Macgregor Edgar Wallace, Verfasser des erfolgreichen Kriminalstückes „Der Hexer“ Thotos Sport & General Lacoste Borotra Medgves, Tennis. Oelgemälde Coli. Lcigh Ashton, London Tennisturnier in w l Jll lleJ o n Photos Tclna Betty Nuthall Lily d’Alvarez Cilly Äußern Helen Wills Photos Rassano Maria Koppenhöfer Mr. Antoine war ein glänzendes Beispiel von französischem Temperament. Als Komödiant hat Borotra in Wimbledon stets hervorragende Erfolge zu verzeichnen gehabt, aber wenn er die Masse weiter damit fesseln will, so ist es höchste Zeit, daß er sich wieder einmal neue Späße ausdenkt. Es fiel auf, daß die Leute dieses Mal nicht annähernd so viel lachten, wenn er mindestens einmal in jedem Match ins Publikum fiel, oder nicht annähernd so herzliche Cheers hören ließen, wenn er mit einer ritterlichen Geste überlegene Netzbälle gab. Seine Handküsse an die Damen, wenn er vorgestellt wird, finden immer Applaus. Aber der Baske sollte wirklich ein paar neue Tricks einstudieren. Bei der Damenmeisterschaft war Miß Helen Wills von allem Anfang an die anerkannte Siegerin. Gegen die Schnelligkeit ihrer Schläge kamen ihre Gegner niemals auf, aber ihre Fußarbeit, ohne die man keinesfalls ein großer Spieler genannt werden kann, ist sehr arm. Eine anziehende Spielerin ist sie nicht, weil sie offenbar an dem ganzen Spiel keinen Spaß hat und dahintrottet, als ob sie da eine unangenehme Arbeit leistete, mit der sie so schnell wie möglich zurandekommen möchte. Sie hat zweifellos sehr wenig von der be- rühmten Lebhaftigkeit, die, wie man sagt, ein so hervorragendes Charakteristi- kum der amerikanischen Frauen sein soll. Sie bewegt sich wie bei einem Leichenbegängnis, aber nicht wie bei einem Lawn-tennis-Match. Gewisse englische Tennis-Kritiker hatten in den French Hard Court Cham- pionships mit einem bedauerlichen Mangel an Kenntnis Fräulein Aussem als die deutsche Lenglen bezeichnet, so daß wir natürlich viel zu viel von ihr er- wartet hatten. Sie ist jedoch noch sehr jung und hat noch viel Zeit vor sich. Ihre Persönlichkeit und ihre Erscheinung haben einen ausgezeichneten Ein- druck gemacht. Sie wurde in der ersten Runde von Miß Betty Nuthall, einem 16jährigen Mädchen, geschlagen, auf die England mit Recht stolz ist. Fräulein Aussem und Miß Nuthall gaben ein ungewöhnlich reizvolles Bild auf dem Spielplatz. Jeder freute sich, Froitzheim und Kreuzer, die wir vom alten Wimbledon vor dem Krieg so gut in Erinnerung hatten, hier wiederzusehen. Einer meiner lebhaftesten Eindrücke von früher ist das Finale, in welchem Froitzheim so nahe daran war, die Meisterschaft gegen Brookes zu gewinnen, und so un- glücklich war, daß es ihm schließlich doch nicht ganz gelang. Er spielte so stilisch wie je, und wenn er einen Ball tötete, erwies er sich als der ausge- zeichnete Spieler, der er immer gewesen ist. Dreizehn Jahre allerdings ändern doch sehr viel an der Behendigkeit eines Menschen. Käte Kollwitz feierte im Juli ihren 60. Geburtstag. Eine Würdigung ihres Werkes erfolgte durch die Herausgabe eines Verzeichnisses ihrer Arbeiten von 1912 — 1927 mit 75 Abbildungen bei Emil Richter, Dresden. — Eine Reihe ihrer stärksten Blätter hat sie in der im Propyläen-Verlag erschienenen Mappe „Ab- schied und Tod“ vereinigt. „Dunkles Lachen“ ist ein Kapitel aus dem gleichnamigen Roman von Sherwood Anderson, erschienen bei Boni & Liveright, Publishers, New York. 63 Vol. 7 623 Aberglaube der Cracks . . . Ueberdurchschnittsleistungen bedingen einen gewissen Grad von Verrücktheit, im besten Sinn natürlich — aber im auf- fälligen! Jeder „Champion“ hat seinen „Tick“, seinen „Spleen“, hinter welchen er sich versteckt, mit dem er sich wie mit einem Mäntelchen umhüllt, der ihn schützt und gegebenenfalls — entschuldigt. Eine Art Aberglaube, den man kultiviert, züchtet und umzärtelt. Individualität ist Trumpf. „Jedem das Seine“ — je ausgefallener, je besser! Dort spielt der von Beifall umtoste „Big Bill“, der Riese Tilden, seine matches mit grell violetten Saiten — eine andere Farbe hält er für unglückbringend und seiner Person widerstrebend. Der beste Professional der Erde, der Mann mit dem interessanten Gesicht, alias Karel Kozeluh be- hauptet seinerseits, daß die Farbenverbindung Schwarz-Rot eigens ihm prä- destiniert wäre, und daß es sozusagen Verpflichtung sei, Krawatten, Anzüge, Klubjacken, Hosenträger, Strumpfhalter in diesen Schattierungen aus- zuwählen. Bei ganz schweren Kämpfen wählt er eine schwarz-rot eingefaßte weiße Strickjacke, auf welcher ein Hundepaar von zarter Hand gestickt ist, und welche ihren Dienst noch nie versagt haben soll. Sprichwörtlich ist Najuch mit der lila „Dreizehn“ um den Hals und dem „Pückel“ als Ball- buben, einem körperlich untersetzten, aber gerissenen und amüsanten Jungen, der seit seinem 5. Jahr bei „Rot-Weiß“ Bälle sammelt. Landmann fühlt sich ganz besonders „fit“, wenn er vor den Gefechten seiner Feder oder seinem Blei freien Lauf gelassen hat. Er zeichnet ebenso charmant wie naiv — künstlerisch beachtlich. Wenn man an seinem Schreib- tisch stöbert, findet man eine Menge origineller Selbstbiographien, die ihn oft als Langbein mit Brille wiedergeben. Wundervoll war eine illustrierte Label mit Versen „Kampf gegen den Affen“. Unter anderem kommt darin ein Orang-Utan im Tennisdreß vor, gegen den er anzutreten hat, dem er die Hand reicht, was von einem Photographen vorschriftsmäßig geknipst wird. Der Kampf geht los, Landmann meint 100 Arme des gelenkigen Affen mit Schlägern zu sehen, die von allen Seiten die Bälle erwischen. In ganz ge- fährlichen Situationen springt der Affe auf einen Baum, um von dort aus besser smashen zu können. Etwas anderes ist es mit dem Aberglauben, der zur Gewohnheit ge- worden ist — wir beobachten den dänischen Meister Axel Petersen, der bei jedem return dreimalige Armbeuge vorführt, hören erstaunt aus Fieten Rahes Tasche zartes Geklimper von Geldstücken und denken entsetzt: „Mein Gott, wie nervös muß diese dauernde Musik machen.“ Im Gegenteil — der Rostocker kann ohne Geldmünzen in der rechten Hosentasche kein schwie- riges Spiel gewinnen. Nelly Neppach geht mit ungeheurer Vorliebe auf dem Strich und lutscht dabei am kleinen Ringfinger — eine Beobachtung, die schon viel Amüsement erregt hat. Ilse Friedleben behauptet, nur in einem seidenen Faltenkleid in großer Form zu sein, und eine Menge anderer Spieler und Spielerinnen pflegen die Sage der: „Verlier-“ und „Gewinn- Hosen und Kleider. Borotra, der allumschwärmte „fliegende Baske“, muß trotz aller Hitze ein wollenes, blaues Mützchen auf dem Kopf haben. Je schwerer das 624 Gefecht, je mehr Mützchen zum Wechseln. In Wimbledon in der Schlußrunde waren es 17 Stück, ein Zeichen, daß es sehr ernst war! Ich persönlich meine, daß ein nicht allzugroßes Loch auf der rechten Schuhseite Schlußrunden- chancen verspricht ! Allmählich gehen alle diese allerliebsten Scherzchen und Mätzchen auch auf die angestrengten Zuschauer über. — Das Zusehen ist oft aufregender, zermürbender als das Selbstspielen, und irgendwie versucht man natürlich seiner Nervosität Herr zu werden. In Wimbledon war eine Schar Pensio- närinnen entzückend zu beobachten, die alle, wie auf Kommando, mit ein- gepreßtem Daumen dasaßen, solange ihr Favorit schlug, und die Daumen blitzartig ausstreckten, solange der andere Gegner returnierte. Zuerst wußte man überhaupt nicht, was los war, und glaubte, eine Reihe taub- stummer Girls wollte sich gegenseitig verständigen. Schimpfen wir nicht über den Aberglauben — solange sich die Ent- spannung der Cracks auf diesem Ge- biet bewegt — wollen wir nachsichtig alle beide Augen zudrücken . . . Paula von Reznicek. Vernunft in Versen. Von Max Epstein.*) Ich will ein Führer sein von einer Art, Die unerhört ist, unpathetisch frei. Ich blase Euch die Flöte, leicht und zart, Damit der Weg Euch leicht und heiter sei. Ich geb’ Euch Spiel mit würd’gem Ernst gepaart, Ich lehre Weisheit in der Spielerei. Ich wünschte, solche Mischung würde Mode. Barna Es wäre Tollheit, doch es hätt’ Methode. Ich leite Euch in eine lichte Ferne, In jene ew’ge Harmonie der Sphären. Ich zeig’ Euch, wie der Mensch erkennen lerne, Im Geisterreich bescheiden zu verkehren. Den Menschen grüßen in der Nacht die Sterne, Im Traum nur lauscht er sel’gen Himmelschören, Die reinen Töne, die dem Ohr sich nahten, Erklingen heut' als schönste der Kant-Taten. •) Aus: Immanuel Kant „Kritik der reinen Vernunft“; in deutschen Stanzen von Max Epstein, Wertbuchhandel, Berlin. 625 Die Metaphysik ist der Tummelplatz, Wo stets die Geister aufeinander rannten. Jetzt ist sie nur ein übler Rummelplatz Für philosophisch faule Spekulanten. In alten Zeiten war’s ein Bummelplatz Für miiß’ge Köpfe, die den Kant nicht kannten. Dogmatik herrschte, bis die Skepsis kam Und zur Kritik sich ein’ge Freiheit nahm. Das Volk wird sich hinfort nur amüsieren, Wenn Philosophen schwärmerisch sich üben, Man lasse sie unsterblich sich blamieren, Wenn sie sich in Unsterblichkeit verlieben. Der Staat müßt’ hier ein wenig reformieren Und seine Professoren tüchtig sieben, Wenn schlechte Lehrer Hirngespinste malen, So braucht das Volk sie nicht noch zu bezahlen. Die leichte Taube teilt die Luft im Aether Und glaubt vielleicht, sie flog’ auch ohne Luft. Der sel’ge Plato war der Attentäter, Der seinen Geist in die Ideen verpufft . . . Lernt man die Leere solcher Lehren später, So steht man ratlos vor der eig’nen Gruft, Doch in der Furcht vor baldigem Begräbnis, Ertüftelt man sich rasch noch ein Ergebnis. „Vieillesse verte.“ Motto: Marginalien — Papierkorb. Warum ich mich in diesem Einsteinschen Weltlinien-Schnittpunkt (zu Deutsch: ,, Moment“) glücklich fühle: W eil in diesem Moment- 1. die Fahrdrahtleitungen des S.B.B. -Netzes unter Spannung, auch für die Ost- schweiz, gesetzt werden ; 2. soeben ein reizend gebobbtes Girl vorüberging, das ich bei Haut und Haar nicht kenne; 3. meine lb. Frau und ich gesund sind und meinem Bub der erste Milchzahn unter griechischem Heldengebrüll gezogen wurde; 4. meine „Swan Self-Filling Pen“ tatsächlich nicht klext; 5. der Mai-Querschnitt an Obenstehendem schuld ist; 6. drei Dezi „Spezial Walliser“ an meinen eidgenössischen Hirtenhemmungen zu nagen beginnen. Warum in obbemeldete Freuden ein Wermutstropfen fiel: Weil ich aus dem Maiheft des Querschnitt ersehe, daß die „Arabesques de la vieillesse verte“ nicht einmal vor einem so entzückenden Paar wie Flechtheims Goldhochzeiter haltmachen! Himmelherrgottsternechaib ! — Warum gratulierten Sie Tutanchamon nicht auch mit diesem gräßlichen Satz zur Wiederausgrabung ? Ernst R. Baerlocher, St. Gallen. 626 DREI WELT-ROMAN-ERFOLGE1 JOHN ERSKINE £)os prfoatfefeett i>er frönen freiem Roman aus dem Amerikanischen / In Ganzleinen geb. Rm.7.50 Dieses Buch erlebt in Deutschland den gleichen Sensationserfolg wie in Amerika und England. Fritz Philipp Baader schreibt in der Westfälischen Zeitung u. a.: Unter allen Büchern, die ich in der letzten Zeit las, eines der köstlichsten ! Hier ist ein diskreter anglikanischer Humor mit hohem Ernste und zugleich mit einem erfreulichen Freimut außerordentlich gemischt. - Eine Offenbachsche Operette ohne Musik in der Form eines diagolisierten Romans. Im 21. — 30. Tausend erscheint der neue grobe Roman von ROMAIN ROLLAND 3Jlufler unö ©otjn Halbleinenband Rm. 7.50, Ganzleinenband Rm. 8.50 Kölnische Zeitung über Mutter und Sohn: Mit reifer Meisterschaft hat der Dichter in Annette eine Frauengestalt geschaffen, die zu den schönsten gehört in der ganzen Weltliteratur: voll Reinheit und Gröfje, voll Güte und Mütterlichkeit, und so ganz Natur, datj man ihr das Übernatürliche, Übermenschliche glaubt, das sie vollbringt. Universitätsprof. Eugen Lerch MARGARET KENNEDY Die treue ftttntplje Roman aus dem Englischen von E. L. Schiffer / Ganzleinenband Rm. 8.— Das Buch ist in alle bedeutenden europäischen Sprachen — sogar in die russische — übersetzt worden und heute in mehr als einer halben Million von Exemplaren verbreitet. - Auch die deutsche Kritik ist des Rühmens voll: Mit Begeisterung nenne ich den Namen Margaret Kennedy 1 Es ist ein Roman mit wahrhaft begeisternden Gestalten, rührenden und erheiternden. Diese Tessa — in den letzten Jahren habe ich nichts dergleichen gelesen ! Wilhelm Speyer in der „Literarischen Welt" Es ist selten, daß englische Bücher gut sind. Wenn aber, dann sind sie schlechtweg aus- gezeichnet, und in diesem speziellen Fall darf man ruhig sagen, daß es sich um ein belle- tristisches Meisterwerk erster Ordnung handelt! Doris Wittner im »Neuen Wiener Journal" Das amüsanteste Buch, das ich seit langem las ! Bei einer Abstimmung über das unter- haltendste Buch würde ich unbedingt für Margaret Kennedy stimmen. Stefan Grobman im .Tagebuch" In allen Buchhandlungen erhältlich ! KURT WOLFF VERLAG * MÜNCHEN 627 Friedrich Sigismund. Prinz von Preu&en +. Er trug seinen Titel nicht nur als Sinnbild ererbter Würde, sondern empfand tief die Verpflichtungen, die ihm diese Würde auferlegte. Denn er hatte wirkliche prinzliche und adlige Eigenschaften, den selbstverständlichen Elan, der ihn das letzte hergeben ließ an Energie und Disziplin, wenn es galt, an der tete zu reiten, zu siegen. Dieses traditionelle Pflichtgefühl gab ihm die Fähigkeit, so Außerordentliches zu leisten, ließ ihn vier Tage vor seinem Todessturz in der Olympiade-Vielseitig- keitsprüfunng des Luzerner Reittourniers auf „Heiliger Speer“ den ersten Preis davontragen, im Wettkampf gegen die besten Reiter von acht Nationen. Er sah seinen Lebenszweck darin, zusammen mit einigen Gleichdenkenden, die Tradition des deutschen Kavallerie-Offiziers zu wahren und fortzuführen, Schneid, Verwegenheit und vorbildliche Eleganz in seiner Person vereinend. Die drahtige Reitererscheinung und der Charme der Persönlichkeit prädesti- nierten ihn zu diesem exponiertesten Posten deutschen Reitsports, auf dem er die glänzenden Qualitäten, die in dem Kavallerieoffizier der alten Armee steckten, bewies. Meist lebt das Andenken auch an den erfolgreichsten Reiter zu bald nur noch legendarisch in kleinen Zirkeln von Interessierten fort. Das Andenken an Friedrich Sigismund von Preußen wird weit über diese gesellschaftliche Sphäre hinaus lebendig bleiben, denn sein Tod bedeutet nicht nur für sie, sondern für die gesamte Sportswelt einen unersetzbaren Verlust, für die deutsche in Sonderheit aber die schmerzliche Einbuße einer sicheren Siegeschance auf der kommenden Olympiade, von der der Prinz als einer der populärsten und erfolg- reichsten Vertreter deutscher Farben zurückgekehrt wäre, er, der Kavalier im eigentlichsten Sinne des Wortes. E. W . v. d. Lanken. Der Umzug von Andreas. Die Galerien Dr. Jaffe und Dr. Becker & New- man in Köln haben ihre bisherige Verbrecherhöhle zur fetten Henne ver- lassen und eine sehr gepflegte und prominente Etage am Wallrafplatz 2 be- zogen. Links wohnt Andreas Becker mit sehr schönen tibetanischen Wand- bildern, die man in ihrer bewegten Farbigkeit bisher viel zu wenig geschätzt hat, mit chinesischen Grabfiguren von seltener Qualität, Keramiken aus früheren Epochen und ausgewähiten Jadestücken; rechts haust Dr. Jaffe zwischen seinen alten Bildern, darunter eine kleine, niederländische Madonna aus dem Kreis der Gerard David, ein Golfbild des Esaias van de Velde und eine Gewitterlandschaft mit Galgen von de Momper. In dem großen Mittelraum aber begegnen sich die beiden zu gemeinsamen Veranstaltungen aus dem Gebiet gegenwärtiger Kunst; hier werden augenblicklich u. a. einige Utrillos, ein großer Slevogt, eine überraschende Landschaft von Hofer und eine Reihe plastischer Arbeiten von Haller und der Sintenis gezeigt. Bei der Eröffnung war die gute Gesellschaft Kölns, soweit sie sich um die Kunst bekümmert, beinahe vollzählig erschienen. Für die nächste Zeit werden folgende Ausstellungen vorbereitet: Otto Dix, Richard Seewald, Oskar Ko- koschka, Jankel Adler, Neue Sachlichkeit, Fritz H. Kronenberg, Carl Hofer. I. S. E. 628 Nell Walden-Heimann und ihre Sammlungen.*) Keine Frau in Berlin ist so blond und hat solch weiße Haut wie diese Schwedin, die seit 15 Jahren ungefähr in Berlin lebt und Else Lasker-Schülers Nachfolgerin gewesen ist, nicht sehr lange, aber lange genug, um aus Herwarth Waiden und seinem „Sturm“ eine europäische Angelegenheit zu machen. Selbst eine begabte Malerin: Blumen, Wasser, viel Wasser, ganz fraulich, keine Männerimitation, und eine Sammlerin, wie es wenige in der weiten Welt gibt. Sie und W aiden waren die ersten, die sich Kokoschkas annahmen, als der junge W iener nach Berlin kam und bei Cassirer Mopp Platz machen mußte, und als Chagall aus dem Witebsker Ghetto nach Europa kam, kam er zu Nell; Marc, Macke, Klee, Kandinsky und Archipenko fanden bei ihr ihr erstes Heim. 1912 zeigte Herwarth Waiden die „blauen Reiter“ und die Futuristen, die die ganze Welt in Aufregung brachten, und im nächsten Jahr den Herbst- salon, der als Nachfolger der Kölner Sonderbundausstellung dem sterbenden Akademismus den Gnadenstoß gab. Werke all der Künstler, die in den Räumen des „Sturm“ ausgestellt waren, hat Nell W r alden in erlesenster Qualität gesammelt, dazu Glasbilder aus Schweden und Bayern, dann, ehe sie große Mode wurden, Skulpturen aus Oceanien und Afrika, und aus Peru uralte Töpfe und Stickereien, die sie selbst mit großer Geduld renoviert hat. Ich habe das große Glück, Nell Waiden und ihre Sammlungen bei mir zeigen zu dürfen und bin meiner Freundin für ihr Entgegenkommen dankbar. A. F. Hans und Franz. Der junge Dichter Hans Kafka leidet schwer unter andauernden Verwechslungen mit seinem verstorbenen, großen Namens- kollegen Franz Kafka. Er ist immer wieder genötigt, ihm nicht gebührenden Ruhm schmerzlich abzulehnen. Eines Abends wird er bei Schwanneke einer jungen Dame vorgestellt. „Ach,“ ruft sie erfreut, „sind Sie der berühmte Kafka?“ Schon wieder, denkt er und gibt trüb zu, nein, der wäre er leider nicht. „Schade“ meint die junge Dame, „also Sie sind nicht der, der die netten Geschichten im Börsencourier schreibt.“ *) September-Ausstellung bei Flechtheim. ÄUimilLILyNI© MyßüCHiN 1fl7 DAS BAYERISCHE HANDWERK ZEIGT DAS ENTSTEHEN DES QUALITÄTSPRODUKTES DEUTSCHEN HANDWERKS IN 75 IN BETRIEB BEFIND- LICHEN WERKSTÄTTEN. DIE HISTOR. ENTWICKLUNG DES HANDWERKS VOM MITTELALTER BIS HEUTE MAI -OKTOBER 629 Ein Abend mit Chaplin*) Par Paul Morand Cette soiree comme ä la Campagne; atelier, ombre, fleurs, livres, dans New York apaise par la nuit. Chaplin, mince, si bien habille : une lame dans son fourreau; si heureusement proportionne qu’il a raison d’etre petit. Jeunesse aux tempes grises, avec un eclat que des tas de pudeurs viennent voiler. Soleil qui retient ses rayons. Acteur au jeu constant mais invisible. Aucune publicite dans les propos ni dans les gestes. Nous dinons ä six: il est en face de moi. C’est le premier moment de la journee oü il detend, dans cette maison a l’ombre fraternelle oü il se refugie pour avoir confiance et pour esperer. Car cette gloire a besoin desperer. Tout le jour, il a ete la proie de cette broyeuse d’individus qu’est la justice ameri- caine et que n’importe quelle main de femme, meme la plus perfide, peut mettre en mouvement. Il a couru, couru comme dans les reves, inassignable, echappant aux procedures, sautant par dessus les pieges des detectives prives, des le matin, faisant semblant d’etre mort (tout habille, sans doute, dans son lit) quand sont arrives les premiers exploits d’huissiers. Puis il a saute par la fenetre, remonte son pantalon trop large qui tombait, gratte sa tignasse, et, le derriere efface mais fretillant, ä droite et ä gauche protege par les mouiinets invisibles de sa canne, il a tenu ä distance jusqu’au prochain coin de rue les maitres-chanteurs, les echotiers, les compulseurs de dossiers secrets. les chats-fourres qui, quand ils flairent un revenu de cinquante millions, n’ont pas l’habitude de lächer le morceau. Charlie a dü monter jusqu’ici sans qu’on le voie, ou arriver par les toits. Il a repris Souffle. Sa moustache est tombee sans qu’il la ramasse. Il a pu se doucher, se vetir. Ses souliers perces, sa petite jaquette noire, son melon doivent etre roules en un baluchon dans un coin de l’atelier. Maintenant, il dine en paix, pense ä l’avenir. Dejä Hollywood c’est le passe. Le voilä qui se ramasse pour un dernier bond, dernier ressort, par-dessus la toute puissante betise de ce Middle-West qui ecrase le cinema americain. Cette culbute l’amenera jusqu’en Europe, jusqu’en France, surtout, oü il reve de venir s’installer, travailler, oü il compte vider avec nous les dernieres bouteilles d’un vieux vin de liberte. encore oubliees au fond des caves. Quant ä ce public puritain et «classe moyenne» qui se rejouit aujourd’hui de voir Chaplin traque, quant a ces «babittiens» trafiquants d’une morale immonde que sont les tenanciers de petits cinemas de Memphis ou de Salt Lake City, quant ä tous ceux qui boy- cottent en ce moment LA RULE VERS L’OR et autres epopees, ils ne s’apercevront meme pas que le seul genie qu’ait jamais produit le monde des images mouvantes leur a ete enleve; leurs fils ne l’apprendront que beau- coup plus tard, comme ils apprennent tout, par la voie de la grande et libre Europe. Mais en attendant, que d’heures ameres, que de nouvelles calbutes douloureuses en perspective! Charlie Chaplin s’assombrit, ne dit plus rien? *) Vorwort zu Henry Poulaille , »Charles Chaplin“» Verlag Grasset, Paris. Autorisation für die deutsche Uebersetzung Lina Frender, Berlin. 630 Photo A. Binder Photo Suse Byk Szöke SzakaJl Wolf gang Zilzer Photo Sport & General Rückkehr vom Morgenritt. An der schottischen Küste Frankfurt a. M.» Kunst verein Gertei Stamm-Hagemann, Die Egoisten. Glasbild Alors Ralph Barton, Americain francophile, Barton qui a epouse notre gracieux ange musicien Germaine Taillefer, lui qui nous defend par la plume et le crayon partout et toujours, lui qui a la seule voiture franqaise de New- York, cette Voisin devant laquelle on s’attroupe, Barton, le dernier et le plus fidele ami de Chaplin, sort la surprise qu’il nous avait, ce soir, preparee. Sont-ce des gäteaux, des confitures, ces boites rondes et plates? Ce sont des films, les premiers de Charlot, UNE VIE DE CHIEN, L’BMIGRANT, LA CURE, etc. . . . Devant nous le petit ecran; derriere, le menton de Barton, eclaire par en dessous . . . De ja sur la toile blanche, des images se meuvent. Un terrain vague, un paquet humain s’endort derriere les planches; de l’autre cöte de la palissade, un vieux Juif, marchand de «hot dogs»; au lever du jour, ces saucisses parfument l’air du matin; alors, le tas de hardes noires soudain s’anime . . . Tout pres de moi, un rire eclate dans l’atelier obscur : c’est Charlie qui s’est reconnu! Cet enfant rit de la creation de son univers. Et n’a-t-il pas raison de rire puisque la massue de gros policeman yankee qui le guette derriere les planches ne l’a jamais serieusement tue? Appetit-Lexikon. Poularden: Im älteren und eigentlichen Sinne sind weibliche Kapaune hoffnungsreiche Hühnerjungfrauen, denen die unheilvolle Schere alle Aussichten auf das Vergnügen der Mutterschaft abgeschnitten hat. Da das Fett sich aber auch unabhängig von der Liebe entwickelt, begnügt man sich neuerdings mit einer einfachen Klausur der Tierchen. Das Fettwerden ist die Hauptsache; denn „das Fett ist der Stolz der Poularde, wie die Schwind- sucht der Stolz des lyrischen Dichters ist“. Schalet: ist wie das Schicksal der Juden, nicht gekocht und nicht gebraten, nicht zünftig, — aber dennoch nahrhaft, ausgiebig und ergreifend. Zum Ein- tritt in die hohe internationale Küche fehlt dem Sabbat-Gericht eine Wichtig- keit: ein hübscher französischer Titel. Hase: Der Hase schadet niemandem. Aber eben deshalb hackt alle Welt auf den armen Lampe los, und nur der brennende Eifer, mit dem er sich dem Fortpflanzungsgeschäfte widmet, hat seine Ausrottung noch immer hintangehalten. Bei der bedauerlichen Vernachlässigung der Naturwissen- schaften in unseren Schulen wird der wahre Hase vorzugsweise in den Städten und Gasthäusern mit einem anderen, ebenso großen Vierfüßler ver- wechselt, der auf den Dächern zu lustwandeln pflegt und den Zoologen als Felis domestica oder Hauskatze bekannt ist. Die Verwechslung ist in der Regel für die Katze tödlich, und eine stark gepfefferte Sauce tut dann das übrige. (Aus einem historischen Appetit-Lexikon.) Eingesandt von Stanhope. Die Kleine aus Lüneburg. Versehentlich ist es unterblieben, ihren Namen zu nennen: Sie heißt Karin Evans und ist so sympathisch und begabt, daß wir ihr Bild nochmals bringen, diesmal in Zivil. Material! Material! ,,Es gibt nichts so Widerwärtiges, als einen polemisierenden Schriftsteller, der „Quousque tandem . . .?“ sagt, wenn er Mate- rial in seiner Lade hat.“ (Anton Kuh, „Essays in Aussprüchen ", Verlag E. P. Tal ) Als ich diese Worte niederschrieb, loderte gerade ein grimmiger Streit zwischen zwei Berliner Schriftstellern; der eine war Cicero, der andere Ca- tilina. Und ich weiß nicht, wie es geschah: Catilina war mir damals lieber. Cicero, klein, emsig, pedantisch, schusselig, schleuderte seine Material-Pfeile. Du hast im Jahre 16 . . . Ich habe Beweise, daß du im Jahre 23... Dein Referat vom 7. Oktober . . . usw. Catilina, genießerisch, weich, bequem, ließ alles das an seiner krötenfeuchten Haut abgleiten. Hinten herum liefen Verhandlungen . . . Nein, sagte ich mir damals, so darf man nicht Cicero sein; es sollte ein internationaler Kodex für Polemiken geschaffen werden, wonach nur der die Angriffstribüne besteigen darf, der auf seinen Gegner nichts weiß; denn dieses „auf Jemanden etwas wissen“ allein ist so unendlich kläglich, daß der Ankläger sein Recht damit verwirkt hat; die große ethische Gebärde wirkt um so abscheulicher, je mehr sie aus einer kleinen Spitzel-Informiert- heit geholt ist. Und dann: wozu überhaupt etwas wissen? Hat Börne etwas auf Wolfgang Menzel, Lassalle auf Julian Schmidt, Lessing etwas auf Pastor Götze wissen müssen, damit jeder von ihnen seinem Feind auf die pracht- vollste, unwiderstehlichste Art den Garaus machte? Darf es einen anderen Grund und Behelf zur polemischen Niedermetzlung geben, als die Physio- gnomie, den Geruch, den Tonfall des andern, als kurz gesagt: die Ueber- zeugtheit? Wo die nicht auslangt, da ist der Besitz von Material nur odios. Sage das einer den Literaten! Sie leben fast von nichts anderem. Material-Besitz gehört — sofern sie nicht gerade Voltaire. Diderot, Emerson, Nietzsche heißen — zu ihrem geistigen Inventar. Ich will es zu erklären versuchen, warum: Der Literat (im herkömmlichen Sinne) ist ein physiologischer Feigling; ein Mann, dessen ganzes Streben stilistisch, rhetorisch, moralisch darauf ge- richtet ist, sich keine Blößen zu geben; er ist der typische Nichts-Riskierer — im Gegensatz zum Dichter und Exzedenten; dieser negative Besitzstand: nichts zu wagen, in keine Arena zu steigen, keinen faux pas zu begehen, nichts Unüberlegtes zu tun, sich nicht durch ein Wortfenster in die Arm- seligkeit seines Privatlebens blicken zu lassen — das ist sein großes Gut- haben; daraus läßt er seine Ironien quellen, seine Unwiderruflichkeiten, seinen sittlichen Dünkel. Ich sehe, wenn ich mir diesen Unterschied zwischen Künstler und Literat vergegenwärtigen will, immer Peter Altenberg und seine vorsichtig kichernden, zehntausendfach sanierten Kaffeehaus-Traban- ten vor mir: wie er, der verehrungswürdige Tollhäusler seine Genie-Affekte ausspuckte, ohne jeden Bedacht, ob er sich damit nütze oder schade, und wie sie mit fast hämischem W ohlwollen dabei saßen, mit Augen, die sich schon jetzt damit beschäftigten, wie und wodurch später die Reparierung ihres 632 Selbstbewußtseins gelingen würde. (Denn bekanntlich beneidet Thersites den Achill um nichts so sehr, als um dessen Ferse.) Je peinlicher so die Eitelkeit des Schreibers über die vermiedenen eigenen Unvorsichtigkeiten Buch führt, desto genauer trägt sie — weiß Gott, wie man’s einmal brauchen kann! — die Unüberlegtheiten der anderen ein. Statt zu sehen und anzuerkennen, daß es nichts Rühmlicheres gibt und nichts mehr für die Reinheit, Naturwüchsigkeit und Selbstherrlichkeit eines Men- schen spricht, als daß er sich von allen Seiten in sein Leben hineinschauen, ja fast bis an die Grenzen der Don Quichotterie seine Schlafzimmertüren offen stehen läßt — machen sie einen Punkt in ihr Merkbuch. Ihre Seele ist für einen geheimen Ueberwachungsdienst eingerichtet; bei der Entrierung von Freundschaften oder Kameradschaften geht ihrer Herzlichkeit die Zukunfts- sicherung immer einen Schritt voraus; wenn sie dich zum ersten Mal um- armen, haben sie daheim im Schreibtisch schon ein Schlechtpoint für dich in Vorbereitung; wenn du ihnen die Hand reichst, denken sie: „Aha, hängt schon“, wenn du sie um etwas ersuchst, zuckt ihnen der Satz durch den Kopf: „Herr N. kam damals gekrochen“; sie wissen etwas auf dich, eh’ sie dich wissen; schreibst du ihnen einen Brief, wird er als Gunstbuhlerei ein- registriert; läßt du dich vor ihnen in Wort und Schrift irgendwie gehen, so steht es schon in der Geheimmappe; sie haben Archiv-Seelen, wo du für den unvermeidlichen Tag der Entzweiung im voraus festpickst. Es nützt dir dann nichts mehr — die Materialspinne hat sich von deinen Unterlassungen einen Bauch angemästet. Und das große Heer der unbenannten Feiglinge und 633 Traumirnichte, aller der lebensfernen Kreaturen, die statt in der Welt im luftleeren Raum der Intellektualität leben, huldigen diesem Bauch voll Ge- nugtuung . . . sie wissen jetzt, wofür sie solang neideten und darbten . . . In Wien, der blühenden Gespensterstadt, wo Moder von Wiesengrün nicht mehr zu unterscheiden, genießen diese Aufpasser und Mitschreiber ein besonderes Ansehen; dort verehrt man den literarischen Geheimdetektiv als Ethiker. Leichname wandeln leisetretend, nobeltuend umher und halten Gericht über Lebende. Das trieb mich, den Widersinn an einem von ihnen (ihrem Führer sozusagen) in einem Vortrag zu erläutern. Was tat er? Er ließ sich’s nicht gefallen und verklagte mich auf Ehrenbeleidigung. Und was brachte er im Prozeß vor, was sollte meine Behauptung entkräften ? ... Material! Ein technisches Versehen des „Querschnitt“ (die Leser erfahren es an einer anderen Stelle) durchbohrte mich als Sündenpfeil. Der Anwalt feixte; man hatte mich in der Schlinge. . . . Nun frage ich, welche Gesetze in der neuen Strafrechtsreform jenen Literaten gegenüber vorgesehen sind, die Material haben? Anton Kuh. (Siehe hierzu auch die Notiz Seite 637.) Reichsverband der deutschen Modenindustrie: Ein Druckfehler im Mai-Heft in dem Bericht des Lokalreporters des „Querschnitt“ über den Ber- liner Modesalon Irfe aus Paris hat den „Reichsverband der deutschen Moden- industrie“ mobil gemacht. Es hieß da, daß man in Berlin „nur am Sonntag“ verkaufen könne, wenn die Männer Zeit zur Beglei- tung ihrer Damen haben. Nicht nur die gesetzlichen Bestim- mungen über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe würden damit kraß über- treten, sondern auch das Recht jedes Berliner Ehemannes wäre verletzt, sich am Sonntag keinen Strapazen zu unterziehen und seien sie noch so galanter Natur. Es muß also heißen „Samstag“, der Tag, der auch von den Berliner Modehäusern als der für den Verkauf günstigste angesehen wird. Der „Reichs- verband“ und sein Leiter Dr. Leon Zeitlin hat hierüber und über den Aufstieg der Modebewegung in Deutschland interessantes Material gesammelt, das er auf einer großen Modenausstellung im Herbst in den Berliner Ausstellungs- hallen vorführen will. Es ist nicht zum wenigsten sein Verdienst, daß man sich heute auch bei uns viel besser anzieht als noch vor wenigen Jahren, und daß eine Anzahl deutscher Firmen, die im Rahmen des geltenden Weltgeschmackes selbst schöpferisch arbeiten, heute wieder mit in der Reihe der prominenten Modekünstler stehen, die als internationale Gesetzgeber von den Frauen aller fünf Erdteile anerkannt sind. Draco. Max Liebermann schreibt in dem Vorwort seiner Ausstellung zu seinem 80. Geburtstag folgendes: „Haben denn Schinkel oder Schadow, Rauch oder Menzel — um nur in Berlin tätig gewesene Meister zu nennen — neue Formen entdeckt?“ Warum nennt Deutschlands Altmeister gerade Berliner und keine Fran- zosen. A. F. „Die Galerie Zickel München, Berlin W, Genthiner Straße 19, ist vom. 1. 7. bis 15. 9. geschlossen.“ 634 Photo Fr. Lange Renee Sintenis auf ihrem fünfjährigen Hannoveraner „Horaz“ Photo A. Menzcndorf „Torero“, der Hengst der Herren Blumenfeld und Samson, Hamburg Julius Bretz, Bei Godesberg. Oelgemälde Dn> Isartal bei dem Sanatorium Ebenhausen Das Erbsenmesser The Findash Safety Pea Knife Why Not Eat in Comfort? ■pWERY pea on the blade of the Findash Safety Pea Knife is sure to reaeh i-J its destination. When eating peas with the ordinary table knife the peas will slip and slide in spite of the most expert handling, which is most untidy and also very annoying. A Pea on the Knife is Worth Two in the Lap Nö refined home should be without the Findash Safety Pea Knife. You Can Drop Your H’s, But Why Drop Your P’s? A testimonial from John Applegate, Blankville, Vermont: The Findash Safety Pea Knife Co., New York, N. Y. Dear Sirs : I have been troubled with palsy and find it very hard to get a good knifeful of peas up to my mouth. I was compelled to use a spoon, but some- how they don’t taste the same. I saw your advertisement in the Blankville Echo and I bought a Safety Pea Knife and I want to teil you it’s solid comfort. I can’t shake them off. God bless you. John Applegate. Der Park für alle. Der Luna-Park wird schon deswegen immer ein großer Erfolg bleiben, weil wir dort nicht nur im Alter von sechs bis sechzehn, sondern auch darüber hinaus von siebzehn bis siebenzig ungeniert spielen können, ein Komfort, den uns das tägliche Leben nur in höchst be- schränktem Umfange bietet. Weiterhin wird man — um die Stunde des Hochbetriebs, gegen neun Uhr abends — gewahr, daß der Luna-Park den Rummel unseres ganzen Daseins auf eine äußerst temperamentvolle Weise persifliert, eine Genugtuung, die mich dazu bringen könnte, jeden Abend zwischen seinen Zäunen zu verweilen. Zeigen wir Details!: Die neue Attraktion des ,, Radio- Autos' - ist, trotz des kurzen, doch teuren Vergnügens, dicht umschwärmt von Mücken, die einmal Elefanten werden wollen. Wähnt man sich hier doch — durch Handhabung eines Miniatur-Steuerrades und eines schnelligkeitsregulierenden Fußhebels — als Besitzer eines fulminanten Hispano-Suiza (oder je nach Geschmack Mer- cedes, Rolls Royce, Packard usw.), inmitten eines Verkehrsgetriebes, das den Potsdamer Platz nach Kottbus degradiert. Also ist Radio-Auto für jeden Ladenschwengel genau so ein Blick in die Zukunft wie die io-Pfennig-Briefe des gefärbten Inders drei Buden weiter. Nur viel greifbarer. Auch das Wellenbad („Planschetarium !“) ist kein schlechter Witz, in dem mail gemütlich beim Sturm baden kann. Windstärke 8, ohne daß sich ein Lüftchen regt. 64 Vol. 7 635 Das Volk der Musikfreunde ferner schart sich andächtig- um den Pavillon des Blasorchesters, dessen athletische Darbietungen vom Gebimmel der An- reißer, von verschiedenartigen Jazzbands und vom niedergehenden Wolken- bruch übertönt werden. Bleiben noch die hysterischen Schreie engagierter Lachtauben, die entweder auf der Shimmy-Treppe skeptischen Familien ihre Beine oder in bemalten Rotunden unschlüssigen Liebespaaren markerschütterndes Vergnügen vormachen. Dann entleert sich (nach dem Feuerwerk) langsam der Park, und man zieht sich, einen Barstuhl erklimmend, melancholisch ins Privatleben zurück. Günter Mamlok. The Prince of Wales buys a tie in 47th Street just near 5th av. Did you see him, the Prince of Wales, He just went in this shop, Drängend, stoßend, stürzend rennen die Massen Durch die Gassen, Drücken die Nasen gegen die Fenster, Pressen fiebernde, trunkene Körper Gegen das Erker Von W. C. Flinch, shirtmaker and ties. Sämischlederbeschuht, blauäugig und blond: What is the price? Three-fifty, rather expensive. Georgie only paid three, And not the right blue, too bad, Fm sorry, but what is there to do. Drei Porter öffnen das Tor Mit drohend gerunzelten Brauen, Ohnmächtig schlagen zu Boden Einhundert republikanische Frauen, Doch dann — ein smile — verlegen und scheu Isn’t he sweet, the darling boy. Ein letztes Lächeln, versunken in Polster Versucht er zu denken, Wohin nun die Schritte zu lenken. My kingdom for the one, who finds the right blue, My kingdom und Papa und Mama, the whole nation, dazu, It must match my shirt, It must match my suit, It must match the color of the stone in my ring, I have to find it — God save the king. Jose Alessandro. Miniatur-Toggenburg. Vor Tau und Tag im Garten — da stehen die Blumen sanft wie nie — vom hoffnungslosen Warten verging ich in Melan- cholie — — — Die Liebe läßt mich leiden vor Tau und. Tag — in Frost und Wind ... — Willst du dich billig kleiden, nimm Ullstein-Schnitte, liebes Kind! Nimm Ullstein-Schnitte . . . Jan Barda. 636 Behörden und Künstler. Die Städtische Deputation für Kunst und Bildungswesen hat Renee Sintenis folgendes hektographierte Schreiben ge- sandt, in welchem die Stunden mit Tinte ausgefüllt waren: „Am Freitag, den 24. Juni, nachmittags, etwa zwischen 12 und 1 Uhr, wird ein Ausschuß der Deputation für Kunst und Bildungswesen unter Führung des Herrn Oberbürgermeisters Ihr Atelier besichtigen. Wir ersuchen Sie, sich um die angegebene Zeit, die wir innezuhalten hoffen, hierfür bereit zu halten. ge z. Böß. Beglaubigt: Unterschrift.“ Im Jahre 1924 erschien im Querschnitt ein Aufsatz „Die Geliebte des Kaisers Joseph“, der unterzeichnet war mit dem Namen Anton Kuhs. Dieser Aufsatz war von der Redaktion des Querschnitt der Wiener „Stunde“ ent- nommen und irrtümlicherweise mit dem Namen Anton Kuhs anstatt mit dem Egon Friedells unterzeichnet, da Friedells Name dem Originaldruck jenes Aufsatzes nicht beigegeben, sondern in der weggebliebenen Einleitung enthalten war. Die Redaktion hatte nach dem Inhalt des Aufsatzes fälsch- licherweise ohne weiteres angenommen, daß er von Anton Kuh stamme. Sie hielt die Berichtigung seinerzeit für unerheblich, trägt diese aber jetzt auf ausdrücklichen Wunsch Anton Kuhs nach. <337 ’s G’müat. (Aus dem Drama „Arme Leut“ von Karl Schönherr.) Tanzmusik hinter der Szene. Brigitt wird vom Hollerer hereingeschleppt. Hollerer: Da. Brigitt: Bist no immer gach wie vor zehn Jahr, du — Gacher? Hollerer: Gach oder nit gach, Weib. Heut wird tanzt. Brigitt: Tanzt . . . Hollerer: Oder magst leicht — mit ein andern — tanzen — heut nacht? (auf sie zu) Red, Weib. Oder — Brigitt: Oder was' — Oder was? (sie umkreist ihn und betastet seinen Arm.) Die Muskeln! Schier lauter Stein und Stahl. (Sich an ihn schmiegend) Da hat eine einmal was zum Anhalten dran. Hollerer: (lauernd) Hat auch Muskeln — der Sepp. Brigitt: Warum redest du vom Sepp? (Auflachend.) Kenn ihn nit — den Sepp. (Draußen Lärm.) Hollerer: Kennst ihn nit? Um so besser. (Langsam) Hörst den Lärm? Da bringens einen um! Weißt, wens umbringen? Den Sepp bringens um! Brigitt: (schreit auf.) Hollerer: (packt sie am Genick) Dablieben wird; Kennst ihn ja nit, den Sepp. (Volksgemurmel hinter der Szene.) Brigitt: Was ist das? Loslassen, Hollerer. Hollerer: Bleib, Weib. (Der Lärm kommt näher.) Brigitt: Was ist das? Hollerer: Tanzt wird! Brigitt: Sepp! Hollerer: Kennst ihn jetzt? Tanzt wird! (Er faßt sie und wirbelt sie im Kreis.) So tanzt der Mensch — und so ist die Welt. (In der Tür er- scheint die Tanzgesellschaft mit einer Bahre.) Brigitt: Da — bringens' — ihn schon. (Lange Pause. Ferne Glockenklänge.) Hollerer: Horch! Was ist das? Die Tanzgesellschaft : (murmelnd) Die Totenglocken . . . Hollerer: Da — schweigt — all’s. B’hüt dich Gott, Weib — wennst noch einen Gott hast. I geh nach Amerika. Dort gibts auch Madeln — und Kernigkeit (zum Gehen gewandt, düster) Und wenn einmal vielleicht der Wind — ein verwehten Jodler herüber tragt in — mei Heimattal — dann denkt an einen, der vielleicht etwas Besseres hätt werden können — wenn — B’hüt euch Gott, i^eut. (Ab.) Die Tanzgesellschaft: (Murmelnd) In Ewigkeit . . . (Ferne Glockenklänge) Vorhang (N achempfunden von R. Neumann.) d’Ora, Paris. Durch ein Versehen der Redaktion wurde unter den beiden Abbildungen des letzten Heftes Julius Elias und Chevalier als Photograph d’Ora, Wien angegeben. Es sei ausdrücklich vermerkt, daß die Aufnahmen aus dem Atelier d’Ora, Paris stammen. 638 Die Galerie Ferdinand Möller hat ihre neuen Räume, Schöneberger Ufer Nr. 38, mit einer umfangreichen deutschen Ausstellung eröffnet. Es werden Sonderausstellungen von George Mosson und im Oberlichtsaal von Max Kaus gezeigt, außerdem alte und neue Werke von Heckei, Kirchner, Mueller, Pechstein, Rohlfs, Schmidt-Rottluff, Crodel, und Plastiken von Georg Kolbe, W. Lehmbruck und Richard Scheibe. Zu den Katastrophen des Weltkriegs gehörte es auch, daß Egon Friedeil vor der Musterungskommission erscheinen mußte. Beim Namensaufruf: Egon Friedmann erscheint er, wie ihn Gott geschaffen. Der Oberst faßt ihn scharf ins Auge: „Sagen Sie, nennen Sie sich nicht auch Friedell?“ „0 ja“, waf die Antwort, „wenn ich was anhab’.“ Sehnsucht. Sieh, das ist meiner tiefsten Sehnsucht Ziel: Einmal in stiller, menschenferner Stunde, wenn keines anderen Auge uns erspäht, Kein fremdes Ohr uns hört — und nur das Schlagen der eigenen Herzen machtvoll zu uns spricht, Mit dir allein zu sein. — — — Und dann, befreit von äußerm Trug und Schein, nichts mehr zu wissen von dem kühlen Lächeln mühselig angelernter Höflichkeit. Erlöst vom Zwang gesellschaftlicher Lüge, die Masken fallen lassen vom Gesicht, und endlich einmal — froh und stark und frei die klaren Quellen reinsten Menschentumes ausströmen lassen in des anderen Seele. Und so uns geben, wie wir wirklich sind! Einander das zu sein, was wir ersehnen, weit aufzutun des Herzens goldnen Schrein und seinen Reichtum jauchzend zu verschwenden. Ilse von Bogen. Kurhaus Bühlerhöhe, 800 m ü. d. M., Baden-Baden im Schwarzwald: Die Diele 639 DAS AUSLAND AMERIKA: Saison morte am Broadway. Von Jose Alessandro. Wer den Broadway zwischen der 42. und 52. Straße nicht während der Hochsaison kennt, wird sich kaum vorstellen können, daß das, was er in den Monaten Mai bis Mitte August zu sehen bekommt, die Saison morte des „White light district“ genannt wird. Es spielen doch immerhin noch all- abendlich über 50 Theater, die großen Erfolge des Winters laufen fast stets durch den Sommer, die Lichtreklamen scheinen ebenso grell als bisher, das Gedränge ist anscheinend — vielleicht auch nur infolge der gesteigerten Tem- peratur — ebenso unerträglich, und in Grays Drugstore, Ecke der 43. Straße, schlägt man sich nach wie vor um die Billetts zum halben Preis, die dort feil- geboten werden; es gibt nämlich in New York eine Masse Leute, die lieber ein schlechtes Stück für den halben, als ein gutes für den ganzen Preis sehen. Für den Neuling muß es also begreiflicherweise wie Hochkonjunktur aus- sehen, während der Broadway-Roue ganz genau weiß, daß hier unter den Klängen des letzten Schlagers die Saison 1926/27 zu Grabe getragen wird, und das Minimum von Leben, das leicht verfrüht aus den Ruinen blüht, bereits dem zukünftigen 1927/28 angehört. Manager von Wichtigkeit wie Belasco, Shubert, Woods, Hopkins, Selwyn und — last not least — Morris Gest probieren rasch noch in Omaha oder Minneapolis ein paar Stücke, die sie in der nächsten Saison herausbringen wollen, auf ihre Chancen aus, und schiffen sich dann eiligst auf den Homerics, Olympics, Majestics usw. ein, um noch zur rechten Zeit bei den verschiedenen Seasons in London, Paris und am Lido „among those present“ in der Pariser Ausgabe des New York Herald vermerkt zu werden. Anstatt der fünfzehn Premieren wöchentlich, die der Winter oft bringt, gibt es mit Mühe und Not nur eine, und die meistens unbedeutend; das kann der dritte Mann der Zeitung mit Leichtigkeit machen, dazu brauchen Woolcot von der „World“, Gabriel von der „Sun“ oder etwa gar ein George J. Nathan nicht in dem heißen, stickigen New York zu bleiben. „La saison est morte, man lege sie zu den übrigen,“ sagen diese Könige der Kritik, und ziehen sich unter diesen Worten nach den diversen Long-Island Landgütern zurück. Für den aber, der zwar auch zu dieser Welt gehört, aber vom Schicksal weniger begünstigt ist, ist der langersehnte Moment der Muse gekommen — es ist ungefähr das am meisten paradoxe Wort, das mir im Zusammenhang mit New York einfällt — und versehen mit einem kühlen Ginfizz (homemade, brrr) läßt er die vergangene Saison Revue passieren. Wenn das Wort „De Mortuis, nisi bene“, berechtigt ist, müßte aller- dings die vergangene Spielzeit totgeschwiegen werden. Nur zwei wirklich bedeutende neue Stücke hat sie uns gebracht; beide vom gleichen Autor, Sidney Howard, und beide von der unübertrefflichen Theatre Guild, Amerikas einzigem literarischem Theater, wundervoll herausgebracht, „Ned McCobbs Daughter“ und „The Silver Cord“. 640 Howard wurde vor zwei Jahren für sein „They knew what they wanted“ mit dem Pullitzer Preis ausgezeichnet, und es ist unbegreiflich, daß dieser Autor, der neben O’Neill Amerikas stärkster Dramatiker ist, in Europa noch fast unbekannt ist. Die Theatre Guild, die in diesem Jahre außerordentlich erfolgreich gearbeitet hat und ihre Subskribentenliste auf beinahe zwanzig- tausend erhöht hat (was jedem Stück mindestens sechs Wochen garantiert), hat sich immer mehr zu einem beherrschenden Kulturfaktor im ameiikani- schen Kunstleben entwickelt. Durch ein selten fähiges Management gelingt es ihr sowohl artistisch, als finanziell in höchstem Maße zu reüssieren. Neben Howards beiden Stücken brachte sie unter Jean Copeaus Regie eine wunder- volle Aufführung der „Brüder Karamasow“, Pirandellos „Right you are, lf you think you are“, und eine vorzügliche Einstudierung des noch immer 641 jugendlichen „Pygmalion“; „Maximilian und Juarez war ein Achtungs- erfolg; eine schwache Regie versäumte, Werfels Drama die U nterstützung zu geben, die es für das amerikanische Theater benötigt hätte. Für die nächste Saison verspricht die Guild 0 ‘Neills „Marcos Millions , das wohl nach dem „Mirakel“ eine der größten und kostspieligsten Produk- tionen darstellt, und aus diesem Grunde zwar schon oft versprochen, aber immer wieder im letzten Momente zurückgestellt wurde. O Xeills letztes Stück „Lazarus Laughs“, das seine Uraufführung in Chicago erleben sollte, muß wohl auch bis nächstes Jahr warten, so daß man außer Xeu-Einstu- dierungen von „Emperor Jones“ und „Beyond the Horizon“ nichts in den letzten Monaten von Amerikas größtem Dramatiker gesehen hat. Seit dem großen Erfolg von Michael Arlens „Grünem Hut" waren sich alle Manager darüber einig, daß man lediglich einen „bestseller" irgendwie zu dramatisieren brauche, um die Garantie für einen Theatererfolg zu haben. Dreisers unerfreulicher Wälzer „An American Tragedy“ war auf der Bühne noch unerfreulicher, und Magaret Kennedys „The constant nymph" hatte auf dem Wege zur Bühne viel von seinem ursprünglichen Charme verloren; auch war die Besetzung nicht so glücklich wie in London, wo man Noel Coward und Edna Best zur Verfügung hatte. „Gentlemen prefer Blonds" war dagegen ein großer finanzieller Erfolg, und wird diesen auch wohl in London wiederholen, nachdem der Lord Chamberlain insistiert hat, daß sämt- liche Anspielungen auf den Prince of Wales und die Hüte der Queen Mary gestrichen werden müssen. Das Problem der Besetzung von Rollen bietet überhaupt immer größere Schwierigkeiten, seitdem der Film mit seinen so viel größeren Gagen und der so viel sichereren Verdienstmöglichkeit alle großen Namen, die sich auch nur einigermaßen gut photographieren lassen, nach Kalifornien lockt und dort behält. So sind zwei der stärksten amerikanischen Schau- spieler, Lionel und John Barrymore, voraussichtlich der Sprechbühne für die nächsten Jahre vollkommen verloren. Das dritte Mitglied der „royal family“, Ethel Barrymore, die nach ihrem großen Erfolg in Zofe Atkins' „Declasse“ jahrelang vergeblich nach dem richtigen Stück gesucht hatte, erschien schöner und jünger als je unter dem alten Frohman-Banner in W. Somerset Maughams „The constant wife“ und hatte einen success fou. Ein leichtes, typisch englisches Konversationsstück, das mit Ethels Kunst und ihrem herr- lichen „sense of humour“ steht und fällt (wie sich an dem Fiasko zeigt, daß das gleiche Stück mit Fay Compton in der Titelrolle in London hatte). L T eberhaupt hatten die Frohmans unter der Direktion von Gilbert Miller, der als Regisseur ein würdiger Sohn seines im letzten Jahre verstorbenen \ aters Henry ist, eine sehr günstige Saison. Bourdets „Gefangene“ wurde in einer sehr feinen Uebersetzung von Arthur Hornblow jr. glänzend heraus- gebracht. Leider mußte das Stück nach 22 Wochen geschlossen werden, ob- wohl es noch ein ganzes Jahr hätte laufen können, und zwar — man höre und staune — aus moralischen Gründen. Die Zusammenhänge sind überaus amüsant, aber zu weitläufig, als daß ich im Augenblick darauf eingehen könnte. Auch „Spiel im Schloß“ ist ein Frohmanscher Erfolg. 642 Der größte Kassenerfolg war „Broadway“, das seit letztem September zu wöchentlich dreißigtausend Dollar spielt. Nachtleben am Broadway, Cho- rusgirls, Small-Time Vaudeville, zwei Morde, Leben hinter den Kulissen, all dies synkopiert nach dem Rhythmus einer Gershwinschen Rhapsodie, ge- schrieben mit intuitiver Kenntnis der hamburgischen Dramaturgie und einer grandiosen Psychologie, einer Kenntnis des Publikums, die ans Fabelhafte grenzt. Eine Sache, die nicht schief gehen kann, „Sure Fire“. Als zweites das Kriminalstück „The Spider“; während es dunkel ist, wird ein Mann im Publikum ermordet; alle werden verhaftet, niemand darf das Theater verlassen; für zwei Stunden liegt über dem Haus eine Gänsehaut, und an der Kasse hängt allabendlich das Wunderzeichen: S. R. O., d. h. Stan- ding Room only! Wenn man’s trifft, ist es überhaupt eine große Sache. Anne Nichols, die Verfasserin von „Abies Irish Rose“, das seit sechs Jahren im Republic Theatre läuft, sechs Kompagnien in den Provinzen, drei in England, zwei in Australien hat, verkaufte in diesen Tagen die Filmrechte ihres Erfolges an Paramount für eine Million Dollar in bar und fünfzig Prozent des Rein- gewinns. Lubitsch sollte Regie führen, hat aber, wie man hört, abgelehnt. Miß Nichols schreibt bereits das Folgestück „Abies Children“. „Abie“ gehört heute fast schon zu den amerikanischen Klassikern; alle jüdischen Witze, alle irischen Witze, alle irisch-jüdischen Witze, die je gemacht worden sind, viel Menschlichkeit, unfehlbare Sentimentalität und Humor ergeben zu- sammen den größten Erfolg, den das Theater je gekannt hat. Florenz Ziegfeld konnte im Februar sein seit langem avisiertes, eigenes Theater einweihen, das, wie man erwartet hatte, le dernier cri in allem dar- stellt. Die schönsten Frauen, die fabelhaftesten Kostüme, das größte Orchester, das smarteste Publikum, herrliche Gemälde, alles von Joseph Urban entworfen, und — „Rio Rita“, die neue Revue, in der Komödie zwar etwas dünn, aber „who cares“, wenn sich vierhundert von Zieggy ausgewählte Frauenbeine zu den Tönen von Rio Rita (auf das sich dann später Senorita reimt) allabendlich verrenken. Im übrigen sind aber die Ausstattungs-Revuen an einem Punkt angelangt, wo sie nicht mehr weiterkönnen. Das Publikum hat zu viel Gold und Marmor, zu viel Pleureusen, zu viel Juwelen, ja vielleicht sogar zu viel Nacktheit ge- sehen. Außerdem sind die Unkosten für eine große Revue heute so enorm, daß sie wöchentlich über vierzigtausend Dollar einbringen muß, um sich zu rentieren. Dillingham hat seine letzte Monstre-Revue „Lucky“ schließen müssen, weil sie zu „nur“ 35 tausend Dollar wöchentlich spielte, und er dabei Geld zusetzte. Die große Revue — abgesehen von Ziegfelds Produk- tionen, die heute wie der Sandwich von Reubens beinahe eine nationale Ein- richtung geworden sind — ist am toten Punkt angelangt. Der kleinen, intimen Revue, so wie sie Andre Charlot vor drei Jahren aus London mit- brachte, gehört die Zukunft; man verlangt Witz und Esprit; dabei ist es absolut nicht notwendig, auf Schönheit zu verzichten; können doch auch zu einem geistvollen Kopf ein Paar schöner Beine gehören! 643 Das amerikanische Theater, wie wohl überhaupt das Theater dei ganzen Welt, steht vor einem der größten Probleme, dem es je gegenübergestellt war: der Film. Es hat die volle Bedeutung dieses Rivalen erst in den beiden letzten Jahren realisiert; heute ist ihm die Beantwortung der Frage vielleicht schon um ein Geringes über den Kopf gewachsen, aber es ist doch noch nicht zu spät. Zuerst kam man dem neuen Konkurrenten mit viel W ohlwollen entgegen, denn der Verkauf der Filmrechte eines Stückes half manchem Manager aus einem Verlust einen Gewinn machen, oder wenigstens sein Geld wieder- bekommen. Viele Stücke, die auf der Bühne aussichtslos erscheinen, ent- halten hervorragendes Filmmaterial. Diese Erwägung spricht aber heute kaum noch mit, da für die Filmrechte von Stücken — wenn es sich nicht um ganz starke Erfolge handelt — meistens keine großen Summen mehr bezahlt werden, auf der anderen Seite aber in einer guten W oche am Broadway über eine Million Dollar von den Movies an Eintrittsgeldern eingenommen wird, alles Geld, das früher zum großen Teile den Theatern zufloß. Tn den letzten drei Monaten sind zwei neue Filmpaläste am Broadway eingeweiht worden, das Roxy und das Paramount, das eine mit etwas über 6000, das zweite mit etwas weniger als 4000 Sitzplätzen. Die Programme, die in diesen The- atern sowie im Capitol, Strand, Rivoli Rialto usw. für 75 oder 99 Cents geboten werden, sind oft reichhaltiger als die der großen Revuen, für die man mindestens 5 - 5 ° Dollar bezahlt. Man kann also leicht begreifen, daß die Durch- schnittsfamilie heute ihr Movie dem Theater vorzieht. Das Theater kann im Augenblick seine Ein- trittspreise nicht herabsetzen; die Gagen für Stars, sowie auch für alle sonstigen Schau- spieler mit gutem Namen sind größer als je, da man mit den Gehältern, die die Filmkompag- nien mit Leichtigkeit auswerfen können, mitkonkurrieren muß. Die Mieten für gute Theater sind höher als früher, da Filmgesellschaften, die keine eigenen Theater besitzen, jeden Preis zahlen, um einen Schauplatz für ihre Produk- tionen zu bekommen, und ihnen auf diese Weise für die Provinzen den Stempel ,, Direkt vom Broadway'* verleihen zu können. Ob ein Zusammengehen von Film und Bühne die Lösung bringen wird, scheint fraglich; die bisherigen Versuche, Fox mit Robert Milton und Sam H. Harris, Famous Players und Frohman, waren Fiaskos. Ein Nebenein- andergehen, so wie es momentan der Fall ist, scheint der Sprechbühne nicht gut zu bekommen, obwohl sie viel zu viel innere Kraft hat, um je daran zu- grunde zu gehen. Es wird also wohl irgendwie zu einem Kompromiß kommen müssen, wie man es schon oft in Industrien, die einer verwandten Nachfrage entsprechen, erlebt hat. 644 SC HALLPLATTEN -QUERSCHNITT Tanzplatten Vox. Nr. 8499. „La Mascota“ und „ Hasta Dempsey“. Gespielt von der Argentini- schen Tangokapelle Manuel Romeo: Besonders straff präzisierte Tangos, obsti- nate Begleitung, argentinischer Elan, reizvolle Herbheit. Vox. Nr. 8495. „Lady Helen“. Gespielt vom Orchester Jenö Fesca: Galoppieren- der, witzig pointierter Onestep über soldateskem Schlagzeug. „Miami“ : Gesang- voller Tango in der Maske eines festlich-heiteren Andante con moto. Vox. Nr. 8496. „Wiener Zugvögel“, Walzer von Translateur. Orchester Jenö Fesca: Wienerische dolcezza, gespornt und modernisiert durch ungarischen Steppenwind. Electrola. DA 817. „Du leichter Schatten“ aus „ Dinorah “ (Meyerbeer). Gesungen von Amelita Galli-Curci : Treffliche Aufnahme einer stupenden Gesangsleistung, die um so sensationeller wirkt, als puristische Koloraturkunst sozusagen ausge- storben ist. Wettstreit von Flöte und Menschenstimme. Electrola. DA 105. „In dieser feierlichen Stunde “ aus „Die Macht des Geschickes“ (Verdi), Duett: Enrico Caruso (Tenor) und Antonio Scotti (Bariton). Rück- seite: Duett „Ach, Geliebte, nie kehrst du wieder “ aus „Boheme“ (Puccini): Die schönste „Amati“, die kostbarste „Stradivari“ von Meistern beherrscht und be- seelt. Diese Stimmen adeln selbst puccineske Sentimentalismen. Electrola. DB 102. „Nächtliche Parade“ (Glinka), „Die beiden Grenadiere “ (Schu- mann). Gesungen von Feodor Schal japin: Technisch hervorragende Platte. Aeußerst lehrreich, wie Schal japins geniale Gestaltungskunst visuelle Bilder von einzigartiger Glut, Kraft und Dämonie zu übermitteln vermag. Polydor -Grammophon. H 701 14. „Ki k’simcho“ ( Lewandowski), gesungen von Oberkantor Moris Gordon (mit Chor): Seltsame Zwiesprache zwischen tenoraler Baritonstimme von großer Ausdruckskraft und jeder Nuance folgendem Chor. Polydor-Grammophon. H 70 005. „Kaddosch l'Schabath“ . Mit Klavierbegleitung. Gesang: S. Pinkasowicz : Dieser einschmeichelnde und originelle „Lobgesang auf den Wein am Sabbath“ wirkt besonders faszinierend, weil Oberkantor S. Pinka- sowicz (ein Gesangsphänomen) im Bezirk von vier Oktaven (!) mit stets schön klingender Stimme die schwere Kunst melismatischer Ausschmückungen vorbild- lich meistert. Gesangsplatten ODEON Der Reiseappewat Die Schallplatte COLUMBIA 645 Orchester Grammophon. 66 532. Vier deutsche Tänse (Mozart). Nr. 1 Tanz. Nr 2 Trio „ Der Kanarienvogel'. Nr. 3 Trio „Der Leiermann“ . Nr. 4 „Die Schlittenfahrt . Dirigent; Generalmusikdirektor E. Kleiber : Entzückende Genrebilder von höchster musikantischer Delikatesse und illustrativer Eindringlichkeit. Grammophon. 66384. „Oberon“ -Ouvertüre (C. M. von Weber). Dirigent: Gene- ratmusikdirektor Leo Blech; Wundervolle Aufnahme dieser leider viel zu selten gehörten Musik. Präzision der Bläser (fabelhafte Hörner), Subtilität und Transparenz des gesamten Orchesters. Jugendliche Beschwingtheit und Wärme! Diversa Electrola. DB 851. „Adiago“ nach Bach. Cello: Pablo Casals mit Klavierbegleitung : Orchestrale Fülle des Cello-Tones, prächtige Klangentfaltung, selbst im leisesten Piano. — Rückseite : „Goyescas“ (Granados). Cello: P. Casals mit Klavier- begleitung: Matte Impression, die den anspruchsvollen Titel nicht rechtfertigt. Odeon. O — 2151. „ Kasbek “ (kaukasische Weise) und „ Mondschein “ (russische Volksweise mit Variationen). Balalaika mit Klavierbegleitung. Gespielt von Nikolai Sinkowsky : Unerhörte Variabilität in Farbe und Stärke! Unglaubhaft, daß diese imponierende Leistung ein So/ovirtuose hervorbringen kann! Grammophon. 62 567. „Ay-ay-ay“ (Serenata criolla). Blues Gespielt von Vasa Pfihoda (Violine mit Klavierbegleitung) und „ Walzer " (Dvorak-Prihoda) : Die tänzerische Serenata und der „erschwerte Walzer“ zeigen die geigerischen Hexen- kunststücke des jungen Pfihoda im Scheinwerfer der Sensation . . . Brunswick, Grammophon. A 5000. „The Merrymakers Carnival“ mit Klavier- begleitung I. und II. Teil sowie Brunswick, Grammophon. A152. „My Castle in Spain“ und Rückseite: „Sweet Child“. The Merrymakers mit Klavierbegleitung: Das Simmelsammelsurium von Bekanntem und Improvisiertem ergötzt mit seiner naiven Buntheit. Die Qualität des Gebotenen ist sowohl stimmlich als auch instrumental durchaus erstklassig. (Verblüffendes Saxophon-Solo.) Chorplatten Columbia. L 1768. „Messiah“ (Haendel). Mitwirkende: Haendel-Festspiel-Orchester und Chor. Dirigiert von Sir Henry I. Wood: Klanglich vorzüglich ausbalancierte Choraufnahmen. Bewunderungswürdig, wie deutlich das Piano der Streicher und Stimmen hörbar ist. Columbia. D 1568. „O Signore che dal tetto natio " aus „I Lombardi“ (Verdi) Chor und Orchester der Mailänder Scala: Gute Choraufnahme aus der kaum bekannten Oper von echt verdischem Bühnenschmiß und überzeugender Melodik. — Rück- seite: „Chorus of Cigarette girls “ aus „ Carrten “ (Bizet): Ausgezeichnete Repro- duktion. vielfarbig, schwungvoll rhythmisiert, hübsche Stimmen . . . Klavier Electrola. DA 761. Walzer in Des-dur, Op 64, Nr. 1 und Walzer in Ges-dur, Op. 70, Nr. 1 (Chopin), gespielt von Wladimir de Pachmann (mit kleiner englischer An- sprache an das Publikum) : Amüsanter Beitrag für Liebhaber Pachmannscher Konzert-Improvisierung in Rede und Chopin-Spiel. Electrola. E.H.2Q. Polonaise A-dur, Op. 40 Nr. 1 (Chopin), gespielt von Mark Hambourg: Bravoureuser Klavierklang in Secco-Manier (zuweilen auf Kosten der Egalität). — Rückseite: Cis-moll-Präludiutn, Op. 3, Nr. 2 ( Rachtnaninoff ): Prächtige Dynamik, wirksame Kontraste. 646 GALERIEN FLECHTHEIM DÜSSELDORF /f> BERLIN W10 KÖNIGSALLEE 34 "" LÜTZOWUFER 13 GEMÄLDE J GRAPHIK DER FRANZÖSISCHEN IMPRESSIONISTEN UND DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST BRONZEN VON EDGAR DEGAS, BELLING, DE FIORl, HALLER, MAILLOL, SINTENIS SÜ DSEE- SKULPTUREN AUSSTELLUNGEN IM SEPTEMBER BERLIN: NELL WALDEN-HEIMANN UND IHRE SAMMLUNGEN DÜSSELDORF: EDVARD MUNCH/THOMAS ROWLANDSON( 1756- 1827) ANDRE DERAIN M7J0 kosten, m Ein dicker Band Magazin? ^^fabelhaftesten Bildern aaä^*ürÄ ■rÄ^- roman von E ga gleichnamige >' den ? l ^l S ZiTberühm>en Autors M 4-5 Theaterstück dieses Detektiv- hamilienroman nrf die meiner Tfiemi dor. Meine Ges , £in re chf unartiges. Geliebten. Von unsere Si^pred^er. Unmoral ’g'P/.f'^bsch (Maupassant) M 5- aber hübsch ub. MCunsiWCrU- V° n Das A*t b a % t $Na*aufnahmen. H 3.- Gordon du hau. Mit 5 Ibl . K örper». Die Eroberung d ^ Aafnah men H 3- Von Dr. Scherfei. n re /«*e Frauen SSnÄnf“ Frauen. Fe r mar. Fine Delikatesse,^ ^ ^ m£ von .50 £>e mar. £ ,nc Dehka |„ der mod. Das Seycualproblem ^ Lewan dowsky. CiteratUrundK"? ^interessante Wer Dieses sittengesch i Jj zugänglich ist ^ «APS»--;;.,, Illustriert . y orl Lothar. Mit ErotiSC&e Korno ^ E ' xemp lar numeriert. Bildern von „ B °, yr Statt M 12. nur M * Fasf vergriffen. * Allerhand zum Reinfäile mit »«f^^ei/e. M 4-5° Lachen. Ein Buch g g Dieses U^erh Die VOllfc° mmeI \ e - modernste Buch zur V v7rfe"neru% V und e Veredelung der Technik^ Ä S Ä CatlenILbe. Cor, P'- ; * Prüderie behandelt . ■ l „ aeeen Voreinsendung oderZer Nachnahme nur vom ^ Dafnls-Fersand ,« j Ccipsig C l. nexurU 93 RUSSISCHE Text von ALFRED KERR 32 Seiten Text und 144Tafeln in Kupfertiefdruck. Ganzleinen band mit künstlerisch. 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Bürobedarf Leipziger Buchbinderei A.G. vormals Gustav Fritzsche LEIPZIG CI / BERLIN S42 DER ANSPRUCHSVOLLE Buch-Verleger ISBt binden bei CARL EINBRODT EUROPÄISCHE KUNST RERGECENWART ZENTENAR-AUSITEILUNG DES KUNSTVEREINS HAM B URO K U N S T H A L L E AUd U S T-S E PT EM B ER 19 2 7 Das neueste Werk des berühmten Romanciers MAX BROD ©te jFrau nadj öer man ftdj fe^nt ROMAN I. bis 15. Tausend Gebunden in Halbleinen Mark 5.50, in Ganzleinen Mark 6.50 Die große suggestive Wirkung dieses Romans liegt in der Einfachheit, Herzlichkeit und Unmittelbarkeit, mit der hier ein leidenschaftlicher Mensch erzählt, was ihm zum Schicksal geworden ist. Dieses Buch durchlichtet in der stillen Intensität seines Erlebens das ewige Rätsel zwischen Mann und Frau. Im Mittelpunkt steht die Ge- stalt eines Mannes, der nach zwei flüchtigen Erlebnissen mit Frauen von einer sein ganzes Wesen erfassenden Passion erfüllt wird, die das Höchste bedeutet, was ein Mensch erleben kann. Diese Höchstspannung des Gefühls, dieses aufs äußerste gestellte Glück, muß in einer Welt nüchterner Tatsachen zur Katastrophe führen. Liebe als Diesseitswunder leuchtet als unver- lierbare Erkenntnis aus all den Wirrnissen und Leiden, durch die uns ein Dichter erschütternd geführt hat PAUL ZSOLNAY VERLAG / BERLIN • WIEN lii.lliiiüillim DER QUERSCHNITT VII. Jahrgang Heft 9 INHALTS-VERZEICHNIS J. Meier-Graefe Renoirs Alter Gerald Reitlinger Shaw, Arien und Galsworthy Wilhelm Flam Wie Du atmest, so lebst Du! Kammersänger Walter Kirchhoff . . . Wenn ich singe . . . Alain de Leche .... Leon Blum, der große französische Sozialistenführer Joachim Ringelnatz Olaf Gulbransson Alexander Levy . Liberias ( Aus einer galiläischen Reise) P. H. N Die Puttkamers Maurice Dekobra Un Quart d’Heure avec Adolf Feulner Das höfische Möbel Allred Flechtheim Pommern August Münsterland Europäische Kunst der Gegenwart in Hamburg Stan. Fr. Osiakowski . Belletristik im heutigen Rußland Frank Arnau Die Arbeit am fließenden Band Max Rychner Helvetische Literatursatire Auktions-, Bücher-, Schallplatten- Querschnitt Marginalien Mit vielen Abbildungen im Text und auf Tafeln * Umschlagbild nach einer Zeichnung von Auguste Renoir ( Aus Vollard, La vie et l’oeuvre de Renoir. Verlag A. Vollard, Paris ) PREIS DES HEFTES 1,50 GOLDMARK Verantwortlich für die Redaktion: H. v. Wedderkop, Berlin. — Verantwortlich für die Anzeigen: Hans Scheffler, Berlin Verantwortlich in Österreich für Redaktion: Ludwig Klinenberger, für Herausgabe: Ullstein - dorf für die tüchtige und aufopferungsvolle Betreuung unserer Kamine unseren besten Dank öffentlich aus. Nur seiner sachkundigen, stets zur richtigen Zeit eingreifenden Vorsorge, sowie allen jenen, welche dazu beitragen, ist es zu ver- danken, daß unser Ort seit langer Zeit vor größerem Unglück bewahrt bleibt. (Volksscitung Wien.) Olympiaden der Kunst. Die im Jahre 1928 in Düsseldorf stattfindende Ausstellung „Deutsche Kunst Düsseldorf 1928" soll das erste Glied einei Kette von Ausstellungen sein, welche sich in zweijährigen Abständen wiederholen und den Titel „Deutsche Kunst“ tragen sollen. Diesem Titel soll dann jeweils der Name der Stadt beigefügt werden, in deren Bereich die Ausstellung statt- findet. Also zunächst wie oben „Deutsche Kunst Düsseldorf 1928 , dann evtl. „Deutsche Kunst Berlin 1930 *1 München 193 2 usw. Auf diesen Ausstellungen sollen nur die wesentlichsten und qualitätvollsten zeitgenössischen W erke ge- zeigt werden. Nach Kunstrichtungen soll nicht gefragt werden. Als Vergleich sei auf die Olympiaden der sportlichen \ eranstaltungen hin- gewiesen. W enn dort die Höchstleistungen der Nation auf sportlichem Gebiet gezeigt werden, so soll hier das Höchste und Bedeutsamste ausgestellt werden, was in dem jeweiligen Abschnitt in der Kunst geschaffen wurde. Neben Werken anerkannter Meister, welche auf die Entwicklung von Einfluß waren und sind, soll dem Werdenden und Jungen, soweit es eigene Bedeutung hat, breiter Raum gegeben sein. — Hindenburg übernahm das Protektorat. Autographen- Versteigerung bei J. A. Stargardt, Berlin, am 23. 9., u. a. von Mine. Dubarry, Friedrich II., Goethe, E. T. A. Hoffmann, Hölderlin, Kant, Kleist, Mendelssohn, Napoleon I„ Paganini, Jean Paul, Voltaire, Wallenstein, Washington. Deutsche Kunst Düsseldorf 1928. In Düsseldorf wird bildlich schon ge- hämmert, getüncht, gehängt. Auch hängen Maler Maler auf — wieder bildlich. Wird im Mai eröffnet, zeigt sich das olympische Wunder: nur alle zwei Jahre eine gesamtdeutsche Kunstausstellung, die erste eben in Düsseldorf in dem von Wilhelm Kreis umgebauten Kunstpalast im Rheinpark. Der Querschnitt wird nicht verfehlen, diese Ausstellung, mit der das dankbare Düsseldorf den 50. Ge- burtstag von Alfred Flechtheim begeht, seinen Lesern im Bilde vorzuführen. M. Romane für Anspruchsvolle. Wie oft werden Romane als ewige Kunstwerke angepriesen, wie viele Namen 'werden in den Himmel gehoben — und cs sind doch nur Eintagsfliegen. Alle paar Jahre aber taucht ein Name auf, der nicht so schnell wieder vergessen 'wird, und hiereu gehört Martha Ostenso, die junge, aus Nor- wegen stammende, amerikanische Lehrerin, die durch einen Literatur preis aus- geeeichnet, sehr schnell in der ganzen Welt berühmt wurde durch ihren Roman „Der Ruf der Wildgänse“. ( Leinenbd. M. 7,50.) Einige Monate später, nachdem diesem Buche überall Lobeshymnen gesungen wurden, erscheint nun der zweite Roman „Erwachen im Dunkel“ (Leinenbd. M. 7. — ) und rechtfertigt , ja übertrifft alle in die junge Dichterin gesetzten Erwartungen. Hamburger Fremdenblatt vom 9. 7. 1927. Die Werke der Martha Ostenso erscheinen in der F. G. Speidel’schen Verlags- buchhandlung, Wien und Leipzig. 716 Heilspezialist, Selbsterzeuger, Sechziger, wünscht Wiederheirat. Eintausend Bareinlage. Pensionärin angenehm. (Lok. Anz.) Zirkus-Syndikus. Wegen plötzlichen Ablebens meines langjährigen Syndikus (Geheimer Regierungsrat Illgner) suche ich sehr befähigten, in Steuer- und Versicherungsangelegenheiten (Haftpflicht, Kasko usw.) vollkommen bewan- derten Volljuristen, der seine ganze Arbeitszeit meinem Unternehmen zur Ver- fügung stellen könnte. Ständige Anwesenheit beim Zirkus Voraussetzung. Angebote mit Lebenslauf, Referenzen erbeten an: Direktor Stosch-Sarrasani, z. Zt. Elberfeld-Sonnborn 4. — ro. 7. Mülheim (Ruhr) ( Juristische W ochenschrift. ) 717 Andre Germain. Wenn Flechtheim mit Bernhard durch das sommerliche Land fährt, um sich die tiefbraune Edelfarbe seiner Vorfahren auf unserem arischen Boden wiederzuholen, wen trifft er in Mecklenburg, wo es am finstersten, d. h. am echtesten, ist? Unseren Freund Andre Germain. Wen trifft man, wenn man auf die Botschaft zu den Bolschewiken geht? Mit dem Notizbuch in der Hand, ein fleißiges Lieschen, von Tisch zu Tisch herüber- flitzend? Andre Germain. W er ist das reizende Philinchen, das aus und ein schlüpft in Berliner Salons, das plötzlich bei Scheler, la gloire de Cologne, auf- taucht und dann wieder bei Stresemann? W er pirscht in den brandenburgischen Wäldern, wo sie am dichtesten sind. - ' Wer singt die schönsten Lieder auf die preußischen Tunker? Andre Germain. W er kennt die intimsten Geheimnisse von Unruh, Sternheim, Rilke, und wer ist, nach echter, schlechter Literatenart. plötzlich bös mit den beiden ersteren. - ' Wer liebt die deutsche Seele und sagt. „Die deutsche Seele ist der deutsche Wald“? Wer versteht es, unsere besten und edelsten, geheimsten und offenbarsten Schauten herauszufinden.'' Wer widmet sich dem allen ohne Unterschied, mit immer gleicher Liebe? Man muß gestehen, es grauste einem etwas vor dieser alles umfassenden Liebe und — wenn man immer wieder im vergangenen Winter auf seine Spuren stieß — vor allzu viel Heinzelmann-Geschäftigkeit. Aber wir wollen nicht un- dankbar sein und keine Heuchler, wir wollen nicht die Mittel tadeln, wenn wir die Zwecke loben. Wir alle wollen die Indiskretion, die Entblätterung, die Wahrheit oder die Sensation, je nachdem, wie man dies Bedürfnis nennt. Das ist unser Lebenselement, weil es das ist, was den Leser bestimmt, die Zeitung oder die Zeitschrift von heute zu kaufen. Nur dem Bienenfleiß, der Emsigkeit und der stets mit Bleistift und Notizbuch bewaffneten Empfänglichkeit unseres Freundes gelingt es, den teuren, guten Stoff, dessen die kultivierte Welt be- darf, ans Licht zu ziehen. Daß er oft hereinfällt, allzusehr nach Namen geht, mit lieblichen Tönen den oder die Schaute umkreist, ist sein Fatum, sein Pech. Dies macht ihn uns speziell nicht unsympathischer, da wir reich genug sind, um Nachsicht zu üben, und wir obendrein an Schautereien einen gewissen Spaß haben. Sein neues Buch „Chez nos voisins“ (Editions Rieder, Paris), in dem er sein Herz für unsere Mark entdeckt, von da nach Florenz, nach Holland und Dänemark zieht, in dem er Max Scheler, den Philosophen der neuen Zeit, be- singt (etiquettiert als „der Weise von Köln'*, ,,le philosophe de Cologne“), auf den Spuren Bismarcks wandelt, in Schönhausen zartestes Rokoko statt Blut und Eisen findet, in dem er Liebermann, Stresemann und Marx querdurcheinander interviewt — dies Buch, das außerdem durch einen höchst ergötzlichen Essai ergänzt ist: „Wie sich berühmte Deutsche in Paris benehmen“, dies Buch ge- hört zu der Lektüre, die uns fehlt und notwendig ist, weil wir mit fremden, unbestochenen, wenn auch vielleicht etwas milden, voreingenommenen Augen gesehen werden. Was uns, die wir schon wieder anfangen, reichlich mono- manisch zu werden, nicht genug passieren kann. Milde, unendlich milde fließt diese vielfarbige Schilderung Andre Germains in uns hinein, nur ganz leicht gewürzt durch seinen abgeklärten Sarkasmus. Er steht uns trotz einigem, was wir mehr zu unserem Pläsier auszusetzen haben, sehr nahe: Durch seine Klugheit, seinen Witz und seine Kultur. H. v. W . 7i 8 Aus G. A. Platz, Die Baukunst der neuesten Zeit Doppelwohnhaus für Bauhaus-Meister in Dessau, Kühnauer Allee (Architekt Walter Gropius) Lagerhalle der Rheinstahl Handelsgesellschaft in Düsseldorf (Architekt Emil Kahren kamp) Aus G. A. Platz, Die Baukunst der neuesten Zeit Wohnhausblock in Berlin-Pankow (Architekt Erwin Gutkind) Der bittere Beigeschmack. Trotz seines für viele Patrioten „bitteren Beigeschmacks“ kann ein neuzeitliches Restaurant, das den Anforderungen eines internationalen Publikums genügen will, des „echten Pilseners“ nicht entbehren, da die Nachfrage nach diesem edlen Gebräu in stetem Wachstum begriffen ist. W er aber den goldgelben Stoff aus der Pilsener Genossenschafts- Brauerei in Pilsen, wie er hier im Restaurant Neumeyer zum Ausschank ge- langt, sich zum Trünke auserkoren hat, der braucht sich denselben aus patrio- tischen W allungen nicht verbittern zu lassen, da die Pilsener Genossenschafts- Brauerei an der sogenannten Deutschenhetze, die man vor Jahren wohl einmal einer böhmischen Brauerei zum Vorwurf machte, in keiner W'eise beteiligt war, so daß jeder deutsche Patriot diesen echten Pilsener Gerstensaft ohne Gewissensskrupel schlürfen kann, zumal sein Magen bei diesem anerkannt be- kömmlichen Stoff erst recht keinen Schaden leidet. (Restaurant-Prospekt .) N a c h r u f. Am Montag, dem 21. März, starb unser langjähriger Freund und Kegelbruder JEAN LAENDER. Einer unserer Besten ist von uns geschieden, dessen lauterer Charakter und allzeit freundliches Wiesen, gepaart mit edler Herzensbildung und würzigem Humor, uns unver- gessen sein wird. Ehre seinem Andenken. Kegelklub „ Brav Junge am Nümaat", Köln, Peterstraße 41. Die Beerdigung findet statt am Donnerstag, dem 24. März 1927, nachmittag 4 X A Uhr, von der Leichenhalle des Fried- hofes Melaten aus. (Kölner Stadt-Anzeiger.) Christ, 33 Jahre, 1,80 groß, mit langen, blonden Haaren, Wald, Gesang liebend, sucht Gehilfin, am liebsten dienende Magd, welche große Sehnsucht hat nach Obst, Blumenzucht, Licht, Siedlung, Lebensreform. Erbitte Zu- schrift Friede, Zehlendorf-Mitte, Mühlenstraße, Laube. (Zehlendorfer Anzeiger.) Der Rhein-Verlag, Zürich, fügt diesem Heft einen Prospekt über das dem- nächst erscheinende Werk von James Joyce „Ulysses“ bei. Macht der Musik. Anläßlich der Erstaufführung von Alban Bergs Oper „Wozzek“ im tschechischen Nationaltheater in Prag kam es zu lebhaften Demonstrationen des Publikums. Infolge der allgemeinen Erregung wurde der Prager Vizebürgermeister Wanek vom Schlage getroffen und war sofort tot. (Prager Tagblatt.) 719 Ableben des Rechtsanwalts Max Epstein. (Ein Nachruf.) Vor mehreren Jahren schied der Rechtsanwalt und Notar Max Epstein aus dieser Wirklich- keit. Bescheiden, wie er seine Existenz als Rechtsanwalt und Notar geführt hatte, unbekannt bei der großen Menge, verschwand er eines Tages. Nur der Kammergerichtspräsident und der Vorsitzende der Anwaltskammer hatten ihm die letzte Ehre gegeben. Ich selbst verlor in ihm ein zweites Ich, einen Ge- nossen, der an mir hing wie kein anderer Mensch, einen wahren Angehörigen, der mir auch manche schwere Stunde bereitet hatte. Ich glaube sogar, daß er nicht freiwillig aus dem Leben schied. Er beklagte sich darüber, daß die große Menge und vor allem übelwollende Kritiker ihn beargwöhnten, wenn ich ein literarisches Werk geschaffen hatte. Er konnte es nicht verwinden, daß man uns beide verwechselte und mich als Dilettanten behandelte, während er an der Schöpfung ganz unschuldig war. Er hatte von seinem Dasein keine Freude. Seine Klienten waren Theaterdirektoren, die keine Gebühren zahlten und Schau- spieler, die Honorare durch längere Unterhaltungen im Büro abzugelten pflegten. Dazu litt er an Regressen, die ihm sein geringes Interesse für seinen Beruf einzubringen drohte. So beschloß er eines Tages, seine Existenz aufzu- geben und mir gleichsam das Feld zu überlassen. Ich konnte die Gründe, die ihn zu so tragischem Schritt veranlaßten, nicht mißbilligen. Auch ein anderes trieb ihn in den Untergang. Man hatte ihm angedichtet, er sei ein Garderoben- Pächter und nehme von dem Publikum allzuhohe Gebühren dafür, daß sie ihre Kleider ablegten. Man hatte da wieder ihn mit seinem Vater und eine Erb- schaft mit einem Beruf verwechselt. Man hatte nicht gewußt, daß seit dem Durchbruch von Gorlice im Mai 1915 die Berliner Theater allzu glänzend standen, um einen so wichtigen Teil ihrer Einnahmen zu verschenken. Ich habe immer begriffen, daß solche Verwechslungen ihn verstimmen mußten. So fand sein Dasein eines Tages ein jähes Ende. Da er aber so lautlos erlosch, so konnte sich die Nachricht von seinem Ableben nicht verbreiten. Ich selbst litt am meisten daran, daß man in der Oeffentlichkeit nicht wußte, wie sehr der Rechtsanwalt und Notar Max Epstein verschieden war. Jahrelang hatte ich geschwiegen. Gewiß ist der Beruf des Rechtsanwalts kein unehrenhafter. Es spricht auch an sich nichts dagegen, daß ein solcher Mensch Talent hat. Auch Goethe war Rechtsanwalt. Außerdem kann man bei Heine darüber nachlesen, daß die erhabensten Geister aller Zeiten Juristen waren. Die Zeiten haben sich aber geändert. Heutzutage verlangt man, daß ein Mensch, der zum Dichter oder Denker berufen ist, keinen Beruf habe. Wir leben in einer Zeit, wo die gültige Literatur aus dem Kaffeehaus kommt. Darum widme ich dem ver- storbenen Lebensgefährten diesen Nachruf zugleich als letzten Gruß an meine, wie ich hoffe, schlechtere Hälfte. Max Epstein. Die Bibliothek Victor Werner, Luxus- und Pressendrucke, illustrierte Bücher, Hamburgensien, darunter hervorragend schöne Handeinbände der berühmtesten Buchbinderwerkstätten, Drucke der Bremer-Doves-Ernst-Ludwig- Presse, Hundertdrucke in seltener Vollständigkeit, wird am 24. und 26. Sep- tember 1927 durch die Bücherstube Hans Götz, Hamburg, Gr. Bleichen 31, versteigert. 720 Robert. Nachricht erhalten, innigen Dank. Bleibe dem Vagabunden treu. Hoffe ein Widersehen 1928. Herz- lichstes Gedenken 16. August, 14. Sep- tember. Herzensgrüße Mariechen. ( Lok. Ans.) Ein Rätsel von Usch. Wir saßen sehr vergnügt beisammen Und fühlten kaum, daß „eins-zwei“ kam, Weil’s uns zu sehr gefangen nahm Wir sahen „drei“ noch einmal flammen, Und lasen noch vom „eins-zwei-drei“, Die ganz kuriose Dichterei. ('uudisiwSxoffl ) Neffe Bubikopfhasser, etwas über 40, in einem Vorort Dresdens tätig, sucht liebevolle, verständige und ge- bildete Nichte nicht unter 28, mit langem Haar und ebensolchem ge- füllten Bargeldsäckchen , die ihm seine „negativen“ vertilgt, ein trautes Heim bereitet und eine treue Be- gleiterin auf seinen Oberlchrerferien- rcisen sein soll. Auch Witwe mit Kind sehr lieb, wenn die nötigen Bei- gaben vorhanden. (Dresdener Anseiger.) Geh. Rat Arthur Achleitner, unser geschätzter Mitarbeiter, feierte am 16. August seinen 70. Geburtstag. Er hat im ganzen 178 Bände und mehr als 5000 Zeitungsartikel veröffent- licht. Geheimrat Achleitner hat seine Jugend mit soviel Grazie und Esprit verlebt, daß wir uns auf die Arabesken seiner vieillesse verte freuen. Altkunst G. m. b. H. Freiburg veranstaltet am 18., 19. und 20. Ok- tober 1927 in den Räumen des Casino- Wintergarten eine Versteigerung des Nachlasses und der Sammlung des verstorbenen Baron von Schönebeck, Schloß Feldkirch. Die Sammlung um- faßt Zinn, Fayencen, Bronzen. Tex- tilien usw., ganz besonders Gotik und Renaissance. V Li A J» C II IV 1 .1 1 k " ll ll I 1 ''' limlil '1 lim! 1 "L 11 EI11 neues Werk: MATWEJ KO SHEM JAKIN Roman in zwei Bänden 1. DER SOHN EINER NONNE 2. IM BANNE DER KLEINSTADT 820 Seiten. In blau Leinen Mark 10. — (Bände XI und XII der Gesamtausgabe) Eines der abgeklärtesten Werke des großen Dichters. Erschütternd in seiner schlichten Ehrlichkeit, ein Dokument des russischen Menschen — seiner sehnsüch- tigen Zerrissenheit, seiner Flucht in die Einsamkeit, seines Glaubens an den schließlichen Sieg des Guten im Menschen. MALIK- VERLAG / BERLIN W50 721 Offerten an das „Kabarett der Namenlosen", im Monbijou, Berlin. Im Gegenwärtigen Ihres Inserates der Morgenpost für weiter hin, junger Talente zum Cabarett, gestatte ich mir Ihnen einige Zeilen zu schreiben. Zwar habe ich ein volles Talent zur Bühne, bin 22 jahr alt, möchte mich nun Ihrer Gelegenheit weiter ausbilden und stehe Ihnen gern bereit als Sächsischer- Komiker. Habe schon in größeren \ ereinen auf den Brettern was die Welt bedeuten gestanden und als gut gearbeitet. Ebenfalls bin ich im Jahre 1922-23 in Halle a./S. Kochs-Künstler-Spiele als Bühnenmeister tätig gewesen. Sollten Sie nun näheres von mir zu beabsichigen, so bitte ich Sie höflichst um schnellste benachrichtigung. Hochachtungsvoll Berlin-Siemensstadt, d. 10. 7 - 26. Kurt B., Siemenstadt. * Sehr geehrter Herr! Da Sic wohl vergebens auf meinen besuch, am Montag den 21. dieses Monats gewarten haben. Leider hat’s Mir leid getan aber es ging bei besten willen nicht, es hatte sich in meiner Familie ein kleiner zwischen Fall er- geigcnet mein kleines Töchterchen hat sich am Sonntag früh plötzlich gelegt. Nun lieber Herr da können Sie sich doch in meiner Lage stellen, da Sie doch selbst Familienvater seien nun soll man hier helfen ohne Geld, da kann man laufen zu I’unszius Pilastus ehe man hier ein paar groschen von der Er- werbslosen-Fürsorge bekommt. Meine Frau ist auch den ganzen Tag unter- wegs mit Zeitungen früh u abends. So ruht die ganze sache eben auf Mich. In der Hoffnug das Mich Herr J. zum Januar wann der Film beginnt nicht vergessen wird, so will ich mich noch gärne bis dahin geduldigen. Da Ich stets doch als Manegen Claun gearbeitet habe es ist eben eine sehr schlechte zeit in der wir sind, Wir konnten uns nur am Sonnabend nicht richtig unterhalten in der Lage wie Sie standen da es doch zu viel Men- schen waren, und alles schnell gehen mußte da alle augenblicke neue Leute zu kamen, und Ich weiß was das heißt jeden abzuvertigen. bei so vielen Leuten. Also noch mals wird mich Herr J. nun doch nicht vergessen so bald der Film sein Anfang nehmen wird denn auf allen Sachen bin ich zum Filmen geeignet so als Leiermann, Bettler, Kriegsbeschädigter, Appache in dem rollen bin ich knorke. Die Sache habe ich vor dem Kriege betrieben im Am- brosius Film. Seien Sie tausend mal gegrüßt in Hoffnung das mich Herr T. einst mal angagieren wird. Mit Hochachtungsvoll Wilhelm Sch., Berlin O. Sommernachtstraum am Spiegelsee, Roman von Oskar Gluth: Hochauf- gerichtet im vollen Rüstschmuck ihrer bedeutenden Körperlichkeit, stand sie wie ein aus schwellendem Hefenteig gefertigtes Modell der Bavaria neben der letzten Bank, eingekeilt in das Fähnlein der unentwegt Zuspätgekommenen. ( Gartenlaube.) 722 Bansin. (Zu singen nach der Melodie: Durch den grasgrünen Wald, Wo keine Bäume stehn, Fährt eine Eisenbahn Vorne mit Dampf. Ostern ist längst vorbei, Und auch der Februar, Und in der Eisenbahn Sitzt eine Frau. Ach, wie ist’s möglich dann“) Sie schiebt an einer Bank, Damit es schneller geht, Plötzlich ruft der Schaffner laut: Alles aussteigen ! Und die alte Frau steigt aus, Nimmt zwanzig Pfennig raus, Geht an den Automat, Kauft sich Bonbons. Und in der Asgard-Diel' Tanzt man, so lang es geht, Kauft sich ’nen Schwedenpunsch, Und macht Bum-Bum. Z. v. G In der Düsseldorfer Gesolei-Ausstellung hatte der Bildhauer C. M. Schreiner zwei große Steinfiguren aufgestellt, die keinen Beifall fanden. Es wurde be- schlossen, ihnen eine neue Haut zu geben, und für viel Geld machten sich Steinmetze an die Arbeit. Wäre es nicht praktischer gewesen, da die Gesolei doch eine Ausstellung für Gesundheitspflege war, sie zu einem Dermatologen zu geben? S. Z. Ob Ob Und Neid und Mißgunst uns zu trennen suchen, Lästerzungen unser Glück verfluchen, ob um uns auch Sturm und Wetter tobt, Wi r sind verlobt! Den Den Freunden und Gönnern senden Grüße — Neidern und Lästerern ein Schloß aufs nicht faul, M . . . ! Hedwig und Paul. Marienwerder, am Fest der Erscheinung des Herrn 1927. ( IVeichscl-Ztg.) Korrespondenz Fremder. Wien, io., Schönbrunner Straße 666, Oester- reichisches Postsparkassen - Konto 147, Postscheckamt München 8753. P. T.! Gestatten Sie die höfliche Anfrage, ob Sie für folgende aktuelle Ar- tikel Interesse haben: Frau Ava, die erste deutsche Dichterin. (Gestorben 1127. 800. Todestag.) Die unsterbliche Geliebte. (Zu Beethovens 100. Todestag im März.) Wenn ja, geht Ihnen der Artikel sofort zu. Preis eines Artikels 3 Mark. Hochachtend August Schultze. ( Gedruckte Originalofferte.) 72 Vol . 7 723 DAS AUSLAND SCHWEIZ: Um alles zu genießen, wie es wirklich ist, muß man mitten drin wohnen, d. h. nicht etwa in einem veritablen Dorf, sondern in der neu entstandenen Fremdenkolonie. („Oberhalb“). Man beginnt die Nacht mit der herzhaften Unterhaltung von der Gaststube her, anschließend erzählen sich Schweizerinnen nebenan ihre kleinen Tagesfreuden, dann fommen die Leute vom Apachenball zu- rück, und wer früh aufsteht, den Morgen liebt, kurbelt um fünf schon an, immer wieder, denn die Nacht ist kühl. Dann kommen die späteren, und schließlich gegen Morgen (für den 2. bis 17. Schlaf) der breite Strom, der irgend etwas nötig hat im Laden gegenüber, Ansichtskarten, Andenken usw., wo man stehen- bleibt und überlegt und nach Paul, Oskar, Lotte ruft oder „Mutti, sieh mal!“ sagt. Allmählich ist alles fertig und aufgezogen, um langsam abzurappeln. Leute vom Kurfürstendamm gehen hier genau wie dort spazieren, mit Lackschuhen und Sportdreß. Dazwischen Schweizer und ihre Kühe. Ungemein frische, herausfordernd frische Leute, bei denen man die ärgerliche Empfindung hat, daß sie die Welt negieren, wenn sie nur frisch und rot und olank aussehen. Die blecherne Bimmelei der Kühe ist sicher auf Almen, besonders wenn man die Tiere nicht sieht, stimmungsvoll. Hier unten wirkt dies Gebimmel geradezu snobbish. Es ist wahr — die Schweiz unterscheidet sich deutlich von Tirol und Bayern: Man sieht hier keine „Dirndl“. Dazu hat man es nicht vorzu- treiben gewagt. Aber was mindestens ebenso reich an Invasionsschrecken ist: die Bluse scheint wiederzukommen. Es schien eine Zeitlang, als ob sie dran- gegeben sei. Manchem mag das sfhwer geworden sein, denn das Kleidungs- stück scheint wie Loden tief im deutschen Charakter verwurzelt. Tatsächlich taucht die Bluse hier in allen möglichen, kaschierten und unkaschierten Varia- tionen wieder auf, besonders mit russisch-männlicher Variante, d. h. als Sack, aber auch mit der vollendeten Schamlosigkeit eines sichtbaren (meist aufge- repelten) Gummibandes. Die Sache steht so, daß die Schweiz an gewissen Vollkommenheiten leidet. Vom Standpunkt des Durchschnittsmenschen ist einfach alles vollkommen. Da- bei ist es furchtbar z. B., wie so eine dicke, sechskantige Eichenuhr auf einer weißgetünchten Wand sitzt, als einziger „Schmuck“. Nichts drum herum, keine Atmosphäre. Das Schweizer Gemüt hat etwas von einem seiner berühmten Exportartikel, diesen Uhren, angenommen: es ist stets in Ordnung, duldet bei sich keine Verstöße, geht niemals falsch. Hervorragende Ticktacks, Regula- toren des Lebens, nicht mit diesem zu verwechseln. Andere Vollkommenheiten, wie Reinheit der Luft, Rechtschaffenheit und Einfachheit des Charakters, sind restlos wohltuend. Sie werden daher auch von den anderen Nationen kurzerhand benutzt, um sich hier zu erholen und sich in dieser ihnen fremden Atmosphäie gesund zu baden. Nur von diesem beschränkten Gesichtspunkt aus interessiert die Schweiz. Schweiz ist Aussicht, Metermaß, Ozongehalt, Hotel. Was sie sonst treibt, wie sie sich ohne Fremde ausnimmt, interessiert in keiner Weise. 724 Schweizer Schriftsteller könnten sich rächen für diese einseitige Ausbeutung des Landes zu sanitären Zwecken. Hoteliers, „Concierges“, Telephon- und Stubenmädchen müßten schreiben lernen, das wäre eine Goldgrube, wenn sie er- zählen könnten. Statt dessen gibt es — außer Zahn, der ein ausgezeichnetes Hotel in Göschenen besaß, aber dies auch nicht im querschnittlichen Sinn aus- genutzt hat — nur Zünftige. Der selbständige Schweizer Schriftsteller scheint sich mehr oder weniger von Natur wegen für verpflichtet zu halten, stets treu, wahr, klar und hart zu schreiben. (Wie der Holländer danach stets breit und butterig sein müßte). Es könnte auf die Weise eine sozusagen kernige Literatur entstehen, aber man scheint allzu einfach vorzugehen und sich allzusehr auf gewisse, festgelegte nationale Grundstimmungen zu beschränken. Die Schweizer Schriftsteller schreiben wenigstens in deutsch und französisch, im Gegensatz zu anderen kleinen Ländern, die aus ihrer Sprache nicht heraus- können. Sie hätten also alles Zeug zum Internationalismus, aber sie ziehen vor, beiseite zu stehen und lassen von den schönen Qualitäten ihres Landes, von Firnenglanz, Mattenduft und Würzigkeit auch in ihren Büchern nicht. Der Begriff der Echtheit wäre also vielleicht zu revidieren. Um wahrhaft international zu sein, muß man Journalist sein, wie es das Beispiel der Neuen Züricher Zeitung beweist, ein Blatt, das diese Tugend be- sitzt, ohne die offiziellen Tugenden dranzugeben. Uebrigens ist das Fehlen von Hunden in der Schweiz auffallend. Hunde scheinen nicht schweizerlieb zu sein, das schweizerische Temperament scheint sie nervös zu machen, oder jedenfalls ihnen nicht genehm zu sein. H. v. W. 72 5 SCHALLPLATTEN-QUERSCHNITT Kammermusik Odeon. Nr. O 6273. „Molto- Allegro" aus dem Streichquartett in G-Dur Nr. 12 (Mozart) gespielt vom Roth-Quartett: Jugendliche kecke Auffassung, Mozartisehe Tranzparenz und durchseelte Dramatik. — Rückseite : „Andante aus dem Streich- quartett in C-Dur opus 19 ( Busoni) : Strahlende Melodielinie wird von grüble- rischem Contrapunkt leicht beschattet. Columbia. L 1788. „Siciliano and Rigaudon" (Francoeur-Kreißler), Violine ( Joseph Ssigeti) und Klavier: Vibrierende Großzügigkeit in Vortrag, Ton und Technik (diskrete Klavierbegleitung) steigern diese Fin de Siecle-Kleinigkeiten zu treff- lichen Konzertnummern. — Rückseite : „Zephir' (J. Hubay opus 30 Nr. 3), Geige und Klavier. Columbia. Nr. D 1557. „Nigun" -Improvisation (aus „Baal Shem" , Bilder chassidi- schen Lebens von E. Bloch). Violine (Joseph Szigeti) und Klavier: Französierte Orientthemen, dem pompösen Stil eines Violinkonzertes angeglichen und eminent geigerisch absolviert. Electrola. Nr. DE 947. Trio Nr. 1 in B-Dur, opus 99 (Schubert). Alfred Cortöt (Klavier), Jaques Thibaud (Geige), Pablo Casals (Cello): Anti-sentimentale, ge- schmacksichere und vitale Wiedergabe durch drei kultivierte Meister. Ihre Quali- tät stuft sich folgendermaßen aufwärts: Klavier, Violine, Cello. Electrola. Nr. DA 833. „ Melodie “ in F. (Rubinstein) und „ Träumerei " (Schu- mann). Cello (Pablo Casals) mit Klavier: Traditionslose Schlankheit; trotz üppiger Tongebung keinerlei pathetisches Schwellen .... Grammophon. Nr. 66193. Duo, Es-dur für Viola und Violincello (Beethoven) mit zwei obligaten Augengläsern. Gespielt von Gebr. Paul und Rudolf Hindemith: Modern gelockertes Spiel. Interessanter Dialog zwischen zwei gleichwertig be- handelten Streichinstrumenten. Tanzplatten Vox. Nr. BB 1840. „Puppenwalzer" aus „Die Puppenfee" (J. Bayer), gespielt von Jenö Fesca und seinem Orchester: Ein Schuß echter Tokayer würzt die sym- pathische Interpretation dieses leicht wienerischen Stückes. Brunswick. N. 3452. „ Yankeerose " ( Holden-Frankl), Harry Archer-Orchestra: Tänzerische Verarbeitung preußischer Marschrhythmen und Fanfarensignale. — Rückseite: „High-High- High up in the hills ", Foxtrot (Lewis- Jung- Abrahams), Harry Archer-Orchestra mit Bonnie Laddies Trio: Illustratives Gesangsinter- mezzo des „High-High“ — apartes Finale. Vox. Nr. E 48 038. „La Cumparsita" und „Donna Vatra" (Tangokapelle Bernard Ette): Einlullende Wechselrede männlicher Sonorität und schmelzender Weib- lichkeit. Technisch besonders gelungene Tangoplatte. Brunswick. Nr. A 190. „Hallo Bluebird" , Foxtrot. Vincent Lopez-Orchestra mit Vokaltrio: Amüsant contrapunktierendes Terzett mit anspruchsvoll orchestrier- tem Nachsatz. — Rückseite: „I’m on my way home", Foxtrot (Berlin): Dyna- misch ausbalanzierte, treffliche Imitation der durch J. Smith verbreiteten Berlin- schen Weise. Electrola Nr. EG 183. „Spaventa" -Tango (Pares, van Parys), Rio grande-Tango Band. — Rückseite: „Confession" -Tango (Sinclair): Zärtliche französische Chan- sons mit Bläsereffekten, die vollkommene Illusion eines Leierkastens erreichen. . . 726 I ot. Nr 1795 BB. „Sirenensauber (E. Waldteufel), gespielt vom, Orchester Jenö Fesen: Erfreuliche Wiederbegegnung mit einem alten Bekannten, der uns zeigt, daß es durchaus nicht leicht ist, einen „richtigen“ Walzer zu fabrizieren. Brunswick. Nr. A 248. „The Sphinx “, Foxtrot (King Warren), Katsman’s Anglo- Persian-Orchestra und „Delilah“ Rose Fisher: Kleine operistische Anleihen er- höhen den Charme orientalisierter Themen, die geschickt zu schmeichlerischem Tanz verwebt sind. Diversa Electrola Nr. EG 461- „Wir leben — wir lieben “ (Egen und Bransen, Text von Fritz Rotter), gesungen von Austin Egen: Von angenehmer Baritonstimme ge- sungene kleine Trostweise über schnellschwindendes Leben, Lieben und Trinken. Hübsche deutsche Imitation J. Smith’schen Stiles . . . Electrola. Nr. E G 179. „Some other Bird whistled a tune“ (Bryan, Schäfer, Fisher). Vortragender: Jack Smith. — Rückseite: „Are you sorry?“ (Milton Anger): Gehört zu den besten Pfeif-Mezzavoce- und Parlando-Leistungen des Publikum- lieblings. Beka-Lindström. B 6147. „ Menuett “ G-Dur (Beethoven). Münchener Guitarre- Kammer-Trio. — Rückseite : „ Moment musical“ (Schubert, opus 94): Virtuose Beherrschung und Klangfülle des sonst dünnlichen Instrumentes, im Nebenzimmer ist die Täuschung, ein altes Spinett zu hören, vollkommen. (85 — 90 Umdrehungen, Lauttonnadel.) Columbia. Nr. 4037. „La Cinquantaine“ , Saxophonsolo by Rudy Wiedoeft mit Klavier: Cellistische dolcezza eint sich mit verblüffender Technik. Resultat: Einzigartige Leistung. „Sax-o-Phun“ (fun) lacht wie ein lebender Mensch — unfehlbare Wirkung .... Columbia. Nr. 4363. „La Paloma“, Saxophon (Rudy Wiedoeft) und Klavier: Spiri- tualisierung napolitanischen Schmachtfetzens, pralles Staccato. — Rückseite: „Song of the Volga-Boatsmen“ : Ueppigkeit eines Streichorchesters. Orchester Electrola. Nr. E J 94. Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“ (Joh. Strauß). Mitglieder der Kapelle der Staatsoper Berlin, unter Generalmusikdirektor Blech: Die klang- schöne Platte beweist aufs neue, daß diese sogenannte „Operette“ Meister Straußens sich des öfteren zu vollgereifter Oper entfaltet. 727 Grammophon. Nr. 66456. „Ballettmusik“, Csardas aus „Ritter Paßmann' (Joh. Strauß). Mitglieder der Staatsoper Berlin, Dirigent Robert Heger: Prächtig aufgebaute, einfallreiche Rhapsodie mit elektrisierendem Czardas. — Rückseite : „ Furientanz “ aus „Orpheus“ (Gluck): Unerhört gestaltete, nie nachlassende orchestrale Bewegung. Reiche Akzente, lauteres Vorbild Wagnerscher Steige- rungen. Parlophon. Nr. P 9111I12. „ Danse macabre“ (C. Saint-Saens opus 40). Eduard Mörike mit großem Staatsopernorchester : Distinguiert popularisierte Totentanz- Bilder, ebenso klarflüssig wie raffiniert instrumentiert. — Rückseite von Nr. 9112: ,, Allegro appassionato“ (C. Saint-Saens).' Cellosolo (Emanuel Feuermann). Chor Grammophon. Nr. 66436. „T ranseamus“ und „Ave Verum ' (Mozart). Basilica- Chor, St. Hedwig Berlin, Regens chori: Pius Kalt: Goldklare, dynamisch vor- züglich gestufte Aufführung des berühmten Basilica-Chores der Hedwigskirche untei seinem überlegenen Führer. Columbia. Nr. 9154. „The imprisoned Cossacks “ (Nistschensky). Don-Kosacken- Chor (dirigiert von S. Jaroff): Alle stimmlichen, rhythmischen und gestaltenden Fähigkeiten dieses vielseitigen Chores gipfeln in der packenden Dramatisierung des (Rückseite) : „Signal-Marsch der Kavallerie“ (Kolotolin). Electrola. Nr. E J 66. „ Crucifixus “ (Antonio Lotti) und „Adoramus te“ (Giuseppe Corsi). Staats- und Domchor unter Leitung Prof. Riidel’s: Diese Vereinigung kirchlich und operistisch trainierter Chöre ergeben reizvoll timbrierte Mischung. Gesang Polydor. Nr. H 70 ooo. „Jechadschehu“ und „Kulom ahurim“ (Tenor: S. Pinka- sowicz) und Klavier. Polydor. Nr. H 70 024. „ Haschiwenu “ und „ Ma-tauwu “ (Tenor: S. Pinkasowicz), Harmonium und Chor: Interessanter Vergleich zwischen durchlichteter Ensemble- musik des Abendlandes und dem clair-obscur dieser Rembrandschen Klangbilder. Pinkasowicz meistert gleichermaßen Farbe, Umfang, Vibration und melismatische Technik. Electrola. Nr. D B 132. „ Flohlied “ (Mussorgsky), Baß: F. Schal japin mit Orchester : Für Auge, Ohr und Gemüt unvergeßliche Gestaltung des Flohliedes. Welche Skala ausdrucksreichsten Gelächters! — Rückseite: „V erläumdungsarie“ aus Rossinis „Barbier“ : Ungewohnt grotesk-dämonische Charakterisierung des langen Don Basilio. ELECTROLA BRINGT BESTE MUSIK IN JEDES HEIM. BERLIN W.8LEIPZIGERSTR.23+KURFÜRSTENDAMM 55 FRANKFURT A. MAIN + KÖLN A.RHEIN 728 Ein Ullstein-iSoncIerlieft für Leute, die die Köstlidikeit der braunen Boline zu sdiätzen wissen. Hier wird endlich einmal das Geheimnis verraten, wie Kaffee bereitet werden mulj, wenn er wirklich gut sein soll. Die versdnedenen Sorten, das Rösten, JVtahlen, JMisdien, das Brühen und Sieden, die Be~ reitung mit Kaffeemasdnnen, alles ist darin enthalten. Audi von Tee, Kakao und Schokolade ist in dem Heft ausführlidi die Rede. Preis yS Pfennig. $ie £ibliottjcf tlictoc HJcrncc £ueu$» und prcflendrurfe, fliupciecte durftet/ ffam&utgenjien, darunter fietöot* ragend frfjonc fjanäetnbä'näe der bcrüfjmteften modernen ijudft6indertDerfftätten £dic öemctet/ öotfnct/ t£6crt/ Cnderö/ $ifcntfrf|et/ tBcrbetä, 3 e &f en / R«ß*n/ tfdject ittjierfrf), rOcifce ufto. ZJturfe der I3temet*>Ooocfii»£tnft*£udtDig'Pren’c / fjundertdcucfe in feltencr UoUftandigfeit. Ratalog narij Srfdjcinen a. H). fojtenio* Petfteigcrung anftfjticpcnä an die Tagung der <3efellftf)aft der t?ibliopf)ilcn am £4. und io. September i ?t7 durtf) die l$üd)ecjtube Qane C. n..Ii.,n Knglischc Bulldogge. Champion Bedgehnrv Lion Japanischer Chin. Champion Hisa V* m m 285 **-~. •«- Mexikanischer Nakthund Photos G. Bolton Chinesische Marmorplastik der Sung-Dynastie Bes. E. Worch Samojeden-Spitze (Polar- oder Nordlandhunde) Photo Stephen Cribb DER KORPSHUND Vo n J IA TT II El) QU1NZ In einer Nebenstraße der Karlstraße, unweit der Charite, be- treibt Herr Franz Schüttehelm eine Gastwirtschaft. Bis vor 20 Jahren, Herr Schüttehelm zählt heute 72, war Herr Schütte- helm Fax bei einem der feudalsten Korps in Bonn. Heute betreut er in seinem Lokal die Angehörigen mehrerer kleiner Verbindungen, die sich eigene Heime nicht mehr leisten können. Als Kenner der Materie war er so freundlich, unserem Bericht- erstatter einige Auskünfte zu geben. U nseren guten alten Studentenhund hat der Fiskus verschluckt. Das ist eine traurige Wahrheit. Aber welcher Student sollte heute das Geld für die Steuer aufbringen, wo der Monatswechsel kaum so viel ausmacht wie ein Steuerquartal? Ganz allein ist der Fiskus auch nicht schuld, sondern das Aus- sterben der wirklichen Zimmervermieterinnen, die sich des Hundes annehmen, und die Gastwirte, die heute gleich 30 Pfennig für eine Portion Knochen fordern. Nur noch in Erlangen gibt es Studentenhunde wie früher, weil da der Ma- gistrat ein Einsehen hatte und Hunde von Immatrikulierten steuerfrei gelassen hat. Aber ihre Künste können sie dort auch nicht mehr zeigen. Ist es doch vorgekommen, daß ein Studiosus wegen Unfugs angezeigt worden ist, weil er sich von seinem Hund das Bierglas hat nachtragen lassen. Dazu ist doch der Hund da? Oder nicht? Nur mit Sport ertüchtigt man die Jugend nicht, auch die alten Bräuche hatten ihr Gutes. Wie richtig hat der Hund früher seinen Herrn ins Kolleg geführt, hat ihn vorher geweckt, am Abend vorher richtig nach Hause gebracht. Das waren alles Dinge, die das Leben erheiterten. In Norddeutschland gab es eigentlich nie Korpshunde, was daran liegt, daß in allen Lokalen von Kellnern bedient wird, während der Hund bekanntlich auf die Kellnerin dressiert ist und es gar keinen Fez macht, wenn er einen Kellner jagt. Ich selbst habe viele berühmte Hunde gekannt. Die Bonner Borussen hatten lange Zeit ’ne Dogge, die direkt von der Bismarckschen abstammte, und be- rühmt war der ,, Methusalem“ der Saxonen, der ein biblisches Alter erreichte und seinen Namen von dem Karl Mayschen „Blauroten Methusalem“ her hatte. Methusalem konnte bis zu 12 Liter Bier vertragen und hat Jahre hindurch diesen Rekord gehalten. Er starb an Nierenschrumpfung, sonst die Gastwirts- krankheit genannt, und wurde mit solennen Ehren begraben. Uebrigens war er nicht nur ein fester Trinker, sondern auch ein erstklassiger Läufer, der bei dem alljährlichen Hunderennen oft siegte; allerdings wußte er, daß ihn am Ziel eine große Molle Bockbier erwartete, das er besonders liebte. Ein anderes Korps hatte mal einen weißen Pudel, der das volle Bierglas auf dem Kopf balancieren konnte und auch auf zwei Beinen, das Glas im Maul, in die Kneipe spazierte. Die Sensation dauerte aber nur einige Tage, Methusalem biß den 737 Pudel, als er ihn das erstemal sah, kaputt, so hatte ihn der geschniegelte Fatzke geärgert. Wie viele Forderungen daraus entstanden, weiß ich nicht mehr. Also: wenn Sie noch mehr über Korpshunde wissen wollen, müssen Sie nach Erlangen fahren, wo noch ein menschenfreundlicher Magistrat ist. Meine beiden Töchter, die dort verheiratet sind, natürlich beide an Akademiker, haben beide Prachtexemplare von deutschen Doggen, die Ihnen alle Künste eines echten deutschen Studentenhundes vorführen können. Johann Adam Klein Radierung DER HUND DES ODYSSEUS Doch ein Hund lag da, der Kopf und Ohren emporheb, Argos, den der Dulder Odysseus selber erzogen, Aber der Zug ins heilige Troia ließ ihn des Hundes Sich nicht lang erfreun. Vorzeiten, da führten die jungen Männer ihn wider wilde Ziegen und Hasen und Rehe, Dann aber lag er verachtet, als sein Gebieter clavonzog, Auf einem Haufen Dünger, der vor den Pforten von Rindern Und von den Eseln geschichtet, bis ihn die Knechte des Herrsdiers Feldwärts schafften, die weiten Triften des Königs zu düngen. Und da lag nun Argos, der Hund, von Läusen gepeinigt. Aber sobald er nur das Nahn des Odysseus bemerkte, Wedelte er, und seine Ohren senkten sidi leise, Dodi er vermodite nidit mehr, sidi seinem Herrn zu nähern. 73 8 Der aber blickte beiseite, damit Eumaios nicht sähe, Wie eine Träne ihm rann, und schnell begann er zu fragen: „ Wunderbar , Eumaios, ist doch der Iluncl auf dem Dünger, Prächtig ist seine Gestalt, doch kann ich natürlich nicht missen, Ob er bei solchem Wuchs auch schnell im Laufen gewesen Oder nur so wie Hunde, clie um die Tische cler Herren W edeln, und die man nur des Prunkes wegen sich großzieht .“ Drauf erwidertest clu, o göttlicher Sauhirt Eumaios: „O, clu würdest erstaunt die Kraft und Schnelle bewundern, W äre der Hund, der jenem Fernhingesdiiednen gehörte, i\och so prächtig und rüstig wie damals, als ihn Odysseus Vor cler Fahrt nadi Troia uns hier im Lande zurückließ. W elches Wilcl er auch jagte, im tiefen Dickicht des Waldes Könnt' es nie entfliehn, denn sicher fand er die Fährte. Nun verkommt er im Elend, seit sein Gebieter im fernen Lande gestorben; clie lässigen Mägde versäumen die Pflege. Ist kein Herrscher mehr da, mit Kraft und Stärke zu walten, Wollen clie Knechte auch nicht clie schuldige Arbeit verrichten. Nimmt doch der allüberschauende Zeus clie Hälfte des Wertes Jedem Mann, sobald die Stunde der Kneditschaft ihm nahte.“ Also spradi er und ging hinein in clie prächtige Wohnung, Sdiritt dann sogleidi in den Saal in die Mitte der trotzigen Freier. Aber clen Argos erfaßte das finstere Sdiicksal des Todes, Als er Odysseus nadi zwanzig Jahren wiedergesehen. — (Odyssee, 17. Gesang, Deutsch von Thassilo v. Scheffer, im Propyläen-Verlag.) DER VARIETE-HUND Von GIUSEPPE BIANCARDI (,-on Den „RlcorDlnl-Brolber/j E igentlich betreiben mein Bruder und ich heute das als Beruf, was wir früher aus Langweile und nur zum Zeitvertreib gemacht haben. Unser Vater, Munizipalbeamter in Mailand, hat uns gewiß nicht zu Artisten bestimmt. Mein jüngerer Bruder sollte in eine Anwaltskanzlei eintreten, ich selbst sollte studieren. Aus den Resultaten der Langweile der Vorbereitung auf diese Berufe ist unsere ganze Nummer zusammengesetzt. Den Trick, drei fliegende Bälle und später fünf so klapp-klapp mit dem Hut zu fangen, konnte ich schon als kleiner Bub. Wenn man mich zur Erledigung meines Schulpensums ins 739 obere Zimmer einschloß, übte ich ihn stunden- lang und habe für diese Uebung manche väter- liche Ohrfeige bezogen. Uebrigens war meint; damalige Uebung wesentlich komplizierter als das, was ich heute mit großem Erfolg vor- fiihre; damals arbeitete ich mit Papierkugeln, Radiergummi, und was mir sonst zur Hand war, während meine jetzigen Bälle im Ge- wicht gleich sind. Das muß aber so sein, wegen der Sicherheit vor dem Publikum. Vom Studium erlöst hat uns der Krieg, und hier zeigte sich, daß einem jungen Mann, wenn es um die liebe Haut geht, die Schulweisheiten gar nichts nützen. Mir haben meine artisti- schen Fertigkeiten über den Isonzo hinweg- geholfen: ich war bald als komischer Jongleur in allen Offizierskasinos bekannt und beliebt und wurde geschont wie ein kostbares optisches Instrument. Mein Begleiter war ein Hund internationaler Weltkriegsmischung, der wegen seiner langen Nase den Namen Cyrano hatte. Wiederum aus Langweile fing ich mit ihm zu experimentieren an und kam so auf meinen Hundetrick, mit dem ich jetzt rund um die Welt segle. Cyrano ist durch Pinchi ei setzt, unseren lieben Kollegen. Wir haben oft daran gedacht, auch mit anderen Tieren zu reisen, wollen aber beide nicht im allgemeinen Sinne Tiere dressieren, sondern sie lieber nur als Figuranten für unsere kleinen Geschicklichkeits- komödien verwenden, und dafür scheinen uns Hunde am geeignetsten ; sie sind am menschenähnlichsten. Für alle Tierdarbietungen bleibt der Bergsonsche Grundsatz Gesetz: „Man lacht über ein Tier, weil man in ihm eine gewisser- maßen menschliche Haltung oder Mimik entdeckt.“ Auch wollen wir aus noch einem Grund nicht andere Tiere in unsere Truppe auf nehmen: die ewige Sorge um diese Partner ist so groß. Der Artist hängt am Tier mehr als an seiner Frau. Es ist ihm das, was einem anderen Menschen das Zuhause repräsentiert. Wie wir im Vorjahr im September in New York waren, erlebten wir eine er- schütternde Tragödie. Yay Epstein, einer der besten Tierdresseure, ver- brannte bei dem Versuch, seine dressierten Tauben, Katzen und Enten aus einem brennenden Hause des Varieteviertels zu retten. — Hunde haben noch einen Vorzug: sie sind nicht hysterisch, sondern präzis und zuverlässig in ihrer Produktion. Also bleiben wir bei Pinchi. Entscheidend für unseren Entschluß, zum Variete zu gehen, war erstens unsere Unlust, uns in Büros oder ähnliches klemmen zu lassen, und zweitens der Eindruck, den auf uns der berühmte Clown Porto machte, als wir ihn zun ersten Male sahen. Das war das Ereignis, das den ganzen Krieg in uns aus- Dolbir». 740 wischte, so haben wir gelacht. Auf einmal war alles andere für uns erledigt: wir fingen an, Clowns und Komiker zu studieren, die Technik ihrer Komik, verkehrten in Artistenbars und hatten bald heraus, was für uns richtig war: ganz einfache kleine Tricks mit ernstester Sachlichkeit vorzuführen, ohne Pointen und Effekte. Gerade die mißverstandenen Selbstverständlichkeiten wirken. Dazu nutzten wir natürlich unsere körperliche Erscheinung aus: wir sind nämlich beide fest überzeugt, daß wir zwei fabelhaft elegante und schöne Gentlemen sind. Das ist unser stärkster Trick, der aber wiederum aus Lang- weile geboren ist: denn aus diesem edlen Grunde haben wir uns immer recht viel Zeit gelassen, unsere äußere Erscheinung zu pflegen. Auf sie stutzen wir nun die Einfälle zurecht, die uns immer wieder durch den Kopf gehen. In der Beziehung ist mein Bruder Meister. Nur hat er die schlechte Angewohnheit, seine neuen genialen Einfälle zuerst einmal an mir auszuprobieren. Falle ich herein, so ist er selig. Das ergibt allerdings für mich das fatale Risiko, daß ich bei keinem Gegenstand, bei keiner Begegnung, die mit meinem Bruder zusammenhängt, sicher bin, nicht geblufft zu werden. Außerdem sind die Lieblingsideen meines Bruders immer so ausgedacht, daß ich als Pointe ent- weder einen Schlag auf den Kopf bekomme oder ähnlichen Zärtlichkeiten aus- gesetzt bin. Die verschluckten Stecknadeln in der Ausführung, wie ich sie exekutiere, stammen aus seinem Gehirn. Ich habe ihn sehr im Verdacht, daß das seine Lieblingsnummer ist, weil er weiß, daß sie nicht ganz schmerzlos ist. Manchmal, wenn wir einen ganz großen Erfolg haben, schäme ich mich vor den anderen Kollegen, die schwer arbeiten, Abend für Abend ihr Leben riskieren, während wir den Applaus abschöpfen. Ich weiß ja nicht, was beim Variete wichtiger ist: dem Publikum eine Gänsehaut über den Rücken laufen zu lassen oder sein Zwerchfell zu kitzeln. International ist beides: die Sen- sation und das Lachen. Mir be- kommt das Lachen besser, und mei- nen Zuschauern vielleicht auch. Auf alle Fälle aber meinem Hund: er ist jetzt siebzehn Monate beim Variete, aber irgendwelche hals- brecherische Produktionen kann er noch nicht sehen; dann klemmt er sein Schwänzchen ein und verkriecht sich gesträubten Haares und wim- mernd hinter einem Dekorations- stück, dagegen lacht er mit Leiden- schaft, so wie seine Herren. Draco. 7 4i POLARHUNDE Von H. U. SVERÜRUP Professor der Meteorologie, Geopliysisclies Institut, Bergen U nter Polarhunden versteht man meistens die Grönlandhunde. Mit diesen erreichte Peary den Nordpol, Amundsen den Südpol, und mit ihnen reiste Knud Rasmussen von Grönland bis zur Beringstraße. Herrliche Schlittenhunde, treu, ausdauernd und genügsam, aber streitbare Raufbolde. Es gibt mehrere Polarhundrassen: die großen, langbeinigen Alaskahunde, die kleinen, zottigen, aber klugen Samojedenhunde, die prächtigen, hochgebauten Hunde aus dem Jenisseygebiet, die den Grönlandhunden näher stehen, die schmächtigen, schnellen IColymahunde, die grauen, wolfsähnlichen Hunde aus Anadyr und die kleinen, zausigen, verhungerten und ausgemagerten Hunde, mit welchen die Tschuktschen, die Eskimos Sibiriens, unglaublich lange Strecken zuruck- legen. Persönlich habe ich nie mit Grönlandhunden zu tun gehabt, aber ich kenne alle die sibirischen Polarhunde durch die langen Jahre, die ich an den Küsten Sibiriens und draußen im Treibeis zugebracht habe. Ich brauche nur die Augen *zu schließen, und die Bilder aus jener Zeit ziehen an mir vorbei. Ich stehe fertig gerüstet da zur langen Fahrt nach Norden bei Kap Tschel- juskin, der Nordspitze Asiens. — Unsere großen, weißen Jenisseyhunde stehen da und zerren an den Leitseilen; sie zittern am ganzen Körper aus Eifer und Ungeduld, die Ohren stehen steif, und die Schweife wehen im Sturm wie Federpuschel. Oder ich sehe sie im tiefen, lockeren Schnee dem schweren Schlitten voran- eilen. Die Schweife sind längst über den Rücken hinabgeglitten, denn es ist harte Arbeit. Die Tiere keuchen und pusten, sie plagen sich um jeden Fuß breit, sie werfen sich gestreckt nach vorn und ziehen mit aller Macht. Aber sie lieben ihre schwere Arbeit und würden sie niemals aufgeben. — Wenn der Abend kommt und die Zelte aufgerichtet werden in der todeseinsamen Schneew'üste, sind sie oft nicht einmal aufgelegt, sich hinzulegen. Sie schlucken die Pemmikanstücke, die sie zugeworfen bekommen, und rollen sich zu- sammen, das Schwanzende über die Nase gelegt. Aber am nächsten Morgen, wenn man das Zelt abdeckt, erheben sie sich steifbeinig, wedeln freudig und strecken Kopf und Hals vor, um angeschirrt zu werden, um eifriger noch als gestern die neue Tagesarbeit zu beginnen. In einer Nacht wachte Planssen auf, denn ,Rex‘, unser größter Zughund, knurrte draußen wie rasend. Hanssen guckte hinaus und wurde Zeuge eines köstlichen Schauspieles: Am Abend hatte ,Rex‘ nicht seine ganze Pemmikan- ration aufgefressen. Nun lag da ein Eisbär flach auf dem Bauch vor ,Rex‘ und versuchte, mit den Tatzen das Fleischstück zu erwischen. Aber so oft der Bär eine I atze vorsichtig ausstreckte, fing Rex wie rasend an zu knurren und seine Zähne zu zeigen, worauf der Bär sofort die Tatze zurückzog, als ob er sich verbrannt hätte. 742 Aber Rex war angebunden; hätte der Bär seine Aufmerksamkeit von dem Fleischstück abgewendet, dann hätte Rex nicht seine blitzartige Geschwindig- keit gegen ihn ausniitzen können. Ein wohlgezielter Schlag mit der schweren Tatze — und wir hätten unsern kostbarsten Hund verloren. Darum griff Hanssen leise nach der Büchse, ein Schuß krachte, und durch den Kopf getroffen sank der Bär zusammen. Gute Bärenhunde waren eigentlich unsere Jenisseyhunde nicht. Sie hatten nicht, wie die Grönlandhunde, gelernt, dem Bären standzuhalten, ihn aufzu- halten, bis der Jäger kommt, ihn von rückwärts anzugreifen, mit Schnappen und Beißen zu reizen und wie der Blitz zu verschwinden, wenn der Bär sich endlich um- ständlich umdreht und nach allen Seiten blinzelt. — Unsere Hunde waren nicht furchtsam, sie fürchteten sich nur bei einer wilden Jagd übers Eis. Aber sie waren ausgezeichnete Wachthunde. Und später, als wir mit ihnen entlang der Küste bei der Beringstraße reisten, von einer Tschuktschenniederlassung zur an- dern, erlaubten sie keinem Unbe- fugten, an unseren Sachen zu rühren. Ich erinnere mich an eine Episode: Wir haben haltgemacht bei einem Tschuktschenzelt, um uns mit einer Tasse heißen Tees zu wärmen, die uns gastfreundlich angeboten wurde. Da ertöntvon draußen einver- zweifelter Schrei. Ein Tschuktsche hatte unseren Schlitten näher unter- suchen wollen, hatte sich über ihn gebeugt, um die Schnüre zu lösen, aber im nächsten Augenblick hatte er ein rasendes Bellen gehört und Käte Wilczynski Bamses scharfe Zähne in seinem Hinterteil gefühlt. Nun lag er auf dem Bauch über dem Schlitten und schrie um Hilfe. Er wurde befreit, aber es dauerte lange, bis er wieder sitzen konnte. Die Tschuktschen sind an solche temperamentvollen Hunde nicht gewöhnt, und sie werden sicher an sie noch dann denken, wenn sie uns selbst schon längst vergessen haben. Ein anderes Bild: Unsere Hunde in wilder Rauferei; Eintritt frei für alle! Sie unterscheiden nicht zwischen Freund und Feind; plötzlich über- schlägt sich einer, und schon stürzen sich die anderen über ihn. Ritterlichkeit gibt es nicht in diesem Kampf, alle Raubtierinstinkte sind erwacht; wehe dem 743 Besiegten! — Da stürzen ein paar Männer herbei, schlagen links und rechts in die heulende Meute, greifen hinein und packen den einen beim Nacken, schleudern ein paar andere zur Seite und retten den armen Kerl, der drunter liegt. Kaum steht der wieder auf seinen vier Beinen, da wirft er sich schon auf den ersten besten und fängt wieder zu raufen an. Nur dei kleine, zausige Samojedenhund Lasse ist zu klug, um sich einzumischen. Mit anderen Samo- jedenhunden könnte er sich messen, aber er weiß aus trauriger Erfahrung, daß er sich im Streit mit den großen Jenisseyhunden mehr Hiebe holen würde, als er zählen kann. Fletscht einer von den großen Herren nach ihm die Zähne, dann rollt er sich sofort auf den Rücken, streckt seine vier kurzen Beine in die Luft und wedelt energisch und unbedingt in tiefster Untertänig- keit. Er weiß, daß kein Hund, der Selbstachtung besitzt und nur zum Sport rauft, ihn anrühren wird. — Ein neues Bild rollt sich ab: Ich fahre vornehm über den Kolyma-Elf, vierzehn schnellfüßige Hunde vor den Schlitten gespannt. Das Wetter ist herrlich, der Schlitten leicht und der Weg hartgefahren. Die Hunde laufen in sausender Fahrt, die wehenden Schwänze hoch über dem Rücken. Mein Schlittenjunge sorgt dafür, daß keiner seine Pflicht vernachlässigt, er schont keinen, der sich von der Arbeit drücken will. Helfen ein paar scharfe Zurufe nichts, dann saust der schwere Bremsstock durch die Luft, der Sünder heult auf und legt sich im nächsten Augenblick- flach in die Sielen. Die Spur teilt sich; ein Ruf vom Schlittenführer, und das Gespann biegt auf den richtigen Weg ein. — Es liegt etwas auf dem Weg — ein neuer Zuruf, und das ganze Gespann steht still. Man bewundert die glänzende Dressur und die Fähigkeit des Leithundes, auf die verschiedenartigen Zurufe richtig zu reagieren. Hier, wo sich die sibiriakischen Nachkommen der Kosaken gemischt haben mit den Pelzjägern, die vor 300 bis 400 Jahren durch Sibirien bis zu den abgelegensten Strecken vorgedrungen sind, hat sich das Fahren mit Hunden bis. zu einer Kunst entwickelt. Wenn man sein eigenes Gespann kutschiert, so lernt man eine Menge Menschenkenntnis, indem man seine Hunde studiert. Es sind nicht zwei von ihnen gleich! Einer ist träge und unlustig, wenn die Tagesarbeit beginnt, und muß die harte Hand fühlen, damit er seine Pflicht tut. Ein anderer ist über- eifrig und gibt sich im Laufen schon in den ersten Stunden aus. Bei einem muß man sehr vorsichtig sein mit Schlägen; hat er sic nicht verdient, wird er scheu und gekränkt. Ein anderer ist wieder ein Lump, den man beständig in den Augen behalten muß. Einer hört wieder nur auf den Schlittenjungen, einem wieder fehlen alle liebenswürdigen Seiten. Jeder hat seinen individuellen Charakter; aber wenn cs auch große Verschiedenheiten gibt und die guten Eigenschaften bei den Polarhunden in verschiedenem Maße entwickelt sind, eine ist jedem von ihnen im höchsten Grade eigen: die Treue. Wochen und Monate, ja oft Jahre sind sie dem Polarreisenden Freunde und Helfer, Diener und Kameraden. Er ist auf sie angewiesen und sie auf ihn. Kein Wunder, daß sie treu und fest Zusammenhalten! — Deutsch von Olga Fetter. 744 Prince Charles. (T oy-Spaniel) Photo-Press Piqueur und Meute Schottische Terrier Altchinesisches Fabeltier. 13. Jahrh. Bes. E. Worch Photo Harder, Celle Skye-Terrier. Fiselian Prinzeß v. Schloß Bork. Bes. Gräfin Kainein. Celle Fox Photo Schwerin, Museum Lloyd ( icorgc mit seinem C how-Chow ,.('hong“ Carel Fabrizius, Soldat auf Wache. 1624 DER HUND Von FRANZ WERFEL Horch, der böse Hund bellt! Wie er sidi die Gurgel wund bellt, Und mit Stößen, ungefügen wilden, Worte sich, Urklötze bilden, Die, wenn qualvoll sie dem Maul entrollen, Hunger, Angst und Wollust heißen sollen. Aus dem Lebens-Tort Rollt und kollert Wort. Horch, der Hund bellt! Wie idi hier am Tisdi bin, Iddos aufgelöst und träumerisch bin, Möcht ich leis midi mit den Dingen tausdien, Tanne werden, Rabe, Ab endr ausdien. Dodi idi kann midi schaffend nicht erhellen, Audi aus mir keudit nur ein hehres Bellen. Nimmer kann ich fort. Gebe Wünschen Wort. Hordi, der Hund bellt! Keudit audi er, des Haudi erhub den Urtag ? Stammelt er noch immer den Naturtag? Sind wir alle, Stern, Mensch, J ähr zeit zier den Nichts als Laute seiner Gottbegierden? Du und idi und diese ganze Rundwelt Nur hervorgebellt . . . Ha . . . (Hordi der Hund bellt!) Endlich ist der Ort. Aller Ort ist Wort. Und weil Alles Wort ist, herrsdit der Tod. (Aus dem Band „Verschwörungen", Kurt Wolff Verlag.) 745 Edwin Landseer Radierung ZECKEN Von ANTON AMSEL nr .yissen Sie überhaupt, was das bedeutet — „Zecken“? Das sind solche W kleinen Dinger zum Aufknacken, rund und dick; je nach der Rasse von rotblonder bis aschgrauer Hautfarbe. Wir sagen dazu Gnitzen, obwohl Gnitzen eigentlich etwas anderes sind. Vielleicht rührt diese Bezeichnung von jenem eigenartigen Geräusch her, das ihr etwas gewaltsames Ableben zwischen zwei Daumennägeln — Ich will Ihnen erzählen, wie ich ihre Bekanntschaft machte. Meine Frau, sonst ziemlich vernünftig, schaffte sich einen Hund an. Rasse ist Neben- sache, jedenfalls hatte er einen tüchtigen Schuß Dackel, sah wirklich süß aus, und das Schönste — er hatte Locken. Bessere macht Antonie in Paris auch nicht. Dieses kleine schwarze Luder, das wir „Schnack“ getauft hatten, war unsere ganze Freude. Bis — Schnack wurde nach Verlauf von einigen Monaten so weit gesellschafts- fähig, daß er zwar immer noch Sofafransen als Kaugummi benutzte, aber doch gewisse Dinge, anstatt sie auf den Teppichen zu erledigen, dem Parkettboden anvertraute. Das war der Zeitpunkt, um ihm die große Welt zu zeigen. Schnack wurde trotz übler Späße der Liebling unserer ganzen Bekanntschaft. Bis eines Tages das schreckliche Verhängnis über ihn und uns> hereinbrach. Schnack läßt sich wieder einmal gehörig bewundern und betätscheln. Bei 746 diesem Geschäft hält unsere Tante Emma plötzlich inne und dreht etwas zwischen ihren Fingern, das sich weich und doch prall anfaßt. Da sie nun einmal gern lästert, macht sie sogleich eine anzügliche Bemerkung über Sauberhalten und so! Dabei hält sie triumphierend den Krümel auf der flachen Hand. Meine Frau, empört, erklärt, Schnack werde jede Woche gebadet. — Die Tante beäugt das Körnchen mit großer Ausführlichkeit durch die Brille, springt auf und schreit entsetzt: ,,Eine Laus — !“ Das ist zuviel! Meine Frau nimmt ihren Hund und zerplatzt — Zu Hause untersuche ich jede Locke einzeln — ich finde nichts. Gräßliche Rachepläne steigen in mir auf gegen das alte Möbel, dessen verleumderisches Mundwerk um ein Haar unser eheliches Glück zerstört hätte. Die Wellen der Aufregung glätteten sich indessen bald — meine Frau ließ ihren Hund anderwärts bewundern, alles schien in bester Ordnung. Schnack nahm plötzlich die üble Gewohnheit an, sich mit seltener Aus- dauer zu kratzen. Zuerst mit der Hinterpfote am Ohr, dann schubberte er sich das Fell an jedem erreichbaren Gegenstand, vornehmlich meinen Hosen, schließlich wälzte er sich in recht unmanierlicher Weise auf der Erde herum. Ich wurde mißtrauisch, besichtigte seinen Pelz, fand nichts. Das Kratzen er- folgte in immer mehr Variationen. Als ich mit ihm eines Abends allein zu Hause war, ergriff ich kurz entschlossen meinen Staubkamm und fuhr ihm durchs Fell. Ich erstarrte! Ein einziger Strich ließ das Instrument unter einem Klumpen großer, kleiner und kleinster rundlicher Dinger fast verschwinden — offenbar zahllose Generationen einer mir noch unbekannten Rasse. Ich knackte, zer- drückte, zerstampfte, was ich kriegen konnte — sie nahmen kein Ende. Meine Frau zerfloß in Tränen, verfluchte ihr Schicksal und — knackte mit. Jeden Tag unternahmen wir die Prozedur, täglich waren mehr da. 747 Ich hatte weder Hunger noch Durst; im Morgenkaffee, in der Suppe, überall glaubte ich Gnitzen zu entdecken. Ich sondierte stets so lange, bis mir der Appetit völlig vergangen war. Wir gingen nicht mehr aus, empfingen keinen Menschen und kamen sehr bald in den Ruf, eingebildet, ungeschliffen und geizig zu sein. Die Gnitzen aber vermehrten sich von Stunde zu Stunde. In meiner Ratlosigkeit sperrte ich endlich ein paar Hundert es war sehr schnell geschehen — in eine Aspirinröhre und ging schweren Heizens und etwas verlegen zum Tierarzt. Der Mann grinste, als ich mein Gläschen zeigte, sagte nur „Zecken , schrieb auf einen Zettel „Kreolin“ und liquidierte zehn Mark. Kreolin ist eine braune Soße zum Baden. — Alles Weitere ist belanglos; daß Kreolin unglaublich stinkt, aber hilft, daß ich noch immer nicht esse, weil mein Frühstück, mein Kaffee, meine Gabel nach Kreolin duften. — Schlimm ist nur, daß selbst die Zigaretten, mein letztes Labsal, anzichcn. Aber die Gnitzen werden weniger zahlreich, und ich finde, daß nur mehr kleinere Sorten vorhanden sind. Das letzte Mammut, sicher eine betagte Großmutter, ermordete ich meuch- lings mittels einer Nadel und steckte es zur ewigen Erinnerung mit diesem Speer im Leibe auf einen weißen Karton. Er trägt die Inschrift „Ixodes ricinus — die gemeine Hundszecke“ und darunter ganz zart wie auf einem Trauring: Schnack: io. 12. 26. DER CHINESISCHE KAISERLICHE PALASTHUND Von E. v. OTTO, BENS HEIM D ie kostbarste Hunderasse, von der überragende Champions in England und Amerika mit märchenhaften Preisen von 20 — 40 000 Mark bezahlt werden, ist der Pekingese, der ehemalige Kaiserliche Palasthund, in Deutschland heute in etwa 300 reingezüchteten Exemplaren vertreten. Seine Haltung, angeblich schon seit mehr als 2000 Jahren in genau derselben Form wie heute, war aus- schließliches Vorrecht der Kaiserlichen Familie. Auf Ausfuhr stand Todes- strafe, wie vor 500 Jahren noch in Rußland auf Ausfuhr von russischen Wind- hunden, die nur Fürsten halten durften. Der erste Palasthund, der europäischen Boden betrat, war der durch General Dünne der Königin Victoria überbrachte weißgelbe „Looly“. Für geleistete Dienste erbat der General als Geschenk für seine Königin ein solches Tier, was ihm offiziell abgeschlagen werden mußte. Im Begriff das Schiff zu besteigen, drängte sich an ihn ein Unbekannter, der ihm ein verhülltes Körbchen, in dem der aus dem Sommerpalast in der Nähe Pekings stammende Hund verborgen war, geheimnisvoll in die Hand drückte. Eine poetische Beschreibung dieser Tiere „Perlen von den Lippen Ihrer Majestät Tye Hei, Kaiserin von China, dem herrlichen Blumenland“ lautet: 748 „Der Löwenhund soll klein sein; um den Hals soll er eine schwellende Würde bedeutende Haarkrause tragen. Auf seinem Rücken die wallende Fahne, die Pomp bedeutet. Sein Gesicht soll schwarz sein, seine Stirne gerade und nieder wie die eines wirklichen Kaiserlichen Boxers. Seine Augen seien groß und leuchtend. Seine Ohren sollen die Form des Segels eines großen Kriegsschiffes zeigen. Seine Nase soll sein wie die des Affengottes der Hindus. Seine Vor- derbeine sollen gebogen sein, so daß er keine Lust verspürt, weit zu wandern oder die Kaiserliche Grenze der heiligen Stadt zu überschreiten. Sein Körper soll die Form eines auf Beute lauernden Löwen haben. Seine Füße sollen buschig sein, mit viel Haar, damit sein Tritt geräuschlos sei, und was seine Rute anbetrifft, so soll sie pompös sein, um die Fliegen und andre Insekten aus den kaiserlichen Räumen zu vertreiben. Er soll lebhaft sein, damit man sich an seinem Spiel erfreuen kann, er soll furchtsam sein, damit er sich nicht in Gefahr begibt. Er soll verträglich sein, damit er mit andren Tieren des Pala- stes, Fischen und Vögeln, in Freundschaft lebe. Seine Farbe sei wie die eines Löwen, gold- farben, um im Aermel einer goldenen Robe getragen zu werden, oder wie die eines roten Bären oder eines schwar- zen oder weißen Bären oder gestreift wie ein Drache, so daß für jede Farbe der Kaiser- lichen Gewänder ein passender Hund da sei. Er soll seine Vorfahren verehren und an jedem Vollmond auf dem Hundefriedhof der verbotenen lred Goldberg Stadt Opfer bringen. Er soll sich würdevoll betragen. Lehre ihn, die fremden Teufel (Europäer) fortwäh- rend zu beißen. Er soll wählerisch sein in seiner Nahrung, damit man ihn an seiner Vornehmheit sofort als Kaiserlichen Hund erkennt. Haifischflossen und Schnepfenlebern, auch Wachtelbrüste soll man ihm als Nahrung geben. So soll er seine Reinheit und Selbstachtung bewahren. In seinen kranken Tagen salbe man ihn mit dem Fett eines geweihten Leoparden, setze ihm farbige Blutegel an. So wird er seine Gesundheit wiedererlangen; wenn er aber sterben sollte, dann denke daran, Mensch, daß auch du sterblich bist.“ So ward er vor mehr als 1000 Jahren geschildert und so steht er heute noch vor uns als echt orientalisches Produkt, als Verkörperung und Sinnbild von orientalischen Ideen. Er wirkt grotesk, würdig, geheimnisvoll und unergründ- lich mit einem seltsamen Leuchten in den Augen, wie rätselhafte Gedanken, die sich aus dem Herzen des Tieres einen Weg zum Menschen suchen. 749 DER HUND IN DER CHINESISCHEN KUNST Von WALTER BONDY E s gibt in China schier unzählige Darstellungen von Hunden, die sich auf mindestens zwei und einhalb Jahrtausende verteilen. Die frühesten Tier- darstellungen in China finden wir vor der christlichen Zeitrechnung. Als Material kommt zuerst bloß Stein oder grauer weichgebrannter Ton in Betracht. Der häufigste Typus des frühen chinesischen Hundes ist ein Fabel- wesen, ein Mittelding zwischen Hund und Löwe. Er ähnelt mit seiner breiten abgeplatteten Nase, seinen heraustretenden Glotzaugen und seinen gefletschten Zähnen stark dem englischen Bulldog. Was ihn von diesem unterscheidet, ist seine Mähne, sein buschiger Schwanz und die gewaltigen Pranken, die wieder dem Löwen entnommen sind. Der Buddhahund behält diesen Grundcharakter bis in die neueste Zeit. Er erstarrt nach und nach zum Schema und erscheint in unzähligen Varianten in Stein, Ton, Eisen, Bronze, Jade und anderen Halbedelsteinen, und schließlich in Porzellan. Wer kennt nicht die drolligen bunt bemalten Porzellanhündchen, das Männchen mit einer Kugel spielend, das Weibchen mit seinem Jungen, das an seinem Körper emporklettert; ihnen ist der frühere dräuende Ausdruck zu einer sympathischen Fratze geworden. Diese Fohunde haben mehr das Aussehen reizender chinesischer Zwerghünd- chen als das des ursprünglichen Wächters buddhistischer Tempel. Neben dem Fohund erscheint in der Han-Zeit, 206 v. Chr. bis 220 n. Chr., die natura- listische Hundedai Stellung. Die Grabkeramik kennt eine große Zahl der ver- schiedenartigsten Hunde. Die frühen sind einfach in der Form und stark stilisiert, aber schon in der Wei-Zeit, also im dritten Jahrhundert nach Christo, finden wir naturalistische Abbilder aller möglichen Hunderassen, die sich, was Beobachtung und stilistische Reife betrifft, mit den besten Tierdarstel- lungen der Antike messen können. Man gab den Leuten ihren Lieblings- hund mit ins Grab, und der Besteller verlangte keine allgemeine Hunde- darstellung, sondern die Charakter- züge einer bestimmten Rasse. Trotz stilistischer Uebersetzung sind die Hunde der Gräberkunst von großer Natürlichkeit und Lebendigkeit. Ihre Bewegungen sind in allen Zügen der Wirklichkeit abgelauscht. Alle Stel- lungen und alle Hundetätigkeiten finden wir wieder, sogar den Köter, der seine Hinterpfote ans Ohr führt, um sich zu kratzen. In der Samm- lung Paul Steiner, Berlin, befindet sich eine Hündin aus rotem Ton, J. Pascin Porträt W. Bondy 750 die ihre vier Jungen säugt. Wir setzen sie in die Anfänge der T’angzeit, also etwa in das VII. Jahrhundert. Die Tier- darstellung der T’angzeit bildet den Höhepunkt dieser Art chinesischen Kunstschaffens. Ein fühlbarer Rückgang setzt am Ende der T’ang ein. Das Interesse wendet sich auf Kosten der Plastik immer mehr der Gefäßkunst zu. Auch unter den Mingkaisern ist mehr der Hang zum Dekora- tiven da, und bedeutende Tier- darstellungen sind nicht häufig. Die Tiere auf den Dachziegeln z. B. sind meist recht sche- matisch. Erst unter der Man- dschudynastie erfährt die Tier- darstellung eine neue Be- lebung. Das bevorzugte Ma- terial ist jetzt das Porzellan. Unter Kang-Nsi finden wir wieder ausgezeichnete Hunde- plastiken, die sich noch dazu durch eine dezente Bemalung in Schmelzfarben auszeichnen. Zu neuer Blüte entwickelt sich dieser neue Stil aber unter Kien-Lung, also erst im 18. Jahrhundert. Die Tierplastik unter Kien-Lung verdiente wirklich, daß man ihr ein eigenes Werk widmete, denn was jetzt geleistet wird, ist bei der großen Reichhaltigkeit von Typen oft ausgezeichnet in Erfindung und plastischer Erfassung. Die Manufakturen von Kin-te-Tschen und Te Hua wetteifern in der Herstellung neuer Typen. Hier sind es die aus weißem transparenten Porzellan geformten, unbemalten Modelle, dort die mit farbigen Glasuren überzogenen. Wir finden jetzt alle Rassen wieder, vom rundlichen lang- und kurzhaarigen Schoßhündchen bis zum schlanken Jagdhund. Oft sind diese Hunde zart bemalt, gestreift oder gefleckt mit blauen, roten oder goldenen Halsbändern, dann wieder dunkelbraun, schwarz oder leuchtend rot. Die Zahl der verschiedenen Modelle ist unerschöpflich. Sie sind sicher plastisch nicht mit den Darstellungen der T’angzeit zu vergleichen, doch gibt ihnen das edle Material und die geschmackvolle Bemalung einen dekorativen Reiz, der sie zu Lieblingsobjekten für den macht, der bei Kunst- gegenständen das einschmeichelnde Material und die liebenswürdige Auffassung dem herberen Reiz der aus gewöhnlichem Ton geformten Plastiken der Früh- zeit vorzieht. Was im 19. Jahrhundert an Hundedarstellungen gemacht wurde, reiht sich der übrigen Produktion dieses traurigsten aller Kunst-Jahrhunderte würdig an. 751 ZIEH-HUNDE Von AUGUSTE HENSCHKE Noch über den Berliner Wedding hinaus, am äußersten Ende der Müllerstraße, hat Fräulein Auguste Henschke ihr Geschäfts- lokal. In der Gegend bekannt und geehrt unter ihrem Firmen- namen „Pintscher- Juste“, verkauft und verleiht sie Ziehhunde. Sie wohnt in einer komfortablen Laube, in der sie für sich und ihre Handelsobjekte kocht, die hinter Drahtzäunen rund um die Laube untergebracht sind. M. Qu. ine blühende Branche hatten wir früher, und nach den kleinen Städten in der Mark geht es ja auch heute noch etwas; und, nun werden Sie lachen, uns hat nicht der moderne Verkehr mit Autos und so die Puste ausgehen lassen, sondern ganz einfach die Eitelkeit der Menschen. Der Mann mit dem Hundewagen ist die schlechtest geachtete Figur auf der Straße. Ob er noch so gut zu seinem Biest ist, er wird scheel angesehen als ein Tierquäler, wo er es doch wirklich gar nicht ist. Wird sich schwer hüten, seinen Hund zu quälen, denn der weiß viel besser als ein Pferd Bescheid, wie er dem Fuhr- herrn die Fuhre verleiden kann. Meistens geht man doch rechts vom Wagen. Sobald Sie nun mal, nur einmal, einen Hund von rechts getrietzt oder ge- schlagen haben, so wird er sofort ein Linkser, d. h. er zieht Ihnen die Karre ständig halblinks hinüber und bleibt einfach bei der Richtung, sooft Sie ihn einspannen. So ein Linkser ist das Wertloseste, was es überhaupt gibt, und nur noch gut für den Abdecker. Also, ob er will oder nicht, der Fuhrherr muß gut zu seinem Hund sein, der gerne und ehrgeizig arbeitet, aber tückisch und halsstarrig sein kann, wie ein Muli. Und dabei guckt er einen so treu an, als ob er gar nicht wüßte, wo Gott wohnt. Nein, Tierquäler sind die Fuhrherren vom Fach alle nicht und sogar meist besser als der Kutscher zum Pferd, weil doch beim Pferd meist ein Knecht fährt, während es beim Hundewagen der Besitzer selber ist. Aber was glauben Sie, was so ein Hundewagenfahrer von den Behörden mit Verordnungen gepiesackt wird? In jedem Regierungsbezirk ist es anders, und wenn Sie mit dem Erlaubnisschein von unserem Bezirk mal über die Straße witschen in den andern, schon haben Sie eine deftige Strafe am Bein, weil da irgendein anderer Erlaß ist. Wissen Sie, daß die Ziehhunde unter dieselben Strafparagraphen fallen wie Löwen und Tiger? Hier können Sie lesen: „Wer ohne polizeiliche Erlaubnis gefährliche wilde Tiere hält oder wilde und bösartige Tiere frei herumlaufen läßt . . .“ Vor ’m Gesetz ist jeder gleich: unsere Amis und Hektors so wie dem Kapitän Schneidern seine Löwen Und nun geht es weiter, über 20 Paragraphen runter und noch ein paar Zentner Zusätze und in Pritzwalk anders als in Neuruppin. Nur im Schritt darf ge- fahren werden, wenn der Hund auch noch so gerne rennen will, auf jeden An- ruf halten, solange ein anderes Fuhrwerk vorbeikommt, und wenn es eine Mist- karre ist, und auf so und soviel Wegen ist das Hundefahren überhaupt ver- boten. Ich will ja nichts gegen die Damen vom Tierschutz sagen, die das alles 752 West Highland-Terrier Photo Daily Mirror Renee Sintenis, Junger Hund. Bronze Photo Gal. Flechtheim Mannheimer Zwergspitz. Photo Sport & General Champion Perivale Dainty Jane Sealyham-Terrier. Bes. Frau Lotte v. Mendelsohn Französischer Zvvergbully. Bes. Frau Pribam r » Bes. Frau Polly Ricard, Auerbach Pung Cong of Alderbourne (Zwinger van Märchenhaus) Chinesischer Palasthund. Lebendes Bild mit weißen Pudeln in der Scala Photo Keystone View Photo G, Riebieke Meldehunde der deutschen Armee eingerührt haben, aber wie sinnlos das alles ist, hat unser Herr Gohlisch be- wiesen, der vorne die Zigarrenbudike hat und nur ein Bein. Dem habe ich einen von meinen Besten verkauft, und Herr Golisch hat sich ein Wägelchen gekauft und ist abends um 7 Uhr immer ein bißchen herumgefahren. Dem Hund hat es eine große Freude gemacht, den Herrn Golisch zu fahren; galopp ist es dahin gegangen. Was glauben Sie, was der Herr Golisch für Scherereien mit der Polizei gehabt hat? Alles war verkehrt, nichts vorschriftsmäßig, Geld- strafen hat es gehagelt, einmal haben sie ihn sogar gewogen, weil doch die Last nur viermal so schwer sein darf wie der Hund. Schließlich hat er den Kampf aufgegeben, und nun ist er schon seit Monaten nicht mehr aus seiner Bude herausgegangen, und der Hund ist verkauft worden und ist im Milch- transport in Lehnitz und hat es wirklich schwer. Ich fahre ja nicht mehr selber. Früher mal habe ich in der Mark mit Kurzwaren gehandelt, habe es aber auf- gegeben, weil sie einem immer nach- schreien auf der Straße, und wenn mal ’ne Schule vorbeigeht, dann zeigen die Lehrer mit Fingern auf das Hunde- fuhrwerk, als ob wir den Hund schin- den, bis er kaputt ist. Ich möchte nicht wissen, wer mehr schinden kann, ein Lehrer oder ein Mann mit dem Hunde- wagen. Aber mich hat das Geklöhne geärgert, und weil ich mit Hunden groß geworden bin, habe ich mich auf den Handel verlegt, und mit Zughunden bin ich, glaube ich, die letzte in Berlin. Es ist ein großes Risiko dabei. Was glau- ben Sie, wie oft ich schon einen Hund gekauft habe und bar bezahlt, von ehr- lichen Leuten gekauft, und am andern Tage hat ihn die Sipo geholt, weil er geklaut war? An der Hehlerei geht es dann immer knapp an der Kante vorbei. Wer aber mal mit einem Hund ge- fahren ist, so monatelang und in seinem Gewerbe, der kann kaum' mehr mit was anderem fahren. Einen Hund kennt man, und er hat ein Gesicht -wie ein bekannter Mensch, viel mehr als ein Pferd. Was meinen Sie, wie oft ein alter Kunde zu mir kommt und sagt: „Pintscher-Juste, ich brauch einen neuen Hund, aber einen, mit dem man sich auch richtig aussprechen kann.“ Pierre BonnarJ 753 SKIPPERKES Von HEINRICH PAALZOW ie wichtig ein Skipperke für unsere Flußfahrerei ist, zeigte der Proteö von Willem Döke aus Dansin im vorigen Jahr. Da hatten sie auf der Zille ein Skipperke, das Schäckes hieß; es war strubbelig, wie es sein muß, hatte Schlitzaugen wie ein Eskimo, kläffte bei den kleinsten Kleinigkeiten, und auf der einen Seite war sein Fell abgewetzt bis aufs Leder wie bei einem Pferd unter dem Geschirr. Weil nämlich die Skipperkes, wenn sie den Kahn hinauf- laufen und hinunterlaufen, immer so am Bord entlangrennen, daß sie das Ufei rechts haben, d. h. nur wenn man durch ein enges Gewässer fährt. Bei einem See dagegen bleiben sie ruhig an der Spitze des Bootes sitzen, bis das Land wieder nahe ist. Das ist, weil sie aufpassen müssen, ob das Boot nicht zu nahe an Land kommt, weil man es beim Treideln selbst nicht so beobachten kann. Das Skipperke von Dökes war in seinem Beruf sehr gut, bis der Schiffseigner eine zweite Familie auf das Boot setzte, die auch ihren Hund hatte, der aber nicht von der richtigen Rasse war, eine üble Stadtmischung, mit der die neuen Treidelleute, Lübkes, keinen Staat machen konnten, weil er auch gar nicht von der schlitzäugigen Rasse war, die Sinn für Schiffahrt hat. Schäckes ließ den Neuen nicht aufkommen, es kam Zank zwischen Dökes und Lübkes. Beiden saß das Messer lose, und so kam es zu dem Prozeß in Brandenburg vor dem Schwurgericht. Da hat dann der Verteidiger durchgesetzt, daß Sachverstän- dige über den Wert eines Skipperkes vernommen würden, damit die Geschwore- nen einsähen, wie gerecht der Zorn von Döke wegen des fremden Hundes war. Und der Lübbenauer Kreis-Tierarzt Dr. Hellwig sagte klar aus: ein Skipperke heißt so, weil belgische Schiffer es zuerst verwendet haben, als Schutz gegen das Anrammen, und so ist die Mode unter dem Alten Fritz zu uns herüber- gekommen. Dem Schiffseigner spart es einen Mann auf dem Boot. Nicht, wie die Leute auf den Brücken annehmen, zu seinem Pläsier bellt der Hund, wenn zum Beispiel durchgeschleust wird, sondern er warnt vor der Mauer oder dem Nebenkahn, und der Schiffer kann sich ohne hinzusehen nach dem Bellen richten. Wenn man so stundenlang langsam fährt, wird man so stumpf, daß man zum Beispiel ein Paddelboot oft übersehen würde. Da kläfft dann Skip- perke und tanzt wie besessen. Das Skipperke hat nämlich eine ganze Tonleiter von verschiedenen Signalen. Aber, und das hat der Tierarzt ausdrücklich ge- sagt, nur auf die eine einzige Rasse, welche fast dieselbe ist wie bei den Nord- polfahrten, kann sich der Schiffer wirklich blind verlassen. Die anderen haben das nicht, was man einen Instinkt fürs Wasser nennt. Zwei auf einem Boot geht auch nicht, wie man ja auch nicht auf zwei Kapitäne hören kann, und man kann verstehen, wenn Döke einen Zorn hatte und die fremde Töhle über Bord warf und den Lübke beinahe totstach. Der Alte Fritz hatte den Wert der Skipperkes erkannt gehabt und hat, bei Königswusterhausen, einen Zwinger angelegt mit Hunden aus Rußland, die dann billig an die Schiffer abgegeben wurden; es war sogar gesetzlich, daß jeder Oderkahn einen Hund haben mußte. 754 Heute, wo viele, die gar nichts mit der Schifferei zu tun haben, auf den Flüssen und Kanälen fahren, ist das alles anders geworden. Es gibt sogar sogenannte Schiffer, die meinen, sie hätten den Hund nur zur Bewachung gegen Diebe mit. Auf Kähnen, wo richtige Schiffer fahren, wird nie ge- stohlen, und wenn sie auch stundenlang alleine an Land liegen. Händler mit Skipperkes gibt es nicht. Das geht so von Boot zu Boot. Aber es gibt ein paar Schiffseigner, die eine große Zucht haben und wo man schon immer auf einen guten Hund vorgemerkt ist. Aber diese Hunde sind sehr teuer, bis zu 35 Mark ein Männchen. Sind aber ihr Geld wert und brauchen nicht abgerichtet zu werden, weil sie sofort, wenn sie auf den Kahn kommen, alles von selbst wissen, wie ein guter Kapitän. Schwer ist es, den Hund, wenn er einmal an einen Kahn gewöhnt ist, auf einen anderen überzusiedeln. Das echte Skipperke liebt nicht den Schiffer, sondern das Schiff, und ist ihm treu, wohl weil es an Futter fast gar nichts braucht und also seine ganze Freude nicht vom Menschen bekommt, sondern vom Kahn. Es kann sich darum auch nie wieder an Land eingewöhnen. Da heult es und läuft davon, bis es wieder am Kanal ist; oder es geht jämmerlich vor Sehnsucht ein. Wenn der Kahn einmal ein paar Wochen stille liegt, dann ist das eine schwere Sache. Ein paar Tage geht es ja; dann sitzt das Skipperke an dem Loch, wo das Tau hindurch zum Ufer führt, und paßt auf, daß sich das Schiff nicht losreißt. Muß das Schiff aber auf die Werft in Reparatur und das Skipperke herunter, ans Land, ins Haus, der Jammer ist nicht zu beschreiben. Kommt dann das Schiff frisch lackiert wieder auf den Fluß, in seiner neuen Schönheit kaum mehr wiederzu- erkennen, Skipperke erkennt seinen Kahn auch nach Wochen wieder und tollt wie wahnsinnig herum. Auch ist es schon vorgekommen, daß ein verkaufter Hund, auf dem neuen Kahn fahrend, dem alten begegnet und ins Wasser gesprungen ist, um auf seine alte Zille wieder heimzukehren. Fred Goldberg GEDANKEN RIQUETS Von ANA TO LE FRANCE*) Riquet ist der Hund des beschaulichen und weisen Herrn Professor Bergeret, des Helden des ,,Anneau d’Am£thyste“ und anderer Romane. 1. Die Menschen, die Tiere und die Steine werden größer, wenn sie näher kommen, und ganz enorm, wenn sie über mir sind. Ich nicht. Ich bleibe überall, wo ich bin, gleich groß. 2. Wenn der Herr mir unter dem Tisch seine Nahrung reicht, die er in seinen Mund stecken wird, so geschieht das, um mich in Versuchung zu führen und mich zu bestrafen, wenn ich der Versuchung unterliege, denn ich kann nicht glauben, daß er sich meinetwegen beraubt. 3. Der Geruch der Hunde ist köstlich. 4. Mein Herr hält mich warm, wenn ich hinter ihm in seinem Fauteuil liege. Und das kommt daher, daß er ein Gott ist. Vor dem Kamin ist auch eine warme Fliese. Diese Fliese ist göttlich. 5. Ich spreche, wenn ich will. Auch aus dem Munde des Herrn kommen Töne hervor, die Bedeutungen haben. Aber diese Bedeutungen sind weit weniger deutlich als die, die ich mit den Tönen meiner Stimme ausdrücke. In meinem Munde hat alles einen Sinn. In dem meines Herrn ist viel leerer Lärm. Es ist schwierig und notwendig, zu erraten, was der Herr denkt. 6. Essen ist gut. Gegessen haben ist besser. Denn der Feind, der auf der Lauer liegt, um einem das Essen fortzunehmen, ist schnell und voller Tücke. 7. Alles geht vorüber und löst sich ab. Ich allein bleibe. 8. Ich bin immer im Mittelpunkt von allem, und die Menschen, die Tiere und die Dinge sind, feindlich oder freundlich, rings um mich aufgestellt. 9. Man sieht im Schlaf Menschen, Hunde, Männer, Bäume, angenehme und schreckliche Formen. Und wenn man aufwacht, sind diese Formen ver- schwunden. 10. Meditation: Ich liebe meinen Herrn Bergeret, weil er mächtig ist und zum Fürchten. 11. Eine Handlung, für die man geschlagen worden ist, ist eine schlechte Handlung. Eine Handlung, für die man Liebkosungen empfangen hat oder etwas zu essen, ist eine gute Handlung. 12. Wenn die Nacht sinkt, schleichen schädliche Mächte um das Haus. Ich belle, damit der Herr, gewarnt, sie verscheuche. 13. Gebet: O mein Herr Bergeret, Gott der Fleischnahrung, ich bete dich an. Schrecklicher, sei gepriesen! Sei gepriesen, freundlich Gesinnter! Ich krieche zu deinen Füßen, ich lecke dir die Hände! Du bist sehr groß und sehr schön, wenn du vor dem gedeckten Tisch üppige Fleischgerichte ver- schlingst. Du bist sehr groß und sehr schön, wenn du aus einem kleinen Hölzchen die Flamme hervorzauberst und die Nacht in Tag verwandelst. *) Aus: „Crainquebille, Putois, Riquet et plusieurs autres r£cits profitables 4 * (Paris, Calmann- Levy). 756 14 - 15 - i6. i /• 18. Man weiß niemals, ob man sich gegen die Menschen richtig ver- halten hat. Man muß sie an- beten und nicht suchen, sie zu verstehen. Ihre Weisheit ist un- erforschlich. 19. Anrufung: O Furcht, erhabene und mütterliche Furcht, heilige und heilsame Furcht, dring in mich ein, erfülle mich in der Gefahr, auf daß ich ‘meide, was mir schaden könnte, und mache, daß ich nicht von meiner Unvor- sichtigkeit zu leiden habe, wenn ich mich auf einen Feind stürze. 20. Es gibt Wagen, die von Pferden durch die Straßen gezogen werden. Sie sind schrecklich. Es gibt Wagen, die von selbst gehen und dabei ein starkes Geräusch machen. Auch diese sind voller Feindschaft. Die Men- schen in Lumpen sind hassenswert und auch die, welche Körbe auf ihrem Kopfe tragen oder welche Fässer rollen. Ich liebe nicht die Kinder, welche laufen, sich haschen und ein großes Geschrei auf der Straße machen. Die Welt ist voller feindlicher und furchtbarer Dinge. (Deutsch von Franz Leppmann.) Behalte mich in deinem Hause und schließe jeden andern Hund daraus aus. Und dich, Köchin Angelique, sehr gute und sehr große Gottheit, fürchte und verehre ich, auf daß du mir viel zu essen gibst. Ein Hund, der keine Ehrerbietung gegen die Menschen hat und die im Hause des Herren versammelten Fetische verachtet, führt ein unstetes und elendes Leben. Eines Tages machte ein mit Wasser gefüllter Krug, der ein Loch hatte, das gehöhnte Parkett naß, als er durch den Salon kam. Ich denke mir, daß dieser nicht stubenreine Krug geprügelt worden ist. Die Menschen besitzen jene göttliche Kraft, alleTüren öffnen zu können. Ich kann allein nur eine kleine Anzahl aufmachen. Die Türen sind große Fetische, die den Hunden nicht gern ge- horchen. Das Leben eines Hundes ist voller Gefahren, um dem Leiden aus dem Wege zu gehen, muß man immer, immer wach sein, während des Essens und selbst während des Schlafens. Edwin Landseer Radierung 757 Erna Pinner Radierung DER PEKINGE5EN-ZWINGER OF MURMELHOF Von ERNA PINNER I n Baden-Baden, links der Oos, auf einer Anhöhe, liegt, durch eine ungeheure weiß gekalkte Mauer eingekapselt, der Murmelhof. Im inneren Torbogen steht die terrakottarote Silhouette eines aufrecht sitzenden Murmeltiers. Hier hat eine elegante und weltkluge Frau, den glücklichen Ungehemmt- heiten ihrer Nation folgend, sich eine eigene Welt geschaffen. Einen aparten Teil dieser wahrhaft luxuriösen und unsnobistischen Atmosphäre bilden die kleinen Paradiese, in denen erlesenste Hunde gezüchtet werden. Seit einem Jahre besteht selbst vor der Wissenschaft der Pekingesen-Zwinger (Of Murmelhof). Es gibt in Deutschland wenige, die wirklich etwas von Pekingesen ver- stehen. Diese Frau nun, welche die halbe Welt bereist hat, in Kenntnis aller maßgebenden Zwinger, hat sich die kostbaren Hunde aus der berühmten Züch- terei: ,,Ashton-Moore“ und ,, Sutherland-Avenue“, beide in England, geholt. Jene Tiere, deren Erhaltung und Aufzucht das sorgfältigste Studium ver- langt, sind zuerst bei Niederwerfung des Boxeraufstandes, durch Erstürmung der Mauer Pekings, von Europäern aus dem inneren Palasthof aufgegriffen worden, wo sie, nach Hunderten zählend, heiser bellend, in gekränkter Majestät, sich der Eindringlinge zu wehren suchten. Nur den Engländern gelang es, diese Zucht erfolgreich fortzusetzen. Die Hunde wurden nunmehr Pekingesen genannt. Diese ältesten Rassehunde der Erde, von denen die chinesische Sage weiß, daß sie aus der Leidenschaft eines Löwen zu einer Aeffin entstanden, deren Vereinigung der Schöpfer nur durch einen Kompromiß zustimmte, indem er die Seele des Löwen und die schwarze Affenmaske in der Gestalt des Hundes vereinigte, sind erlesene Tiere. Ihr Fell ist locker und angeblasen, der Kopf gereckt, und von der Rute, die, im Halbbogen fest an den Körper gepreßt, wie eine Standarte steht, fallen 758 lang und pleureusenartig die mit besonderen Wassern gepflegten, schleppen- den Haare. Die Tiere dürfen nur mit Hammel- oder Kalbfleisch gefuttert werden, die Züchtung ist sehr schwer, weil Tiere, die aufeinander reagieren, kaum gefunden werden können. Gelegentlich wird vom Murmelhof eine Hündin zum Decken nach England gesandt. Bei den Mahlzeiten wird jeder Hund mit seiner Schüssel in seine Box gesperrt, denn so zart an Bau diese Tiere sind, so heftig ist ihr Charakter. Pekingesen kämpfen mit Wollust, und bei der Exponiertheit ihrer Augen passiert es leicht, daß sie sich ein Auge ausschlagen, mit derselben Haltung der Pranken, mit welcher die Löwen ihre Wappenschilder halten. Auch auf dem Murmelhof gibt es zwei solcher Wotane, die ihre Einäugigkeit allerdings nicht gegen die Weisheit eingetauscht haben. Die größeren Tiere werden täglich ins Freie geführt, und bei warmem Wetter sausen sie in einer Schar von ofc mehr als zwanzig die großen schönen Rasenflächen des Parks herunter, den Enten nach. Exotische Bäume und seltene Blumen sind ihnen eine angepaßte Umgebung. Im Hause sind zwei große Räume für sie allein eingerichtet, der eine als Zwinger für die Rüden, der andere für die Hündinnen. Kleine Ställe, anein- andergereiht mit weißlackierten Stäben, halbhoch vom Boden, stehen auf spiegelblankem Linoleum. Jeder hat seine eigene Decke, seine eigene Schüssel, seine eigenen Bürsten, sein eigenes Spielzeug. In einem besonderen Raum findet morgens mit allen Zeremonien die Toilette statt. Einer nach dem anderen wird frisiert, bekommt die Zähne geputzt und die Augen ausgewaschen. Große Ereignisse sind stets die Geburten, und die Aufregung ist immer enorm, ob die Neuankömmlinge die niederen Beine, die tief versenkte Nase, den runden flachen Kopf und den breiten Kiefer haben, welche die Zeichen der besten Rasse sind, und ob sie jene ganz helle Beige-Farbe besitzen, die sie so besonders wertvoll macht. Erst im zweiten Jahre. ist ein solches Tier in voller Form, und seine pflanzenartige fremde Schönheit ist im Grunde dieselbe wie die einer groß- artigen Orchidee. Erna Pinncr DER HUND ALS STAMMGAST Von ANTON KUH M an erlebt jede tragische Geschichte, für deren Erfassung man noch nicht reif ist, in seinem Leben zweimal: das eine Mal als Wetterleuchten, das andere Mal als Blitz. So kommt es, daß dieser kleine Ausschnitt aus einer Hundebiographie eigentlich einem großen Frauenroman angehört; ich sehe den Hund, der mir da ebenso mysteriös zugelaufen war, wie er mir abhanden kam, immer als Vorläufer der Frau, mit der mir später ein gleiches passierte. Findlingsgeheimnis war um seinen kleinen Kopf; woher kam er, wohin zog es ihn? War ich für ihn Endziel oder Station? Die Ungewißheit lag wie schwarzer Schatten über unserer Beziehung. Zuerst von seiner Seite (wie bei ihr!); er heulte zum Erbarmen, wenn ich ihn einen Augenblick im Stich ließ, sein Winseln sagte: „Schon wieder . . . zurück ins Nichts!“, ich mußte ihn auf die kleinsten Gänge mitnehmen. Später, wenn er mir auch nur auf eine Stunde entwischte, war es umgekehrt; Vorwürfe bestürmten mein Herz: Warst du phantasievoll genug? Hast du seine Angst nicht zu leicht ge- nommen? Botest du ihm, was er brauchte? . . . Sein Kopf sah aus wie der eines süßen Wolfes. Darum nannte ich ihn, instinktlos, wie ich dem weiblichen Geschlecht gegenüber bin, Wolfi. Es schmeichelte ihm, und er überschätzte daraus sofort mein Verständnis. Doch, als ich eines Tages, im Kriege, an einem offenen Fouragewagen mit ihm vor- beiging, auf dem Soldaten saßen, und einer von ihnen herunterrief: „Gretel! Gretel!“ — da machte er einen stürmischen Satz nach dem Wagen hin, wollte hinaufspringen, überlegte sich’s aber im Hinblick auf das neue, zahmere Glück an meiner Seite und lief mit mir. „Also Grete!“ dachte ich. Er hatte von Stund an bei mir Oberwasser . . . Welche Stunden der Hysterie ich neben ihm durchmachte, wie Freunde meinen Umgang seinetwegen mieden, wie er tagelang mit dem Gedanken spielte, mich zu verlassen, und dann pudelnaß, doppelt leidenschaftlich zu mir heimkehrte, das gehört auf ein anderes Blatt. Nur ein Zwischenfall bleibt daraus aufschreibenswert: Eines Sonntags, als er durch die geöffnete Tür des Vorzimmers durchging — ich bewohnte zum ersten- und letztenmal eigene Räume — , gab ich in allen Zeitungen, von denen ich voraussetzte, daß sie von Hausbesorgern, den Durch-und-Durch-Blickern der Häuser, gelesen würden, eine Notiz auf — so recht für Hausmeisterherzen: (Bitte eines Einsamen.) Ein einsamer Mann, dessen einzige Freude auf Erden sein Hund bildet, wendet sich auf diesem Weg an edle Menschenfreunde, ihm auf der Suche nach dem innigst geliebten Tier behilflich zu sein. Das- selbe . . . usw. Am nächsten Tag — meine Tür stand immer sperrangelweit offen — hörte ich in den Traum hinein die Blechstimme eines Schulmädchens: „Bittä, wohnt hier där einsamä Härr?“ 760 Englische Bulldogge. Champion Rodney Photo Keystone View Schoßhunde e£m Edouard Manet. Tama. Oel/^emälde Bes. Frau Hugo Simon, Berlin Marie Laurencin, J’aime les chiens, celui-ci est rose. Oelgemälde Photo Badekow Mistinguett mit ihren Pekingesen Photo Th. Fall, London Alter englischer Schäferhund (Sheepdog). Champion Home Farm Sheperdess Dalmatiner. Champion Illustrious Photo Owen & Tcar Im nächsten Augenblick lag etwas Nasses auf meiner Brust, ein zärtlicher Alp- druck; die Demütigkeit seines Wedeins zuckte bis ins kreisrunde Aug’ hinauf. Meine Nerven hielten das tollkühne Spiel nicht lange aus; ich wurde schwächer, ging in ein steirisches Sanatorium. Den Hund übergab ich der Be- dienerin meiner Pension, die Humor hatte und Mörderinnenaugen. Der Hund haßte sie, sie den Hund. Ich versprach ungeheure Trinkgelder; schärfte ihr ein, vor allem keine Türen offen zu lassen. Ich muß hier bemerken, daß das Tier im Zusammenleben mit mir eine Un- tugend angenommen hatte: leidenschaftliche Vorliebe für Kaffeehausbesuch. Wenn ich zu ihm sagte: „Central!“, war es so, wie wenn ein anderer Hund das Wort „Wald“ hört oder „Wiese“. In einer Juninacht kam ich nach Wien zurück. Es war halb eins. „Jetzt ist das .Central“ noch offen“, dachte ich, „mach’ einen kleinen Umweg mit dem Wagen und schau’, wer drin ist.“ „Oh, wieder hier, Herr Kuh?“ sagte der Jean bei meinem Eintritt. „G’rad war Ihr Hund da.“ „We — wer war da?“ „No, Inner Hund!“ „Mein Hund? Mit wem?“ „Allein.“ „Wieso? . . . Was heißt das?“ (Sechs Wochen Erholung zerstäubten auf meinem Gesicht zu Kreide.) „Aber er kommt ja jeden Abend eini’. So umma neun, halb zehn is er da, und um zwölf lauft er wieder weg.“ Neun bis zwölf — meine Kaffeehausstunden. „Und was tut er hier?“ „Na nix. Er bettelt die Leut’ an, setzt sich zu dem und zu dem — es g’fallt ihm recht gut!“ Meine Lebensweise! Ich taumelte in den Wagen zurück. „Rasch — Löwengasse 8!“ Das ist kein kleiner Weg; er führt kreuz und quer durch die engen Gassen der inneren Stadt, dann den belebteren Kai entlang, über den weiten Aspern- platz . . . Autos sind da, Straßenbahnen, Wachleute . . . o Himmel, was geschah meinem Hund? . . . Vor dem Haus Nummer acht. Ich läute. Die Hausbesorgerin erscheint, ich gebe ihr die obligaten zwanzig Heller. „’tschuldigen, Herr Doktor, ich krieg noch ein’ Gulden . . „Einen Gulden? Wofür?“ „Na, glauben S’, das Hund-Aufsperren ist um- sonst?“ „Das Hund . . .??“ „Na ja, jede Nacht setzt er sich um zwölfe vors Haustor und weint und treibt so lang, bis ich ihm aufmach’, das Mistvieh . . . Grad zuvor hab’ ich ihm wieder aufg’sperrt !“ 761 76 Vol. 7 KASCHTANKA Von ANTON TSC II EC HOFF*) E in junger rotbrauner Hund — eine Kreuzung von Dachs und Dorfköter — , dessen Schnauze der eines Fuchses sehr ähnelte, lief auf dem Trottoir hin und her und schaute sich unruhig nach allen Seiten um. Zuweilen blieb er stehen, hob winselnd bald die eine, bald die andere seiner frierenden Pfoten und suchte sich darüber Rechenschaft zu geben, wie es doch passieren konnte, daß er sich verirrt hatte? Er entsann sich sehr wohl, wie er den Tag verbracht hatte, und wie er dann endlich auf dieses unbekannte Trottoir geraten war. Der Tag hatte damit begonnen, daß sein Herr, der Tischler Luka Alexan- dritsch, sich seine Mütze aufgesetzt, irgendein hölzernes, in rotes Tuch ge- hülltes Ding untern Arm genommen und dann gerufen hatte: — Kaschtanka, komm! Als die Kreuzung von Dachs und Dorfköter diesen Ruf vernommen, war er unter der Hobelbank, wo er auf den Spänen geschlafen hatte, hervorgekommen, hatte süß seine Glieder gereckt und war dann seinem Herrn nachgelaufen. Die Kunden von Luka Alexandritsch wohnten furchtbar weit, so daß dieser, ehe er zu ihnen gelangte, unterwegs mehrere Mal in den Wirtschaften einkehren und sich stärken mußte. Kaschtanka erinnerte sich, daß er sich unterwegs sehr unanständig aufgeführt hatte. Vor Freude, daß man ihn mit spazieren genommen hatte, sprang er umher, stürmte bellend den Pferdebahnwagen nach, lief in die Höfe hinein und tollte mit Hunden umher. Der Tischler verlor ihn immerwährend aus den Augen, blieb stehen und schrie ihn wütend an. Einmal packte er sogar Kaschtanka mit gierigem Gesichtsausdruck am Fuchsohr, zauste ihn und sprach langsam und abgerissen: ,,Daß dich . . . der . . . Teufel . . Nachdem er seine Geschäfte erledigt, hatte Luka Alexandritsch auf einen Augenblick seine Schwester besucht und dort einen kleinen Frühschoppen ge- macht. Von der Schwester ging er zu einem bekannten Buchbinder, von dort in ein Wirtshaus, aus dem Wirtshaus zum Gevatter u. s. w'. Mit einem Wort — als Kaschtanka auf das fremde Trottoir geraten v r ar, fing es schon an zu dunkeln, und der Tischler war bezecht wie ein Schuster. Er fuchtelte mit den Armen, seufzte tief und murmelte: „In Sünden hat mich meine Mutter geboren! Sünden, nichts als Sünden! Jetzt spazieren wir, Kaschtanka, mit dir so einher und sehen uns die La- ternen an, und sind wir tot — braten wir in der Hölle . . .“ Oder aber er verfiel in eine gutmütige Stimmung, rief Kaschtanka zu sich heran und sagte ihm: „Du, Kaschtanka, bist ein Insekt und sonst nichts. Im Vergleich zu uns Menschen bist du so ... so wie ein Zimmermann im Vergleich zum Tischler . . .“ Während er sich so mit dem Hunde unterhielt, ertönte plötzlich Musik. Kaschtanka sah sich um und erblickte ein ganzes Regiment Soldaten, das *) Aus „Ein bekannter Herr“, Verlag Eugen Diederich, Jena. 762 gerade auf ihn zukam. Da er seiner Nerven wegen Musik nicht vertragen konnte, so begann er sich zu drehen und zu heulen. Zu seiner größten Ver- wunderung aber war der Tischler gar nicht erschrocken und bellte und kiümmte sich nicht, sondern stand „stramm“ und salutierte, seine fünf Finger an die Mütze legend und übers ganze Gesicht grinsend. Da Kaschtanka sah, daß sein Herr an einen Protest gar nicht dachte, so begann er noch lauter zu heulen und stürzte fassungslos über die Straße auf das andere Trottoir. Als er wieder zur Besinnung gekommen war, spielte die Musik nicht mehr, und das Regiment war vorüber. Er lief über die Straße zurück an die Stelle, wo er seinen Herrn verlassen hatte, aber siehe da, der Tischler war schon weg. Kaschtanka stürmte vorwärts, dann wieder zurück, lief noch einmal über die Straße, aber der Tischler war wie in die Erde versunken . . . Kaschtanka begann das Trottoir zu beschnuppern in der Hoff- nung, die Spuren seines Herrn zu er- kennen, aber kurz vordem war irgendein Schuft in Gummischuhen über das Trottoir gegangen, und jetzt .vermischten sich alle feinen Gerüche mit dem Gummigestank. Da etwas herauszuriechen war ganz un- möglich. Kaschtanka lief hin und her, ohne seinen Herrn zu finden, und unterdessen wurde es dunkel. Zu beiden Seiten der Straße wurden die I.aternen angezündet, und in den Fenstern der Häuser wurde es hell. An Kaschtanka vorbei, ihm immer- fort den Gesichtskreis verdeckend und ihn mit den Füßen tretend, gingen ohne Unter- brechung fremde Kunden. — Kaschtanka teilte nämlich die gesamte Menschheit in zwei etwas ungleiche Teile: in Meister und Kunden; zwischen diesen und jenen be- stand ein wesentlicher Unterschied: die Meister hatten das Recht, ihn zu schlagen, und bei den Kunden besaß er selbst das Recht, sie in die Waden zu beißen. Als es ganz dunkel geworden, überfielen Kaschtanka Verzweiflung und Schrecken. Er drückte sich an eine Haustür und begann bitterlich zu weinen. Der auf den ganzen Tag ausgedehnte Spaziergang mit Luka Alexan- dritsch hatte ihn ermüdet, seine Ohren und Pfoten froren ihm, und außerdem war er auch furchtbar hungrig. Den Tag über hatte er nur zweimal etwas in den Magen bekommen: beim Buchbinder hatte er etwas Kleister gegessen und in einer Wirtschaft ein Stückchen Wurstschale gefunden — das war alles. Wenn er ein Mensch gewesen wäre, so hätte er sicher gedacht: „Nein, so kann man nicht weiterleben! Ich muß mich erschießen!“ 763 DER HUNDEFÄNGER Von BRUNO PAWLICK E s gibt keinen unbeliebteren und gehaßteren Beruf als Hundefänger. Ich habe in den Jahren, seitdem ich die Stelle inne habe, noch nie einen Hund gefangen, ohne daß ich Saures zu hören bekommen habe. Am wichtigsten haben sich dabei immer die Umstehenden, die keine Ahnung haben, was ein Hund ist, und von der Fangordnung keinen Schimmer haben. Daß ein Hund nicht ohne Maulkorb gehen darf, sollte jeder Mensch schon wissen, und wann er an die Leine muß, und daß er Steuer kostet. Deswegen sind wir Fang- beamten noch lange keine herzlosen Rohlinge, und wenn wir auch manchmal ein Auge zudrücken möchten, so dürfen wir es nicht tun, weil wir nicht privat angestellt sind, sondern von der Polizei bezahlt; natürlich nehmen wir Rücksicht auf das Publikum und würden viel lieber, wenn wir einen Hund in der Schlinge haben* unbemerkt weiter gehen. Nur die Zusammenrottungen, die es dann gleich gibt, machen es uns unmöglich, wobei es dann womöglich auch noch Püffe für uns absetzt, was nicht erfreulich ist. Und wenn wir schon mal einen Hund übersehen würden, dann werden wir durch das schadenfrohe Grienen der Passanten auf ihn hingewiesen, die im Grunde eine diebische Freude haben, wenn ein lieber Mitmensch mal wo reinschliddert. So geht es also mit den Hunden, die einen Besitzer bei sich haben, die wir mitnehmen in den Wagen, bis er dann gegen Bezahlung der Strafe im Asyl ausgelöst wird, ebenso wie die herrenlosen Hunde. Ist der Hund im Wagen, so geht er uns nichts mehr an, sondern ist ab Wagen dem Tierschutzverein unterstellt, der ihn vier Tage lang in seinem Asyl in der Schicklerstraße verwahrt. Dort wird der Hund nach dem Fundgesetz behandelt, genau wie ein verlorener Gegenstand, nur daß er eben vom Verein verpflegt wird. Als Fundsache werden sie dann jeden Mittwoch und Sonn- ^6 4 abend um 'Aio Uhr auf dem Hof versteigert, und das ist natürlich oft traurig, wenn einer seinen Hund nicht selbst einsteigern kann und vom Händleu über- boten wird. Aber meist sind die Preise sehr klein; es kommt auf die Rasse an. Am meisten Aufregung ist immer, weil die Frauen denken, die Hunde kämen zur Vivisektion. Aber ich weiß, daß dafür Hunde kaum mehr genommen werden, weil sie zu teuer sind. Oder glauben Sie, ein Händler wird 8 bis y Mark auf der Auktion zahlen, um ihn dann für 1,50 Mark an ein Institut weiter zu verkaufen? Dann ist ja auch ein Vertrauensmann vom Verein bei den Auktionen, der mitbietet, wenn er meint, das Tier kommt in Unrechte Hände. Wer natürlich gar keinen Käufer findet, hat Pech, weil er dann, wenn ihn der Verein nicht kauft, gleich nach der Auktion vergiftet werden muß. Anders kann das alles nur werden, wenn die Hunde einmal gesetzlich keine Fundsache mehr sind und der Maulkorbzwang usw. aufgehoben wird. Wir Fangbeamten können das aber nicht ändern, und wenn wir einmal nicht so freundlich sind, wie es das Publikum möchte, so liegt das nicht an den Tieren, die nichts gegen uns haben, sondern an der Unvernunft des Passanten. LE C H I E N Paar RE Nit E SINTENIS En touies saisons Ce diien si rare Si bon Tue le cafard De ceux qui Tont. Maitresse , battez des mains. Je suis un diien marin. Maitresse tremble et se cadie. Je suis un chien de diasse. Marie Laurencin Ren£e Sintenis POLIZEIHUNDE GUSTAV SCH A L L HÖR X, Wachtmeister a. D. I. ERZIEHUNG D ie wichtigsten Persönlichkeiten deiner eigenen Jugend, deine Mutter, dein Lehrer, dein Unteroffizier mußten Geduld mit dir haben und deinen Schwächen. Um wieviel mehr kann sie dein Hund von dir verlangen, der ein Tier ist, ohne die Sprache, die den Menschen auszeichnet. Es gilt also, sich nicht mit Stock und Peitsche einen unwilligen Sklaven zu dressieren, sondern einen Kameraden heranzubilden, der Gefahren mit dir teilt und für dich sein Leben einsetzt. Soweit das Seelische. Außerdem darfst du nur eine Pfeife verwenden, die sich deutlich von den Pfeifen unterscheidet, die Knaben oder- andere Leute im Gebrauch haben, damit der Hund sich daran gewöhnt, nur auf eine Pfeife zu hören. In seinem vorbildlichen Lehrbuch hat Robert Gersbach nicht weniger als 70 Uebungen zusammengestellt, die dem Hund in Leib und Seele übergehen müssen, wenn er dienstgeeignet sein soll. Jedem gewesenen Soldaten wird dieses Reglement viel Bekanntes aus der eigenen Ausbildung bringen. Wie der Anfang beim Rekruten das ,, Stillgestanden“ war, ist es hier das ,, Setzen“ in ungezählten Variationen. Denn es ist ein großer Unterschied, ob sich der Hund am gewöhnten Ort setzt oder an einem fremden und vor allem, ob er sitzen bleibt, auch wenn sein Herr sich entfernt. Ebenso ist es mit dem Down machen, das bei Beobachtungen und Situationen die äußerste Ruhe verlangt. Kriech- übungen sind sehr anstrengend für Mann und Hund. Wesentlich weniger anspannend sind die zahlreichen Apportierübungen, verbunden mit Sprung- iibungen, die mit dem Strohwisch beginnen und ihren Höhepunkt im Finden eines vergrabenen Gegenstandes haben. Der Polizeihund muß auch Meldegänger sein und so sicher arbeiten, daß eine l ebergabe der Meldung in fremde Hände nicht zu befürchten ist. In diesen Ausbildungskreis fällt auch die eigentlich für jeden Hund selbstverständliche Pflicht, niemals aus fremder Hand Futter zu nehmen. Auch das Spurver- folgen ist nicht die schwerste Aufgabe, weil sie dem Hund offenbar Spaß macht. Aufgabe des Beamten ist es, Abweichungen aus Laune zu beobachten. Vom Spurverfolgen bis zum Stellen des Verbrechers ist nur ein Schritt. Hier ist der Punkt, wo die Arbeit für den Gehilfen des Dresseurs sehr aufreibend wird. L m ihn vor \ erletzungen zu schützen, muß er einen roßhaargepanzerten Lebungsanzug aus festestem Stoff tragen in Art der Ausrüstung zum Bajonett- fechten, das leider ganz aus den L T ebungen für die Mannschaft verschwunden ist. Dann ist noch an die Arbeit im Wasser zu denken und an das Heraus- suchen der richtigen Witterung unter verschiedenen anderen. Das Pensum, das Hund und Herr zu erledigen haben, ist also ein ganz gewaltiges, und man wird erst nach sehr langer Zeit einen Hund wirklich als 766 Jean le Dueq (1629 — 1676) Radierung Polizeihund bezeichnen können. Dazu kommt, daß die Reglementsvorschriften natürlich nicht auf jeden Hund passen, und daß viele Hunde verdorben in die Hand des Dresseurs kommen. Die Arbeit ist doppelt so groß, wenn der Hund überdressiert ist, ein schlechter Apporteur, land- oder wasserscheu, nicht hieb- und schußfest und von Natur unfolgsam. Das Abgewöhnen von Unarten ist auch sehr wichtig. Der Polizeihund muß geflügelfromm sein, darf Wagen nicht anbellen und verfolgen, nicht raufen, nicht auf Sofas springen usw. Grundsatz soll es sein, zum Polizeidienst nur rassereine Hunde zu ver- wenden, da bei ihnen mit größerer Wahrscheinlichkeit ein Fehlen böser Cha- raktereigenschaften zu erwarten ist. Der Fixköter und Bastard bietet in dieser Beziehung nur wenig Gewähr. II. IM DIENST HAUPTMANN BREITKREUZ, Führer der Hundestaffel der Berliner Polizei, gab dem Berichterstatter des „Querschnitt“ die folgenden Auskünfte; D er Publikumsglaube, jeder Schäferhund sei ein „Polizeihund“, ist falsch. Da bei uns das Angebot an Schäferhunden am größten ist, werden diese am häufigsten verwendet und bilden etwa 90 Prozent unseres Hundebestandes. Geeignet sind aber auch Rottweiler, Dobermanns, Boxer, Airedale und Riesen- schnauzer. Daß die eine oder andere Rasse größere Fähigkeiten habe, kann 767 man nicht sagen. Es ist Launensache der Hunde, und ein heute erfolgreicher Hund kann am nächsten Tage versagen, vielleicht aus Liebeskummer oder anderen Störungen, die wir nicht erkennen können. Man weiß ja zu wenig, was in einem Hunde vorgeht. Eine Unfehlbarkeit, wie sie das Publikum dem Polizeihund andichtet oder von ihm erwartet, wenn die Aufklärung eines Ver- brechens der Oef fentlichkeit am Herzen liegt, gibt es nicht. Nur einer ist meist von der Unfehlbarkeit des Hundes überzeugt: der Verbrecher. Oft kommt es vor, daß ein Delinquent, wenn man den Hund bringt und auf die Spur an- setzen will, es vorzieht, lieber gleich zu gestehen. Auch die artistischen Kletter- künste unserer Hunde werden sehr übertrieben geschildert. Höher als 2,5 Meter darf ein Hindernis nicht sein, das ein Hund nehmen soll. Vor allem muß der Polizeihund hieb- und schußfest sein. Nur wenn sich in Versuchen herausstellt, daß ein Schuß ihn nicht irritiert, daß er auf Schläge auch auf den Kopf nicht zurückweicht, kann er als geeignet gelten. Diese Ver- suche werden in Eichkamp auf unserem Uebungsplatz angestellt. Die Hunde selbst bekommen wir aus Grünheide geliefert. Unser Bestand in Berlin ist zurzeit 450 Hunde, die mit Beamten nachts in den Vororten Streife gehen. Dazu kommen 45 sogenannte „Landposten“ in den Außenbezirken. Die Beamten gehen in Zivil und lassen den Hund das Gelände abrevieren. Der Hund verbellt jede Person, die er mit der Nase wittert, *er verbellt aber nur, so daß dem Passanten, wenn er auf den nun erfolgenden Zuruf des Beamten stehen bleibt, keinerlei Gefahr droht. Nur beim Angriff wird der Hund beißen. Als Stöberhunde zum Aufsuchen einzelner Gegenstände scheinen mir die Rottweiler besonders geeignet. Soll ein Gelände abgesucht werden, so wird es in einzelne Parzellen geteilt, die der Hund nun abreviert. Er bringt alles, was nach Mensch riecht, an, und die Ausbeute eines Suchens im Grunewald ist meist mit großen Ueberraschungen verbunden: da kommen zum Vorschein: Milchflaschen, Schuhe, Hüte, Handschuhe, Bücher, Strumpfbänder, Steh- kragen, seidene Schlüpfer und die in der Berliner Natur obligaten Stullen- papiere. Man glaubt gar nicht, was alles verloren wird! Der Wert des Stöber- hundes liegt eben darin, daß er wirklich alles bringt, was er wittert. DER SCHOSSHUND UND SEINE WIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG Von HANS HYAN K omische Idee, nicht wahr? Was sich so die Hundeleute und Kynologen alles einbilden! Aber wenn ich mir gestatten darf, festzustellen, daß ein Zwergbullie, die französische Miniaturzüchtung des englischen Riesen- bulldogs, wenn er bei Spannlänge trotzdem typisch ist, mit achthundert bis ein- tausend, ja mit noch mehr englischen Pfunden bezahlt wird, so bekommt die Sache mit der wirtschaftlichen Bedeutung wohl schon etwas mehr Hintergrund. 768 Schwarzer Schnürenpudel. Champion Achilles Photo The Dog Bulletin Collie (Schottischer Schäferhund). Champion Laund Lukee , '{ Thoto A. Dauer, München Deutscher kurzhaariger Vorstehhund. Argo von Samborn. Bes. Ferd. Beissel. Aachen Photo J. & J. Brown Afghanische Windhunde. (Barukhzy-Hunde) Charlie Chaplin in „Goldrausch“ Photo A. Dauer, München Gräfin Kanitz mit ihrer Zwergschnauzer-Zuchtgrnppe (Zwinger v. Ahbagamba. Podanger) Frau Ines M. H-oehne mit ihrem Pekingesen (Zwinger Murmel- hof, Baden-Baden) Schoßhunde sind uralt. Auf einer athenischen Vase aus dem zehnten Jahr- hundert vor Christi ist ein sehr lang behaarter, kurzläufiger kleiner weißer Hund mit Stehohren abgebildet, darüber steht das Wort „Melitae“. Plinius erwähnt diese Vase, die ihm in antiker Darstellung Vor- gelegen haben muß. Er spricht von dem Melitaeischen Hunde, der ein vor- zügliches Mittel gegen Magenschmerzen sei, wenn man ihn öfters auflegt; und er beruft sich auf den Schriftsteller Kalimachos, der die Herkunft des Hundes von der Insel Melita herleitet. Wir nennen ihn heute Malteser. Er ist ein wunderbares, reizendes weißes Seidenknäuel mit schwarzem Näschen und dunklen Augen, gescheit und zutunlich. Der englische Schriftsteller Brown schreibt 1829 von ihm: er sei der kleinste Rassehund, selten länger als ein Fuß, gemessen von der Nase bis zur Schwanzspitze. Man nannte ihn damals Comforter, und seine Beliebtheit hat sich seitdem nicht verloren. Die Preise, die heute für einen Malteser gezahlt werden, sind außerordentlich verschieden; von zweihundert Mark bis zu dem zehnfachen Betrage. Diese Sucht, die Hunde zu diminutivieren, ist wohl in dem Superlativismus zu erklären, der die Menschen bei allen ihren Liebhabereien leitet. So hat man den Zwergpudel hergestellt, der besonders schwarz gewünscht wird, und so werden auch die Pinscher, glatthaarige wie rauhhaarige, in den lächerlich kleinsten Formen hingestellt. Diese Tendenz ist nicht ungefährlich für die Rasse, aber sie ist außerordentlich lukrativ für d p n Geldbeutel der Händler. Vor ein paar Jahren wurde auf einer Ausstellung in Birmingham ein Japan- Tschin gezeigt, der den erstaunlichen Preis von 2700 Pfund erzielte. Der Hund war das fabelhafteste Exemplar seiner Rasse. Sein Haar war wie ge- sponnenes Silber mit goldenen Flecken. Er hatte einen Kopf wie eine kleine Kugel, aus welcher Nase und Maul kaum hervorragten; er besaß also, wie der Engländer sagen würde, den phänomenalsten ,,Stop“. Das Hündchen stand wundervoll viereckig, und der kleine Körper war, obwohl nur eine Spanne lang, wie aus Stacheldraht gearbeitet. Aber dazu kam, daß dieses kleine Wunder- bild der Natur die hohe Intelligenz seiner soviel größeren Vorfahren bewahrt hatte. Daß seine Bewegungen die eines schnellen Vogels, und daß selbst Mut und Angriffslust ihm erhalten geblieben waren. Denn hier liegt die unendliche Gefahr der Minimalzüchtung: schon bei der Geburt sind die Welpen äußerst gefährdet. Die Aufzucht ist äußerst schwierig, und hat man so ein Hündchen groß gezogen, offenbart es einen lahmen Willen, einen fatalen Mangel an Schneid, ja es wankt so kraftlos durchs Leben, daß kaum die Freude an der Kuriosität aufkommen kann. Trotzdem versucht der Züchter immer wieder sein Heil in dieser Richtung. Die Toy-Spaniels, in den vier Arten: Bienheim (Marlborough), King Charles, Prince Charles und Ruby vorhanden, waren im sechzehnten Jahr- hundert in England Jagdhunde. Karl II. soll die früher rein schwarzen Tiere bereits black and tan gezüchtet haben, d. h. also schwarz mit lohfarbigen Extremitäten. Er besaß verschiedene Meuten dieser reizenden kleinen Hühner- spezialisten, und der König, ein leidenschaftlicher Jäger, soll von der Jagd auf Grouse-Hühner nicht nach Hause zu bringen gewesen sein. Die Varietät aber, die heute am meisten in Gunst steht, sind die Bienheims, die der Earl von 769 Marlborough auf seinem Bienheim Castle stets weiß mit roten Flecken züchtete. Leider ist diesen Hündchen jetzt der Arbeitscharakter verloren- gegangen. Man verkleinert sie, züchtet den Stop fort, so daß der Kopf immer runder, der Fang verschwindender wurde, und nichts als ein Schoßhund bleibt schließlich übrig. Aber gerade wie bei Menschen der Mangel an Arbeit mit den unschönsten Begleiterscheinungen für die Körperlichkeit sowie für den Charakter verbunden ist, so hat auch das Tier, wenn man ihm seine Tätigkeit nimmt, wenn man es zum Spielzeug degradiert, keine Aussicht mehr, Kraft und Schönheit zu behalten und seine Rasse intakt fortzuführen. Es sind leider keine genauen Zahlen über die bedeutenden Einnahmen vorhanden, die Deutschland aus der Hundezucht, und besonders der Schoß- hundezucht, hereinbringt. Wir haben auch vorläufig noch nicht genug ein- wandfreies Zuchtmaterial und sind daher gezwungen, aus England und gelegentlich aus Frankreich andauernd hochwertige Tiere einzuführen. Als Beispiel dafür kann man den in letzter Zeit sehr in Mode gekommenen Scottish-Terrier, den man jetzt besonders im Westen Berlins sehr häufig zu sehen bekommt, anführen. Die Hunde sind etwa seit neunzehnhundert hier bekannt. Aber während der ersten zehn Jahre wurde mit nur wenigen und keineswegs einwandfreien Tieren in Deutschland gezüchtet. In den letzten Jahren ist erstklassiges Material über den Kanal gekommen. Und wir haben heute schon Hunde eigener Zucht, die mit den englischen in Kon- kurrenz treten können. Allerdings ist das Letzte in der Mode nicht mehr der Schotte, sondern der Sealyham-Terrier. Colonel Edwards und sein Bruder, England, haben diesen fabelhaften, auf kurzen Beinen stehenden Rauhhaar-Terrier, der mehr Klapp- ohren als sein hochgestellter Vetter hat, geschaffen. — Wie? Das ist ihr Ge- heimnis geblieben. Denn nicht allein, daß unter den Händen dieser Meister- züchter eine neue, an Schönheit und Adel verblüffende Rasse hervorgegangen ist, sie haben es auch verstanden, diese Rasse konstant zu machen. Die Hunde sind weiß mit wenig gelben Flecken und sind in ihrem Charakter, in ihrem Mut und Drangang ungeheuerlich. Der bedeutendste Züchter ist Herr M. B. Meyer, Den Haag-Voorborg. Aber der Stolz, so ein kleines Wunder zu besitzen, ist nicht eben billig. Ein gutes Tier, das auf der Ausstellung einen Preis holt, wird man immer mit fünfzig Pfund bezahlen müssen. MOPS UND HERR Von EINEM DARM STÄDTER J a, so war die Reihenfolge. Ich kam durchaus in zweiter Linie, solange — er mich hatte. ,,Der Mensch ist der treueste Begleiter des Hundes“ hörte ich mich öfters stoßseufzen. Noch dazu in München, dieser doch ausgesprochenen Hundestadt, wo sich die Pforten der Elektrischen jeglichem Vierfußgetier brummig verschließen — selbst den so urbajuvarischen Dack’ln. Um wie viel mehr etwas so Fremdrassigem, Absonderlichem, heute schon fast mythisch 770 Gewordenem wie einem Mops, einem echten, letzten Repräsentanten ver- schollener Straminkissenwelten. Denn das war er. Kein Spätling, nein, ein wahrhaftiger Endling, prangend in allen Abzeichen des Mopsadels, und so fein dabei, so zart, so wählerisch, so apart in seinen Neigungen und Leidenschaften. Christa von Hatvany, die ihn dem erlesenen Kreis raffiniertester Tiermodelle für mich entzog, befürchtete, unvertraut mit der erotischen Sachlage, ihre ver- meintlich noch edlere, jedenfalls noch winzigere, schwarze britische Möpsin möchte einmal mit ihm fehltreten. Sie kannte ihn doch zu wenig, Gigi oder Joh. Elias Ridinger Radierung Pienz, wie ich ihn seiner Wehleidigkeit halber auf Darmstädtisch nachtaufte — den Ultimops, den bewußt letzten, den Schlußstein seines Stammes. Ich weiß etwas von Möpsen. Wie ein freilich nur in Spezialfällen roter Faden zieht sich eine Kette von linksgelegten Ringelschwänzchen durch meine Tage, und ich hatte immer Respekt vor dem hervorragend entwickelten Liebes- eifer der Art. Davon erglühte auch Pienz. Aber in welch distinguierten Flammen! Unter seinesgleichen, ich meine Hunden überhaupt — denn wo hätte er, der allüberall ob seiner Rarität bestaunte, verhätschelte Sonderling, auf Münchens Straßen einen Mitmops treffen sollen — hielt er sich durchaus ans eigene Ge- schlecht, mit einer bis ins Unhöfliche gehenden Abneigung gegen jeden Ver- such, ihn zum gemeinen, zeugerischen Eros hinzulocken. Er hätte dabei sehr viel Erfolg bei den feinsten Hündinnen haben können: ich habe die ent- 771 zückendsten chinesischen Zotteldamen, habe Seidenpudelweibchen, ja einmal eine ägyptisch nackte Windspielin ihn bis zur Selbstentwürdigung umbuhlen sehen. Und innerhalb des eigenen Sexus hielt er, wie sich s verstand, dem Kühnen und Lebensvollen zu, den ,, guten Klang“ der Paarung von stark und mild zu sichern. Vor allem die Riesen hatten es ihm angetan, die gigantischen Ueber-Doggen, die schwertrottenden sogenannten, es gibt ja fast nur noch dem Namen nach Bernhardiner, die edlen Jagdrüden, zumal die so selten gewordenen gold- oder kupferroten fahnenberuteten irischen Setter. „Soll i eam a Leiter bring’n?“ fragte bei einer solchen Gelegenheit ein mitleidiger Münchner. Aber er war sehr begabt. Glaube man darum nicht an seine Urfeindschaft gegen das Weib! Außer- halb seiner zoologischen Spezies wußte er Frauentum durchaus zu schätzen. Schönen Stuten habe ich ihn interessiert nach-steigen und -schnüffeln sehen und Menschinnen gegenüber war er, der Geschmäckler, fast zu unwählerisch, jeder einzelnen wedelnd, ja katzenhaft schmiegend, motorisch manchmal gar zu eindeutig zugetan. Auch fürchte ich, der tiefste Grund seines eben doch tragischen Verhältnisses zu mir war in meinem Menschenmannstum gelegen. Geber eine kühle, durchaus nicht respektvolle, eher herabsetzende Aneikennung seinerseits ist unsere Beziehung nie gediehen, trotzdem ich im allgemeinen bei Hunden in sehr gutem Geruch stehe. Sie war ja auch nicht einfach, nicht für mich, nicht für ihn, diese Symbiose. Wie ihn hegen, nähren, säubern, unter- halten? Alles im Rahmen eines Altschwabinger Ateliers, ohne geregelten, weiblichen Beistand? Ich spüre noch das Herzklopfen, die Vorangst, als er, wohlversehen mit allem, mit Steuer- und Adreßmarke, prächtigem Halsband und auch späterhin nie beschlupftem flaus-gefütterten Hundehaus oben an- kam. Wie er sich — zugleich gelangweilt und doch etwas unsicher (gerade wie ich) — rings umschaute, sich dehnte, auf den Divan sprang, den Ringeh chwanz hängen ließ, die angebotene Milch kaum beroch und mit den Augen zwinkerte. Ls war ihm gar nicht wohl zumut, und dabei war er so schön, daß ich alle Bedenken vergaß und mich ihm zur Verfügung stellte. Ich hab’ es auch treulich durchgeführt, freilich und gottlob nicht ganz allein, denn leicht war es nicht. War er doch weder erzogen noch erziehbar. Er folgte, wenn er wollte, war, echter Spätling, viel zu intelligent, sich irgendwie einzupassen und hatte die größte Freude an den Hilflosigkeiten seines von ihm gebändigten Herrn und Meisters. Ihn auszuführen bedeutete jedesmal eine Epopöe voller aufregender, nur im Rückerinnern reizender Zwischenfälle. „Sie müssen ihn stets an der Leine lassen“ hatte seine Vorbesitzerin gewarnt. Es war nur zu wahr! Die Versuche, aus ihm einen gebildeten Mitläufer zu machen, gelangen stets nur zufällig. Wer ihn nicht im Auge behielt, hatte ihn verloren, und ich weiß nicht, wie oft er tagelang verschwunden war, einfach weil er nicht zu- rückfand: ein Hund ohne Heimat- und Ortssinn! Denn auch nach seinem frühem Gelaß und der verflossenen Herrin fand oder verlangte er nie. Abends nach Arbeitsschluß hörte ich es dann, Trinkgeld heischend und Mops über- bringend, bei mir pochen. Gleichmütig und mit leicht degoutiertem Schnauben ließ er das Wiedersehen über sich ergehen, das meinerseits in einer vor- sichtigen Dosierung von Zuspruch und Moralpredigt zu bestehen pflegte. 772 Irgendwie ernst durfte man ihm nicht kommen. Dann erschrak er, ein Aus- druck störrischer Hoffart kam in seine kugligen Mopsaugen, und er ward ganz und gar Ablehnung. Vereiste. Nein, es war nicht leicht mit ihm! Zumal er auch körperlich wirklich hinfällig war, trotz seiner Jugend, (seine und meine Leidenszeit füllte die Spanne zwischen seinem ersten und zweiten Lebensjahr) war er wenig gerüstet für die harte Wirklichkeit. Das sonst mit so vielem Recht Hundewetter genannte Hauptklima unserer ,, mäßigen“ Zonen erregte in ihm Haß, Abscheu und Diarrhöe! Bitte! Und bei einem Ateliergenossen im vierten Stock mit Steiltrepperi ohne Lift. Freilich war es eine Art Entschädigung, eine künstlerische Wollust, ihn bei solcher Witterung das kalte und glitschige Asphalt nicht etwa betreten, sondern ge- ekelt zurückstoßen zu sehen, mit einem vorwurfsvollen ,,das mir“ im Blick. Und mit was für Pfötchen! Meine Hundeerfahrungen sind nicht gering, aber ich darf es aussprechen: nichts Hündisches, das mir je übern Weg lief, kam dem Adel dieser Extremitäten gleich. Elegantest gezogene, vom federnden Fersengelenk zierlich bewegte Schmalbeine endigten in Zehengriipplein, deren glatte Bällchen wie mit Jungfernpergament bezogen schienen, und die im Schreiten, Schnellen, Springen oder in den seltenen Fällen bittender oder kosender Zärte die ganze Prinzenhaftigkeit des süßen Wedelings offenbarten und den linearen Wuchs — er gehörte nicht zu den breiten täppischen Klump — , sondern den zierlichen Rehmöpsen — in eine feinere Sphäre hoben. Und das eben doch unvermeidliche Führen an der Leine wenigstens zu einem Teil- genuß gestalteten, den die Anerkennung der Welt, die bereitwillig und manch- mal im Uebermaß gezollte, sogar in einem Rausch von Stolz und Selbst- befriedigung bei ihm und seinem Begleiter steigern konnte. Dehn ich wage es zu behaupten: es ist gewiß schön und schmeichlerisch, um seine Bücher, Bilder oder auch eine Geliebte beneidet zu werden, nichts aber gleicht dem Hochgefühl, mit dem der wahre Hundist oder rechte Kynophile seinen Genossen preisen hört, oder, so er es gestattet, freundlich streicheln sieht. Auf diesem Felde war nun vermittels des Ultimops alles zu ernten. Zeitlebens blieb er die Sensation der Straße, die Wonne der Gaststätten, der gehätschelte Liebling der Salons. Eine Unzahl freundlicher Episoden wacht auf in meinem Gedächtnis: vornehme ältere Herren, geheime Räte lassen mitten auf der Straße eine entrüstete Gattin stoppen, um sich mit den Worten „nein, da kann man nicht widerstehen“ kosend zu Pienzen niederzubeugen. Bessere Schul- meister bleiben stehen und deuten belehrend auf ihn „schaut den charakteristi- schen Vertreter einer ausgestorbenen Rasse“. Unzählige Male wird bei seinem Besitzer angefragt, ob „er“ verkäuflich sei, einmal mit der anscheinend aus einer Heiratsannonce übernommenen Wendung „seit sechs Jahren suche ich für meine Freundin solch einen Gefährten“, ja selbst die bekanntlich dem Noblen gegenüber sonst so spröd ablehnende Volksseele öffnete sich Pienzens Reizen weit und gern: „a Mopsele“ scholl es durch die Straßen, durch die ich mich, „ich mit dem Hündchen, einer Kokotte“, nach dem fast zu kritischen Ausdruck einer Freundin, mehr hindurchziehen ließ als eigenmächtig bewegte. Aber wenn auch derart vergoldet, es waren doch Ketten, die ich trug, und die auf Stunden oder Tage abzuwerfen ein seliger Genuß war. Es gab die 77 Vol. 7 773 Gräfin! Von allen Menschenfrauen, deren Bekanntschaft ich ihm vermittelte, und deren jede er nach Art, Rang und Bedeutung zu werten, zu behandeln wußte, war ihm keine so nah, freilich auch keine so gewogen wie sie, die ihn zu fesseln, zu sänftigen, zu beleben verstand, deren Arbeitsboudoir sein all- morgendlich ersehnter siebenter Himmel war. Diese Treppen flog er förmlich hinauf, und wenn ich zu diktieren und sie auf der Maschine zu klappern be- gann, dann kauerte er sich oft neben mich, das in tausend Falten des Wohl- behagens verschrumpelte Haupt auf meinen Knien, öfter und am liebsten zwischen die Füße der Schreiber in, mit tiefem Traumröcheln die Klänge von oben begleitend. Und manchmal durfte er dann droben bleiben bei ihr, sich zur Lust, mir zur Entlastung. Wie schön sie dann waren, die gemeinsamen Mahlzeiten, Ruhestunden, Spaziergänge, weiß ich nur aus den Berichten, ahnte sie auch aus Pienzens resigniertem Lefzenlecken, wenn die Seligkeit um war, und er sich wieder mir bequemen mußte. Denn es ist nicht anders: so gern ich ihn hatte, so stolz ich auf ihn war, so sehr ich ihn bekirrte, ja, umwarb, wirklich nah sind wir uns nicht gekommen. Reservierte, manchmal, gar nicht oft, etwas gerührte Duldung war das vornehmste Gefühl, das ich in ihm entfachen konnte. Sicher war ich ihm zu groß, zu dröhnend, viel- leicht auch zu Darmstädtisch. Er war eben ganz Nuance, aufs Halblaute ge- stellt, kannte nur die Freuden des Uebergangs, und da ich, wie man oben er- iuhr, auch kein Objekt für seine Passionen sein konnte, so behalf er sich eben mit mir, weil es unvermeidlich war, ließ sich bedienen und rümpfte, wenn er ihrer nicht zur Feststellung der Riechenswürdigkeiten Münchens bedurfte, mit mildem Vorwurf die im Samt des Gesichtchens reizend vergrabene tiefschwarze Mopsnase. Rümpfte, bis sein Leben einen jähen, ach für ihn unerträglichen Wechsel erfuhr. Juli kam! Die Stadt sollte sommerlich verlassen werden. Ultimops und sein Herr tauchten, nach langwieriger Bahnfahrt, wo „er“ sich musterhaft betrug, die Pluldigungen der ihm meist zu unfeinen Mitfahrer freundlich aber kühl entgegennahm, im Kaiserstuhl auf, dem süddeutschen Wein- und Gebirgswinkel, wo er bis auf weiteres bleiben sollte. Hier begriff er nun gar nichts mehr! Wahrhaftig, er war ein Städter! Das Landdasein war nicht für ihn, der Garten, der Hof mit einem großen, schwerfälligen, un- angenehm-pflichttreuen Kettenhund, die so ganz andern Menschen mit ihren unvertrauten Beschäftigungen — fiichts war ihm mehr recht. Vom Beginn der Sommerfrische trauerte er, zog sich zurück, blieb fremd. Ich fuhr weiter; der Abschied von seiner Seite gleichgültig, sogar merkwürdig dumpf, tat mir weh. Aber ich sollte ihn ja im Herbste wiedertreffen, mitnehmen, in die ihm ge- wohntere Stadthaus-Höhenluft. Es ist anders gekommen! Kaum war ich weg, so ging sein Trauern über m Kränkeln; vergebens mühte sich freundliche Pflege und ärztlicher Beirat. „Ein Staupen-Rezidiv“ lautete die ernste Diagnose. Die Bulletins, die ich regel- mäßig erhielt, wurden ernster und ernster, und als ich zur Zeit des höchsten Jahresjubels zur Weinlese zurückkam, ruhte er schon aus von dem viel zu undistinguierten Dasein! Er, der letzte Nachfahr abgesunkener Welt, er, der Pfotenzarte, der Ultimops. 774 AUR1IOKSEKGEB NISSE 14. und 15. Juni. Hotel Drouot, Paris (Sammlung Pierre Bczine) Dürer, Passionsszene, Zeich- nung 4 000 Frs. Holbein, Taufe Christi, Zeich- nung 7 200 ., Canaletto, Canal grande de la Piazetta 54 000 .. Clouet, Franz II 67 0ÖU .. Cuyp, Kindeibildnis 100 000 Grünewald, Anbetung d. Hirten 38 000 de Heem, Stilleben 120 000 .. van Orley, Jungfrau mit Kind 68 000 Vigee-Lcbrun, Junge Frau am Klavier 90 000 ,, van der Weyden, Triptychon . 122 000 ,, * p. Juni. Hotel Drouot, Paris (Sammlung Bing) Lautrec, Junge lesende Frau . 129 000 Frs, Pissarro, Eragny 45 000 „ Renoir, Kind mit weißem Hut . 27 000 ,, ,, Junges Mädchen mit roter Blume 40 100 ,, * 20. Juni. Hotel Drouot , Paris Robert (Hubert), Palais en ruines, Zeichnung, 41 : 44 . . 70 000 Frs. * 1. Juli. Hotel Drouot, Paris (Südamerika) Wasserkrug, Venezuela .... 23 700 Frs. Lehmvase, Columbien 41 500 ,, Galerie Georges Petit, Paris (Sammlung Jacques Zoubaloff) Gemälde Cezanne, Badende, 51:61 ... 475 000 Frs. Monet, Blumenvase, 100 : 82 . . 280 000 ,, Renoir, Junge Frau, 32 : 24 . . 130100 ,, ,, Mme. Henriot, 41 : 33 . 240 000 ,, ,, Bougival, 55 : 41 ... . 238000 ,, Skulpturen Rodin, Frau mit Blumen, Stein 49 200 Frs. „ L’eternelle idole .... 51 000 „ * 7 . Mai. Christie, London Fragonard, Zwei Amoretten .... 3400 £ Nattier, Madame Victoire 800 ,, Greuze, Les sevreuses 1900 ,, Boucher, Liebesbote, 1765 1600 ,, Rubens, Mars 1900 ,, * Juni. Christie, London. Graphik Whistler, Scenes on the Thames, 16 Radierungen 510 £ 8 . Juli. Christie, London (Galerie James Roß) Frans Hals, Männliches Bildnis 32x25 Zoll (abgeb. Bode, Franz Hals 206.) 5600 £ Rembrandt, Männl. Bildnis (Admi- ral Tromp) 44X33 Zoll (Agnew) 30 000 ,, (1890 Paris 10 6 Frs.) Romney, Lady Sullivan 49X39 . . 17 000 ,, ,, The „City of Utrecht“ . . 8 500 ♦ 27. Mai. J\ night, Frank & Rutley, London (Sammlung Pallavicini) Murillo, Unbefleckte Empfängnis, 81 : 43 4000 £ van Dyck, Bildnis Adriaen Brou- wer, 21 : 17 1950 „ J. Bassano, Kreuzabnahme, 19 : 13 900 ,, Jan Mostaert, Christus mit Dornen- krone 650 „ Canetto, Rialtobrücke, 31 : 42 ... . 950 ,, Herr Dr. Alexander Beßmertny legt Wert auf die Mitteilung, daß er die „Auktionsergebnisse“ seit Heft 8 (August 1927) nicht mehr zusammenstellt. 775 BÜCHER -QUERSCHNITT FR. BAZILLE, Die Kennzeichen unserer Rassehunde. Verlag: Hundesport und Jagd. Das Werk enthält von allen in Deutschland anerkannten Hunderassen die amt- lichen Merkmale nach den neuesten Festsetzungen, und jede Beschreibung wird durch ein oder mehrere Bilder noch mehr verständlich gemacht. Als Nachschlage- werk ist das Buch für den Kynologen unentbehrlich. E . von OTTO, Der deutsche Schäferhund in Liebhaberhand. Paul Parey, Berlin. Alles, was für den Liebhaber mitteilenswert ist, hat E. von Otto übersichtlich zusammengefaßt. Wie jeder Kenner, entdeckt er immer wieder Neues, nicht nach der Nützlichkeit und Auswertungsmöglichkeit der Erscheinungen fragend, sondern ihre Idee, ihr Wesen ergründend. Sein Wunsch, mit diesem Buch zum „Umgang mit dem Hund“ anzuregen, wird bei jedem Leser in Erfüllung gehen. E. von OTTO, J edermanns Hundebuch. Paul Parey, Berlin. Wir haben nicht viel gute Hundeliteratur in Deutschland. Sehr zu empfehlen ist dieses Hundebuch, das wirklich „für jedermann“ geschrieben ist und von den wichtigen Mitteln erschöpfend Kenntnis gibt, die der Hundebesitzer anwenden muß. um sich seiner Stellung und seiner Aufgabe dem Tier gegenüber bewußt zu werden. HEGENDORF, Das Totverweisen. Paul Parey, Berlin. Erziehung eines Hundes ist keine Spielerei und darf auch nicht spielerisch ge- handhabt werden. Das ausführliche Spezialwerk Hegendorfs, das namentlich die neue, im Krieg erprobte Bringsel-Methode darstellt, ist ein Beweis unerhörten Eingehens auf die Psyche des Tieres. Ein ausgezeichnetes Werk, das auch der Romantik der Jagd durch Beschreibung vieler Dressurbeispiele gerecht wird. OBERLÄNDER, Dressur und Führung des Gebrauchshundes. Verlag J. Neu- mann. Neudamm. Das Buch liegt schon in der zehnten Auflage vor und wird von vielen Berufs - jägern und anderen Weidmännern benutzt. Eins der bekanntesten Bücher, das sich mit der Pflege, Erziehung und Dressur des Gebrauchshundes, also der Kurz- haar-, Stichelhaar- und Langhaar-Rassen befaßt. HEGENDORF, Der Gebrauchshund, seine Erziehung . und Dressur. Paul Parey, Berlin. Unterscheidet sich von Oberländer in der Hauptsache darin, daß mehr an die Intelligenz des Hundes appelliert und deshalb nur bedingt parforce dressiert wird. GUSTAV R Ä D E C K E , Erziehung, Führung und Leistungen des Hannover- schen Schweißhundes. Verlag Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Köthen (Anh.V Ein sehr gutes Buch über den Schweißhund, das der Braunsclnveiger Förster in Michaelstein bei Blankenburg a. H. hat. Forstmeister a. D. L. GERD I N G , Der Schweißhund. Sehr beachtenswert. Rittmeister von STEPHANI TZ, Der deutsche Schäferhund in Wort und Bild. Verlag des Vereins für Deutsche Schäferhunde, e. V., Sitz München. Hier liegt ein Buch vor, das die Rassenherkunft, ebenso die Zucht und Pflege und die Abrichtung und Verbreitung des deutschen Schäferhundes erschöpfend behandelt. A. v. C R E Y T Z , Die Dressur des Hundes. J. Neumann, Neudamm. Beschäftigt sich mit der Abrichtung der Hunde zum Gebrauch aller Art, gibt aber auch eine sehr faßliche Anleitung, wüe man den Hund zum Varietekünstler oder doch zu Kunststücken aller Art erziehen kann. 77 6 Photo Th. Fall, London Photopress Mastiff. Champion Conquest Bull-Terrier Frau Rose Flam mit ihren Maltheserhunder. Gräfin Georg von Arco mit ihrem Zwergbully Algerischer Windhund *: Photo Ernst Schneider Marcelle Rahna von der Haller-Revue mit ihren Pekingesen Ui o o o « 2 C :ct RICHARD S 7 R E B E L , Die deutschen Hunde und ihre Abstammung. Ver- lag Kern & Birner, Frankfurt a. M. Das Standard-Werk der deutschen Hundezucht. Ein Schriftsteller und Zeichner von Bedeutung, ein fabelhafter Kenner aller Rassen und ihrer Eigentümlichkeiten, ein Mann, der die Psychologie des Hundes ebenso beherrscht wie die Kunst zu züchten und zu erziehen, hat da ein Werk geschrieben, das einen Merkstein nicht nur in der deutschen, sondern in der kynologischen Literatur überhaupt bildet. Jemand, der sich mit Kynologie fachlich beschäftigt, kann dieses Buch nicht ent- behren. Es ist weitaus das beste, was die deutsche Literatur in diesem Sinne hervorgebracht hat. J. BEN NETT , Der Neufundländer. J. Neumann, Neudamm. Wenn wir uns über den so außerordentlich interessanten und als Gebrauchs- wie als Schönheitsrasse wertvollen Neufundländer unterrichten wollen, so ist es der Engländer /. W. Bennett, der sich seiner in einer von Karl Thilo übersetzten Monographie annimmt. WILHELM GOTTSCHALK, Der Polizeihund. J. Neumann, Neudamm. R. GERSBACH, Der Polizeihund. Kameradschaftsverlag, Berlin W 35. Beide Autoren widmen ihre Bücher dem heute in der ganzen Welt geforderten Polizeihund und seiner Dressur. Diese beiden Werke wird man mit gutem Ge- wissen denen empfehlen dürfen, die einen Polizeihund wünschen und abrichten wollen. DALZIEL, Der Fox-Terrier, seine Rassen, Kennzeichen, Zucht, Aufzucht und Vorbereitung zur Ausstellung. J. Neumann, Neudamm. Von dem bekannten englischen Houndsman Hugh Dalziel geschrieben und von H. W . Gruhner übersetzt, gibt das Buch eine kurze, aber anschauliche Art- schilderung und Zuchtanleitung. ALLGEMEINE HINWEISE: OTTO HENZE, Erziehung und Abrichtung des Hundes. Kameradschafts- verlag, Berlin W. 35. W. KROEPELIN, Der Kaninchenteckel. Verlag J. Neumann, Neudamm. R. FRIES, Der deutsche Wachtelhund. Verlag J. Neumann, Neudamm. I L G N E R , Das Teckelbuch. Verlag J. Neumann, Neudamm. Der Jagd-Spaniel. Herausgegeben vom Deutschen Spaniel-Klub. Paul Parey, Berlin. KARL BRANDT, Der langhaarige deutsche Vorstehhund. Paul Parey, Berlin. E. SCHLOTFELD, Jagd-, Hof- und Schäferhunde. Paul Parey, Berlin. „OUR D OG S“, Zeitschrift, die in Manchester erscheint. Diese Zeitschrift ist stets in der liebenswürdigsten Weise bereit, kynologische Auskünfte zu erteilen. Wer sie aber regelmäßig liest, findet in ihr eigentlich alles Wissenswerte. Von deutschen Zeitschriften kommen besonders in Frage „Der Hund “ (Gersbach & Sohn, Berlin) und „Die deutsche Hundezeitung“ von Walter Grützmacher, Berlin. Ferner „Hundesport und Jagd“, Verlag Gundlach, Bielefeld. Der Hundesport liegt im Gegensatz zu England, wo sich die besitzenden Klassen mit seltener Opferbereitschaft ihm widmen, wo er der Sport der Grafen, Herzoge und Könige ist, bei uns in Deutschland zu einem großen Teil in den Händen kleiner, kapitalarmer Leute. Das erklärt sein in mancher Hinsicht langsames Vorwärtskommen und den Mangel an ausreichender Spezialliteratur. Hans Hyan. 777 Lovis Corinth Radierung aus den Nachtwachen des Bonaventura AUS DEM P R O P YLÄE N - VE R L AG Lovis Corinth, der 1925 in einem holländischen Seebad starb, hat eine gra- phische Arbeit hinterlassen, die jetzt im Propyläen-Verlag zur Ausgabe ge- langt. Es sind 22 Lithographien zu den „ Nachtwachen des Bonaventura dem 1804 anonym erschienenen Roman, für den man jetzt den Romantiker Karl Wetzel als Verfasser nennt. Corinth hatte den Druck der Blätter noch selbst überwacht und sie zum größten Teil auch signiert, die Fertigstellung des Werkes aber nicht mehr erlebt. Das Visionäre der Spätwerke Corinths haftet den Lithos zu den Nachtwachen in ganz besonderem Maße an. Die seltsame 77 8 Zwiesprache des Nachtwächters mit dem Gevatter Hein kam seiner Vorliebe für geisterhafte, unwirkliche Motive in jeder Weise entgegen. Das Buch zeigt den Künstler auf der Höhe seines Könnens und Schaffens. Die Fläche scheint zu wogen von schwarzen und weißen Nebeln, aber mit unerhörter Sicherheit formt und verdichtet sich unter seinen Händen die Bildkomposition. Es war kein Ringen mit einer fremden Welt, sondern das Finden und Lösen eines Menschen, dessen Blicke schon hinüberschweiften auf die andere Seite des Stroms. Das Werk erscheint in 200 numerierten Exemplaren auf Bütten- papier von Gebr. Mann gedruckt, die Lithos auf der Handpresse von A. Rogall abgezogen. Die ersten 50 Nummern enthalten eine zweite Folge der Lithos auf Japan und sind in Ganzleder gebunden. Von der Propyläen-Kunstgeschichte ist ein neuer Band anzuzeigen, und zwar: „Die Kunst des Realismus und des Impressionismus im 19. Jahr- hundert“, bearbeitet von Emil Waldmann , dem Dichter der Bremer Kunst- halle. Er behandelt die glanzvolle, tatenfrohe, an Künstlerpersönlichkeiten und bedeutsamen Werken reiche Zeit von etwa 1830 bis 1900, beginnend mit den frühen Realisten in Deutschland (C. D. Friedrich, Blechen, Wasmann) bis zur letzten Ausgestaltung des Impressionismus durch Cezanne, Gauguin, van Gogh, Munch. Ein besonderer Abschnitt ist den im 19. Jahrhundert be- deutungsvollen graphischen Künsten, ein anderer der Bildhauerkunst von Carpeaux bis Renee Sintenis zugewiesen. Der Text ist, wie immer bei Wald- mann, graziös und flott geschrieben; mit wenigen suggestiven Strichen gibt er die „Impression“ der verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten und ihres Schaffens. Der umfangreiche Bilderteil von ca. 500 Abbildungen, in wir- kungsvoller Weise durch 20 farbige Tafeln ergänzt, zeigt manches seltener oder an versteckter Stelle wiedergegebene Werk. Unter dem Titel „ Aeskulap und Venus “ erschien ferner im Propyläen-Ver- lag eine Kultur- und Sittengeschichte im Spiegel des Arztes von Eugen Hol- länder. Wie bei allen früheren medizinisch-kulturhistorischen Werken des be- kannten Berliner Chirurgen ist man erstaunt über die Fülle des Wissens und die reizvolle Art der Darstellung. Schon früh taucht im Hirn des Menschen als ein Elementargedanke der Wunsch auf, das Aeußere des Körpers schmückend in mannigfacher Weise umzugestalten. Nicht zuletzt sind erotische Motive hierbei ausschlaggebend und wegweisend. Sie sind es bis zum heutigen Tage über alle Erkenntnis der natürlichen Körpei Schönheit hinaus geblieben. Zu dieser Körperbearbeitung gehören auch die eigenartigen, gleichfalls heute weltweit noch geübten Genitaloperationen. Aus ihnen erwuchsen mancherlei chirurgische Beobachtungen und Praktiken, die in den ersten Heilbestrebungen verankert erscheinen. Von der Vorzeit führt uns Holländer über die Alt- kulturen. Das Zweistromland, die Phöniker, Alt-Aegypten, Alt-Juda, Indien, China und Japan, Altamerika werden unter diesem Gesichtswinkel uns lebendig, ln der ärztlichen Kultur- und Sittengeschichte von Alt-Hellas gipfeln die Ausführungen. Eine Fülle geschickt gewählter, außerordentlich interessanter Illustrationen, die in alle Zweige der frühesten Kultur- und Sittengeschichte hineinleuchten und vielfach zum erstenmal veröffentlicht sind, ergänzen die erstaunlichen Ausführungen des Verfassers in anschaulichster Weise. 77 9 Tobias Stimmer Holzschnitt (1590) MARGINALIEN RUND UM DIE RASSEN Der Teckel. Wie wir wissen, stammt der Teckel aus Asien. Wann er nach Deutschland kam und wie, ist bisher nicht mit Sicherheit festgestellt worden, vermutlich aber schon zur Zeit der Völkerwanderung. Seine gnomenhafte, kurz- läufige, langgestreckte, aber stramme Gestalt mit der derben Muskulatur und dem intelligenten Gesichtsausdruck machen den behenden kleinen Kerl schnell zum Liebling aller. Temperamentvoll, schneidig bis zur Tollkühnheit beim Angriff und in der Verteidigung und fast unermüdlich bei der Arbeit, ist der abgeführte Teckel dem Jäger ein ganz vorzüglicher Jagdgehilfe. Ich bin kein Freund von „Ueberteckeln“, die neben einer schwachen Nierenpartie auch eine zu tiefe Stellung haben. Hunde mit schwacher Nierenpartie und losen Schultern ermüden viel schneller, und bei zu niedriger Stellung wird der Teckel bei der Jagd über der Erde schnell am Brustkorb wund durch die häufige Be- rührung mit dem Waldboden. Ganz besonders erwünscht ist mir beim Teckel ein muskulöser Kopf, breite Brust und ein starkes Genick. Ueber die Farbe bin ich mir nicht im unklaren; sonderbarerweise habe ich meine besten Er- fahrungen mit rein roten Teckeln gemacht, so daß ich allmählich ganz davon 780 abgekommen bin, andere Farben zu führen. Die schwarzrote Farbe dürfte allerdings insofern praktischer sein, als ein solcher Hund von einem über- eifrigen Schützen nicht so leicht versehentlich erschossen werden kann, wie ein rein roter, was häufiger vorkommt, als man im allgemeinen anzjnehmen geneigt ist. Bezüglich der Behaarung ist ein rauh- oder langhaariger Teckel widerstandsfähiger gegen Witterungseinflüsse als ein kurzhaariger; doch kann man auch diesen abhärten, indem man es nicht duldet, daß er sich viel am warmen Ofen aufhält. Die große Vorliebe der Teckel für Wärme ist ja be- kannt. Es wäre aber ganz falsch, wollte man den Hund in einem zugigen, naßkalten Raum unterbringen. Der Hund würde bald die Nase, Schärfe und Ausdauer verlieren und viel schneller durch Rheumatismus und Erkältungen seine Laufbahn beschließen müssen. Läppische, weniger taugliche Hunde gewöhnen sich schneller an ihren neuen Herrn, ernstere und meistens tüchtigere Teckel brauchen länger. Hierzu gehört, daß der neue Herr seinen neuen Jagdgefährten angelegt viel führt, damit der Hund merkt: ,,zu dem gehörst du!“. Man läßt den Teckel dann im Walde an der Feldkante erst mal einen Hasen jagen, damit der Hund das Revier kennen und sich zurechtfinden lernt. In einem ihm nach Weg und Steg unbekannten Gelände jagt der Hund in die Irre. Sehr ermüdet, findet er die Fährte seines Herrn nicht wieder und bleibt leicht zeitlebens ein Sicherheitskommissarius, statt zu einem frisch-fröhlichen Draufgänger heran- zuwachsen. Er sucht dann seinen Herrn auf dem Stande immer wieder auf, sucht in dessen Nähe herum, um jedem hier erscheinenden Wilde sofort ent- gegenzustürzen und so seinem Herrn die ganze Jagd zu verderben. Wir könnten alle viel mehr dazu beitragen, daß unsere Teckel allgemein jagdlich mehr leisten. Gewiß, ein jeder Teckelbesitzer hat keine Gelegenheit, seinen Hund jagdlich zu betätigen, man sollte dann aber doch wenigstens davon absehen, mit diesen Hunden zu züchten und solche Hundesorte Jägern als Jagdhunde anzubieten. Es heißt dann: Der Hund ist feinster Abstammung, hat verschiedene Preise, Bombenknochen, herrlichstes Gebäude, ist eingetragen usw., aber jagdlich wird so wenig wie angängig über den Hund geredet. Wie oft habe ich es schon in ernstem Jägerkreise hören müssen: ,,Mir ist es ganz einerlei, ob der Teckel eingetragen ist, so und so viele Schönheitspreise hat, ein hochedles Tier ist usw., die Hauptsache ist für mich, daß der Hund jagdlich gut ist“ und ich muß sagen, „der Mann hat recht!“ Schönheit allein darf uns nur erfreuen und begeistern, aber Können und Brauchbarkeit stellen alles in den Schatten, dem hält nichts stand, das siegt. Mag z. B. ein Mensch bei guten Manieren noch so nett und angenehm sein, hat aber kein Können und Wissen, wird sich jeder Chef bedanken, diesem den Vorzug zu geben! Karl Witzei. (Aus seinem Buch „Der Teckel Verlag Paul Schettler , Cöthen.) Der Barsoi im Zwinger Pascholl. Bei kaltem Ostwind und Schnee kam ich in Sponholz an. Die Wege nur mit Schlitten passierbar. Doch da meine Begleiterin, eine passionierte Windhundliebhaberin, und ich uns wie für Sibirien vermummt hatten, empfanden wir die Kälte als nicht unangenehm. 781 Durch Schnee stampften wir zu den Zwingern, dort wurden wir mit Freuden- geheul von einer Meute Barsoi und Greyhound empfangen, sogar die kleinere, kurzhaarige Art des Windhundes fehlte nicht, der muntere Whippet. Mit ungeheurer Munterkeit spielten sie mit den großen Barsoi im Schnee, schneller und gewandter als diese, jedoch um nach einigen Wettlaufen sich an die warme Kleidung der Herrin zu drücken, dort für einen Moment Schutz gegen Kälte und Sturm suchend. Einige Barsoi waren von der Jagd zurückgekehrt, lagen hechelnd im Schnee, freuten sich der Kälte; vielleicht träumten sie von Ruß- lands weiter, weißer Steppe, von Freiheit und Hetzjagden, denn diese uner- laubten Streifereien über Feld und Wald in Sponholz wurden durch zweitägige Freiheitsberaubung bestraft; nur die Gutmütigkeit des alten Zwinger- wärters, welcher die Zeit durch Verabreichung besonderer Leckerbissen ver- kürzte, ließ sie den Arrest mit Geduld ertragen. Es nutzte kein Arrest, nach drei bis vier Tagen waren einige Bummler wieder hinter Häschen her. Durch diese Streifereien kann der Zwinger Pascholl dem Barsoi in Deutschland fern von seiner Heimat seinen Typ erhalten, nicht zuletzt durch das rauhe Klima und die Abhärtung. Die Ahnen der Barsoi in Sponholz stammen aus dem Zwinger Perchino, Bes.: Großfürst Nicolaj Nicola jewitsch. Seit 1914 bürgt der Zwingername Pascholl im In- und Ausland für die Qualität der Hunde. Nach der Besichtigung der äußeren Zwingeranlage besuchten wir die inneren Räume. Unter ungeheueren Mengen Stroh krabbelten die Junghunde hervor und sahen uns verwundert mit schwarzen Aeuglein an, wartend auf die Liebkosungen. Und wie froh und glücklich sind sie, wenn man ihnen zärtlich über den schmalen, schönen Kopf streicht, wie glänzt das ausdrucksvolle, dunkle Auge! Die Zärtlichkeit, das vornehme, zurückhaltende Wesen ist eine typische Charaktereigenschaft des Barsoi. Die Besitzerin des Zwingers er- zählte uns, während des Krieges hätten die russischen Gefangenen die Barsoi Panje-Hunde genannt, Herrenhunde, und wir nahmen den Eindruck mit aus Sponnolz, daß der Zwinger Pascholl dem Herrenhund die russische Heimat nach Möglichkeit ersetzen will. Mann. Familie Strubbel. Vor allem muß ich betonen, daß meine Skyeterrier aus einer furchtbar vornehmen Familie stammen. Ihre Großmutter ist keine andere als Ebba von Uppstalsboom aus dem gleichnamigen Zwinger. Auch der Groß- vater ist von ganz einwandfreier Rasse, ist aber ein nach Deutschland Ein- gewanderter und hat seine Papiere nicht mitgebracht. Seine kräftige und ge- sunde Familie hat er nie verleugnet und vor allem durch eine kaninchenhafte Fortpflanzungsfähigkeit bewiesen. Seine absolute Vornehmheit hat sich auf die Nachkommenschaft vererbt, allerdings, da die Familie streng unter sich ge- blieben ist, ist sie heute vielleicht ein wenig degeneriert, aber in der Rasse ein- wandfrei geblieben. Nur einmal hat sich Großpapa Strubbel vergangen, hat sich aber auch hierbei nur mit einer anderen sehr vornehmen Familie der gleichen Rasse eingelassen, einer Beaute. Leider hat Ulli, das Kind dieses Seiten- sprunges, das nun mit in der Familie ist, alle schlechten Charaktereigenschaften des Vaters geerbt, nicht aber die außerordentliche Schönheit der Mutter. Der Degeneration der Familie ist Einhalt getan, und nur ein paar prononziertere 782 weiße Stellen hat die Nachkommenschaft Ullis abbekommen, was übrigens an und für sich kein Schönheitsfehler ist; die sechs, die jetzt sehr hörbar im Hause sind, sind tadellos grauweiß, haben stehende Ohren mit Pleureusen und sind so niedrig, wie es sich für einen Skyeterrier nun einmal gehört. Ihrer Schönheit sind sie sich vollkommen bewußt, gehen aber nur ungern auf die Straße, teils weil sie eben zu vornehm sind, teils weil sie von Kindern gehänselt werden und „Bärchen“ angerufen werden, ein Wort, das sie unleugbar irri- tiert. Strubbels haben den ganzen Tag über sehr, sehr viel Wichtigeres zu tun; sie müssen gewaltig aufpassen, daß Minka, die Katze, nicht in den Garten geht, was ihr verboten ist, müssen jeden Menschen, der anläutet, richtig ankläffen; mit fremden Hunden kommen sie fast nie zusammen, geschieht es einmal durch Zufall, so schließt sich die Familie eng zusammen, bis es ihr gelingt, den Eindringling mit großem Radau zu vertreiben. Ihre Vornehmheit geht so weit, daß sie eine Abneigung gegen schlecht angezogene Menschen haben, denen sie an die Beine fahren, während sie gut gebügelte Hosenbeine achtungsvoll um- wedeln. Die Vornehmheit hindert sie freilich nicht, sich auch manchmal recht proletarierhaft zu benehmen. Der Drang des Ahnherrn, sich eifrig um die Stelle als zweiter Chauffeur zu bewerben, ist auf den Sohn Max übergegangen, der, wenn er eine Ausfahrt wittert, wie sein Vater in der Garage nicht vom V agen weicht und keinen größeren Affront kennt, als nicht mitfahren zu dürfen. Hoffentlich holt Max sich nicht, wie der Vater, bei dem Pflicht- bewußtsein, mit dem er den Beruf versieht, das Reißen. Paula Landsberg. Der Skyeterrier. Der Skyeterrier ist eine in England sehr beliebte und bekannte Rasse, welche jetzt auch schon in Deutschland ihre Freunde ge- funden hat. Er stammt von der Insel Isle of White an der Küste von Schott- land und wurde in seiner Heimat früher viel zur Otterjagd benutzt. Er ist ein sehr mutiger Draufgänger und durch seinen ungewöhnlich muskulösen Körperbau, sein äußerst scharfes und starkes Gebiß ein gefürchteter Angreifer und glänzender Raubzeugvertilger. So erzählte mir eine Dame, welche eine Hündin aus meiner Zucht besitzt, daß sie ihre Hündin zur Jagd benutzt. Sie hätte schon im Alter von einem Jahr jede Schweißfährte tadelios sauber ausgear- beitet und wäre auf ihren Pirschgängen ihr ständiger Begleiter. Durch seinen grotesk-komischen Körperbau, den großen Kopf, den langen niedrigen Körper (je länger, desto schöner) und lange graue Haare wirkt er vor Häßlichkeit MIKROBENIiGER VON PAUL DE KRUIF Der Entwicklungsroman einer Wissenschaft ! Weder trockene Registrierung noch platte „populäre“ Darstellung. Temperamentvoll, spannend und doch wissen- schaftlich einwandfrei erzählt ein junget Amerikaner das dramatische Aufspliren und Bekämpfen von Mikroben durch Pasteur, Koch, Ehrlich und andere. Geheftet M. 8. — , Leinwandband M. io.— ORELL FÜSSLI VERLAG • ZÜRICH • LEIPZIG 783 schön. Beim ersten Anblick muß der Laie lachen, er weiß nicht recht, ob es ein Hund oder sonst ein merkwürdiges Tier ist, die passendsten Kosenamen, wie Schlummerrolle, Muff, Ameisenbär, Raupe, werden ihm zugerufen. So sagte mal ein Berliner Junge zu seinem Kameraden, als ich mit meinem Skyeterrier spazierenging: ,,Kiek eens, der läuft auf Kugellager.“ Doch jetzt ist der Skye- terrier besonders als Salon- und Damenhund sehr beliebt bei uns in Deutsch- land. Es gibt wohl auch keinen treueren und angenehmeren Begleiter, denn so- viel Temperament er draußen zeigt, so ruhig und „vornehm“ benimmt er sich in den Salons. In seinem Charakter ist er riesig zuverlässig und treu, sehr ge- lehrig und sehr leicht zu erziehen. Seine Hauptvorzüge sind größtes Mißtrauen gegen jeden Fremden, Wachsamkeit und mutiges Angreifen gegen seine Feinde, größte Anhänglichkeit und Treue zu seinem Herrn, den er allein nur anerkennt und direkt liebt. Aber auf „eines“ legt er besonderen Wert, gute Behandlung und keine unverdienten Schläge, da er sonst schwer beleidigt und nachtragend ist und sich scheu und brummend zurückzieht. Das kann er so leicht nicht ver- gessen. Ich selber züchte seit 15 Jahren diese Rasse, habe mir nach dem Kriege neues Zuchtmaterial zur Blutauffrischung aus England verschafft und habe riesige Freude und Spaß an meinen Hunden. Trotzdem wir jetzt auch schon in Deutschland verschiedene Skyeterrier-Zwinger haben, wo gutes Zuchtmaterial vorhanden ist, hoffe ich, daß der Skyeterrier sich weiter auch in Deutschland Bahn brechen und noch recht viele Liebhaber finden wird. Ein gut gepflegter Skyeterrier mit seinem langen, silbergrauen oder schwarzen Haar wirkt stets elegant und vornehm. Gräfin Kainein, Skyeterrier-Zwinger, Schloß Bork. J&n Steen , sign. 38X 29 cm Dt. Henedict Sc Co. alter Meister Ankauf dr* Verkauf ^Berlin W p Friedrich = Ehert = Straße 2 Fernsprecher Amt Kollendorf Kr. 974 784 Photo A. Dauer, München Die Polizeihundrassen. Airedale-Terrier, Deutscher Boxer, Dobermann, Rottweiler, Deutscher Schäferhund Salukis (Slughi). Sog. persische Windhunde •- Photopros U Photo ( i Bolton Junge Bloodhounds Persischer Windhund „Saronna Dhurra“ mit Wurf. Bes. Frl. Dr. Weißweiler in Batzlow Photo Keystone View Foxhound-Meute Sealyham -Terrier. Champion Brash Bean Ideal Photos Sport & General* Cocker-Spaniel. Champion Breconside Bluestone Die K a m m e r s a n g e r i n El Photo Zander & Labisch Mit ihrem englischen Greyhound „Boy“ in Wannsee i s a L e t Ji van K n d c r t Mit ihren Ceehunden „Ariel Tucar“ und „Dolchstichtaube“ auf der Ueberfahrt nach New York Alaska-Samojeden. Ich habe schon alle Arten von Tieren gehabt. Pferde, Katzen, Hunde aller Rassen, aber nie, ich sage Ihnen, nie habe ich ein so edles Tier kennengelernt wie meinen Samojeden. Er ist das Prachtvollste, Beste, Empfindsamste an Charakter, was es gibt, ein Menschenfreund. Vier Jahre habe ich ihn, ganz klein war er, und ich habe ihn aufgezogen. Nicht dressiert! Ich finde dressierte Hunde abscheulich. Er kann nichts, kann nicht Pfötchen geben oder Schön machen und auf irgendwelche Kommandos irgend- wie parieren. Man muß mit ihm sprechen, ihm sagen, was man will, so wie einem Menschen. Er versteht alles. Er ist auch noch nie geschlagen worden. Wie er ganz klein und nicht stubenrein war, ist er zu mir ins Schlafzimmer gekommen. Ich habe ein sehr schönes Bett, und da hat er sich gleich nicht sehr fein benommen. Ich habe ihn aber nur eindringlich ermahnt, und er hat mich verstanden. Weil er so klug ist, wollte ihn die Ufa unbedingt für einen Film haben, eine Eskimosache, wo sie Schneesturm mit Seife und Naphthalin machen, ich habe ihn aber nicht hergegeben und würde ihn auch nie auf Ausstellungen geben. Er würde leiden, richtig mensch- lich leiden. Eigentlich wollte ich ihn ja gerne Nanuk nennen, aber als er kam, hieß er schon Lux, und dabei ist es ge- blieben. Sie glauben nicht, wie er mich liebt. Wenn ich zum Film fahre, dann guckt er so traurig aus dem Fenster nach. Er bleibt aber dann ganz ruhig in den hinteren Zimmern, aber, glauben Sie mir, er erkennt in dem großen Mietshaus genau, wenn jemand von uns die Haustür aufschließt, und dann tobt er durch alle zwölf Zimmer nach vorne. Er erkennt auch das Auto eines guten Freundes, der oft zu mir kommt, am Ge- räusch, und neulich hat er, als ich mit meiner Tochter und ihm im Tiergarten spazieren ging, dieses Autq, das wir selbst nicht sahen, aus der Menge der Wagen heraus erkannt. — Wie ich vor einem Jahre den Malteser dazu kaufte, Puder- quaste hat ihn meine Tochter getauft, war Lux sehr gekränkt. Wochenlang hat er die Zimmer, in denen der Neue, sein Feind, war, nicht betreten, und uns alle gekränkt übersehen. Jetzt bevatert er den Kleinen, bewacht ihn auf der Straße — aber ganz mag er ihn doch nicht leiden, und wo er ihm eins auswischen und ihn anknurren kann, da tut er es. Natürlich ist er eifer- süchtig, auch auf Menschen. Einen Handkuß läßt er allenfalls zu, aber wenn man mir fest die Hand schüttelt, dann schnappt er zu. Das hat mich auch schon viel Geld gekostet, sogar Prozesse. Ich hatte eine Zeitlang eine sehr 785 EGON CONTE CORTI DES HAUSES ROTHSCHILD 1770-1830 hübsche Zofe, die Lux sehr liebte. Sie war so hübsch, daß ihr alles in der Küche den Hof machte; einmal wollte sie der Gemüsemann — gegen ihren Willen — küssen, und schon hatte ihn Lux an der Wade. Ein anderes Mal war es ähnlich mit dem Kohlenmann; da mußte ich dann immer für Lux büßen und zahlen, bis mir der Polizeioffizier sagte: „Warum zahlen Sie eigentlich, gnädige Frau, die Männer sollen doch einfach Ihre Zofe nicht küssen!“ Olga Tschechozva. Mit 24 Bildtafeln und 1 Brieffaksimile INHALT: I. Der Ursprung der Rothschild in Frankfurt und ihre erste Tätigkeit II. Die Rothschild in der Zeit Napoleonischer Machtfülle III. Die große Napoleonische Krise und deren Nutzung durch das Haus Rothschild IV. Die Rothschild im Zeit- alter der Kongresse, 1818-1820 V. Rothschildsche Geschäfte in aller Welt, 1820-1825 VI. Der großen Krise entgegen Die völlig unparteiisch geschriebene Geschichte der Familie Rothschild, nach einem zum erstenmal gesammel- ten, gewaltigen Material von Briefen, Akten und Dokumenten aus allen De- zennien des neunzehnten Jahrhunderts Drei Hunde. Am stolzesten bin ich auf Kitty. Sie ist ein blauer Dober- mann, der einzige, den ich bis jetzt bei uns gesehen habe, und stammt aus Amerika. Angeblich sollen Dober- männer bissig und unfreundlich sein; wahrscheinlich sind sie es, weil siebei uns meist als Hofhunde an der Kette gehalten werden und durch diese Be- handlung verbittert sind. Kitty, mit ihrem vollen Namen Kitty von Monte- video, ist im Gegenteil sehr freundlich und gutmütig, aber trotzdem sehr wachsam; nie wird sie ernsthaft beißen. Holt jemand zum Schlag aus, so springt Kity hoch und hält die Hand fest. Sie springt über 2 Meter hohe Mauern, was sie von selbst gelernt hat, begleitet mich sehr gerne beim Ausritt und ist eine passionierte Auto- fahrerin. Ich hatte sie auf einer Fahrt nach Triest mit, die ihr diebischen Spaß gemacht hat. Solange man schnell fährt, sitzt sie ganz ruhig und gespannt, sobald aber das-Tempo abgestoppt wird, wird sie unruhig und sieht sich auf- geregt um, was denn los sei. Sie ver- steht jedes Wort und ist eine große, aber sehr eifersüchtige Schmeichel- katze. Sobald sie etwas will, legt sie sich gerne auf den Rücken und bettetlt mit den Pfoten, oder sie versucht so 786 lange durch Herumtänzeln und durch Gesten klar zu machen, was sie will, bis man sie verstanden hat. Meine große Sorge ist, für Kitty einen Mann zu fin- den; bis heute bin ich vergebens nach der gleichen Farbe auf der Suche. Neu- lich traf ich auf der Straße einen jungen Mann mit einem einigermaßen ähnlichen Tier und — es ist mir sehr schwer ge- fallen — habe ihn Kitty zuliebe ange- sprochen. Vielleicht wird es gehen, die blaue Farbe herauszubringen. Der Komiker unter den dreien istder kleine Bonzo, der französische Zwerg- bully. Er stammt aus München (Zwin- ger von der Murnau). Seine Eltern waren in Wiesbaden ausgestellt, und von da habe ich ihn bekommen. Wer einen Zwergbully hat, kann nie traurig sein; gleich als er ins Haus kam, war er un- endlich frech gegen den großen, kläffte und sprang ihn an, bekam aber von Kitty einen tüchtigen Rüffel weg, und seither vertragen sie sich glänzend. Er heißt mit vollem Namen „Nikolai von der Murnau“; er kann oft endlos im Kreis herumrasen, vor Uebermut, bis man mit ihm spielt. Beide, Kitty und Bonzo, brauchen wenig Pflege. Anders ist es mit Myrrha, dem Skye-Terrier. Wegen ihres langen Haares muß sie sehr sorgfältig behandelt werden, wobei es geradezu ein Kunststück ist, die Hauptsache, den Scheitel, vom Kopf bis zum Schwanz durchzuziehen. Außerdem ist sie ein wenig tückisch und hat eine unausrottbare Vorliebe für die Beine laufender Kinder. Wenn sie selbst junge hat, ist sie sehr lieb, läßt niemanden heran; nur Bonzo ist frech und macht sich einfach mitten im Korb breit, was aber Myrrha gnädig geschehen läßt. — Untereinander vertragen sie sich herrlich und sind oft so still, daß man sie, alle drei zusammen, gar nicht im Zimmer merkt. Hilde Pribram. UPTON SINCLAIR PETROLEUM Roman vom Werden einer neuen Weltmacht 640 Seiten. Kartoniert M.4.80 , Leinen M. 7.— OrtderEreignisse: Vereinigte Staaten, Ferner Osten, England, Frankreich und Deutschland. Zeit: Die letzten 2 o Jahre. Handelnde Personen: Petroleumuntemehmer und Arbeiter, ihre Frauen und Kinder, Bauern, Bankiers, Staatsmänner, Soldaten, Filmstars, Sek- tierer, Ostjuden, Studenten, Spiritisten, Ingenieure, Kaufleute und Reporter. Die Zensur von Massachusetts hat den Roman — wegen angeblicher sittlicher Gefährdung der Jugend — beschlagnahmt. Sinclair ließ auf die beanstandeten Seiten Feigenblätter drucken und verkaufte diese »Feigenblattausgabe«, um die Zensur lächerlich zu machen, selbst in den Straßen von Baltimore. (Siehe obiges Bild.) MALI K-VE RLAG / BERLIN W50 787 „Pucky“. Jeden Tag ging ich in Karlsbad an einer Garage vorüber, aus deren Türe eine kleine beige Puderquaste hell und frech bellte, um schnell wieder in den hintersten Winkel des Ladens zu verschwinden, wenn man naher kam. Ich kannte also nur eine kleine grelle Stimme, zwei dunkle, polierte Augen und Haare, weich wie Flaum, bis — ich abreiste. Da sitzt neben mir auf dem Perron die Puderquaste und weint leise trillernd. Zwei unbeteiligte Erwachsene halten den Kleinen an der Leine und kümmern sich nur um ihre Handtaschen. Ich spreche sie an — es waren Franzosen, die in demselben Zug \\ ie ich nach Paris fuhren. Ich: «Pardon, Madame, oü avez vous achete ce chienr» Sie: «Je ne l’ai pas achete, il n’est pas ä nous, nous l’emportons pour Mon- sieur Munsey de la part du Cte. Sternberg.» Ich: «Quelle curieuse coincidence, je dejeune avec Monsieur Munsey demain, voulez-vous me confier le chien pendant le voyage:» Sie: «Mais certainement si cela ne vous ennuye pas.» Ich: «Mais au contraire.» Im Grunde beglückt, übergibt man mir den Hund mit Leine. Er war aber so unruhig, daß* wir vorläufig zu keiner Verständigung kommen konnten; dauernd sprang er auf das Bett und wieder herunter. Mit Mühe holte ich das Kollier unter dem Flaum hervor und entzifferte darauf den Namen ,,Puzzi“, den ich eiligst in „Pucky“ umwandelte. Gereift durch den ersten großen Schmerz und schon mit der Haltung eines richtigen Hundes — wenn auch noch in den Flegeljahren — kam er in Paris an. Leiser Husten — vielleicht vom vielen Weinen, oder Bellkatarrh — ein Aufleuchten in den Augen, als wir in das Auto stiegen. — Garagenklänge — Heimatklänge — etwas Wedeln zum erstenmal — aber immer noch der Husten. Mit Schrecken dachte ich daran, daß der Augenblick nun näher kam, wo ich den höchstens fünf Monate alten Hund an einen mindestens 72jährigen Herrn abgeben sollte. Icn nahm mir also vor, recht schön zu bitten und zu sagen: „Ich komme zum Frühstück, wenn ich den Hund behalten darf“ — und außerdem — er hustet. Die erste und einzige Erpressung meines Lebens. Ich bedaure sie aber nicht — denn neben mir liegt mein Pucky, immer noch beige, viel frecher als damals vor fünf Jahren, und er bellt weiter, wenn &of»ert Jttidtjel 3Wus trn BobmertoalD Roman . I.-Ö. Auflage. Gansleinen M 6.— Nie hat der Dichter aus tieferer Ergriffenheit und Reinheit geschaffen, denn beim Gestalten dieses neuen M erkes, das die erschütternde Geschichte des Knaben im Böhmerwald erzählt und bei aller Alltagsgebunden- heit an die Wunder der Seele rührt. «Mdbienen in öet S'ptiöd’f cbcn , ErerIag£lm£&banöIß.,&ien . £cip5iß 788 jemand ins Zimmer kommt, und springt auf alle Füße der Eintretenden, ich versichere zwar immer, er beißt nicht. Aber es ist wohl besser, er ist bei mir — denn in der Garage hätte er gewiß alle Kunden herausgebellt — und nach Amerika — mit einem alten Herrn — unmöglich. Bitte sehen Sie ihn nur an und Sie werden alles verstehen. Marie Anne von Goldschmidt-Rothschild. Meine vornehmen Whippets. Was nicht die Rasse alles tut! Ich habe meine zwei Whippets mit sieben Wochen bekommen, d. h. gekauft, bezahlt und in meine Wohnung gebracht. Sie sind also in meinem ,,Milljöh“ aufgewachsen und haben noch nie ein gutes Beispiel vor Augen gehabt, sondern nur mein schlechtes. Das hat die beiden aber nicht verhindert, zu mir in einen Gegen- satz sozialer und politischer Art sich zu stellen, dessen letzte Folgen ich noch nicht voraussehe. Bei mir zu Hause geht es gar nicht aristokratisch zu, sondern gut demokratisch: ich bin zwar nicht auf die Reichsbannerzeitschrift, aber sonst nur auf gut demokratische Blätter abonniert: Frankfurter, Vossische, Tage- blatt, Vorwärts usw. Trotz dieser plebejisch-demokratischen Umgebung haben meine Hunde ein völlig entgegengesetztes Kulturideal: ihre Neigungen werden täglich mehr anmaßend- junkerlich. Sie lehnen es solidarisch ab, einen Knochen auf dem blanken Boden zu fressen: das mindeste ist eine Kokosunterlage als würdiger Sitzplatz. Gehe ich mit ihnen spazieren, so bleiben sie beim nächsten Auto stehen und fangen an, entsetzlich zu maulen, wenn ich versuche, ohne Auto weiterzugehen. Den Gipfel aber erreichen sie mit folgendem: Trotz ihres unerhört vornehmen Auftretens bewahren sie eine gewisse Leutseligkeit: sie sind nicht abgeneigt, mit ihresgleichen zu spielen, zu jagen, zu tollen, und freuen sich sichtlich, lachen bis hinter die Ohren, wenn sie, die Windhunde, den anderen immer um Meter voraustanzen. Den Begriff „ihresgleichen“ aber fassen sie so auf: sehen sie etwas Vierbeiniges, so gehen sie darauf los bis etwa einen halben Meter. Ist nun der Neuangekommene ein Wolf, ein Barsoi, ein guter Dobermann oder Schäferhund, so ist die Freundschaft her- gestellt, und alsbald erfolgt der Wettlauf. Zur Not wird noch ein rassiger Teckelhund akzeptiert. Ist aber dieses andere Vieh ein Straßenköter, wie man sagt, zwar mit einem Namen, aber ohne Stammbaum, ein unbestimmbarer Mischling, ein deformierter Teckel mit vollem Wanst, so recken meine zwei die Köpfe hoch und haben nichts gesehen. Sie sind in dieser Auswahl von Das Tagesgespräch der gebildeten Wett ist in diesem Jahre die Böttcherstraße in Bremen, das Paula Modersohn- Haus und die darin befindliche Sammlung der Werke dieser Künstlerin Darüber unterrichten Sie am besten die drei kleinen Büdier : Hausmann Die Böttcherstraße in Bremen Müller- XV ulckow • . Das Paula Becker-Moder sohn- Haus Bernhard Hoetgers Müller- XV ulckow Katalog der Paula Becker -Moder sohn- Sammlung Holen Sie sich die Werkchen bei Ihrem Budihändler oder bestellen Sie sie direkt beim Verlag. Sie kosten alle drei je M 1.S0 ANGELSACHSEN -VERLAG G. M. B. H. / BREMEN 789 Wie die WESTERN INION den Empfang eines groben Beiden »ereinlacM (Mitgeteilt vom AMERICAN MERCURY.) .Folgende Texte zum Willkommen des Captain Lindbergh nach Ihrer Wahl. 30 Cents Kreuzen Sie jenes, das Sie wün- schen, an. Ihr Telegramm wird auf künst- lerisch geschmücktem Formular bestellt. 1. Die Herzen Amerikas begrüßen Sie . Willkommen daheim! 2. Wir sind froh, daß Sie zurück sind, Captain . Besuchen Sie uns, wenn Sie bei uns vorbeifliegen . 3. Ein herrlicher Flug, ein fürstlicher Empfang, vollendete Haltung Ihrer- seits, wahrhaftig ein immenser Re- kord, Captain . Willkommen daheim . 15. Der Klub von .... sendet Grüße. In gut amerikanischer Art haben Sie os vollbracht . Nun sind wir froh, Sie wieder daheim zu wisset l. IS. Die Handelskammer von .... er- laubt sich , Sie zum Besuch ihrer Stadt aufzufordem. 19. Fort mit Königen und Potentaten ! Das amerikanische Volk begrüßt seine eigenen. Willkommen aaheim ! I n s g e s a mjt 20 Texte zur Wahl. Alle übrigen Fassungen zu normaler Rate". Dies ist Amerika Wollen Sie Amerika von Angesicht kennen, kreuzen Sie heute noch denBestellschein an. E. O. HOPPß eomoniifrfte Slmeeifa 304 ganzseitige Abbild, in Kupfertiefdruck. Preis in Ganzleinen gebunden M 26. — , in Halbleder oder Halbpergament M 35. — . Aus diesem Buch werden Sie zum ersten Mal einen Begriff von dem ganzen Lande bekommen, werden Sie den romantischen Grund, auf dem die amerikanische Zivili- sation erwuchs, begreifen. Es ist nötig, dies Buch zu kennen, wenn Sie sich für Amerika als Problem interessieren. * Ich bestelle hierdurch: Prospekte / Exemplare DAS ROMANTISCHE AMERIKA Name: Adresse: Verlag Ernst Wasmntb A.G., Berlin W8 erstaunlicher Genauigkeit und unerbitt- licher Strenge. Hand aufs Herz: ich habe mich schon oft gewundert, daß sie mit mir überhaupt noch verkehren. Ich habe schon daran gedacht, daß ich die zwei in „rassereine“ Hände gebe: etwa an Herrn von Gräfe oder den Grafen Reventlow. Aber ich fürchte: bei der Partei werden sie auch nicht lange bleiben. Paul Lcvi, M. d. R. Mes deux petits Chinois. V enez au bar, et je vais vous raconter une his- toire tres curieuse sur l’origine de mes deux petits Chinois dont j : ai eu con- naissance par un veterinaire ä Paris. Les vieux Chinois ont eu l’idee ä faire plaisir ä une de leur imperatrices pour laquelle ils ont fabrique un chien qui ressemble au dragon. D’une maniere cruelle ds ont transforme les matrices des pauvres petits chiens... et en voilä le resultat! Venez, Mah-Jong et Poupee, montrez-vous ä ce Mon- sieur! Regardez comme il tirent leur petite langue rouge extactement comme les dragons stilises. Ce sont les meil- leurs amis et vous ne croyez pas com- me ils m’aiment. Si je rentre de la repetition de ma revue qu’ä deux heu- res le matin, ils m’ attentent Sans dor- mir et ils caressent leur petite maman comme des enfants. En tout ils mani- festem leur proveniance exotique meine en choisissant leur petit lit: depuis que je porte un manteau en peau de serpant ils se couchent que lä-dessus. En Chine personne d’autres osait avoir ces chiens que l’imperatrice, et c’est lorsque des troupes enropeennes ont penetredansla ville imperiale, qu’ils ont vole un trentaine de ces petits mons- tres.et les ont transporte en Angleterre, et c’est de lä que proviennent tous les petits Chinois que vous trouvez au- jourd’hui dans les salons des femmens du monde. Marcelle Rahna. 7 90 Der japanische Chin. Wenn es vielleicht auch auf den ersten Blick den Anschein hat, als wäre der japanische Chin durch seinen chinesischen Vetter, den Peking-Palasthund, verdrängt worden, so ist dies in Wirklichkeit doch nicht der Fall. Der Japaner war nie der Massenartikel, wie es nun schon seit Jahren der Pekingese in England, Frankreich und in neuester Zeit auch in Deutschland ist, er war immer das, was sein Name bedeutet: „Die japanische Seltenheit Der japanische Chin, in seiner Rasse-Echtheit, in der Art, wie ihn sich der Kenner denkt und wünscht, ist sehr selten, denn die Zucht ist un- endlich schwer; die besonders großen Köpfe kosten bei der Geburt oft Mutter und Welpen das Leben, und Geduld und Ausdauer mancher Züchter sind be- wunderungswürdig. Aber wer einmal die Eigenschaften des Japsen kennengelernt, hält treu und zäh an seinem kleinen Freunde fest und wird sich kaum einer anderen Rasse zuwenden. — Aus dem fernen Osten, dem Lande der Blüten und Märchen, ist er — selbst einer Blume vergleichbar — zu uns gekommen, um unser Herz und Auge zu erfreuen. Ueber dem Ursprung dieser Rasse schwebt ein geheimnisvolles Dunkel. Wir wissen nur, daß sie seit vielen Jahrhunderten bei den Vornehmen und Edlen Japans bekannt und sehr 791 geschätzt war. Auch die Zucht stand in hoher Blüte, doch wurde streng daran festgehalten, nur Hunde, die im Besitz der Familienangehörigen waren, zu kreuzen, in unberufene Hände sollte kein Tier kommen. Trotz der sorg- fältigsten Ueberwachung gelang es aber doch, japanische Chins auszuführen, und es waren besonders englische Seeoffiziere, die sie als Neuheit in ihr "Vater- land brachten, wo sie großen Beifall fanden und auch gleich ihre Zucht auf- genommen wurde. 1860 sah man auf englischen Ausstellungen die ersten japanischen Chins, 20 Jahre später kam das erste Japsenpaar nach Deutsch- land, als ein Geschenk der Kaiserin von Japan an die Kaiserin Augusta. Zuchtversuche mit diesem Paar blieben erfolglos, d. h. die Hündin ging beim Werfen ein, und gar bald folgte der trauernde Gatte seiner Gefährtin im Tode nach. In den neunziger Jahren begegnen wir auf deutschen Ausstellungen den ersten Japsen, die sich schnell die Gunst des Publikums erwarben. Zucht- stätten taten sich auf, die Tiere fanden — meist in erlesenen Händen — guten Absatz, und Preise von zwei bis drei Mille waren für besonders schöne Exemplare nicht selten. Auch heute steht die Zucht bei den ernsthaften Züchtern auf gesundem Boden und in hoher Blüte. Natürlich handelt es sich nur um Hunde mit lückenlosem Stammbaum, um Hunde, die im kartellseitig anerkannten Zuchtbuch eingetragen sind. Interessenten seien stets gewarnt, bei Händlern oder wilden Züchtern zu kaufen, die Enttäuschung wird nie aUi>bleiben. Müller-Pröbster. Rembrandts Radierungen in Amslerdrucken. Von allen Schöpfungen Rembrandts sind die Radierungen gewiß am meisten berufen, zum Gemein- besitz der Gebildeten aller Nationen zu werden. Es existierte auch längere Zeit eine gute und vollständige Ausgabe seines graphischen Werkes in Re- produktionen, die Armand-Durand in Paris herausgegeben hatte. Diese ist zurzeit jedoch auf etwa ein Drittel zusammengeschmolzen und eine deutsche Publikation, die während des Krieges vorgenommen wurde, litt dermaßen unter den Zeitumständen, daß sie als vollwertig nicht in Betracht kommen kann. Demnach ist es im gewissen Sinne ein künstlerisches Ereignis, wenn der be- kannte Berliner Kunstverlag Amsler & Ruthardt sich entschlossen hat, die bisher bei ihm erschienenen Amslerdrucke Rembrandtscher Radierungen zu einer vollständigen Ausgabe des gesamten graphischen Werkes dieses Meisters auszubauen. Die beiden ersten Bände: Die Selbstbildnisse und die Darstellungen des alten Testamentes, werden in allernächster Zeit erscheinen. Die Faksimile- drücke sind durch Klarheit, Tiefe und Tonschönheit ausgezeichnet und werden allen Verehrern des großen niederländischen Meisters eine hochwillkommene Gabe bedeuten. Die Fortsetzung der Ausgabe soll tunlichst beschleunigt werden, so daß die Kulturwelt in absehbarer Zeit in den Besitz dieses groß- zügig angelegten Publikations-Werkes gelangt sein wird. Das Gesamt-Werk, wie auch die einzelnen Abteilungen werden von dem bekannten Heidelberger Kunsthistoriker Geheimrat Professor Dr. Cari Neumann eingeleitet. 792 u s d e r P; c a s s o - Ausstellung der Galerie F l e c h t h e i m ?tCOÄ\A :k^ Slg. Fürstin Lichnowsky Die Harlekine. Guasch. 1905 Photo Cal. Simon Junges Mädchen. Aquarell. 1020 Mit Gen. der D. A. A. (Flechtheim) Toulouse-Lautrec, Die Toilette. Paris, Luxembourg Aus Waldmann, die Kunst des Realismus und Impressionismus (Propyläen-Kunstgeschiehte) Der Bullterrier. In einem alten englischen Buche über Hunderassen wird der Bullterrier als „der Gladiator“ unter den Hunden bezeichnet. Der moderne Engländer nennt ihn „den weißen Gentleman“. Beide Eigenschaften möchte ich kurz charakterisieren. Der Bullterrier ist eine Kampfnatur von unüber- troffenem Schneid, greift aber, was meine Beobachtungen anlangt, nie zuerst an; wird er aber angegriffen, so hat der größte, schärfste Hund bald aus- gespielt. In Afrika hat man diese Hunde viel zu Löwenjagden gebraucht. Der Bullterrier scheut eben vor keiner Gefahr zurück. Leute, die diese Rasse nicht würdigen, behaupten, der Bullterrier sei scharf und böse gegen Menschen, was ich entschieden bestreite. Natürlich liegt hier wie bei jedem Hunde viel an der Erziehung. Der Bullterrier hat von Natur ein sehr feines, ausgeprägtes Unter- „Polonia v. Grunewald“, Siegerin Wiesbaden 192/ Züchter Rudolf Piesbergen Berlin scheidungsvermögen für seine menschliche Umgebung. Er ist, wie der Eng- länder sich treffend ausdrückt, in dieser Beziehung ganz „Gentleman“. Er weiß, wie er sich zu benehmen hat. Trotz seiner großen Wachsamkeit wird er niemals unerwarteten Besuch anbellen oder einen Fremden anknurren, wenn ein Hausgenosse zugegen ist; er fühlt dann keine Verantwortlichkeit für das Haus. Ich finde nichts störender, als wenn ein wachsamer Hund, sobald jemand Fremdes Garten oder Haus betritt, ä tempo in ein wüstes Gekläffe aus- bricht. Einem Einbrecher aber würde ich immer raten, es anderwärts zu pro- bieren. Zum Schluß möchte ich noch sagen: der Bullterrier ist der beste Freund, von unbedingter Anhänglichkeit, immer zum Spielen aufgelegt, ver- gnügt und amüsant. Man macht sich selbst die größte Freude, wenn man ihn mitnimmt, und ihn draußen zu beobachten, kann einem die schlechteste Laune vertreiben. IV. von Krieger. 7 93 Der Zwergschnauzer. Der Zwergschnauzer ist die genaue Verkleinerung des Schnauzers unter Wahrung aller Wesenseigentümlichkeiten und Vorzüge. Er unterscheidet sich von diesem nur in der Größe und Gebarung, in der der Zwerghund als solcher zum Ausdruck kommt. Durch seine hervorragenden Eigenschaften ist er nicht nur in Deutschland, sondern auch in Holland und in der Schweiz stark verbreitet. Gräfin Kanitz (Zwergschnauzcr-Zwinger „v. Abbagamba“ .) Der Schnauzer und der Riesenschnauzer. Eine gute alte deutsche Rasse, die ihres ansprechenden Aeußeren und ihrer hervorragenden Charaktereigen- schaften wegen unbedingt der weitestgehenden Beachtung würdig ist, ist der Schnauzer, früher auch Deutscher Rauhhaarpinscher oder Rattler genannt. Mit einer Rückenhöhe von etwa 45 Zentimeter ist dieser treue Bursche nicht zu groß, um überall hin mitgenommen werden zu können, aber auch groß genug, um mit seinem kräftigen Gebiß im Ernstfälle einen nicht zu unter- schätzenden Gegner darzustellen, und seine guten Charaktereigenschaften machen ihn wirklich zum ständigen Hausgenossen und Begleiter seines Herrn. Freilich verlangt der Schnauzer, wenn er sich wohlfühlen und voll entfalten soll, daß sein Besitzer sich mit ihm abgibt, mit ihm Freundschaft schließt. 794 Wer das vermag, wird an diesem intelligenten Hunde sicher seine Freude haben und kaum wieder eine andere Rasse wählen. Ohne irgendwie nervös zu sein, ist er doch immer bei der Sache, beobachtet alles und läßt seinen Herrn, an dem er mit unerschütterlicher Treue hängt, nicht aus dem Auge. Er ist nicht bösartig, läßt sich aber, angegriffen, von niemandem etwas gefallen und geht rücksichtslos auf seinen Gegner los. Eine andere Eigenschaft ferner, ihm an- geboren, die der Rasse einst sogar ihren Namen, nämlich Rattler, Rattenfänger, verschafft hat, macht den Schnauzer auch für das Land recht wertvoll, das ist seine Schärfe auf alles kleine Ungeziefer wie Ratten und Mäuse, deren erbit- tertster und unermüdlichster Feind er ist. Züchterfleiß und Züchterkunst haben aus dem ruppigen Slallpinscher unter peinlichster Erhaltung aller seiner vielen guten Eigenschaften einen schönen Hund mit edlen Linien geschaffen. Unter diesen Umständen ist es erklärlich, daß der Schnauzer bis weit über Deutschlands Grenzen sich einer steigenden Beliebtheit erfreut. Groß ist die Zahl der von Amerikanern aufgekauften Schnauzer, fast nur allerbeste Klasse, und es ist ein recht erfreuliches Zeichen, daß trotz dieser Verluste die Schnauzerzucht in Deutschland weiter Fortschritte macht. Ist schon die Schnäuzerzucht schwer, so kann man dies in noch viel stärke- rem Maße von der Zucht seines großen Vettern, des Riesenschnauzers, be- haupten. Die Wiege des Riesenschnauzers ist wohl in München zu suchen; früher kannte man ihn unter dem Namen Bärenschnauzer, Münchener Schnauzer, C. G. BOERNER LEIPZIG/UNIVERSITÄTSSTRASSE 26 versteigert vom 10. bis 12. November kostbare alte Kupferstiche dabei die Sammlung des Reichsgrafen Wenzel von Nostiz-Rieneck (•{• 1712) und die Porträt-Sammlung des Sir Alfred Morrison, London (*j* 1897) sowie Beiträge aus verschiedenem öffentlichen und privaten Besitz, darunter Dubletten des Kupferstich-Kabinetts zu Stockholm: kostbare Seltenheiten alter Graphik von Dürer und Rembrandt, acht Ätzdrücke von van Dyck, vier früheste Schab- kunstblätter von Ludwig von Siegen, zehn Landschaften von Hirschvogel usw. vom 17. bis 19. November Lipsiensiensammlung Franz Stöpel (f 1927) Leipziger Ansichten, Napoleonporträts,Völkerschlacht, Porzellantassen, Bibliothek, Karlsbader Ansichten und alte Brunnenbecher. Die Kataloge Nr. 155 und 156 erscheinen im Oktober. Preis 5 und 2 Mark 795 Bierschnauzer. Die Zucht des Riesen ist noch lange nicht so weit wie die des Schnauzers, es fehlt vorläufig noch die Ausgeglichenheit im Typ. Man wünscht einen Hund von mittlerer Höhe (zirka 65 cm Stockmaß), kräftig und gedrungen, mit guten Knochen und möglichst rauhem Haar. Wiegt bei dem Mittelschlagschnauzer in der Farbe Pfeffer und Salz vor, so finden wir bei den Riesen in der Hauptsache Schwarz, Pfeffer und Salz, wirklich rein, also kein Strohgelb oder schmutziges Grau, ist kaum anzutreffen; das tiefe Schwarz ist vielleicht auch vom Gebrauchshundstandpunkt mehr zu begrüßen, da es den an und für sich schon eindrucksvollen Burschen als Gegner noch unheimlicher erscheinen läßt. Sie sind im allgemeinen viel weicher im Gemüt als ihre kleinen Vettern trotz aller natürlichen Schärfe Fremden gegenüber und verlangen da- her bei der Erziehung sehr viel Verständnis und sehr viel Liebe. Das macht diesen Plund nicht für jedermann geeignet und wird ihn zu seinem Glück immer davor bewahren, Modehund zu werden, das Schlimmste, was einer Rasse passieren kann. Karl Kuhn. Bericht aus der Zeitschrift ,,Der Freimüthige“ vom Jahre 1812. In Kon- stantinopel gerieth das Haus eines griechischen Dolmetschers in Brand. Mit Hilfe eines Janitscharen rettete er den größten Theil seiner Schätze und Effekten. Ein Kind in der Wiege aber wurde vergessen, man konnte nicht mehr hinein, denn Alles stand schon in Flammen. Der unglückliche Vater, in Verzweiflung darüber, glaubte es schon verloren, als sein großer Haus- hund aus dem Hause stürzte, das Kind in den Windeln im Rachen haltend. Man drängte auf ihn zu, aber er entfloh damit, und w T eit davon legte er seine kostbare Last auf der Thürschw'elle eines Freundes seines Herrn nieder. Hier bewachte er es, bis die Thür sich öffnete. W ürde man wohl errathen, welche Belohnung diesem großmüthigen Thiere zu Theil ward? Der Dolmetscher beeilte sich wirklich, ihm eine solche zu geben; aber sie war ebenso schreck- lich als sonderbar. Er tödtete ihn mit eigener Pfand und verzehrte ihn mit seiner Familie bei einem großen Gastmahle, das er ihm zu Ehren gab, indem er sagte: „Er ist viel zu edel, als daß er eine Speise der Würmer werde; er soll sich mit dem Blute der Menschen vermischen, die dadurch großmüthiger, gefühlvoller und tugendhafter werden!“ NEUERSCHEINUNGEN Sindbad -Weife Eliphas Levi Karl Christoph Schmieder Prof. Dr. Franz Strunz .. .. Prof. Dr. Franz Strunz .. .. DIE ASTROLOGISCHEN DIREKTIONEN II Kartoniert ca. RM. 6.50. Leinen ca. RM. 8.— RITUAL DER HOHEN MAGIE Kartoniert ca. RM- 7.50. Leinen ca. 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Die Gespensterhunde von West-England umlassen. Die Dartmoor Whislit Hoiinds, die man nachts auf den Sümpfen bellen hört und im Kreise herumrennen sieht, sollen die Geister ungetaufter Kinder sein, die zu ewiger Hetzjagd verurteilt sind. Am Tage verbergen sie sich hinter dem Hounds Tor und dem Hunts Tor und treiben ihre Hetzjagd mit \ 01 liebe auf dem Abbots Way auf Dartmoor. Der Schwarze Hund, von Brixhatn spukt in einem Hause, dessen Eigen- tümer vor seinem Tode einen Schatz darin vergraben hat, zu dem ei von Zeit zu Zeit zurückkehrt, um ihn zu bewachen. W enn er gereizt wird, stürzt er sich mit seltsamem, unirdischen Schreien auf seinen Angreifer und zeigt auch sonst die sonderbaren und unheimlichen Manieren des gewöhnlichen Gespensts. Tctcott. Hier spukt ein ganzes Rudel Hunde infolge eines übereilten Aus- spruchs eines Arscott von Tetcott Parc, daß er jagen wolle bis zum jüngsten Tage. Er ist beim Wort genommen worden, denn des Nachts hören die An- wohner oft sein Horn im Park und das Lärmen der Meute, wie sie durch Wirbelwind und Heulen des Sturmes jagen. In Okehampton und Tavistock sieht man häufig einen dürren Bluthund vor einer vierspännigen Lady’s Kutsche einherrennen. \ on ihrem Zauber an- gelockt, steigen Männer in die Kutsche und werden nie wieder gesehen. In Deane Prior geht im Schwarzen-Hunde-Pfuhl der Geist eines W ebers um, der nach seinem Tode zu seinem WTbstuhl zurückkehrte und dafür vom Pfarrer in einen schwarzen Hund verwandelt wurde durch das einfache Mittel, daß er ihm Kirchhofserde in sein Gespenstergesicht warf. Der ehrwürdige Pfarrer führte ihn an einen Pfuhl, gab ihm eine Nußschale mit einem Loch darin und erklärte ihm, wenn er den Pfuhl ausgeschöpft habe, könne er zu seinem Webstuhl zurückkehren. So kann man oft um Mitternacht den schwarzen Hund hören, wie er W^asser schöpft, das man durch das Loch in der Nußschale in den Pfuhl zurückrinnen hört. In Sidmouth spukt ein unheimlich freundliches Gespenst. Das ist der Schwarze Hund von Salcomb Ridge, der einsame Wanderer in dunklen Nächten nach Centry’s Corner begleitet, einerlei, ob sie es mögen oder nicht. T I Q U I T Ä T E SPEZIALITÄT: EDGAR WORCH VORM. LUDWIG GLENK BERLIN WIO ' TIERGARTENSTRASSE NR. 2. FERNSPRECH-ANSCHLUSSE: AMT NOLLENDORF NR. 4471 UND 4472. 798 p e t klangv 0 // e 3bacß formvollendet und dauerhaft FLÜGEL • PIANINOS • EINBAUINSTRUMENTE (IBACH- PIANOLA • IBACH -WELTE) Man erfrage Katalog »Q«, Preisliste und erleichterte Kaufbedingungen vom Stammhaus IBACH, Barmen / Verkauf für Gro6- Berlin: IBACH -HAUS, W 35, Potsdamer Strafee 39 und autor. IBACH- Verkaufsstelle: Hans Rehbock Frankfurter Briefmarken- Zeitung < S. XV. Heß, Frankfurt a. 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EUGEN HOLLÄNDER Der bekannte Berliner Chirurg gibt uns mit seinem neuesten Werk eine Kultur- u. Sittengeschichte der ältesten Mensch- heit und des klassischen Altertums. Vor allem sind es die Dinge des Eros, die seltsamen Lebenssitten und Bräuche der Naturvölker und der alten Kultur- völker, die hier eingehend geschildert und gedeutet werden. Das Werk ist unge- wöhnlich reich und interessant illustriert und kostet in Leinen gebunden M. 42. — . DER PROPYLÄEN -VERLAG PAUL GRAUPE/ BERLIN ¥,o TIERGARTENSTRASSE 4 stellt aus: DAS ALTE BERLIN IN WORT UND BILD DIE SCHLOSSBIBLIOTHEK MALMAISON DER HERZOGIN AUGUSTA AMALIA VON LEUCHTENBERG-BEAUHARNAIS *oo INKUNABELN EINE KOSTBARE SAMMLUNG FRANZÖ- SISCHER ILLUSTRIERTER BÜCHER DES .8. JAHRHUNDERTS HANDZEICHNUNGEN . ALTE UND MODERNE GRAPHIK . FARBSTICHE versteigert: AM 14. BIS I*. NOVEMBER Auktion 74: Moderne Graphik. Sammlung Troplowitz und anderer Besitz. Deutsche, fran- zösische und englisdie Meister des 19. und 20. Jahrhunderts. AM 2.. BIS 22. 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G. WELLS Sic Wtl t Dcg William CUffoiö ROMAN i.- 20. Tausend Zwei Bände, Ganzleinen M II . — , Halbpergament Mi ’]. — . Dünn- druckausgabe in einem Band , Ganzleinen M 1 1 . — , Ganzleder M 1 8 . — „Die Welt des William Clissold“ ist Wells’ großes Lebenswerk, ein weiträumiges Lebens- und Erziehungsbuch. „Clissold“ ist eine große Leistung, der Ausdruck eines genialen und großmütigen Geistes. (J. M. Keynes in der Neuen Freien Presse.) JOHN GALSWORTHY ancütanDer borbet NOVELLE Deutsch von Leon Schalit 1.-20. Tausend Pappband M — , Ganzleinen M 4 . — Diese Novelle, die bestimmt ist, den „Silbernen Löffel“ mit dein dritten, abschließenden Bande der Romane des Forsyte Saga Zyklus zu verbinden, ist wie der „Nachsommer“ ein novellistisches Meister- werk. In ihrer Zartheit führt sie in merkwürdiger Spannung zu einem überraschenden Ende. PAUL ZSOLNAY VERLAG / BERLIN • WIEN DER QUERSCHNITT VII. Jahrgang Heft 11 INHALTS-VERZEICHNIS Adolf Heilborn Ruppiner Bilderbogen Charles Graves Die Stellung des Kritikers Nikolai Jewrejnow Tod und Theater Christian Zervos Die Zeichnungen Picassos Albert Schlop>nies .... Als ich „ Kasperlemacher “ war Iffland Der tragische Held Darius Milhaud Marionetten Herbert Farjeon ,J’ve danced with a man “ Franz Lederer Bei Meister Orlik Sybille v. Lieben Die mutige Seefahrerin Florent Fels Die Vorführpuppen Waldemar |aps Der Maskenbildner John M. Synge Die düsteren Berge von Wicklow Alfred Flechtheim Calvados Alfred Salmony Muluru und Monte Veritä Anonymus Vier Tips für Amerika Sammel-, Bücher-, Schallplatten- Querschnitt Marginalien Mit vielen Abbildungen im Text und auf Tafeln * Umschlagzeichnung nach einer Radierung von Vf alter Busch (Linden -Verlag, München) PREIS DES HEFTES 1,50 GOLDMARK Verantwortlich lür die Redaktion: H. v. Wedderkop, Berlin. - Verantwortlich für die Anzeigen: Walter Mattheh, Berlin Verantwortlich in Österreich für Redaktion: Ludwig Klinenberger. für Herausgabe: Ullstein cm SiVröhrthtthafe iiuatfuuM’it un? he Jrtrtmcn iU>iu1»r«l>ni aut tV HKoftt iVv um Mm MvUV fnmpatiHfuvithai tauffhcti (SrmaMr-- ;u Knhhtfetu, UnrUhc ?uv fHUfc t\r Cvocucu tuuh JVefibura bvmVtl mcrcu . SU# SHi* )Im führet' faheu, i>df: cn tvtu bcfcW Neuruopiner Bilderbogen Slg. Hobrccker n - ■ „Crfen 6ir, lefe® 0ic, tt foflet mehrt!" fpmfct brr frevmnie 4>rrr unb iiberrcieht bem $errn Dr. (Jifcle unb feinem 3«jl>n9 f »mt Gewalt ferne Zractdfehen, worüber brt &rmi .Coefort ^eibroef Geh fdwer jii perrounbeni fehenif. gehr uberröfchenber Crintug bc* fcerm Dr. £ifrlc unb be$ 2>j rcirt SSeifrle in £anncwer \irif(f>en G unb 7 Ufjr fcbenb*, wo Mr Ererbe» m bie grabt emgetricben werben. „ SKprb ' £Mi&! £ounrrwetter! giebt <5 beim Ker ferne guhcrfcirt pi'li|fir — „3^/ bie iflfdwn b*, gebend nur mit mirunb jahlen'# 2 ShJr Strafe, aml Sie trob ber Od'fbarm 'ißarmingsrafrl hier burdvyrtflen " .£ emfihutbigen Sie, uh bin an Jrember, ber - " . mr, bert un# mehrt an. warum ftnb c»r fremb." geht Xeuruppiner Bilderbogen Slg. Hobreckcr Das Empörendste am spanischen Stierkampfe ist, daß seine Opfer Tiere sind, die nicht die Fähigkeit haben, sich als Schauspieler zu fühlen, und denen es daher unmöglich ist, im Spiele einer selbst aufgezwungenen Rolle das Anästhe- sierende für den Körper und das Tröstende für den Geist zu finden. Der Rekord des Theatralischen. Das Jahr 1831 soll in der Weltgeschichte für immer denkwürdig bleiben: in diesem Jahre hat der berühmte japanische Dichter Sigeta Sadakazu den Re- kord des Theatralischen im Sterben aufgestellt. Als man ihn in der Zurichtung, in der ihn laut seinem Testament der „letzte Gast“ angetroffen hatte, ins Krema- torium brachte, lieferte Sigeta Sadakazu bei der ersten Berührung mit den Flammen ein ungewöhnliches Schauspiel: aus dem Sarge stiegen bunte Flammen auf, und sein ganzer Körper verwandelte sich in ein glänzendes Feuerwerk. Wie soll man das Entzücken seiner Freunde beim Anblick dieses unerwarteten Schauspieles beschreiben, zu dem sich der Verstorbene in den letzten Minuten seines Seins präpariert hatte ? Und wie unseren Respekt vor diesem unbeug- samen Willen zum Theatralischen? O Sigeta Sadakazu! Sigeta Sadakazu! Nie wird man dich vergessen! Die Angst vor dem Tode und die Versuchung des Theatralischen. Der Held imponiert auch in der Todesstunde. Ein Vieh bleibt aber bis ans Ende ein Vieh. (Übersetzt von Abraham Eliasberg.) DIE ZEICHNUNGEN PICASSOS*) Von CHRISTIAN ZERVOS 'V “Tach langen Experimenten hat sich die heutige, wahre Malerei endlich von J\| dem Zwange des Objekts befreit, und zwar in dem Sinne, daß der Maler nicht mehr alle Hilfsmittel und Spitzfindigkeiten seiner Kunst herbeirufen muß zur genauen Wiedergabe des Objekts. Es dient ihm nur noch als Vor- wand zu plastischen Versuchen. Aber der richtige Begriff von dem künstlerischen Ringen der heutigen Malerei, die alle wesentlichen Elemente in sich vereinigt, fehlt den meisten. Zwar glaubt ein Teil der jungen Generation, daß sie diese Anstrengung nicht nötig habe, denn die Kunstfreunde lassen sich so leicht ein Talent vor- spiegeln, das in Wirklichkeit nur die Tangente aller Schwierigkeiten bedeutet. Diese Art Maler wird um so mehr in ihrer falschen Kunstauffassung bestärkt, als nur Experten aus einem Bilde die Zeichnung herauserkennen, trotzdem sie heute wie früher eine überragende Rolle in der Bildkunst spielt. So wenig das Publikum von der Malerei versteht, so sehr liebt es den Kolo- rismus, ohne sich darüber klar zu werden, daß die Zeichnung das Grund- element des Bildes ist, und das Licht der Farben nur die letzte Vollendung gibt. Von Zeit zu Zeit muß man dem kunstverständigen Publikum die Zeich- nungen von Picasso vor Augen führen, um ihnen die grundlegende Bedeutung der Zeichnung in der Malerei begreiflich zu machen. Denn gerade er beweist *) Anläßlich der Ausstellung bei Flechtheim. 819 in seinen Werken eindrucks- voll und unwiderleglich, daß die Kunst in diesem Punkt un- wandelbar ist. Instinktiv habe ich das Wort „Zeichnung“ gebraucht. Wäre Picasso nicht zum Maler geboren, nie könnte er in einem Zuge, wie spielend, eine Kopfhaltung, eine jähe Be- wegung festhalten, Dinge, deren nur annähernde Wieder- gabe die meisten heutigen Künstler harte Miihe kostet. Aus Picassos Zeichnungen spricht vor allem eine Vorliebe für weitgeschwungene, im richtigen Maß mit sicherem Zuge geführte Kurven, in deren klarem Umriß es ihm kein Künstler der Heutzeit gleich tut. Auch kein Maler der vorigen Generation. Denn es ist abso- lut falsch, in Picasso einen Proteus der Malerei zu sehen, wie ohnmächtige Neider es von ihm behaupten. Das Wesen seiner Zeichnungen und auch die scheinbare Aehnlichkeit mit der Kunst früherer Epochen ist nichts weiter als die innerliche Verbundenheit und Erleuchtung des Menschengeistes, die Jahrhunderte hindurch die gleiche ist. Vor kurzer Zeit stellte ich einmal die Behauptung auf,, daß Picasso zu der Zeichenkunst der Griechen gelangt wäre, auch wenn Griechen niemals existiert hätten. Jetzt bin ich davon sogar fest überzeugt, so sehr beherrscht seinen Geist der Sinn für Proportionen und eine aus der Fülle geborene Schlichtheit, das Zeichen höchster Menschlichkeit. Seine vollkommene Harmonie in physischer und geistiger Beziehung macht es uns möglich, ihm zu folgen und selbst in gewissem Maße die innerlichen Erlebnisse zu spüren, die ihn zur Schöpfung führten. Bei Derain z. B. fühlt man sofort, daß er sich ständig ängstlich bemüht, von der Wirklichkeit abzu- rücken und nur nach seinen Erinnerungen an die klassische Kunst ein Bild zu rekonstruieren. Aus Picassos Gestalten aber — und läge ihnen auch die aus- gefallenste Signifikation zu Grunde — leuchtet die herbe Klarheit seines In- stinkts. Ich kann mir gar keinen Begriff machen, wie z. B. ein Hund in der Vorstellung Derains entsteht; denn er malt ja nie den Hund, wie er ihn sieht. 820 sondern immer nur, wie er ihn aus den großen Werken der Vergangenheit be- wundernd im Gedächtnis behalten hat. Picasso hat neue Lösungen der Malerei gesucht und gefunden, andere als die der vorigen Generation, die er zur höchsten Stufe der Entwicklung führte. Seine Lösung zeigt aufrichtig einmal eine Verherrlichung des Menschengeistes und einmal eine Lästerung gegen ihn. Ein jeder aber muß dieser Kunst Glauben schenken. Wie blutleer, abstrakt, unnatürlich und menschlich falsch man auch seine Werke hinzustellen versucht, so bin ich doch felsenfest davon überzeugt, daß sie nie willkürlicher Laune entsprungen sind, und daß sein Empfinden ihn niemals von der wesentlichen Realität entfernt hat. Sein Schaffen scheint über der Wirklichkeit zu stehen, denn er weiß der Fülle seiner Vorstellun- gen Leben einzuhauchen. Er ist der einzige Maler, der uns eine unerhört neue Geistigkeit offenbart und Licht in das Dunkel innerer Zusammenhänge bringt. Man wird ihn auch als den unschätzbaren Künstler in der Erinnerung be- wahren, der von seinen langen Fahrten stets unerwartet neue Schätze heim- bringt. Seine unbegrenzte Phantasie bedeutet für ihn ein unendliches Drama. Denn wenn sein Geist auch in manchen Freiheiten schwelgt, so fühlt er sich doch an ihre fest umrissenen Grenzen gebunden. So dramatisch also für Picasso selbst sein Werk auch ist, uns bringt es zu unserer Freude den Beweis, daß das Natürlichste im Menschen das Ueber- natürliche ist. Dieses Moment übersehen — wie die Lauen es wollen — heißt die Kunst zerstören und ihr die Poesie nehmen. Wie ist das doch merkwürdig paradox, daß der Dichter im allgemeinen volle Freiheit genießt in der Wahl der Bilder und Metaphern, die die Ver- bundenheit seiner Seele mit dem Universum wiedergeben sollen, während dem Maler nicht das Recht zugestanden wird, in seinen Bildern etwas anderes als eine buchstäbliche Uebertragung der Wirklichkeit zu sehen. Warum soll der Maler nicht, gleich dem Dichter, die geheimnisvollen Kräfte beschwören, die in der Materie verborgen liegen, warum soll er nicht die Zauberformeln an- wenden, die ihm sein innersterinstinkt ein- gibt? Wir entzücken uns an der Form wie an der Magie des Wortes und er- liegender großen Ver- suchung, dem Dichter wie dem Künstler Glauben zu schenken. ( Deutsch : Eva Maag ) 821 ALS ICH „KASPERLEMACHER” WAR! Von ALBERT SCI1LOPSNIES pielzeug — Kindheit — Kinderlachen und bitteres Weinen; alles liegt so nahe zusammen. Ich sehe mich, ein kleiner Junge, barfüßig, bastelnd am Rande des Gartens, im plätschernden Bach und im hellen Sonnenschein. — Mit heißem Eifer wird ein kleines Wasserrad gebaut, und eine Welt, so herrlich und schön, baute sich in mir auf, zum erstenmal — meine Welt! Versunken, aber nie ver- gessen — das Glück der Kindheit. Nach langer, langer Zeit wieder eine Wiese, ein Kornfeld und die lachende bayerische Sonne. Ein Kind bei mir — mein Kind! Wir basteln gemein- sam an einer Windmühle aus frischen Roggenhalmen, wie Großvater es mich einst gelehrt. — Das kleine Händchen klammert sich vertrauensvoll an mich, leuchtende Augen, und die Herzen im gleichen Schlag; wieder baue ich mir eine Welt auf, zum erstenmal — unsere Welt! In dieser Zeit machte ich Hunderte von Kindern jubeln, und sie nannten mich den „Kasperlemacher“, und froh blitzten ihre Augen, wo sie mich sahen! Ich selbst war so froh und glücklich. Schwer ging das Leben über mich hin, ich suchte in Verzweiflung „unsere Welt“ zu retten, vergebens — sie konnte der harten Wirklichkeit nicht stand- halten. Selbstsucht und Eigennutz waren stärker als wir! Ich rettete mich in die Arbeit, und groß wurde der Ruhm des „Kasperle- machers“ — Tausende und Tausende von Kindern sahen meine Arbeit, und ihre jubelnden Stimmen trafen mich tief und hart „unsere Welt“ war mir verloren! „Schaff’ dir ein neues Glück!“ und ich ging in die weite Welt. Es kam ein Tag so klar und heiß unter Ba- nanen und himmelhohen Königspalmen. Ein Kind — mein Kind bei mir! Wir bauen einen Ge- flügelhof, aus Bohnen, Mais und bunten Papa- geienfedern. — Wieder unsere Welt und eine neue, strahlende dazu, — die soll uns niemand rauben! ! ! Und doch, auch sie versank auf Nimmer- wiedersehen — seitdem mache ich kein Spiel- zeug mehr. Umschlagszeichnung für , »Adieu Berlin" von H. v. Wedderkop Renee Sintenis 822 DER TRAGISCHE HELD Von AUGUST WILH. IFFLAND (1759-1814) E in solcher tragischer Hauptagent, Königsagent, Tyrannenagent dünkte sich ein Johannes ohne Land, ein verkannter Edler, dessen geltende Zeit noch anbrechen müsse. Wie auf Pfuscher, auf geduldete Unglück- liche, sah er auf jene herab, welche komische Rollen spielten und Cour- tisanenagenten hießen. Je weniger ihnen im Leben Freude und, außer ihren tragischen Beschwörungen, irgendein Lebensanteil blühen wollte, desto dichter und unzugänglicher schlossen sie ihre Zirkel. Ihre Be- grüßungen untereinander waren sehr feierlich und abgemessen. Den allertragischsten Helden mußte der zweite Held zuerst grüßen, wogegen jener nur erwiderte. Die, welche Vertraute spielten, waren bar- haupt, wenn der erste Held oder Tyrannenagent sich blicken ließ. An öffentlichen Orten hatten letztere ihre Plätze allein; die anderen wichen von selbst und durften sich nur nähern auf herablassende Ladung. Nur durch Dienstjahre konnte der Neuling das Recht erwerben, in Gegenwart älterer Mitglieder bedeckt zu erscheinen. Ein Wort über das Spiel älterer Glieder ward für ein Zeichen des Wahnsinns genommen, der Tadel eines gegebenen oder zu gebenden Stückes war ein Verbrechen, worauf die Absonderung oder Ausstoßung erfolgte. Die erste Frage an denjenigen, der sich meldete, in die Zunft auf- genommen zu werden, war: „Kann der Herr eine Zepteraktion machen?“, worauf dem Bejahenden ein Kommandostab eingehändigt wurde, mit welchem er probieren mußte, entweder ihn feierlich in der Hüfte ruhen zu lassen, oder damit fernhin in das unbekannte Land gebieterisch zu deuten. 823 Bewährte dabei sich sein Geist, welcher Formalität wittern ließ, so ward ihm eine donnernde Rede abbegehrt. Erhielt diese das Kopfnicken der alten Gesellen, so trat das Oberhaupt vor, an den Neuling heran, und sprach folgende Worte: „Ist der Herr eines Paars schwarzsammeter Bein- kleider mächtig?“ Das Bejahen dieser Frage entschied meistens die Fähigkeit angenommen zu werden. Die Annahme erfolgte nun entweder nach Anmahnungen und Anlobungen zum Gehorsam, zur Arbeit und Demut, oder man trank langsam und viel mit dem ehrenwerten Kollegen, ließ ihm einen Gedächtnistaler in den Säckel gleiten und mit vielen Lehren beschenkt ihn weiterziehen. Die schwarzsammete Bekleidungs-Assekuranz war aber den damaligen Direktionen von ernster Bedeutung, denn der Schauspieler mußte sie selbst liefern. Im gemeinen Leben erschienen die Trauerhelden selten ohne Degen, und die Direktoren ließen wohl auch am Degengehänge, das üppig unter dem Westen- schoße hervordrang, etwas von mancherlei bunten Steinen wahrnehmen. Die Kleidung des Oberhauptes bestand ausschließlich aus einer Schar- lachweste mit Gold besetzt, die Permissionsweste genannt, und blauem oder grauem oder violettem Kleide. Jüngere Mitglieder strebten nach einem Tressenhut, und ihr irdisches Wohl war begründet, wenn sie zu Atlasbeinkleidern zu gelangen wußten. Die Farbe davon wählten sie ge- wöhnlich in Rosa oder in brennendem Karmesin. MARIONETTEN*) Von DARI US All LH A UD D ie kleinen Marionetten, die den Kindern Spaß machen und auch den Erwachsenen, sind von verschiedener Art. Die einfachste Form ist zugleich die in Frankreich bekannteste: der „Guignol“, der Hanswurst. „Salutance, Salut“: das ist Guignol und Gnafron, jene ganze Literatur, deren Heimat Lyon ist. Die Elemente sind durchaus einfach. Die Per- sonen sind Puppen, deren Kopf aus Holz, und deren Körper aus einem Stoff ist, unter dem sich die Hand verbirgt, die sie belebt. Solch eines Hanswursts hat sich Manuel de Falla für sein „Treteaux de Maitre Pierre“ bedient, ein Stückchen, dem eine Episode aus dem Leben Don Quichottes zugrunde lag und das in den Salons der Prinzessin Edmond de Polignac aufgeführt wurde. Die Personen und Dekorationen waren von jungen Künstlern gemacht, unter ihnen der Neffe von Ricardo Vines, der zu- gleich ein talentierter Maler und Gitarrenspieler ist. Die Marionetten sind komplizierter zu handhaben: sie sind Glieder- puppen, deren Kopf und Arme durch einen Faden in Bewegung gesetzt werden, mit dem man oberhalb der kleinen Szene manövriert. *) Aus „La Musique Moderne“, Editions Claude Aveline, Paris. 824 Man >muß sich in Lüttich das kleine „Theätre Royal des Marionnettes" in der Rue Roture ansehen. Diesen pompösen Titel führt ein kleines Bei- ßel in einem der volkreichsten Viertel der Stadt. Man schenkt dort ,,Gueuse“ aus, ein Bier, das so kohlensäurehaltig und sauer wie möglich ist. Hinten im Laden ein kleiner Saal wie eine Jahrmarktsbude, mit Bän- ken ohne Lehne und zu eng und zu nah aneinander. In den ersten Reihen ein paar schnatternde und verlumpte Kinder, hinten ein paar ärmliche alte Weiber und Trinker im Ruhestande. Seit zwanzig Jahren kommen sie zweimal die Woche, um die „Aben- teuer des Rittes Corydon am Hofe des Kaisers Karl des Großen“ zu sehen. Der Vorhang geht auf, und endlose Kämpfe finden zwischen den Ungläubigen und den Kriegern des glorreichen in Lüttich geborenen Kö- nigs statt, endlose Dialoge und Ver- schwörungen zwischen zwei Offizie- ren, die Ankunft einer Prinzessin, die endlose Gedichte in wallonischem Platt hersagt, entfesseln bei dem Dutzend Stammgäste einen sehr rührenden und ziemlich unbegreiflichen Enthusias- mus. Als einzige Musik illustriert eine Trommel die Handlung, begleitet von dem regelmäßigen Klopfen, das die Marionetten mit ihren Beinen hervorrufen, wenn sie sich balgen. Was mich aber interessiert an die- sen behelmten, in mittelalterlichen Rüstungen steckenden Helden und diesen hochfrisierten Prinzessinnen in Roben aus Goldbrokat — das ist, daß c. h. Wollt ich sie, nachdem ich sie in Lüttich gesehen habe, ebenso in Neapel wiederfinde. Pulcinellas Land! Aber Pul- cinella ist seltener, seine Tradition verliert sich und ist schon seit ein paar Jahren von den Neapolitaner Brettern abgewandert auf die von Di- aghilew, während man in den Marionettentheatern dieselben Krieger und dieselben Prinzessinnen wie in Lüttich findet. Nur ist die Kunst dieser Puppen schon komplizierter: die Gelenke der Arme sind doppelt, und die der Beine, die in Lüttich umherschwebten, wie es gerade traf, werden ebenfalls durch einen Faden bewegt. 825 Ich erinnere mich eines Frühlingsabends in Neapel, wo ich mit meinem Freunde Francis P . . . einen sonderbaren Wagen gemietet hatte, der von einem halben Kutscher gefahren wurde (einem Menschen, der nur ein Auge, einen Arm und ein Bein hatte und mit einem Satze auf seinen Sitz sprang). Wir fuhren in alle kleinen Theater der Vororte von Neapel. Ueberall dieselben Bühnen, dieselben mittelalterlichen Schlachten und da- vor ein lärmendes, überschäumendes Publikum, das bei jedem Satze brüllte, und sich nur aus Männern und kleinen Jungen zusammensetzte, die meisten in Mützen, ohne Westen, oft auch ohne Jackett, vollkommen auf- gelöst; die Frauen aus dem Volke gehen in Neapel niemals ins Theater. Aus dieser primitiven Kunst ist das hübscheste Theater hervorgegangen, das man sich denken kann, die „Piccoli“ in Rom. Das ist das ideale Theater. Dort wird alles mit einer so komplizierten Maschinerie besorgt, daß die Puppen dieselben Gesten wie die Schauspieler machen können. Die Mario- netten können ein Ballett im Takte tanzen, mit einer ebenso präzisen Choreographie wie die Operntheater. Sie können darstellen, was man nur will: Gegenstände, Tiere, Wagen, Automobile, Feen. Alles, was unwirk- lich ist und unmöglich für das Theater, wird in diesem kleinen Tempel der fessellosesten und tollsten Phantasie leicht und möglich. Das Repertoire der ,, Piccoli“ ist von einer betäubenden Vielfältigkeit: man spielt dort Balletts und klassische Opern, kleine Sketchs von Casella oder anderen großen Namen der heutigen italienischen Musik, Farcen von Fortunello usw. usw. Welch scharmanter Traum, ein kleines Theater zu haben, wo man den Gesetzen der Realität nicht mehr unterworfen ist! ,,Der Bär und der Mond“ von Paul Claudel ist mit seiner wundervoll entzügelten Ein- bildungskraft wie für ein Theater dieser Gattung geschrieben. Werden wir ihm nicht eines Tages dort applaudieren? Deutsch von Franz Leppmann. J’VE DANCED ¥ITH A MAN" Bjr HERBERT FARJEON My word, l'oe had a party, My word, l'oe had a spree! Belieoe me or belieoe me not, It’s all ihe same to me! l'm wild with exultation, Tm dizzy with success, For l've danced with a man, Vve danced with a man Who — well, youll neoer guess! 826 Slg. Rebcr, Lugano Pablo Picasso, Die Frau mit Hut. Pastell 1922 (Ausst. Gal.-Flechtheim> Buddha mit Bodhisattvas und Schülern. Votivstele, datiert, 534/538 Slg. Frhr. v. d. Heydt Leihgabe in der Ostasiat. Abtlg. der Herliner .Museen (iroßer liuddhakopf aus Lung-men. Tang-Zeit. Slg. Frhr. v. d. Heydt *T am*!« IliPMllf Photo F. Branckmann „Muluru“ am Strande von Zandvoort, die Besitzung Frhr. v. d. Heydts Teeraum im „Muluru“ 1'oc danced mith a man mho’s danced roith a girl mho's danced roith ihe Prince of Wales! 1 in crazy mith excitement! completely off the rails! He said she found him simply sweet, He said she found him charming, He said she found him a perfect treat And not at all alarmin g! And rohen he told me rohat she told him the Prince remarked to her , He held my hand — it was simply grand — and / made no demur! Oh, glory hallelujah! Vm the luckiest of females! For Poe danced mith a man mho’s danced mith a girl jvho's danced mith the Prince of Wales! His nose mas rather crooked, His figure rather fat, He mas just a meeny bit inclined, To squint — but mhat of that? Ifs true that he mas knock-kneed. And stuttered nom and then, But sudilike little blemishes, Seem unimportant rohen — You dance mith a rtian mho's danced mith a girl mho’s danced mith the Prince of Wales! It’s the big thing that matters! a fig for the mere details! He said she found him amfully nice, He taiked mith her so brightly! And mhat do you think! he got her an ice, And behaoed no end politely. And rohen h e told me mhat she told him the Prince remarked to her, We mere standing right in the bright moonlight — and 1 made no demur! Oh, glory, glory, glory! Vm the luckiest of females! For Poe danced mhith a man mho’s danced mith a girl mho’s danced mhith the Prince of Wales! 827 George Grosz BEI MEISTER ORLIK Von FRANZ LEDERER S ein Atelier ist geschmückt mit Bildnissen, Originallithographien, Plakatentwürfen, von dem berühmten ,,Weber“-Plakat bis zu Werken aus der jüngsten Zeit. Um 4 Uhr nachmittag kommen die Modelle. Diese werden von Dienern empfangen und ins Atelier geleitet. Der Meister begrüßt sie, lädt sie ein, hinter einen Vorhang zu treten, sich dort des Rocks und der Weste zu ent- ledigen. Er selbst telephoniert indessen: ,,Für Herrn Rat Klingenberg.“ Eine Weile später empfängt er den Rohentwurf zur neuen Weste und zum neuen Rock für Rat Klingenberg. Die Szene spielt nämlich in Prag, im Atelier des Bruders von Emil Orlik. Schneidermeister Hugo Orlik, Kommerzialrat, Wenzelsplatz, Palais Assi- curazzioni Generali. Der Meister legt Rat Klingenberg Weste und Rock an und spricht ab- wechselnd zum Gehilfen, der sehr schwerhörig ist, zum Rat und zu mir: „Der Kragen ist zu hoch! Zu hoch! Niedriger die Seite! Der Kerl ist taub! 75, 82. Pan rada mä pocit, ze mu to leze z krku. Der Herr Rat hat das Gefühl, daß es ihm zum Hals herauskriecht! Ein schwerer Beruf. Noch etwas niedriger. Ich schneide allein zu, ja, das mach’ ich mir alles selber. Ale pane Linhart (aber Herr Linhart), das ist doch nicht die Schulter vom Herrn Rat. Der Herr 828 Rat hat solche Schultern, schauen Sie! Etwas rund, die Linie zum Rücken etwas schmäler, so, sehen Sie. Was macht die Frau Gemahlin, Herr Rat? Bald auf Urlaub? No ja, werden auch ausruhen wollen. Ich spür’ es auch schon! Die Gürtel über dem Bauch bißchen lockerer für die Hose. Also, was soll ich Ihnen von mir erzählen? Das können Sie hineinschreiben, daß meine Mottos sind: „Die Mode soll Dich nicht bemeistern, fiir's Schöne soll sie Dich begeistern!“ und : „Die Mode ist nicht für jeden, jeder ist nicht für die Mode!“ Ich bin nicht für die verrückte Moderne. Ich bin ein Selfmademan. Der Gentleman kleidet sich individuell und läßt sich von der Mode nicht be- meistern. Die hohe Aristokratie trägt lange Hosen, hohe Schuhe. Die hohe Aristokratie sticht seit jeher ab durch ihren Konservatismus. Wer trägt kurze Hosen? Nur Fatzken tragen kurze Hosen. Halbschuh, graue Socken, die wo- möglich schmutzig sind — “ — ich verstecke schleunigst die Beine mitsamt den kurzen Hosen und Halb- schuhen. „ — Die Mode ist launenhaft wie eine Kokotte. Wann möchten Herr Rat wieder zur Probe kommen? Dienstag, pan rada prijde v ütery 14 5 wenn ge- fällig. Ja, wo sind wir stehengeblieben? Die Mode ist wie eine Kokotte, wer sich ihr hingibt, ist verloren. Ich bin ein Mann, der sich der Mode nicht unterwirft. Ein Aristokrat kleidet sich konservativ. Dadurch sticht er allgemein auf und ab.“ Die lebhaften bebrillten Augen des Meisters wurden bei dieser bald tsche- chisch, bald deutsch geführten Unter- haltung, die immer mehr sich zu einem Monolog gestaltet, noch leidenschaft- licher. Er spricht im Eiltempo. Der weiße Spitzbart zittert. Die Glatze glänzt. Er sieht König Eduard, dem König der Mode ähnlich (dessen Bild ebenfalls im Atelier hängt). „Wissen Sie, wer die Mode macht."' Die Kokotten. Ich bin 51 Jahre im Be- ruf. Ich habe das verfolgt. Ich habe in Paris für Alex. Dumas den jüngeren gearbeitet, in Wien für Paderewski, ich habe nach dem Umsturz die tschechi- schen Diplomaten ausgestattet, also, ich habe eine große Erfahrung. Warum tragen die Männer z. B. kurze Hosen. - ' Weil sie immer den Frauen, und zwar 829 den Kokotten nachhinken. Tragen die kurze Kleider, müssen die Männer na- türlich auch. — Hallo? Ta, sofort Herr Doktor! Sind die Anzüge für Dr. Fuchs vorbereitet? Gewiß Herr Doktor, bitte schön! — Ich habe einmal einem Bankdirektor genäht. Plötzlich war er nicht mehr zufrieden. Seine brau hat immerfort gesagt, es gefällt ihr nicht. Gut, ist er zu einem andern Schnei- der gegangen. Richtig war er bei dem zufrieden. Ich war ihm zu unmodern. \\ issen Sie, was der Unterschied war? Der Schneider hat ihm kurze Hosen gemacht. Das ist für mich kein Bankdirektor. Ein Bankdirektor ist für mich eine Persönlichkeit. — Was für Knöpfe sollen wir geben, Herr Rat? Gut. Warten Sie, ich muß Ihnen noch eine Anekdote erzählen. Ich war intim befreundet mit Battistini. Sehen Sie, hier ist das Bild von ihm mit eigenhän- diger Widmung. Einmal geh’ ich mit ihm bei einem Wohltätigkeitsfest ein- gehängt. Da sagen zwei Frauen hinter mir: „Er wird nix wissen, daß es e Schneider is.“ Ich dreh mich um und sag’: „Er weiß.“ (Hahaha!) Also auf Wiedersehen, Herr Rat. Habe die Ehre, Herr Doktor. Bringen Sie den Anzug für Herrn Doktor. Wissen Sie, wer der Herr war, der weggegangen ist? Der Kommerzialrat Klingenberg von der Hopfenbranche.“ Erst zieht der Meister den Rock selbst an. Er besieht sich im Spiegel. „Man muß am Aermel aufschreiben: Aermel etwas kürzer. Plätno do tech ramenouch! Die Watte heraus! Ten kanafas musite nacviknout. Daß man das Linhart sagt, daß Doktor Fuchs morgen geliefert wird. Lauter Aufhalterei, warum suchen Sie das nicht früher? Schreiben Sie: Bauch auslassen, Achseln niedriger, Watte herauswerfen. — Wissen Sie was Battistini von mir gesagt hat? C’est un grand artiste comme moi. Ich weiß, ich bin eine Persönlichkeit, mit der sich die Welt viel befaßt. Aber ich bin ein Feind der Reklame. Ich könnte Ihnen viel erzählen darüber, wie die Mode entsteht. Zum Beispiel: die Bügelfalte: aus einer Verlegenheit des Lord Hamilton. Aber das ist ja bekannt. Mit den kurzen Hosen, das habe ich Ihnen ja schon gesagt. Können Sie sich z. B. vorstellen, daß ich einem Professor Schloffer kurze Hosen mache? Daß ich sie ihm umschlage? Xo sehen Sie, ich habe solche Schultern wie Sie, Herr Doktor, ich werde das für Sie nochmal probieren, eh ich es liefere, bitte, jaa! Wissen Sie, warum Deutschland in der Mode so weit zurück ist? Weil das Militär dort so stark war. Kaiser und Kronprinzen sind immer in LTniform gewesen, wenn sie dann einmal in Zivil gingen, war es eine Karikatur. Für die Zivilkleidung konnten sie also nicht vorbildlich sein. Wohin fahren Sie heuer auf Urlaub? Ich selbst weiß noch nichts. Ich weiß nur, daß ich am 2r. fahr. Ich hab’ mit meinem Bruder noch nichts besprochen. Wissen Sie, interessant ist die Natur, man hat mich aufmerksam gemacht, daß die Stare und Amseln am 26. aufhören zu singen. Da hören sie auf, zu paaren sich. Während sie sonst auf den höchsten Wipfeln der Bäume singen und sich Antwort geben, hören sie da plötzlich auf. Jetzt war der längste Tag, das wird wohl damit Zusammenhängen.“ So rundet sich das Bild des Meisters; er ist gegen die übertriebene Moderne, für aristokratischen Individualismus, konservativ und ein Freund der Natur. Maß für Maß: c’est un grand artiste comme lui. 830 DIE MUTIGE SEEFAHRERIN or allem: ein richtiger Seemann sagt nie „Schiff“, sein Schiff ist ein „Pott“ oder ein „Schlickrutscher“, höchstens noch ein „Kahn“. Er sagt auch nicht „Meer“, sondern „Bach“, und eine hohe See, ein Wind, ein Sturm, der alles über Bord fegt, ist leichthin ein Bio, eine frische, kleine Brise. Er liebt eben das alles viel zu sehr und ist zu scheu in seiner Verehrung, als daß er es wagte, die Dinge bei ihren banalen Namen zu nennen. Um 6 Uhr früh holt der Steuermann den Kapitän aus der Koje, also gerade immer um die Zeit, wo man am besten schläft und sich am liebsten noch einmal auf die andere Seite umdrehen möchte, was in den schmalen Betten nicht ganz leicht vonstatten geht, bei starkem Seegang schon gar nicht, wo man froh ist, wenn man die Kniee so anstemmen kann, daß man nicht herauskugelt. Also: der Steuermann ruft: „Hailoh Käp’ten“, und der Kapitän kriecht blinzelnd ans Licht. Dann wäscht er sich eventuell, aber nur bei ruhiger See, weil ihm sonst die Waschschüssel davonrollt und iiberschwabbert. Manchmal läßt er sich auch vom Schiffsjungen mit dem Schlauch abspritzen, aber das ist dann schon ganz vornehm. Rasieren darf er sich nicht auf der Fahrt, weil bekannt- lich sich schön machen schlechtes Wetter bedeutet; die ganze Mannschaft leidet unter diesem Aberglauben und ist daher gegen alle Kosmetik schwer vorein- genommen. Ist der Kapitän so weit, so wünscht ihm der Steuermann: „Gute Wach, Käp’ten! und der Kapitän brummt sein „Gute Ruh!“ zurück, denn jetzt ist es für den Steuermann an der Zeit, seine sechs Stunden zu schlafen. Nun klappert der Kapitän an Deck, sieht sich das Wetter an, schaut, was für einen Wind man hat, geht in sein Kartenhaus und steckt den Kurs mit dem Stech- zirkel ab, schaut sich um, ob irgendwo ein anderes Schiff ist, oder Leuchttiirme und sonst noch etwas zu entdecken ist. Ist das Deck in der Früh naß, so freut er sich, denn das bedeutet gutes Wetter. Dann sucht er aufs neue mit dem Glas den Horizont nach anderen Schiffen ab, fängt an zu raten, welcher Nation sie angehören könnten, wieviel Tonnen sie haben, welche Ladung viel- leicht, dann geht er mal seine Wache ab und trödelt so bis 12 Uhr übers Deck. Zwischendurch ißt er immer wieder. Kapitäne sind immer große Fresser. Unserer hat seinen eigenen Koch mit an Bord. Das Essen spielt eben eine große Rolle an Bord; immer wieder stöhnt man: „Was, schon wieder?“ aber man frißt ebenso wie alle drauf los. Vor allem muß alles recht scharf sein, das schmeckt dann „schön“. Plünne mit Klüten schmeckt „schön“: das ist ein Gericht aus Backobst, Speck, Gewürz, Gemüse und Kartoffeln. Ueberhaupt: Kartoffeln, aber nur Salzkartoffeln, sind die Hauptnahrung, und zum Sonn- tagsfrühstück Curry mit Reis, wobei der Hauptwert auf den Curry gelegt I’ ranz Bleis Tochter, Sybille von Lieben, ist Besitzerin eines 48 Meter langen und 8 Meter breiten Frachtschiffes, das 600 Tonnen faßt, von zwei Rohöl-Motoren getrieben wird und auf der Ostsee in Betrieb ist. Die schöne Schiffspatronin Sybill begleitet die „Donau“ meist selbst und schilderte dem Reporter des „Quer- schnitt“ ihre Erlebnisse auf hoher See. Matheo Quirn. 831 wird, das schmeckt auch „schön“. Vor allem lieht der Seemann kompaktes Essen, das er nicht bei bewegter See immer unterm Tisch suchen mul», sondern bequem mit den Pfoten festhalten kann. Was sollte man auch sonst an Bord tun, als essen und schlafen, man hat so wenig Zeitvertreib. Allerdings der Waschtag, das ist eine wichtige Sache. Da kriegt jeder seine \\ asche ran und bearbeitet sie mit grüner Seife, dal.» es Blasen an den Händen gibt. Einer kritisiert den andern, und es geht so lange, bis alle Wäsche ein schönes gleich- mäßiges Grau erreicht hat, ungefähr so, wie sie vor dem Waschtag war. Aber: es war Waschtag! Zwischen Hamburg und Stettin sind wir gefahren, und dann über Danzig nach Memel und nach Reval, und dann weit hinauf in die Schären und nach Xieskil in Schweden. Das ist ganz weit, wo die Leute noch bellen, statt zu sprechen. Es ist eine unheimliche Gegend, ganz besät mit Urgestein, großen runden -Puckeln, die aussehen, wie das Gekröse von Riesenelefanten, das über die Einöde verstreut ist. Es ist aber reiner Granit, der von hier aus in die ganze Welt versandt wird. Diese Menschen dort, die einen dumm und tierisch anglotzen, wenn man sie fragt: „Was ist Wien?" tun seit Generationen nichts anderes als Steine klopfen, vom Urahnen bis zum Kind, alles klopft. Jeder Stein wird mit der Hand bearbeitet, nur mit einem Meißel und einem Hammer. aber — ein paar Schläge — und der Stein wird zum Würfel, exakt, wie mit der Maschine geschnitten. Geht man weiter ins Land hinein, so findet man immer wieder ein paar von diesen Würfeln herumliegen, wie wenn einer da zum Spaß ein wenig sich seinen Bau- kasten zurecht geklopft und dann ver- gessen hätte. Sonst leben diese armen Teufel, deren I nterarmmuskeln hvper- trophiert sind, von kärglichem Acker- bau und Fischfang. Läas Steinklopfen, nach dem Stück bezahlt, ist ihre Heim- arbeit. Nur eines ist in der Gegend gut: die Straßen. Der Granit kostet ja nichts. Ist die Ladung eingenommen, geht es wieder zurück, im selben Tagestrott, wie vorher. Der Kapitän muß natürlich auch so etwas wie Kaufmann sein, muß mit den Agenten ver- handeln, um Pfennige feilschen können. Sein wahres Rechtsgenie entwickelt er aber an Bord, wo er Recht sprechen muß. Es gibt da so hübsche kleine Strafen, z. B. Kielholen. Da wird ein Tau unterm Schiff durchgezogen, der Delinquent darangebunden und dann ein paar- mal unter dem Kiel herüber- und hinübergeholt. Für den, der es über- stellt, eine bleibende Erinnerung, für die übrige Mannschaft eine reine Freude. Auch Doktor muß der Kapitän sein. In diesem Fach hat er immer am meisten zu tun. Das ewige Fressen der scharfen Kost und das dauernde Schlafen haben das Blut der Seeleute ganz verdorben, sie sehen alle schlecht aus und beim kleinsten Riß in die Haut holen sie sich schon eine pfundige Blut- vergiftung. Gesoffen wird ja ver- hältnismäßig wenig an Bord, doch ist im Schiffsbuch öfters der Ver- merk zu finden: „io Uhr 30: Der Steuermann war heute betrunken“, und eine Stunde später die Ein- tragung des Steuermanns: ,,11 Uhr 30: Der Kapitän ist heute nicht betrunkdn“. Unser Schiff ist von T . . Maximilian Luce Hafen zu Hafen meist nur drei bis vier Tage auf See und da läßt sich ja immer leicht alles nachholen. Aber auf den Seglern, die oft wochenlang unterwegs sind, da sind sie alle richtiggehend verrückt. Vor allem basteln sie alle. Ein Kapitän hatte eine tolle Scheuerbürste neuester Art erfunden, mit der schikanierte er nun seine ganze Besatzung von früh bis spät. Er hatte überhaupt den Reinlichkeitswahn- sinn. Den Kajütenboden ließ er ununterbrochen mit Sandpapier abreiben, um ihn weiß zu bekommen. Da aber sein Spucknapf etwas weit von seinem Sitz entfernt stand und er trotz scharfen Zielens doch nie den genauen Bogen er- rechnete, war immer genug zum Scheuern da. Auf Deck durfte keiner mit Schuhen gehefi, nur er selbst schlurfte mit seinen Nagelschuhen herum und ließ dann jeden Kratzer wieder sorgfältig abschmirgeln. Gegen Seekrankheit hat jeder Kapitän probate Mittel auf Lager, die mit Vorliebe an den Schiffsjungen ausprobiert werden. Alle Schiffsjungen heißen Moses. Das Deck teeren und ähnliche Ablenkungsmanöver wirken lange nicht so radikal, wie ein Universalmittel, das hier aller Welt verraten werden soll. Man binde ein Stück Speck an eine Schnur, ziehe es dann ein paarmal durch Maschinenöl, so richtig vor der Maschine, am Boden auf und ab, gebe es dann dem kleinen Moses zum Schlucken und ziehe es an der Schnur wieder an die Oberwelt. Ist diese Prozedur einige Male wiederholt, sind alle unangenehmen 8 33 Nebenerscheinungen der Seekrankheit für ewig behoben, nie wieder wird er gezwungen sein, sich über die Reeling zu beugen. Von der berühmten Sentimentalität der Seeleute habe ich nichts gemerkt. Eher auf Seglern. Da singen sie noch stundenlang La Paloma, aber auf unserem Schiff geht auch die lyrischste Anwandlung im Lärm der Motore unter. Der Kapitän hat natürlich in jedem Hafen eine Braut. Kommt das Schiff in die Nähe, so macht er sich ,. landfein", das heißt, er wäscht sich richtig, kratzt den Bart ab und zieht frische Unterwäsche unter die Wäsche. Jeder Kapitän, der auf sich hält, hat grellfarbige Leibchen auf der Haut. Dann bindet er die weiße Wäsche vor und die Krawatte. Beileibe wird ein Kapitän nicht mit seiner Mütze an Land gehen, das wäre unter der Würde: er besitzt einen schönen Chapeau melon, auf den er sehr hält. In der Kabine hat er un- gezählte Bilder seiner Bräute hängen, die erst verschwinden, wenn Hamburg in die Nähe rückt, wo er in glücklicher Ehe mit seiner Olsch lebt. Schön ist es, wenn man durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal fährt und es Nacht ist. Wie ein Christbaum sind die Ufer beleuchtet, oder überhaupt nachts auf See. Da kommt ein anderes Schiff! Große Aufregung! Alles rennt an Deck! Der Kapitän stürzt in Unterhosen aus seiner Kajüte herauf, und auch drüben wimmelt es von haibangezogenen Gestalten. ..Schiff ahoi! Schiff ahoi!“ „Woher?“ „Wohin?“ „Welche Fracht?“ „Ahoi! Ahoi!... Ahoi!...“ Ach es ist doch schön, so an Bord! Wo liegt Jamaika?... Jamaika? Nichts Besonderes für uns, da fahren wir eben mal hin, nach Jamaika . . . oder auch mal nach Haiti . . . oder nach den Lofoten rüber . . . wie es uns gerade paßt. DIE VORFÜHRPUPPEN Von FLORENT FELS V on meiner jüngsten Reise durch Griechenland habe ich die Ueberzeugung mitgebracht, daß die meisten Dinge, denen wir Kunstwert beimessen, ursprünglich nichts anderes als Gebrauchsgegenstände waren. Selbst in der religiösen Skulptur liegt in den primitiven Werken die Empfindung außerhalb der Form. Der Primitive sucht zunächst die synthetische Darstellung der Eigenschaft, und es genügt ihm, eine bestimmte Beschaffenheit seines Gegen- standes auszudrücken. So bieten die ersten Mykenäer, deren kleine Weih- gefäße erhalten geblieben sind, ein einfaches Zusammenwirken von Armen, Köpfen und Körpern, ohne Ornament und ohne andere Stilisierung als die ihrer Epoche und Rasse eigene. Was übrigens zur Bestimmung eines Stiles genügt. Wenn von allen Künsten des Mittelalters uns seine Romane am tiefsten er- schüttern, so liegt dies an ihrer Naivität, die in den Plastiken der Gotik von der Wissenschaft verblaßt und ausgedörrt ist. Ich will hier nicht den Künsten des Instinkts in ihrer Entstehungsgeschichte wie in ihrer Ausarbeitung in Bausch und Bogen die Susprematie zusprechen, aber das ist sicher: Die Kunst- 834 Stoffpuppen nach Entwürfen von Albert Schlopsnies Herr und Dame um 1870. Puppen von T . ’ J Photos S. Londynski Lazarski, ausgestellt im Salon des Humoristes, Brüssel Schaufensterbiiste von A. (iumitsch SchautcnsUTbiistt* von Paul Ba>ch\viiz Stoffpuppen nach Entwürfen von Albert Schlopsnies geschickte bedarf heute einer Erneuerung ihrer Grundlagen mit dem Blick auf all das, was die Archäologen verächtlich mit dem Gesamttitel „Volkskunst“ bezeichnen. Es gibt im Vestibül des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin eine Skulptur, für die ich alle Michel Angelos, Bernins und Rodins der Welt hergäbe. Es ist die Gruppe „Jesus und Johannes“, in einer ebenso menschlichen wie über- menschlichen Freundschaft vereinigt, die der vollkommenste Ausdruck dessen ist, was es in der Zärtlichkeit zwischen zwei Männern an Idealem, Yerehrungs- würdigem und Adligem geben kann. Ich glaube nicht, daß die Kunstgeschichte den Schöpfer dieses Wunders nennen kann. Ich glaube mich zu erinnern, daß selbst sein Entstehungsort ziemlich unbestimmt ist: Thüringen oder Schwaben. \\ er war der geniale Holzfäller, der aus einem Holzstumpf dieses Strahlen- gefunkel hat aufblitzen lassen? Ich jedenfalls weiß es nicht. Aber ich weiß, daß es keinem einzigen Werk in dem großen Berliner Museum möglich war, mich tiefer zu erschüttern. Vielleicht findet irgendein Professor in Amt und Würden diese Empfindung verbrecherisch; aber meine Künstlerfreude ist nur echt, wenn sie auch ein wenig Entdeckerfreude bedeutet. Für dieses Dämmerspiel bedarf es durchaus nicht etwa einer alten Dorfkirche oder eines von Besuchern verlassenen Mu- seums. Mitten in der Stadt, im hellen Tageslicht können diese Offenbarungen einer verkannten Kunst einen ganzen Tag in Freuden tauchen. Das ist ein Vergnügen, das den Kunstfexen eines neuen Landes entgeht. L'nsere euro- päische Zivilisation, die seit drei Jahrhunderten die Werke der Vergangenheit respektiert und diese Monumente aus Trümmern einer vergangenen Herrlich- keit nicht wieder aufrichtet, ist reich an den unerwartetsten Schätzen. Es gibt traurige, wie die Bildnisse toter Kinder, die in Venedig in Glas- särgen liegen, betörende, wie jene spanischen Jungfrauen, die mit Herzen und Bändern geschmückt sind wie für einen himmlischen Stierkampf. Die be- scheidenste Kunst, die der Schaufenstermannequins zum Beispiel, hat noch manche Ueberraschung für uns in petto. * Ich bin nicht gelehrt genug, um zu wissen, ob es vor Madame Tussaud schon irgendeinen Schaubuden- oder Ladenbesitzer gegeben hat, der auf die Idee gekommen wäre, Mannequins von natürlicher Größe zu zeigen. Aber das Abbrennen dieses lächerlichen, furchtbaren und erhabenen Museums, in dem man Jack, den Aufschlitzer, und den Werwolf der Insel Elba sehen konnte, betrachte- ich als ei-n wirkliches Unglück. Hier konnte • ein extravaganter Geist Hoffmannsche Idyllen erträumen und seine Einbildung bis an die Grenzen des Tollen und Phantastischen spielen lassen. Man verbrachte keine Nacht ungestraft in der Gesellschaft dieser Mannequins, die den Mörder wie das Genie symbolisierten. Ich erinnere mich eines Sommernachmittags in Berlin, wo mir in einem der Potsdamer Straße naheliegenden Geschäft der Wunsch kam, ich hätte die den berühmtesten Hexen des Mittelalters eigene Gabe, die Materie lebendig zu machen. Ich war in Begleitung des genialen Bildhauers moderner Idole: Rudolf Belling. Rings um uns offenbarten ohne falsche Scham 835 mit einer primitiven Naivität die schönsten und für die anspruchsvollsten Prinzen Asiens auserwählten Damen im Schmucke ihrer blonden, roten oder braunen Haare neidlos die Schätze ihrer Anmut. Es war kühl wie in der Grotte Kalypsos, und ich war erstaunt, daß die Honneurs von einem feier- lichen Herrn gemacht wurden, der glattrasiert, mit einem formvollendeten Cutaway und einer fast goldenen Brille gepanzert war, statt von einem paus- bäckigen, blonden und nackten Gott, wie es die Tradition der besten Autoren des 18. Jahrhunderts verlangt. Die Sünde unserer Zeit ist nämlich gefährlich! Sie ist au>gestattet mit Scheckbüchern und Antisepsis. \ on literarischen Er- innerungen gepackt, war ich im Begriffe, mich zu irgendwelchen unschick- lichen Aeußerungen meines Enthusiasmus hinreißen zu lassen, hätte nicht der Stil, der selbst das Mannequin tangiert, mich mit dem Gefühl für die V irklich- keit an den entsprechenden guten Ton und die notwendige jünglingshafte und wohlerzogene Distinktion gemahnt. Das liegt daran, daß das Mannequin, wenn nicht sein Herz und sein Heisch in Unordnung geraten sind, der Mode nicht weniger unterworfen ist als das schönste Mädchen der Welt, und auf diese Weise gewinnt die Kunst Einfluß auf dieses Symbol der Menschheit. Wir sind schon so weit, daß die Sadisten auf die Ungeheuerlichkeit verfallen sind, dem Mannequin die Züge bekannter Personen zu geben, das heißt die Einbildungskraft bis an ihre äußerste Grenzen zu treiben. Die Vorstellung, daß ich mich wie die Herren Dranem, Trotzkij oder Poincare kleiden könnte oder daß die, die mir teuer ist, die von Lia de Putti oder isadora Duncan abgelegten Kleider trägt, ist mir peinlich. Vor solcher Geistesarmut würde ich ein Mannequin aus Glas vor- ziehen, das unpersönlich, durchscheinend und kalt wie ein moderner Dichter wäre. Man brauchte nicht zu fürchten, lächerlich zu werden; das Kleid wäre über dem Weltenraume aufgehängt und geschlossen über der Unendlich- keit. Es würde nach seinem Eigenwert allein geschätzt. Aber, sie sind hin, die schönen Mannequins der Madame Tussaud und die des Museums Grevin. Leb' wohl auch du, Bronzephantom von Beding, das mir eines Abends am Kurfürstendamm in der Apotheose eines W arenhausbrandes erschien. Unter Lawinen von Seiden, Teppichen, Schmuck und Lüstern, wie in irgendeinem Gemälde von Delacroix in Rot und Gold, lag die Heldin, entkleidet bis zu jener Stelle, wo die Beine Gegenstand der Verwirrung und der Angst werden, wie ein schöner toter Vogel in den Armen eines jugendlichen Eilmhelden. Aber das künstliche und realistische Mannequin wird sehr bald seinen kleinen Handel und sein großes Publikum wiederfinden, seinen Gott, der es nach seinem Bilde geschaffen hat. Denn das Mannequin ist nur das lächer- liche Symbol (und deshalb gefällt es uns so, wie uns die Rokoko-Filme der Vorkriegszeit gefallen haben) des wirklichen Trägers der Seide und des Lächelns, des lebenden Mannequins. Mannequin sein! Es gibt kein einziges kleines Mädchen von einfacher Herkunft, das sich nicht ein solches Schicksal erträumt, eines Tages die Attribute der Herrlichkeit tragen zu dürfen, in einem Raum zu atmen mit 836 der mondänen Frau oder dein amerikanischen Käufer, der, indem er mit der Spitze seines Stockes das liebliche Opfer bezeichnet, sagen wird: „Schicken Sie mir das Kleid durch das Fräulein in mein Hotel.“ Das ist nicht ganz so viel wie eine Rolle im Film, aber vielleicht ist es doch der Weg zum Ruhm. Das lebende Mannequin genießt den geheimnisvollen Vorzug der Spät- nachmittage in den großen Schneiderateliers, in der Atmosphäre der Parfüms und unter einem Licht, das für Feen geschaffen wurde. Die leichten Roben scheinen es in Blumen zu hüllen, und das schöne Mädchen bewegt sich wie auf der Bühne. Sie geht nicht, sie schwebt, sie ist übernatürlich. Sie nähert sich, die Arme sind in einer sinnlich-weichen Kurve gebogen, sie hält die Hand, als hielte sie eine zarte Rose, sie dreht und wendet sich, sie schreitet lächelnd und verachtungsvoll vorüber. Ein Schilfrohr, eine Palme! Sie 837 schwebt auf und nieder nach einer ge- heimen Musik, deren mysteriöse Har- monie von ihr allein beherrscht wird. Nichts kümmert sie als ihre Schön- heit. Liebkosend fährt sie über ihr Haar, wirft einen Blick in den Spiegel und verschwindet wie eine Vision. Und ihr Kleid, es hat den Namen der Kulturgeschichte, man erkennt die Epoche. Colette konnte sagen: „Kurz, flach, geometrisch, viereckig hängt das weibliche Kleidungsstück auf Modellen, die nach dem Parallelo- gramm aufgebaut sind, und wir wer- den 1925 nicht die Rückkehr der Mode weicher Linien, eines arro- ganten Busens und üppiger Hüften begrüßen dürfen. Diese Vision der Enttäuschten entspricht durchaus der Epoche des Kubismus, der Psycho- pathologie, wo die Vernunft den Ehrgeiz hatte, ihr Reich bis in die Gebiete der Anmut, der Frau und der Phantasie zu erstrecken.“ Aber das Mannequinmetier hat seine Helden. Eines Tages begegnete ich einem Freunde (so fangen alle diese Geschichten auf der ganzen Welt an) auf dem Kai von Marseille. Ich hatte ihn seit vielen Jahren aus den Augen verloren, und von früher kannte ich ihn als einen zwar armen, aber zu- friedenen Burschen. Jetzt war er elegant, aber bleich w r ie ein romantischer Musiker. „Was ist aus dir geworden? Geht’s gut?“ „Na ja, man schlägt sich eben durch, wie du siehst. Aber ich bin recht überanstrengt.“ „Was machst du denn?“ „Ich bin in einer großen Apotheke angestellt in der Abteilung Kautschuk- Artikel für Männer.“ „Na und? Das soll etwa anstrengend sein?“ „Du hast gut reden — ich bin Mannequin!“ Im Brutofen des Schaufensters haben die Wachsmannequins ihre rosigen Wangen, ihre Rundlichkeit und ihr Lächeln der Madonnen von 1927 wieder aufgenommen, und das Ballett wurzelt wüeder bewegungslos und schweigsam fest. Still! Stehen bleiben! Der Rayonchef geht vorüber. Die Mannequins lächeln melancholisch. Und jeder w r eiß, daß des Abends, wenn die großen Städte in Enthusiasmus und Liebe erzittern, die Mannequins den Gesetzen der Menschen und den Bewegungen der Sterne unterworfen sind. Deutsch von B. Schiratzki. 838 DER MASKENBILDNER EIN BESUCH BEI DEM THEATERFRISEUR WALDEMAR JABS I ch muß gestehen, daß ich, wie wohl viele Laien, mit dem Gefühl zu ihm hin- aufging, etwas von dem hergebrachten „Friseur“ in ihm anzutreffen, und überrascht war, als ich in ein Arbeitszimmer geführt wurde, das schon seinem Aeußeren nach das Studio eines Künstlers verriet. Unsere namhaftesten Schau- spieler, von Matkowski bis in die jüngste Generation, schmücken mit ihren mit Widmungen versehenen Bildern die Wände, ein Seitenblick fällt auf eine Bibliothek von Kostüm- und Maskenkunden sowie kulturgeschichtlichen Wer- ken aus aller Herren Ländern, zum Teil in Originalsprachen, nur die erwarte- ten Requisiten des Friseurs: Brenneisen, Schere und Haarmaterial usw. fehlten. Diese Werkzeuge regieren in den Werkstätten des Herrn Jabs, in denen eine ganze Anzahl Haararbeiter die Ideen des Maskenbildners Jabs ausführen. Der Eindruck, einen Künstler vor sich zu haben, wird noch bestärkt, als Herr Jabs erzählt, daß er den eigentlichen Beruf eines Friseurs nie ausgeübt hat, sondern seine Fähigkeiten mehr der glücklichen Vererbung der Anlagen seines Vaters, der Theatermaler war, in Verbindung mit seit seiner Kindheit gesammelten Theatereindrücken und Erfahrungen verdankt. Seine Erinnerungen gehen bis auf die Zeiten und Zustände des deutschen Theaters in den achtziger Jahren zurück, als die Meininger mit ihrem neuen Ausstattungswesen die Bühne revolutionierten. Da- mals war noch der Theatermaler der Entwerfer und Ausführer des Bühnenbildes in einer Person, und darüber hinaus mußte die ganze Familie, wie der gute Striese es so anschaulich im „Raub der Sabinerinnen“ schildert, von der Mutter bis zum Jüngsten, wacker mit Hand anlegen, um den Mu- sentempel für den Abend würdig herzurichten. Handelte es sich doch um die Reputation des Unter- nehmens, das die bedeutendsten M arktf lecken der Provinz bereiste ! Als echtes Theaterkind mußte also auch der kleine Waldemar mit dem großen Pinsel Plafonds vor- streichen, was, um den einzigen Anzug zu schonen, im Adams- kostüm geschah, bis er, nachdem er die ersten Anfänge der An- streicherkunst bewältigt, auch auf Dolbin w. Kandinsky 839 lebende Objekte, die Statisten, losgelassen wurde, um sie mit ein paar charakte- ristischen Pinselstrichen ins Gesicht in Recken oder spanische Granden zu verwandeln. Wie üblich mußte er natürlich im Bedarfsfälle auch selbst als Darsteller einspringen und legte seinen ganzen Ehrgeiz darein, sich mit einer Maske hervorzutun. Er erzielte unter Verwendung der damaligen primitiven Mittel, Wolle und Werg, verhältnismäßig schon so künstlerische Wirkungen, daß bei der Truppe gastierende Künstler, wie der spätere Direktor des Bellevue-Theaters in Stettin, Leo Resemann, ihm den Rat gaben, sich das Maskenschaffen als neuartigen Beruf zu erwählen. Herr Jabs erzählt: ,, Meine Bekanntschaft, und wenn ich so sagen darf, meine Zusammenarbeit mit den heutigen prominentesten Darstellern und Direk- toren der deutschen Bühne datiert aus meinem Debüt in Breslau, wo ich Kainz, Matkowski, die Sorma und viele andere meist jetzt noch bei der Bühne tätige Künstler beraten durfte. An Kainz’ ehrwürdigem Haupte durfte ich meine ersten Versuche im Lockenbrennen vornehmen. Ich starb fast vor Aufregung, da ich mich erst am Tage vorher durch einen richtigen Friseur im Haar- brennen hatte unterweisen lassen. Kainz’ Lockenhaupt verunglückte, aber er war mir deswegen, wie er mir später bei einem Geständnis versicherte, nie böse. An mein erstes Zusammentreffen mit Matkowski erinnert mich ein Zwischenfall, der sich anläßlich eines Gastspiels in Breslau ereignete. Mat- kowskis Gepäck mit seinen eigenen Kostümen, die er auf Gastspielen stets trug, war durch ein Versehen nach Beuthen gegangen, und ratlos stand der große Künstler kurz vor Beginn der Vorstellung auf der Bühne. Da ich bei meinen Berliner Aufenthalten als eifriger Besucher sämtlicher Theater natür- lich die Kostüme und Masken unserer Großen als mein besonderes Studium aufgefaßt und bis in die geringsten Einzelheiten im Kopfe behalten hatte, war Matkowski sehr froh, als ich in ganz kurzer Zeit, wenn auch nicht sein Ber- liner Originalkostüm, so doch aus dem Breslauer Fundus ein tadellos sitzendes und ganz ähnliches Kostüm vorlegen konnte. Meine Lehrjahre als Garderobier brachten mir den warmen Dank Matkow r skis ein, und er war es dann auch, durch dessen Fürsprache ich später, wenn auch zunächst nur als Volontär, zur Vervollständigung meiner Studien an das damalige Kgl. Schauspielhaus nach Berlin kam. Lubitsch, den ich als jungen Schauspieler am Deutschen Theater kennen lernte, verdanke ich meine Verbindung mit dem damals noch in den Kinder- schuhen steckenden Film. Mit dem Aufschwung des Films, kann ich wohl sagen, nahm die Maskenkunst eine nie geahnte Entwicklung; hieß es doch jetzt Masken zu schaffen, die nicht nur dem Rampenlicht und der Perspektive des Theaters, sondern dem alles schonungslos aufdeckenden Objektiv des Kurbelkastens standhalten sollten. Endlich ging meine Sehnsucht, Schau- spielern zu wirklich naturgetreuen charakteristischen Masken verhelfen zu dürfen, in Erfüllung. Immer wieder galt es auf neue Ideen zu kommen, um mit den Anforderungen der Technik Schritt zu halten. Und doch, wie leicht arbeitet es sich für zielbewußte Künstler, wie z. B. Albert Bassermann, der entsprechend seiner überragenden Persönlichkeit seine Anerkennung mit 840 einem kurzen Bravo für mich auf seiner mir zur Erinnerung dedizierten Photographie in der Maske als Großindustrieller in einem der letzten Filme zum Ausdruck bringt. Es ist wohl kaum ein Name unter den zurzeit dominierenden Bühnenkünstlern, selbst bis nach Wien hinüber, den ich nicht beim Maske- machen mit meinen Ratschlägen unterstützte. Wenn große schauspielerische Leistungen auch noch jahrelang in der Er- innerung des Zuschauers wachbleiben, so trägt dazu ein gutes Teil die ein- drucksvolle Maske bei, denn nach der alten Theatererfahrung ist eine gute Maske halb gewonnenes Spiel. Die Geheimnisse des Maskemachens zu ver- raten. hieße dem großen Publikum die leider schon bis auf ein Geringes ge- schwundene Illusion vollständig rauben; daher: Nicht aus der Schule plaudern! 841 DIE DÜSTEREN BERGE VON WICKLOW) Von JOHN M. SYNGE I n den Hütten, die zwischen den Hügeln der Grafschaft Wicklow verstreut liegen, leben Menschen, auf die das Land einen ganz eigenartigen Einfluß ausübt. Sie wohnen an verlassenen Wegen und Stegen, die kaum ein Menschen- fuß je berührt, das ganze Jahr hindurch hinter einem Wall von Heidekraut verborgen. Zu jeder Jahreszeit fällt schwerer Regen nieder, oft eine Woche lang, daß das vor Nässe triefende Strohdach eine stumpfe Kastanienfarbe bekommt, und der Fußboden der Hütte sich dem Urzustand der Sümpfe nähert. Wolkenbrüche gehen nieder, und in den Nächten wütet der Südweststurm, die wenigen übriggebliebenen Lärchen biegen und drehen sich nach der Himmels- richtung, in der im Juni die Sonne aufgeht, der Wind heult durch die engen Schluchten wie ein wirbelnder, brausender Strom — und plötzlich wieder herrscht einige Augenblicke Totenstille und atemlose Spannung. In solcher Nacht kauern sich die Menschen um ein paar Torfstücke, und die Hunde heulen draußen in den Gassen. Am nächsten Morgen aber strahlt die Sonne in fast überirdischem Glanze, und auch die ältesten Männlein und Weiblein gehen hinaus in die Luft, selig wie Kinder nach schwerem Fieber. Am Abend regnet es wieder. Dieses un- gewöhnliche Klima, das auf die schon vereinsamte und langsam schwindende Bevölkerung ständig einwirkt, ist die Ursache oder vielleicht nur Steigerung einer Neigung zu nervösen Depressionen, die sich in allen Arten von Melan- cholie äußert: von sanfter Traurigkeit bis zu völligem Irrsinn, der die Leute ihr halbes Leben in einer Anstalt verbringen läßt. Vor einiger Zeit traf ich in einem verlassenen Tal im Süden des Landes zwei Gendarmen mit einem Eselgespann, auf dem ein Sarg stand. Ein paar Schritte weiter hielt ich einen alten Mann an und fragte ihn, was denn geschehen wäre. „Heute vor drei Wochen war’s,“ sagte er, „da hat so ein armer Bursche unten im Dorf Getreide gemäht, und abends trank er mit ein paar anderen Jungen zwei Glas Whisky. Plötzlich ist er wild geworden, riß seine Kleider vom Leibe und stürzte fort in die Berge. Es hat furchtbar geregnet an dem Abend, und wahrscheinlich ist der arme Kerl vom Weg abgekommen und die ganze Nacht in Guß und Finsternis umhergeirrt. Morgens fand man die nackten Fußtapfen in dem Lehmboden eine halbe Meile oberhalb der Straße, und dann noch ein Stück weiter oben an dem Aufstieg bei dem großen Stein. Aber mehr wußte man nicht von ihm bis gestern Nacht. Da haben sie seine Leiche in den Bergen gefunden, halb aufgefressen von den Krähen.“ Und dann hat der Alte mir noch erzählt, wie ganz anders das Land früher war, in seiner Jugend. „Nichts als Milch, Brotstippe und Kartoffeln hatten wir zu essen,“ sagte er, „aber gesund waren wir, wie es heutzutage kein Mensch mehr ist. Ich *) Aus » In Wicklow and West Kerry“. Verlag Maunsel & Roberts Ltd., Dublin und London. 842 Rolf de Mare, Porträtpuppe von Marie Wasilieff Photo Raoul Korly Franz Graf v. Pocci (1807 — 1876), der Autor zahlreicher Puppenspiele Papa Schmid (1822 — 1912), der Gründer und volkstümliche Spieler des Münchener Marionettentheaters Direktor Vittorio Podrecca vom Teatro dei Piccoli mit seinen Photo H. Marionetten Wolf l)ic Großmutter, Figur des Mün- chener Marionettentheaters Die Zofe. Figur des Römischen Teatro dei Piccoli * Don Quixote und Sancho Pansa. Marionetten von Jory Sarq Photo E. Zinck, Zürich Marionetten-Theater des Züricher Werkbundes. Szene in einem Königsschloß Photo M. Herber, München Marionetten-Theater Münchener Künstler. Szene aus Maeterlincks „Tod des Tantagiles“. Figuren von Jos. Wackerle - " * weiß noch, wie Sonntag abends immer vierzig Madels und Jungen da unten Ball spielten und ihren Spaß dran hatten. Und jetzt ist das ganze Land ein- sam und verrückt, und kein Mensch weiß, was ihm fehlt.“ In dieser Gegend gibt es so wenig Mädchen, daß man sehr selten eine alte Jungfer trifft. Ich kenne eine, die wohnt seit fünfzehn Jahren ganz allein in einem winzigen Häuschen, dicht an einem Kreuzweg, auf dem häufig Kessel- flicker und Landstreicher entlangziehen. Da sie für keine Angehörigen zu sorgen hat, durchstreift sie oft das Land in allen Richtungen. In jedem Winkel bin ich ihr schon begegnet, manchmal meilenweit von ihrem Heimatstal ent- fernt. „Ich fürcht mich so vor den Tramps,“ sagte sie einmal zu mir. „Nun wohne ich ganz allein, und was sollte ich wohl machen, wenn mich so ein Kerl mal überfiele." Meine arme Mutter hat auf dem Sterbebette zu mir gesagt: ,Nanny,‘ sagte sie, , bleib nicht in diesem Haus, wenn ich tot bin“, sagte sie, ,es ist zu einsam.' Und nun möchte ich ja nicht gegen den Willen meiner Mutter handeln, ob sie nun tot ist oder noch lebte, um keinen Preis möcht’ ich das. Aber es geht einfach nicht anders, ich kann da nicht fort.“ Als ich weiter- gehen wollte, hörte sie plötzlich, oder glaubte es wenigstens zu hören, fernes Donnergrollen. „Ach, Euer Gnaden,“ sagte sie, „ob wir ein Gewitter bekommen? Vor nichts habe ich so schreckliche Angst wie vor einem Gewitter. Mein Herz ist nicht in Ordnung, ich fühl’s, und mein Kopf ist so schwindlig. Wenn ich mich beim Gewitter so aufrege, fürchte ich immer, ich könnte mal plötzlich dabei sterben, denken Sie, ganz allein in dem Haus, und keine Menschenseele hätte eine Ahnung. Aber dann glaube ich immer wieder, daß Gott — geheiligt sei sein Name — mit mir noch etwas Besonderes im Sinne hat. Ich kann doch wirklich nichts dafür, und es tut mir furchtbar leid, daß es gegen den Willen meiner Mutter ist, wo sie doch tot ist. Aber nun gute Nacht, Euer Gnaden, kommen Sie gut heim!“ Auch die jüngeren Frauen sind hysterisch. Ich entsinne mich, daß ich eines Nachts ein Haus betrat, aus dem ich herzzerbrechendes Weinen und Schluchzen hörte. Es war ein Mädel, das man zur Hilfe für die Mägde aus einem nahegelegenen Dorfe gedungen hatte. Am Nachmittag waren ihre beiden jüngeren Schwestern bei ihr zu Besuch gewesen, und nun hatte sie plötzlich die fixe Idee erfaßt, sie wären auf dem Heimweg durch den Sumpf versunken und erstickt, und sie heulte und jammerte und wollte ihnen durchaus nachlaufen. Man wollte sie so spät abends nicht allein hinauslassen, so ging ich mit ihr. Als wir den steilen Heidehügel, auf dem die Nachtschwalben im Mond- licht flatterten, hinunterliefen, erzählte sie mir eine lange Geschichte, wie ihr die schreckliche Ahnung gekommen sei. Schließlich kamen wir an eine Hütte, die ver- einzelt am Rande des Sumpfes stand, und da aus dem Fenster noch Lichtschein fiel, klopfte ich an die Tür und fragte die Leute, ob sie irgend etwas Beson- deres gehört oder gesehen hätten. Als sie verstanden, was wir wollten, kamen sie, drei Generationen, schon halb ausgezogen heraus an die Schwelle, und die Alte sagte spöttisch: „Du bist schon ein Luder, Maggy, hast eine Vorliebe für Mondschein- spaziergänge, scheint mir. Hör’ mir auf von den großen Jören, guck dir doch 84 Vol. 7 843 hier den Martin Edward an, der ist noch nicht sechs und rennt durch den Sumpf fünfmal in einer Stunde, ohne sich auch nur die Fußspitzen naß zu machen.“ Meine Begleiterin war noch nicht ganz überzeugt, so gingen wir weiter. Die Binsen schimmerten im Mondlicht, und ein Nebelstreifen lag über dem Fluß. Wir untersuchten ein Sumpfloch und noch eines, eine Schnepfe flog auf- gescheucht davon, daß wir zusammenschraken. Wir lauschten: eine Kuh kaute gemächlich im Schatten eines Gebüschs, zwei Hunde bellten jenseits des Hügels, und Räderrollen eines Fuhrwerks klang fern von der Straße. Die Nacht war so einsam und die Sumpfluft so kalt, daß uns die Zähne zu klappern begannen. Ich merkte, daß meine Gefährtin beim Anblick des Sumpfes einsah, wie absurd ihre Angst war, und so gingen wir heim. Die älteren Leute in der Grafschaft Wicklow wie in den übrigen Teilen Irlands hegen eine merkwürdige Vorliebe für die höheren Klassen, die seit ein oder zwei Generationen auf ihrem eigenen Grund und Boden leben. Ich weiß noch, wie mir einmal eine alte Frau unter bitteren Tränen erzählte, wieviel einsamer es auf dem Lande geworden sei, seit die „Herrschaft“ fort wäre, und sie beschrieb mir lang und breit, wie ihr Gutsherr hinter sich die Türe schloß und Haus und Hof verließ, und wie er später aus Gram darüber gestorben wäre. Die junge Generation denkt anders. Als ich kurze Zeit darauf an dem Gutshof vorbeikam, las ich folgende Zeilen mit Bleistift auf den Tür- pfosten gekritzelt: In the days of rack-renting And land-grabbing so vile A proud heartless landlord Lived here a great while. When the League it was started, And the land-grabbing cry, To the cold North of Ireland He had for to fly. Nach einem Jahr war der Türpfosten schon ganz zerfallen und die In- schrift mit ihm. (Deutsch von Eva Maag.) Anton Kolig CALVADOS Von ALFRFD FLECHTHEIM Für LOTTE F. und RAOUL DUFY I ch hatte in Paris nach jedem Frühstück immer und immer Marc de Bour- gogne getrunken und mich in diesen herrlichen Schnaps verliebt (die fines Champagnes soll man nur nach sehr guten Diners, bei sehr gutem Kaffee und sehr guten und frischen Importen trinken; sie sind zu edel für ständigen Genuß). Da brachte mir mein Freund Jean Renoir den Geschmack des Apfelschnapses, des Calvados, bei, und ich begann ihn zu lieben und ihn peu ä peu sogar dem Marc de Bourgogne vorzuziehen. Und so beschloß ich eines guten Tages, den Calvados an der Quelle zu trinken. Es war in jenen stürmischen Augusttagen, die die deutschen Flieger zwangen, ihren Amerikaflug zu unterbrechen (sich selbst besiegen, ist der schwerste Sieg), als ich an die normannische Küste nach Calvados fuhr. Calvados ist ein Teil der Normandie. Um dieses Plerzogtum vergossen die Engländer und die Franzosen hundert Jahre lang Blut, und die Jungfrau von Orleans rettete es für Frankreich. Vollkommen zwecklos dieses Blut- vergießen und umsonst das Opfer der heiligen Johanna, von der allerdings die Schiller, Shaw, Delteil, Reinhardt und Bergner leben; denn die Normandie ist vollkommen amerikanisiert und verenglischt: Normandy - Hotels, Bars, Cosy-Corners, Living Rooms, Five o’clock teas, Yearlings und Trench Coats. Caen ist die Hauptstadt. Alte schöne Kirchen und schlecht gepflasterte 845 Straßen (in der Normandie aber rollen inehr Autos als in Berlin, \ erkehra- schutzleute sind unbekannt, und Fußgänger so gut wie ausgerottet). Falaise. Altes reizendes Nest, von dem \\ ilhelm der Eroberer auszog, England normannisch zu machen. Ein schönes Denkmal ist ihm gesetzt, und alle paar Jahre strömen Engländer, Enkel jener Eroberer, nach Falaise, Wilhelm den Eroberer zu feiern. Hätte er bei Hastings nicht gesiegt, sprächen jetzt die Londoner wie jene alten englischen Ladies, die vor dem Kriege zu Hunderten in Dresden (der Musik und der Billigkeit halber) lebten und Englisch mit sächsischem und Sächsisch mit englischem Akzent sprachen. Der normannische Adel sitzt seit jenen großen Tagen auf seinen Gütern und erinnert, wie Paul Morand in seinem „Buddha vivant“ sagt, an die preußischen Junker. — Der Sohn wird Offizier oder Beamter, doch sei es jetzt schick geworden, Chauffeur bei exotischen Prinzen zu werden. Die Tochter geht ins Kloster. Satte Wiesen mit herrlichen Apfelbäumen (Cidre und Calvados) und schönem Vieh (pres-sales!), üppige Gemüsegärten und Treibhäuser, dazu das Meer mit Hummern, Austern, Crevetten und unendlich vielen Sorten von Fischen, alles das macht Calvados zu einer der kulinarischsten Provinzen des Landes, in dem Kochen und Essen eine Kunst ist, wie Bilder malen und verstehen, Hüte und Kleider machen und tragen. Man frühstückt im „Guillaume le Conquerant" in Dives (das nennt sich „Hostellerie“, ein Ding, das in Frankreich ausartet und an unsere aus- gcstoibenen altdeutschen Weinstuben erinnert). Man nimmt bei Honfleur den Tee im Chateau de la Roche-Vasouy, oben im Walde, oder unten am Meer, in der Ferme St. Simeon. Honfleur ist ein kleiner, toter Fischerhafen. Andre Germain, einer der sympathischsten Feinschmecker in allen Dingen, der heute auf dieser Erde spazierengeht, und den ich letzthin in Ludwigslust traf, mitten in Mecklen- burg, das da so wild ist wie das Voltairesche Westfalen, in einem der reizend- sten Gasthäuser Deutschlands, dem Hotel Weimar, hatte mir da von Honfleur und der Ferme St. Simeon erzählt. Hier hat Delacroix die Sonnenunter- gänge studiert, die er bei seinen afrikanischen Bildern verwandte. In seinem Tagebuch schildert er seinen Aufenthalt an der Seinemündung: „La mer etait basse et m’a permis d’aller fort loin sur un sable qui n’£tait pas trop humide. J’ai joui delicieusement de la mer; je crois que le plus grand attrait des choses est dans le Souvenir qu’elles rdveillent dans le coeur ou dans l’esprit, surtout dans le coeur . . .“ Am Tage der Abreise von Honfleur schreibt er: ,,L’äme s’attache avec passion aux objets qu’elle va quitter . . . C’est d’aprös cette mer que j’ai fait une etude de memoire: ciel dord, barques attendant la mar£e pour entrer.“ Hier hatte 1861 Courbet die Bekanntschaft Boudins, des Schülers Tongkinds, des ersten Pleinair-Malers, gemacht. Boudin ist in Honfleur geboren und war damals noch ganz unbekannt (jetzt hat er ein Denkmal da). Er schlug sich in Le Havre mit seiner Malerei mühevoll durch; durch ihn lernte Courbet 846 dann Monet kennen, der auch in Le Havre vegetierte und um 1863 an der Seinemündung die Atmosphäre, den Impressionismus entdeckte. — Nach Deauville hat Courbet später den jungen Whistler mitgenommen und um 1870 hier seine berühmten Wellen gemalt. Heute gibt es kaum mehr Maler in der Normandie. Raoul Dufy allein ver- bringt den Sommer in seiner Villa bei Villerville und durchjuckelt das Land, seine Heimat, in seiner Sizaire. (Picasso ist in Juan les Pins, Marie Laurencin in Royan, Matisse in Nizza, Braque, Vlaminck, Leger, Derain sitzen a^f ihren Landhäusern bei Fontainebleau an der Marne, in der Bretagne.) Aber am Strande von Deauville produzieren sich alljährlich die Mode- maler: der Ungar Laszlo, der von dem Holländer van Dongen abgelöst wurde, dann dieser, und heuer sein Nachfolger, der Japaner Foujita; alles Ausländer, diese Eintagsfliegen, selten, fast nie Söhne des Landes, in dem die Malerei die Rolle spielt wie bei uns die Musik. Sie verdienen viel Geld und müssen sich dafür sehr quälen, diese Seiltänzer, am Strand von Deauville. Es gibt aber zwei Deauvilles. — Das eine, das in Villen und Schlössern lebt und sich kaum am Strande blicken läßt, nur hie und da in den Ambassa- deurs und dem Cercle prive, der heuer zum ersten Male Frauen den Eintritt gestattet, beim Rennen und beim Polo. Camille Duguec schildert dieses Deau- ville im Figaro: 847 „La Präsentation de chiens qui a eu lieu vendredi dernier au Polo, a obtenu le plus mente des succes ; 70 sujets splendides ont ete soumis aux juges distingues charges de decerner les qualificatifs et les recompenses offertes par le Club du Polo. Sous la presidence du duc de Gramont, President du L.lub, et du comte Clary, vice-president de la Societe Centrale Canine, les jrges, la baronne de Bondeli et M. Le Boterf, dont la haute competence est universellement estimee, ont accompli une täche que la grande qualite des concurrents rendait singulierement difficile. Les elegances k Deauville. A part quelques thes donnes qä et lä dans les villas, on reqoit fort peu. La mode americaine d’offrir ä diner au restaurant se generalise de plus en plus. Le baron Maurice de Rothschild reunissait hier au Casino une Serie d invites. Parmi les convives: La princesse d’Arenberg, en toilette de satin blanc brode cristal et ennuagee d’une echarpe de tulle rose; lady Victoria Malcom Bullock, en une robe tres simple de crepe blanc, portait au cou une riviere de diamants; lady Michelham faisait Sensation avec une robe de moire rouge drapee de cöte sous deux larges coques de meme etoffe; la baronne Eugene de Rothschild, robe de mousseline bleue ä impressions de fleurs.“ ,,Le spectaclc est ravissant des femmes, admises pour la premiere fois au Prive, dont les decolletes somptueux tranchent sur le noir des smokings impcccables. Voici lady Terrigton, dans une robe toute en petales blancs ruisselants de perles de cristal; la marquise de Llano, en crepe Georgette noir; la princesse de Faucigny- Lucinge, dont la toilette de satin rose brode de diamants jette des rayons lumineux ; la baronne Edmond de Rothschild, gainee dans un tres beau fourreau de mousseline bleue, brode et rebrode de plusieurs tons de bleu ; la comtesse Bernard de Ganay, en robe de satin blanc, portant aux oreilles des pendants de corail ; la comtesse de Chateaubriand, etincelante de diamants dans son decollete de satin noir.“ Und das andere Deauville, das der großen Schauspielerinnen, der Haute couture, der Rue de la Boetie und der Rue de la Paix, der Mistinguett, der Engländer von der Küste gegenüber, der Griechen und Prager und der wieder reichgewordenen exilierten Russen (wenig Berliner — nur Haus Sigismund- straße 1, das aber komplett — ), der indischen Rajahs und Rastas aus Bukarest und Rio de Janeiro, der Neureichen aus Paris und Milwaukee, der großen Demimonde, das manchmal badet, seinen Aperitif und seine Crevetten morgens am Strande nimmt, im Grillroom des Casinos frühstückt, auch zum Rennen fährt, auch in den Ambassadeurs diniert und auch im Prive jeut, der fashionabler ist, als der von Monte Carlo (hier hält ein Herr Zographos die Bank, er hat den berühmten Aga Khan abgelöst). — Andre Thibault besingt es im ,, Paris-Sport“: „Transfusion de sang Marchands grands et petits du Temple deauvillais, Ils sont tous embusques, pour la chasse feconde, Sur le chemin qui mene aux tresors de Golconde Armes de leurs couteaux et de leurs pistolets. Une ironique vent caresse les chalets ; La mer, indifferente ä ces carnages, gronde; Et nous, nous qui venons des quatre coins du monde, Nous nous laissons saigner ä blanc, tels des poulets. 848 Du portefeuille ouvert par le coup qui nous frappe, Notre vie, en douceur, goutte ä goutte, s’echappe, Sans qu’un cri de pitie ne fasse vibrer l’air ; Et Deauville qui prend chaque jour de la mine, Reparant en un mois onze mois de famine, Du sang que nous perdons fait son muscle et sa chair!“ Das Wichtigste, viel wichtiger als das Meer sind diesem Deauville, neben dem Cercle, die Rennen, auf dem zauberhaftesten Rennplatz der Welt, in Hügeln gebettet, gebadet in der Atmosphäre des Meeres, wo Dufy seine Studien macht, und in der nahen Käsestadt Pont l’Eveque; Rennen, die den Budiker in Berlin ebenso interessieren wie die Mitglieder der Societe d'encouragement pour Amelioration des Races de Chevaux en France. Neben Deauville: Trouville, Club am Rupenhorn und Freibad Müggelsee. Charles Hug MULURU UND MONTE VERITA Von ALFRED SALMONY D ie beiden Namen geben viel mehr als das Schicksal einer Sammlung. Sie erzählen von ihrem Besitzer und seiner Mission. Der Baron Eduard von der Heydt hat seine Schätze nie verschlossen. Schon in Amsterdam war das schmale holländische Haus am Keizersgracht für jeder- mann geöffnet. Damals trug die Sammlung den chinesischen Namen „Ti Yüan“. Sprachkundige übersetzten das teils mit „Garten des Ausruhens , teils mit „Hospital“. Aber die Holländer kamen nicht gerne zur Kunst. Als I 9 2 5 der Architekt Janssen in Zandvoort seinen schönen Bau zwischen Leuchtturm und Strand gesetzt hatte, geschah etwas Unerhörtes. Im L T ntergeschoß wurde der Muluru eröffnet. Muluru — Museum Lunch Room. Kaffee und Kuchen mit Blick auf das Meer und Streichkonzert zu genießen, ist nichts Neues. Aber in Zandvoort bekommt man gleichzeitig buddhistische Plastik, Negerkunst, an- geschwemmte Bomben, vergiftete Pfeile (Abwehr gegen Böswillige) und die Sammlung der Frutta di mare des Fräulein Boissevain zu sehen. Das alles steht harmlos zwischen den Tischen herum. Der japanische Dämon guckt ins Bierglas. Vor der Südseeplastik serviert man Butterbrot. Damit der Besucher der Kunst keinesfalls entrinnen kann, gehören die Wände der Galerie Flecht- heim. Die Zeitung „De Telegraaf“ hat bei der jüngsten Muluru- Ausstellung Alfred Flechtheims nicht versäumt zu erwähnen, daß er als „Korenkooper“ be- gonnen habe. L T eberhaupt, ohne die holländische Sprache kann man dem Muluru sein Lokalkolorit nicht geben. Seine neueste Attraktion — in der Presse und durch Anschläge angezeigt — bildet „Gymnastiek aan Zee“. Es heißt da: „Zeer geschikt voor Dames van elken leeftijd ter verkrijging en tot behoud hunner slanke lijnen.“ Für Kunst wirbt der Muluru in seinen Räumen, für schlanke Linien auf seiner Terrasse. Beides fand man früher nicht leicht in Holland. Der Muluru ist mit „Kurios“ überfüllt. Darüber birgt das Privathaus von der Heydt noch die schönsten Negerfiguren und impressionistischen Bilder, englische Porträts und mittelalterliche Skulpturen. Die berühmte asiatische Großplastik des Barons wanderte schließlich in Berliner Museen, vor allem in die ostasiatische Abteilung. Dort begrüßte sie im November 1925 jener unver- geßliche Artikel der „Vossischen Zeitung“ : „Wächter der Welt und des Todes“. In Holland besitzt der Baron von der Heydt ein Kunstrestaurant, in der Schweiz ein Hotel, den Monte Yeritä zu Ascona. Daß es sich da um keine gewöhnliche Gaststätte handelt, wird man vermuten. Der Monte Veritä ist geweihte Erde. Dort gründete der Belgier Oedenkofen 1901 eine wenig be- kleidete Kolonie. Sie hat sich längst mit Zank in viele Richtungen aufgelöst. Alle Sekten Europas haben dann den Boden des Berges gedüngt, Vegetarianer, Gesundbeter, Nacktkulturler, Kommunisten, Spiritisten, Anthroposophen. Im Städtchen war man immerzu entrüstet. Im Jahre 1926 kam dann der neue Herr. Aus den über den Berg verstreuten Lufthütten wurden prächtige „Chalets“. Das Hotel bekam den bekannten „Komfort der Neuzeit“. Mittendrin, an einem 850 Calvados Claude Monet, Terrasse am Meer, ölgem. 1866 Photo Durand-Ruel Photo Galerie Flechtheim Gustave Courbet, Die Welle, ölgem. 1870 Photo Cahiers cPArt Raoul Dufy, Rennplatz in Deauvillc. ölgem. Landhaus in Calvados Photo Baruch Photo Agence Rol Der Maler Foujita und die Tänzerin Suzy Dorias am Strande von Deauville Kohlenauslader im Hafen von Deauville Photo Baruch Die Hostellerie Guillaume le Conquerant in Dives Das Hotel de Weimar in Ludwigslust Photo (Mecklenburg) Esch, Ludwigslust magischen Punkt des Erdballs, steht wie ein Admiralsschiff Oedenkofens Holz- haus, jetzt das Heim des Besitzers. Eine große Terrasse dient nicht nur der Aussicht. Hier schreitet eine archaische Griechin, der nackten Ueppigkeit steinerner Frauenkörper aus Cambodgia dient die unvergleichliche Landschaft zum Hintergrund. Im Hause hängen viele Zeichnungen von Seurat, Bilder von Gauguin, van Gogh und Munch. Negermasken und Skulpturen aus allen in- dischen Bezirken stehen herum. Jeder Gast darf das alles sehen. Die Schätze haben längst auf Hotel und Chalets übergegriffen. Kein Raum blieb ohne Kunstwerke. Aber das alles sind schließlich Aeußerlichkeiten. Die Hauptsache ist der Geist des Ortes. Kleider, selbst die elegantesten, fallen ab. Man erhält bei Ankunft ein Lufthemd, den Dreß des Berges, der nur im Nacktbad abzu- legen ist. Gegen Sonnenstrahlen schützt der geflochtene Tessiner Hut. Der Körper wird so für alle erdmagnetischen Ströme frei gemacht. Diese Genüsse kann nicht jeder bezahlen. Künstler, Schriftsteller, sogenannte Gelehrte haben sie am nötigsten. Der Monte Veritä hat daher immer einige dieser Ausgestoße- nen zu Gast. Sie sorgen dafür, daß die Tradition des Ortes weiterlebt. Sie stellen auch die Verbindung mit der Boheme von Ascona her. Das Nest ist immer voll von Malern, Schriftstellern und Tanzschulen aller Nationen. Nach- mittags badet man zusammen im Lido, dem buon retiro eines einst berühmten Boxers. Abends tanzt man mit den Tessinerinnen im ,,Lago“ oder im „Riposo“. Wer den Monte Veritä kennen lernt, gewinnt eine neue Erkenntnis. Er erfährt am eigenen, nackten Leibe, daß unser Zeitalter zwar Sport und Körper neu entdeckt hat, aber nicht, wie manchmal Minister fürchten, nur um deren Kultur zu leben. Der Monte Veritä ist eines der wenigen Zentren einer neuen Intellektualität, einer Zeit, die begriffen hat, daß die neue Malerei in Frank- reich eine der gewaltigsten Erscheinungen der Welt ist, einer Zeit, von der die Geheimnisse Asiens anschaulich erfaßt werden, einer Zeit, die wieder an sich glaubt. VIER TIPS FÜR MALER, DIE NACH AMERIKA GEHEN WOLLEN Von A NO NY AI US Der erste Tip. U m in Amerika Erfolg zu haben, brauchst du Geld, Geld und nochmals Geld. Dein Atelier muß das darstellen, was sich der Amerikaner in seiner wüldesten Phantasie unter dem europäischen Atelier eines großen Meisters vorstellt. Allein der Raum verschlingt eine Monatsmiete von 500 Dollar. Du mußt Personal haben, wenn möglich so etwas wie Assistenten oder Jünger, die ergeben zu dir aufschauen. Zu haben ist drüben alles, aber es kostet. Du mußt alte kostbare Möbel in deinem Atelier stehen haben, und große Eisbär- felle müssen sich auf deinem Parkett herumtummeln. Nach amerikanischer Idee kann ein Maler nur zwischen exotischen Pflanzen leben; in deutschen Filmen habe ich derartige Ateliers gesehen, wie sie der Amerikaner von dir verlangt, und vielleicht war Makart so ausstaffiert. Du mußt genügend Betriebskapital haben, um alle Gesellschaften mitmachen zu können, die sich dir bieten, mußt in die Modebäder reisen können, natürlich nur in die Luxushotels, mußt ständig im Theater zu sehen sein und in den Tanzrestaurants. Ein Auto brauchst du nur, wenn du New York verläßt; in der Stadt selbst ist auf den Straßen nicht durchzukommen, jeder vernünftige Mensch fährt mit der Untergrundbahn, da es viel schneller geht. Du mußt alle Welt immer wissen lassen, wie reich du bist. Das tun alle Amerikaner, und du mußt dich diesem grauenhaften Brauch fügen; immer wieder erzählen sie, wieviel Trinkgeld sie in ihrem Pariser Hotel gegeben haben, und vor der Abreise laden sie sich gegenseitig ein, um sich die Ein- richtung ihrer Salonwagen zu zeigen und zu erzählen, wieviel diese Einrich- tung gekostet hat. Der zweite Tip. Wenn du hinüberkommst, mußt du schon berühmt sein, natürlich nicht als Maler. Berühmte, lebende Maler gibt es in Amerika nicht. Du mußt einen kräftigen Skandal haben, eine Entführung, eine Liebesaventüre, ein Duell, irgend etwas, was dich in jedem anderen Land der Erde auf einige Zeit un- möglich machen würde. Natürlich muß sich dieser Skandal außerhalb Amerikas abgespielt haben, er muß aber ein derartiges Volumen haben, daß die Zeitun- gen immer wieder darüber schreiben können. Der dritte Tip. Du mußt immer viele und gute Coctails in deinem Eisschrank haben, sonst besucht dich kein Mensch in deinem Atelier. Nirgends gibt es so viele Betrun- kene, wie im gesegneten Lande der Prohibition. Ungeniert torkeln sie auf den Straßen herum, nur unterscheiden sie sich dadurch von ihren europäischen Brüdern, daß sie den reichen Gesellschaftsschichten angehören. Eine Flasche Whisky kostet 50 Dollar, eine Flasche Champagner 30 Dollar, ein Rausch ist also kein allzu billiges Vergnügen. Ein führender Staatsmann, der Vorkämpfer der Prohibition (vielleicht der Nachfolger Calvin Coolidges? . . . Wer weiß?) wurde von einem europäischen Maler gemalt. Um 10 L T hr früh begann die Sitzung. Um elf Uhr schlief das hohe Modell an den Folgen des Whiskys der letzten Nacht ein. L T m zwölf Uhr mußte der Maler die erste Flasche aufziehen; die Sitzungen dauerten drei Wochen, der tägliche Konsum betrug eine halbe Flasche, im ganzen 11 Flaschen ä 50 Dollar = 550 Dollar = 2300 Mark Spesen. Vv illst du einen Kinostar oder sonst eine anerkannte Schönheit malen, so lockt sie nur ein Zauberwort in dein Atelier: „coctail-party“. Kein Geld der Welt, kein Schmuckstück hat so zugkräftige Wirkungen wie dieses Wort. Es entspricht dem Wunschtraum schöner Frauen in Europa: „Geliebte mit fester Monatsrente auf Lebenszeit.“ Ueberhaupt ist es in Amerika nicht Mode, seiner Freundin Schmuck zu schenken. Geld ist ihr schon wichtiger, denn jede Dame in Amerika spekuliert. Nicht als Outsider, wie die europäischen Frauen es während der Inflation getan haben. Der Amerikanerin liegt das Börsenspiel im Blut; sie braucht auch nicht die Tips des Mannes dazu und weiß selbst genau über Papiere Bescheid. Die großen Pariser Juweliere haben wohl ihre Filialen in Nev ork, aber nicht Schmuckstücke liegen in den Auslagen, 852 sondern silberne Tafelaufsätze und Emaildosen. Seit acht Jahren hat Vanderbilt ein und dieselbe Freundin, eine Französin — sie hat noch nicht ein Schmuck- stück bekommen. Als die Geliebte eines Stahlkönigs ihren achtundvierzigsten Geburtstag feierte — sie wiegt 85 Kilo, trägt eine Brille und noch Blusen mit gepufften Aermeln — schenkte ihr der Freund eine Perlenschnur im Werte von 1500 Dollar; dieses Ereignis war wochenlang das Tagesgespräch. Dabei wird die amerikanische Frau in jeder anderen Weise verwöhnt, und das mit Recht. Ihr Teint ist wunderbar und hat einen herrlich gesunden Timbre. Jede Frau ist geschminkt (Puder und Parfüm sind unvergleichlich besser als in Frankreich), die Kleidung ist weniger kokottenhaft als bei uns, wirkt aber 853 durch die Elastizität des Ganges und der Bewegungen eleganter als das auf- reizendste Pariser Modell. Es ist überhaupt typisch, daß die Amerikanerin nie die Absicht hat, durch Kleidung oder Körper sexuell zu reizen; vielleicht schon deswegen nicht, weil sie weiß, daß man den Amerikaner gai nicht reizen kann, der von 7 Uhr früh bis 7 Uhr abends arbeitet, dann ißt, seiner Frau einen Kuß auf die Stirn gibt und schlafen geht. Wenn die Amerikanerin sich dekolletiert bis zur Bewußtlosigkeit, wenn sie ihre Röcke kurz trägt, daß jedem Voyeur das Herz im Leibe stillsteht, so tut sie es nicht, um zu reizen, sondern ganz einfach, weil ihr warm ist. Das Mädchen aus gutem Hause geht in die Garqonwohnung zur Coctail-Party, ohne sich etwas dabei zu denken. Von unehelichen Kindern oder Zwangsheiraten habe ich in Amerika nie etwas gehört. Sie spricht auch weniger zweideutig als die Dame bei uns, aber die Art der Sprache ist viel unterhaltender, denn sie sind alle intelligent und können über alles sprechen, so daß eine Frau leicht imstande ist, eine Gesell- schaft von 20 Personen zu unterhalten. Auf der Straße und in der Unter- haltung gibt es kaum einen. Unterschied zwischen der Millionärin und der Midinette; beide sind gleich angezogen, tragen nur das Beste, sind fast der gleiche Typ. Es ist das langjährige Sporttraining, das sie so assimiliert hat, und die Selbstverständlichkeit, daß die Frau lustig leben darf, da der Mann dazu keine Zeit und sowieso genug Sorgen hat. Auf der Fifth Avenue sieht man die elegantesten Frauen stolz lachend den Kinderwagen — aber was für einen Prachtwagen! — entlangschieben. Noch mit weißen Haaren machen sie alle Dummheiten ihrer Töchter lachend mit, nicht etwa überlegen lächelnd, sondern ganz mit dem Herzen bei der Sache. Das ist ihr Geheimnis, das sie jung erhält. Wohl bewundern sie die europäischen Frauen, vor Namen wie Cecil Sorel und Yvonne Printemps fallen sie bewundernd auf den Bauch, sie fühlen die Superiorität der Europäerin, aber sie imitieren sie nicht, bleiben individuell: Amerikanerin. Liebe existiert in Amerika, ob sie echt ist oder nicht, kann kein Mensch ergründen. Schluß mit der Liebe macht immer die Frau; wehe dem Mann, der verliebt ist: ohne Begründung bekommt er auf einmal den Abschied, ohne Brief. In Europa schreibt man Abschiedsbrieie . . . und dann geht die Chose weiter. In Amerika ist Schluß, wenn nun einmal Schluß ist. Gigolo zu sein ist ein bitteres Brot in diesem Land, denn die Amerikanerin ist geizig wie ihr Mann. Der Körper dieser Frauen ist begeisternd schön. Seine Konstruktion, seine Formen sind vollkommen und durchtrainiert und tragen die edlen Merkmale sportlicher Kultur, die sich in Generationen sublimiert haben. Die Schultern sind breit, die Hüften ganz schmal, wie bei unseren Großmüttern, die noch das Korsett tragen mußten, die Beine hochgezüchtet und wundervoll gegliedert. Man trägt viel mehr lange Haare als bei uns; freilich nicht in Hollywood, aber Hollywood ist nicht Amerika, sondern eine Filiale Europas. In Phila- delphia zählte ich auf einem Ball 75 Prozent Frauen mit langem, meist blondem Haar, und so ist es in den meisten Großstädten in Chikago, Washington usw. In der Provinz gar, wo nur prüde Fabrikbeamte in ihrem eintönigen Häuschen und mit dem Fordwagen, beides durch Gehaltsabzug auf Raten gekauft, ihr Schauer- dasein führen, sieht man noch viele lange Röcke und noch mehr lange Haare. 854 Nachmittags geht die Dame in den Teesalon. Hier sieht man kaum einen Mann, sie müssen ja alle arbeiten. Verirrt sich ein Ausländer in ein der- artiges Lokal, so erregt er Aufsehen. Ueberhaupt fällt der Neuling überall auf, schon durch seine europäischen Bewegungen, namentlich beim Tanz. Der Amerikaner kann nicht tanzen, es sei denn, er hätte sich durch einen Auf- enthalt in Frankreich gebildet. Charleston wird in der Gesellschaft nirgends getanzt, und in den öffentlichen Lokalen kann von einem Tanz überhaupt keine Rede sein: das sind Sardinenbüchsen, in deren Enge und Gedränge man sich mühsam aneinander vorbeischiebt. Alle sind von unten beleuchtet, der Saal ist vollkommen verdunkelt; der europäische Jüngling konstatiert aber erstaunt Augustin Hirschvogel Radierung Slg. W. v. Nostiz-Rieneck. Auktion Börner, Leipzig bei dieser günstigen Beleuchtung, daß die Amerikanerin gerade zum Tanz das Gegenteil der Unterkleidung trägt, welche die Europäerin bevorzugt. In Europa sieht man in den Modehäusern besonders kurze seidene Tanzhöschen, die ihre Existenz kaum andeuten; die Amerikanerin trägt sie auch, aber tags- über; zum Tanz zieht sie sich ein seidenes Pagenhöschen an, das oft länger ist als der Rock. In diesen Nachttanzlokalen verkehrt ausgesprochenes Familienpublikum, im „Perroquet“, „Florida“ und wie sie alle auf der ganzen Welt gleich heißen. Der Wirt, meist Russe, Deutscher oder Italiener, hat es sehr einfach: jede Consommation kostet 2,50 Dollar. Es gibt Ice-Cream und Limonade, ihre Qualität spielt aber keine Rolle, denn alle Gäste ziehen, kaum auf dem Stuhl 85 Vol. 7 355 angekommen, aus den unmöglichsten Gegenden ihrer Bekleidung ihre mit Whisky gefüllten Bottles hervor, die, je nach der Vermögenslage, aus Nickel, Silber oder Gold sind; letztere sind zurzeit mit Türkisbeschlägen in Mode. Bei Verdunklung des Saales leuchten auch die Tische auf. Sie sind aus Glas, mit Wasser gefüllt, in dem Goldfische beim Aufblitzen des elektrischen Lichtes ängstlich herumirren. Zwischen den Tänzen werden abwechselnd „Exhibitions“ vorgeführt, 1 änzc vollkommen nackter blonder Mädchen, die nur mit roten Schuhen bekleidet und nicht durch die Entfernung einer Bühne in die Weite gerückt sind, die Details verschleiert. Aber niemand findet etwas dabei, auch nicht die ältere Dame, die man hier ebenso antrifft wie das Girl. In den „Perroquet" kam eines Abends eine unerhört elegante schöne Frau mit ihrem Kavalier. Die Dame trug einen prächtigen Hermelinmantel und um den Hals einen Rubin- schmuck, wie ich ihn nie wieder gesehen habe, dazu rote Schuhe. Wie Gäste nahmen beide an einem Tisch Platz. Im Laufe des Abends, als sich der Saal verdunkelt hatte, nahm die Dame ihren Hermelin ab, reichte ihn mit der selbst- verständlichsten Geste von der Welt ihrem Begleiter und ging langsam und sicher durch das Publikum, splitternackt auf das Tanzparkett; der Erfolg dieser „Exhibition“ war überwältigend, nicht wegen der tänzerischen Qualitäten der Dame, sondern wegen der bezaubernden Sicherheit, mit der die ganze Szene ge- spielt wurde. Nach ihrem Tanz wanderte die blonde Schönheit wieder zu ihrem Tisch zurück, legte ihren Mantel um und blieb wie selbstverständlich den ganzen Abend als Dame und Gast sitzen. Weder in diesen Lokalen noch in ganz Amerika gibt es Kokotten in unserem oder im Pariser Sinn. Die kleinen Figurantinnen der Revuen sind mit ioo Dol- lar so bezahlt, daß sie leben können. Sie haben es nicht nötig, einen Freund zu haben, wenn sie es nicht von selber wollen, was ihnen kein Mensch verwehrt. Meistens wohnen sie bei den Eltern. Es ist auch gar kein sehr billiges Ver- gnügen, mit einem dieser kleinen Mädchen eine Eintagsehe einzugehen. Bei den bescheidensten kommt man kaum unter ioo Dollar weg, denn auch sie sind sehr aufs Geld erpicht. Wenn schon — dann wenigstens mit Sinn! Aber sie haben recht, diese kleinen Girls, denn es gibt für mich nichts Schöneres auf der Welt, als z. B. die Auswahl wirklich tadellos schöner Menschen, wie sie Mr. Ziegfield gleich in 200 Exemplaren auf seiner Bühne präsentiert. Es ist unmöglich, an ihnen auch nur den kleinsten Fehler zu entdecken. Jahraus, jahrein reist der junge Ziegfield durch die Welt auf der Suche nach solch edlen Geschöpfen. Wenn sie nach Schluß der Vorstellung aus der Bühnentür in wildem Rudel herausrasen, um ihren Autobus zu erreichen, so glaubt man, an der Pforte eines paradiesischen Pensionates zu stehen. Hollywood bildet auch hier eine Ausnahme, aber — Hollywood ist eben Europa. Der kleinste Titel, der einer europäischen Schauspielerin bei der An- kunft verliehen wird, ist „Gräfin“; in allen Monarchien zusammengenommen gab es nie so viele deutsche, russische und österreichische Fürstinnen und Herzoginnen wie hier. Zu ihrer Ehre sei gesagt, daß sie sich die Titel nie selbst verleihen. Das tun die Reporter, aber natürlich wehrt sich keine dagegen. Was sich sonst in Berlin z. B. auf der Tauentzienstraße abspielt, gibt es in 856 Amerika kaum, ln New York spielt sich ein sehr bescheidener Straßenmädchen- betrieb nur an einer Stelle ab und da unterirdisch, am Zentral-Bahnhof der Sub-way, wo Tunnels mit Läden zu den Hotels führen. Das sind aber alles keine Amerikanerinnen. Der vierte Tip. . . . und das ist der wichtigste: Du darfst kein Künstler sein. Im Grunde seines Herzens mißachtet der Amerikaner den Künstler. Er weiß gar nicht, was überhaupt Kunst ist. Er läßt sich und seine Frau malen, weil es Mode ist, weil seine Freunde sich haben malen lassen. Von wem? Eine einfach zu lösende Frage: von dem Maler, von dem man am meisten spricht, und Peter Milde von dem man weiß, daß seine Porträts den und den Preis haben. Allerdings werden diese Preise meist nur ,, gesprochen“ ; die meisten ausländischen Maler, die in Amerika leben, behaupten, daß sie kein Bild unter 6000 Dollar verkaufen ; ich kenne keinen, der in Wirklichkeit viel mehr als 600 Dollar erzielt. Auch sonst sind die Honorare wesentlich niedriger, als erzählt wird. Zeitschriften vom Rang der ,, Vogue“, „L’Illustration“ oder der „Dame“ bezahlen selten mehr als 25 Dollar für ein reproduziertes Blatt. Es gibt natürlich auch da Aus- nahmen, aber sie sind sehr spärlich. Es gibt auch amerikanische Maler, aber nur am Mont-Parnasse, nicht in Amerika. Die anderen, die nicht die Flucht vor ihrer Heimat ergreifen, tauchen bald in der Industrie unter, die ihre Reklamezeichner hoch bezahlt. Zum Hungern für die Kunst, zum Opfer aus Idealismus hat noch kein Amerikaner Talent gehabt. 857 Nur ungern lassen sich die Männer porträtieren; sie haben keine Zeit. Und: zu was hat man denn die Photographen, mögen sie noch so scheußliche Bilder machen, für deren Aufnahme sie allerdings ioo Dollar verlangen. Ein Photo- graph wie die Rieß könnte in New York Millionär werden . . . oder ver- hungern. Beide Chancen sind gleich groß. Die Mißachtung, mit der der eingeborene Amerikaner den Künstler beehrt, zeigt sich nirgends krasser als in der Art, wie er sich als Auftraggeber be- nimmt. Die Freundin eines Stahlkönigs will sich malen lassen. Sie stellte einem bekannten Maler hintereinander folgende Fragen: „Was kostet ein lebensgroßes Porträt in Oel?“ — „5000 Dollar.“ — „In Pastell?“ — „3000 Dollar.“ — „Eine Zeichnung?“ — „2000 Dollar.“ — „Und wenn Sie mich nun ohne Hände zeichnen . . .?“ Der Maler ließ den Auftrag fahren. Der Machthaber des größten Theaterkonzerns empfiehlt eine Dame an einen Maler. Schnell hatte man sich über den Preis geeinigt: 5000 Dollar. Zur ersten Sitzung erschien die Dame in einem brenngrünen Schal und einem noch grüneren Kleid. Der Maler beschwor sie in allen Tonarten, sich doch nicht in dem grünen Zeugs malen zu lassen. „Nein, der Schal muß gemalt werden.“ Wie das Bild nach drei Wochen Arbeit fertig ist, sagt die Dame kühl und nett: „Sie haben recht gehabt, Grün ist sehr unvorteilhaft für mich; ich bezahle nur 2000 Dollar.“ Das sind noch die leichteren Fälle. Ist die erste Sitzung vereinbart, so erscheint die Dame das erstemal im Abendkleid, das zweitemal im Straßen- tailleur, das drittemal totsicher im Reitdreß und so fort. Oder sie kommt nur zur ersten Sitzung und läßt dann nichts mehr von sich hören, bezahlt auch nicht. Ruft der erstaunte Maler bei ihr an, so erfährt er, daß die Dame des Hauses ein bißchen nach Honolulu, der neuen amerikanischen Riviera, gefahren ist. Sehr wichtig ist allen Amerikanern, daß ihnen der Maler auch gleich einen recht pompösen Rahmen mitliefert; viele schlechte Maler sichern sich damit den Erfolg ihrer Bilder. * Also: wer meine vier Tips nicht befolgen kann, namentlich weil er kein Geld hat, der bleibe weg von Amerika. Die Wunder von früher gibt es nicht mehr, der kleine Streichholzverkäufer wird heute nicht mehr Milliardär, und die Milliardärin wird sich schwer hüten, einen Maler zu heiraten, wo so viele Fürsten auf dem Markt sind. Wer die Wahl hat zwischen dem Revolver und Amerika, der greife zum Revolver, es sei denn, daß er es vorzieht, in Amerika zur moralischen Leiche gemacht zu werden, statt in Europa zur echten. Gehabte Erfolge sind drüben auch nicht einen Cent wert, man kann sie nicht verbessern, noch auf ihnen auf- bauen. Wer hinüberkommt, muß ganz neu anfangen, und das mit amerikanischen Mitteln. Alle, die hinübergefahren sind, wollen täglich wieder zurück, keine Sekunde länger in diesem menschenmordenden Land bleiben. Aber sie können nicht zu- rück, weil sie nicht einmal das Geld für die Schiffskarte aufbringen können. 858 Photo M. v. Bucovich Kind mit Katze Frhr. v. d. Heydt u. Bronislaw Huhermann in Monte Veritä Elsa Wagner. Else Eckersberg. Hubert v. Meyrinck K. R. Weiss, Bildnis der Malerin Erna Petri, ülgem. Sibylla v. Lieben, die Tochter von Franz Blei AU S DEM PROPYLÄEN-VERLAG Wir haben zunächst die Buchausgabe des neuen Stückes von Carl Zuck- mayer: ,, Schinderhannes “ zu notieren, die gleichzeitig mit der so erfolgreichen Berliner Uraufführung herauskam. Zuckmayer weiß, was er kann, wenn er die Bänkelsängergeschichte des Schinderhannes zum Volksstück macht. Die Huns- rückbauern, anonyme Masse, geben den farbigen Hintergrund für die Gestalt dieses Räuberhauptmanns, der sozialen Ausgleich schafft, sich mit Soldaten und Gendarmen balgt und sein Mädel groß und einfach liebt. Auch dieses Stück ist voll von der Landschaft, von Naturgefühl, strotzender Gesundheit, bewußter Lebensfreude, die noch im Tode stark hervortritt, und voll dichte- rischer Kräfte. Ferner bringt Lion Feuchtwangcr , dessen Name seit dem ,,Jud Süß“ inter- nationale Bedeutung hat, drei Dramen in einem Band, die er „drei angel- sächsische Stücke“ nennt. Diese Trilogie umfaßt: „Die Petroleuminseln“ , die von einer häßlichen Frau handeln, die durch ihr Geschäftsgenie eine schöne Nebenbuhlerin besiegt. „Kalkutta, 4. Mai“, das zur Zeit der ostindischen Kompagnie spielt. Es handelt von dem Kampf des Gouverneurs Hastings, der seine Regierungshand- lungen gegen die Moralheuchelei einer Kontrollkommission verteidigen muß. Feuchtwanger hat dieses Stück zusammen mit Bert Brecht geschrieben. „Wird Hill amnestiert?“ Aus dem England der Gegenwart. Scharf ge- zeichnete Typen aus allen Berufen bemühen sich um die Befreiung eines Un- schuldigen, aber der Antrieb ist der Wettkampf um ein schönes Mädchen. Neben diesen Werken der jüngsten Produktion hat der Verlag den 3 7. Band der Propyläen- Ausgabe von Goethes sämtlichen Werken soeben herausgegeben. Er umfaßt die Werke und Lebenszeugnisse aus den Jahren 1824 und 1825, das heißt Schriften zur Literatur, zur bildenden Kunst und Naturwissenschaft, Ge- dichte, Maximen und Reflexionen, Autobiographisches, die Tagebucheintragun- gen und eine reichliche Auswahl aus den Briefen. Otto Freytag Pieter Bruegel Holzschnitt Slg. \V. v. Xostiz Ricncck. Auktion Bocrncr MARGINALIEN Werbung um Josefine Baker. Geehrtes Fräulein! Ich weiß, daß Sie viel Geld verdienen. Wollen Sie noch mehr verdienen, Fräulein Baker? Ich heiße Johann V . . . und ich habe zehn Jahre in Afrika gelebt. Ich war Soldat, Kommandant von Harka, und ich habe nur ein einziges Flugzei g die Wüste überqueren sehen — und welche Wüste! Ich bin sehr vielen wilden Tieren begegnet. Es gibt noch sehr viele in Afrika, sie werden mit Gold auf- gewogen. Ich bin nach Frankreich zurückgekehrt zu meiner Mutter und meiner ältesten Schwester. Wir haben ein großes Kolonialwarengeschäft in Bordeaux. Ich war krank. Das war vor sieben Jahren. Heute bin ich 34 Jahre und möchte mir eine Existenz schaffen. Ich bin Geschäftsmann und habe den Vorzug, daß ich Afrika gut kenne. Ich schlage Ihnen also ein Geschäft vor. Ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen, denn ich weiß, daß es Sie interessieren wird. Die Löwen und die Tiger und alles, was dazu gehört, wird mit Gold aufgewogen, das wissen Sie. Es handelt sich also darum, soviel wie möglich davon einzufangen. Das Mittel, das ich im Auge habe, ist aus- gezeichnet. Man braucht dazu aber Leute und Geld. Die Leute kann ich be- kommen, eine recht starke Armee, und ich werde sie in Zwischenräumen ver- teilen, um den ganzen schwarzen Erdteil, vom Rand des Atlantischen Ozeans, des indischen Ozeans, des Roten Meeres und des Mittelmeeres, eine große Kette. Auf meinen Befehl brechen sie auf. Einmal unterwegs, werden sie. 860 HENKELL absolut an der Spitze der deutschen Seiet - { Industrie ! Unsere liJein ein feäufe betrugen : 9* 1C25 . . . CACC Originalfaß i. 9» iQ2t . . • t*CC Originalfaß »• 9» iQf22 • . . 76CC Originalfaß 'Diese Orig inalfässer aufein - andergestellt ergeben jeweils die den ^Montblanc weit über • ragenden Säulen u. beweisen unsere gewaltigen (Vorräte / HENKELL & CO GEGR.1S32 indem sie sich einander immer mehr nähern, an die groben Seen im In- nern kommen. Sie treiben alle Tiere in die Mitte von Afrika, ln dem Maße, in dem der Kreis sich verengert, kann ich dann Leute entlassen, und die Kosten verringern sich. Schließlich sind alle Tiere beisammen in einem großen Park. Wir brauchen sie nur noch einzupacken und verkaufen sic nach Deutschland und Amerika: der gewöhnliche Löwe stellt sich auf 25 000 Frcs. Ich kenne alle guten Orte, aber es fehlt mir ein bißchen an Geld. Was halten Sie davon? Ich schicke Ihnen einen Kostenvoran- schlag, aber sagen Sie mir post- wendend, über wieviel Sie verfügen können. Sie werden es nicht bereuen. Uebrigens werden wir einen genauen Vertrag machen. Auf alle Fälle brauche ich über 100000 Frc?. Zögern Sie nicht. Ich erwarte Ihre Befehle und bin Ihr Ihnen respektvoll ergebener Johann V . . . P. S. Wenn Sie nicht darauf ein- gehen, weiß ich, wohin ich mich zu wenden habe . . . Aus „ Josefine Baker”, deutsch von Lily Ackermann. (Verlag Meyer & Jessen, München.) Der Wurstel — Symbol Alt- Oesterreichs. Wie war das Wunder, daß sich ein Dutzend Völkerschaften ein halbes Jahrtausend lang unter einen patriarchalischen Hut bringen, sich widerstandslos von einer Zen- trale aus beherrschen ließ, möglich? Wie durfte eine Stadt, unter der Vor- spiegelung, Haupt des Landes zu sein, ungehindert an dessen Fleisch und Fett zehren? Der Wurstelprater gibt die Ant- wort. Er war das spectaculum, das der Hof den noch so entfernt leben- Zu Haustrinkkuren Nahlrbcho Dieser in rein natürlichem Zustande abgefüllte Mineralbrünnen ist ein anerkanntes Heilwasser von größter Bedeutung und findet erfolgr. Anwendung bei Gicht, Rheumatismus, Zucker-, Nieren-, Bla- sen-, Harnleiden(Harn- säure), Arterienverkal- kung , Magenleiden , Frauenleiden usw. Man befrage den Hausarzt! Dieser Naturbrunnen von größtem Wohlgeschmack, dessen Heilkraft vonTausenden aller Stände u. Berufe unzählige Male erprobt wurde, ist infolge seiner günstigen Zusammen- setzung auch ein altbewährtes Vor- beugungsmittel gegen Festsetzung schädl. Bestandteile im Organismus. Fachingen erhält Körper und Geist frisch und gesund. Brunnenschriften sowie ärztliche Anerkennungen werden auf Wunsch jederzeit unentgeltlich versandt durch das Fachinger Zentralbüro, Berlin W 66, Wilhelmstraße 55. Erhältlich ist das Heilwasser in Mineralwasser-Handlungen, Apotheken und Drogerien usw. Fachingen verlängert das Leben! 862 den Lande >sölmen gewährte. Als im Jahre 1878 Bosnien und die Herzego- wina okkupiert wurden, kannte man die muselmanischen Riesen mit Fes bloß als Schmuckstück von \ Olker- Museen. Einige Jahre später standen sie bereits, mild, lammfromm und heimatsinnig, mit offenem Maul vor dem Wurstel im Prater. ., Kinder und Militär die Hälfte!“ sang der Ausrufer. Der Refrain blieb im Ohr zurück, untrennbar von dem Bild jener Bos- niaken. Seitdem weiß ich und mit mir Oesterreich, daß Kinder und Militär dasselbe ist. — uh. Franz Graf von Pocci. Maler. Bildhauer, Dichter, Oberzeremonien- meister des Königs war der Wieder- erwecker des Kasperl Larifari, einer von den sonderbaren skurrilen Käuzen, wie sie in dem München des dichten- den Ludwig I. zu Dutzenden herum- agierten. Er zeichnete Totentänze, die er mit wehmütigen Versen unter- schrieb, und erfand die stehende Figur der damals sehr gewagten „Fliegen- den Blätter“, den kgl. Bayrischen Staatshämorrhoidarius, für einen Ober- zeremonienmeister Seiner Majestät eine ganz respektable Leistung; der „Görressche Festkalender“, die „Mün- chener Bilderbogen“, die „Jugend- blätter“ verdankten seiner Initiative ihr Entstehen. Auf unsere Tage hat .'ich freilich nur weniges von diesem letzten romantischen Ritter herüber- gerettet; nur sein Lied „Wenn ich ein Vüglein wär’“ wird noch von sehn- süchtigen Dienstmädchen geträllert, seine großen romantischen Opern aber sind vergessen für immer. Nur den Kasperl-Komödien und ihren Helden, dem Kasperl Larifari und seiner Gretel, ist ein langes Leben beschieden. Das „Schlipperdibix“ Kasperls und © NEUE RUSSEN I LJ A EHRENB UR G MICHAIL LYKOW Ein Helden- u. Schieberroman aus Sowietrußland „Schade, daß Sie hier nicht freie Hand haben. Sie sollten nach Amerika gehen. Dort würden Sie ein schönes Panama anrichten . . Michail verlor die Passung. Konnte denn ein Kommunist ohne Ironie Amerika in irgend einer Hinsicht Sowjetrußland vorziehen? Folglich war dies Spott. Er wird ihm also nicht nur eine Absage erteilen, sondern ihn hinausschmeißen, wo- möglich auch noch an die G. P. U. Meldung erstatten . . Kroll setzte seine unverständliche Philosophie fort. „Auch hinsicht- lich Odessas haben Sie geschwindelt. . . . Ich habe Sie gleich verstanden: — Sie haben gegrapst. Ein talentvoller Mensch sind Sie, ein sehr talentvoller. Und jetzt haben Sie es also darauf abgesehen, Diplomat zu werden?“ „Ich sagte es Ihnen schon, ich bin auf der Suche nach einer schwierigen Arbeit, der ich alle meine Kräfte widmen kann?“ „So, so? Meiner .Meinung nach aber wäre es für Sie das richtigste, sich in das Außenhandels-Kommissariat hineinzuschlängeln l'nd dann ins Ausland . . Michail war ganz vernichtet . . . Nur aus seiner Verwirrung und Aufgeregtheit läßt es sich erklären, daß er auf Krolls offenkundig provokatorische Belehrungen demütig und kindlich folgendes antwortete : „Nun ja, wenn es notwendig ist, bin ich auch bereit, ins Außenhandels-Kommissariat zu gehen.“ „Sie sind dazu bereit? Das ist ja großartig!“ (Aus dem 25. Kapitel) ca. 550 Seiten kartoniert Mk. 4.80, Leinen Mk. 7.— KONSTANTIN FE DIN STÄDTE UND JAHRE Roman aus dem alten Deutschland und dem neuen Rußland STÄDTE ßischofsberg i. Sachsen, Weimar, Nürnberg, Erlangen, Semidol, Moskau, Petrograd JAHRE Neunzehnhundertdreizehn bis neunzehnhunderteinundzwanzig PERSONEN Andrej Starzow, russischer Student in Deutschland, Zivil- gefangener in Bischofsberg, wird von seinem Freunde Wann in Petrograd ermordet. Kurt W a n n , Kunstmaler aus Süd- deutschland, Kriegsfreiwilliger, Kriegsgefangener in Rußland, Mitglied des deutschen Soldatenrats in Moskau. Graf v. z u r Mühlen-Schönau, Schloßherr in Sachsen, Leutnant und Kunstmäzen, Kriegsgefangener, Führer der Mordwinen. Marie U r ba c h , Geliebte des Grafen u. Starzows. Herr Urbach, ihrVater, Rentner u. Schlößchenbesitzer in Bi>chofi>berg, heim- liches Mitglied der S. P. D. vor dem Kriege. Frau Urbach, geborene v. Freileben. Adolf l’rbach, Oberleutnant und Ritter des E. K. I. Golossow , Kommandeur in der Roten Armee. Pokissainen, Finnländer, politischer Kommissar bei Golossow, Frau Pokissainen und ihr zweijähriges Söhnchen O tt i. ca. 500 Seiten kartoniert Mk. 4.80, Leinen Mk. 7.— MALIK-VERLAG 863 seine \Yortverdrehungfen sind in den Dialekt der Münchener Generationen übei- gegangen, die als Kinder mit Wonnegeheul im Kasperl sich selbst und in seinen Widersachern die Karikaturen ihrer Umgebung wiedererkannten, und sich dementsprechend Kasperls heldische Geste und machtvolle, mit Gottver- trauen gemischte Wurstigkeit angewöhnten, die den echten Münchner noch heute von allen anderen Eingeborenen des Kontinents deutlich unterscheidet. Dra co. Nieuwste attractie van Zandvoort. Mej. Henriette Lriot van Amsterdam heeit het gewaagd op het boventerras van Muluru een gedeelte daarvan te ex- ploiteeren voor gvmn. oefeningen welke geschikt zijn voor dames van elken leeftijd. Het is niet iets nieuws, doch wel voor Zandvoort, want buitenlandsche badplaatsen hebben meerdere van die gelegenheden en zal het voor de gasten te Zandvoort een attractie meer zijn om zieh te amuseeren, waaraan tevens verbonden is dat men de zoo gewenschte slankhcid van vroeger dagen herinne- ren kan. Wij raden speciaal corpulente dames aan zieh met Mej. L riot in ver- binding te stellen, omdat zij daardoor bereiken slank naar hun woonsteden terug te keeren. (Zee en Du in, 16. Juli.) Fräulein, dunkelblond, jugendliche Erscheinung, einsam fühlend, gute \ er- gangenheit, gute Betten und Wäscheausstattung, möchte einen edlen Lebens- kameraden in guter Position zwecks Heirat kennenlernen. ( Lokalanseiger.) Goetheaner sucht die Bekanntschaft einer Goetheanerin zwecks Heirat. (Grüne Post.) Das historische Erlebnis. Herr Architekt Carl Schulz, Wiener Straße 99 > vollendet nächsten Samstag, den 24. September, in voller Geistesfrische und körperlicher Gesundheit sein 80. Lebensjahr. Herrn Schulz, damals Unter- offizier im 2. Großh. Hess. Inf. -Regt., widerfuhr 1870 das historische Erlebnis, indem er auf dem Bahnsteig des Gießener Bahnhofs unmittelbar vor Kaiser Napoleon Aufstellung fand, als letzterer mit dem Köln — Mindener Bahnzug einfahrend, einen dreiviertelstündigen Aufenthalt nehmen mußte, um nach Wilhelmshöhe weitergeleitet zu werden. (Dannstädter Tageblatt.) Schweigsames P. Fühle unverdient zurückgesetzt. Eifersucht schmerzt. Wieviel Prozent? Ihdl. (Neues Wiener Journal.) JACQUES MORTANE / PARIS Das neue Deutschland Einer der belesensten franz. Journalisten, erfüllt von leidenschaftlichem Willen zur Wahrheit, schildert das neue Antlitz Deutschlands! Was er sieht und erkennt, das stellt er objektiv und lebendig dar, was er von außen nicht sehen kann, darüber holt er sich bei den führenden Köpfen Auskünfte. Beigetragen zu diesem Buch haben : Stresemann, Briand, Dr. O. Braun, Dr. Nordhoff, Dr. Preuß, Prof. Adolf v. Hamack, Graf Hermann Keyserling, Thomas Mann, Oscar Bie, Bernhard Diebold, W alter Gropius und viele andere. Broschiert M 3.60, leicht kartoniert M 4.40 ORELL FÜSSLI VERLAG • ZÜRICH - LEIPZIG 864 Paul Wegener. Von Joachim Ringelnatz. Der Regen ist noch regener, Wenn er aufs Wasser niedergeht. Gleich fest in jedem Wetter steht Ein großer Stein, Paul Wegener. Nicht Edel-, Halb-, noch Straßen- stein, Vor allen Dingen und ganz gewiß Kein Similis. Und nun bewegt sich und uns dieser Stein. Ein Schauspieler, der kein Theater spielt Und nicht schielt. Ein Hagen von Tronje, ein Zotteltier, Ein rührender Alter, ein Kavalier. Und hinter den Kulissen Ein fröhliches Gewissen, Ein anständiger Kamerad. E nd daheim, am Karlsbad, Im Kreise seiner geschiedenen Frau’n, Die alle ihm bleiben und ibm verträum, Neben seiner noch nicht geschiedenen, Zusammen mit lauter zufriedenen Kindern und Freunden vor einem Kapaun. E T nd drum rum Bilder und Buddhas schön und stumm, Die er schätzt und uns nennt, Und deren Seele er kennt. Als ich im Filmatelier bei ihm war, Stand er mit violettem Haar Zwischen phantastischem Alldings- gewirr, Riß aus dem Tisch ein Bein L T nd — bums klirr — Schlug er damit in ein Fenster hinein. Das mußte so — so mußte es sein. Und dann spät nachts, Da er müde müßte sein Nein! Ging er noch weiter, Tanzte, trank Wein Bis in die helle Stunde Weitarmig und heiter, Mit guten und bösen Geistern im Bunde. Ein lebendiger Roland aus Stein, Der, was er liebt, Gern, groß und ehrlich gibt. Vorführung der Strandnixen auf Abd el Krims Araberhengsten in ihren originellen Badekostümen im Hippodrom Altona, nur Große Freiheit 12. Große Ausstattung. Feenhafte Beleuchtung. (Hamburger 8 Uhr-Abendblatt.) Das Tagesgespräch der gebildeten Wett ist in diesem Jahre die Böttcherstraße in Bremen, das Paula Modersohn- Haus und die darin befindliche Sammlung der Werke dieser Künstlerin Darüber unterrichten Sie am besten die drei kleinen Bücher : Hausmann Die Böttcherstraße in Bremen Müller- Wulckow . . Das Paula Becker-Modersohn-Haus Bernhard Hoeigers Müller- Wulckow Katalog der Paula Becker- Moder sohn- Sammlung Holen Sie sich die Werkchen bei Ihrem Buchhändler oder bestellen Sie sie direkt beim Verlag. Sie kosten alle drei je M J.SO ANGELSACHSEN- VERLAG G. M. B. H. / BREMEN 865 Ueber allen Wipfeln ist Ruh Im Abendsonnenschein des vergan- genen Freitags hatten sich im Waldfriedhof Oberlosclnvitz — Weißer Hirsch einige hundert Männer und Frauen zu einer eindrucksvollen Gedenkfeier am Grabe des vor einem Jahre verstorbenen Direktors Emil Winter-Thymian eingefunden. Unvergeßlich wird allen Teilnehmern diese Stunde andachts- vollen Gedenkens bleiben. Das Solo-Bläserquartett des Weißen-Adler-Haus- Orchesters gab mit dem unvergleichlich gemütvollen Lied: „Der schönste Platz, den ich auf Erden hab’, das ist die Rasenbank am Elterngrab — “ der Feier einen würdigen Auftakt. Sein langjähriger Mitarbeiter, Herr Direktor Max Neumann, Dresden, widmete dem Entschlafenen folgenden von ihm ver- faßten Nachruf: Nun schläft der Sänger! — Und die sangest reud’ge Seele Schwang sich hinauf zu lichten Himmelshöh'n. Ob schuldig wir — ob frei von Schuld und Fehle — Es ist der Weg, den wir einst alle geh n. Mocht manches hie und da ihm auch die Laune nehmen, Nun, wer Geschäftsmann ist, der kennt das ja! — — Jedoch bei ihm hielt niemals an ein Grämen — — Ein Wort! Ein Witz! Schon war er wieder da! Der goldene Humor, der uns im Leben, Wenn wir zu fallen glauben, treulich schützt. Man muß ihn haben — kann nicht danach streben — Und reich ist jeder, der Humor besitzt! Und das war er an dessen Gruft wir stehen Der manch befreiend Lachen hat entfacht. Ein Jahr vorbei, er mußte von uns gehen So, wie er’s oft gewünscht hat: über Nacht! Nun schläft der Sänger, der noch gar nicht müd’, Und Waldesrauschen ist sein Schlummerlied. Im Namen seiner Freunde vom Kegelklub Prietzel, Weißer Adler, legte Herr Prokurist Bruno Burkhardt einen Strauß Herbstblumen am Grabe ihres Mitbegründers und Ehrenvorsitzenden nieder mit den Worten: „Den schönsten Platz, den ich auf Erden hab’. das ist die Rasenbank am Eltern- grab — “, wie dies, dein Meisterlied, nicht vergessen werden wird, wirst auch du uns unvergeßlich bleiben. Ruhe in Frieden, du lieber treuer Freund und W r ohltäter, du König des sonnigen Humors. Ueber den Sternen sehen wir uns wieder. Ein Gute-Nacht-Lied der Bläser, und still, im Innersten tief ergriffen, ver- ließen die Erschienenen die Stätte der Ruhe und des Friedens. (Kur- und Frcnidcnblatt IVcißcr Hirsch.) Willi Schaeffers feierte dieser Tage sein 25 jähriges Bühnenjubiläum und Carl Scheffler den 25. Jahrgang von Kunst und Künstler. Sie haben ihre Jugend mit so viel Grazie und Esprit verlebt, daß wir uns auf die Arabesken ihrer vieillesse verte freuen. 866 ©ie „Dfabißfebern" finb Don ber erflen bcuf fcf>eu ©fafjlfcberfabri? Jpein£e&23lancFerfo, Berlin, erfnnben uiib eingefüf)rf roorben. ©ie „CKebiß" ift beim ^eid^nen unb (Schreiben imeiifbebrlidb) gerootben. ©er Kaufmann, ber Ingenieur unb .Mrdjiteff, ber ft'ünftler, 'piafatfdjreibcr unb nirfjf minber baß ©rf)ulfinb arbeiten f;eute mit Dfebißfebern. 9febißfd)rift nnb 9?ebißjeirf;mmg erlernt man frfmell unb nniljeloß aus bem Dom Verlage für ©djriftfnnbe Jpeinfte & 23Iancfer^, 23erlin, f;eranßgebrad;ten Jpeff „9?ebißfd)rift" beß profefforß Paul Jpamj.»el. ©aß 2Dort „D?ebiß" ift für Jj3ein£e & 0lamfert} alß li^arenjeirfjen in allen Äulturftaafen amtlid) gefd)ü£f. Ein Autorennen wird gedreht. Aus dem Film „Chantage“ der Artistes reunies, Paris Anton Kuh und Franz Blei in dem Film „Maria Stuart“ der National Film A.-G. Magda Sonja als Maria Stuart National-Film A.-G. Rudolf Nelson. 1911 Ausstellung Gal. Hechtheim Holzskulptur der Osterinsel. Bes. Dr. Knoche Siamesen bei Jagdvorbereitungen. Aus dem Urwaldfilm „Chang“ Willi Schaeffers. In der Provinz, bisweilen, verwechselt man ihn mit Syl- vester Schaffer, ln Berlin verwechselt ihn keiner. Das ist das Schönste, was man ihm zu seinem 25jährigen Bühnenjubiläum sagen kann. In Ratibor, glaub’ ich, begann die Laufbahn. Mit dem Versuch der Direktorin, ihn wegen Unpünktlichkeit kontraktbrüchig zu erklären. („So Leute, passen nicht zum Theater.“) Der Versuch scheitert: er bleibt. L T nd er- hält zu Saisonschluß ein Attest, es könne aus ihm ein guter Schauspieler werden unter guter Regie. Kr ist ein guter Schauspieler geworden, ohne je einen richtigen Regisseur gehabt zu haben. Er mußte es sich selbst sein. Mit seiner Disziplin, seinem Takt, seinen wundervollen Einfällen. Sparsam in den Mitteln, sparsam! (Direkt erzieherisch.) Alles in Rahmen spannend. Organisatorisch. Sozusagen der Erfinder der Organisation. Archiv, Kartothek, Mappen, Mappen, Mappen. (Auch Oktavheftchen und Zettel: Soenneckens bester Kunde.) Noch im Ernst der Organisierung überwältigend komisch. Mit jeder Be- merkung sanft umwerfend. Nichts im Gesicht spiegelnd von dem „sonnigen“ Humor. Nur ein Glitzern in den Augen. Nichts, was er nachher nicht hielt, versprechend: hilfsbereit. (So: wenn die Hilfsbereiten ankamen, hatte er schon begonnen, sie zu organisieren.) V as alles ich persönlich, zum 50jährigen Jubiläum am 20. Oktober 1952, gern wiederholen möchte. Paul Nikolaus. Schriftmuseum Rudolf Blanckertz. Hinter dem Alexanderplatz in der Georgenkirchstraße, im Hof der größten deutschen Stahlfederfabrik, liegt im Verborgenen ein Museum, das so klar wie kaum ein zweites den Gang unserer Kultur ab Babylon zeigt. Wenn einem beim Beschauen so nebenbei erklärt wird: „Diese Stücke hat unser persischer Reisender mitgebracht“ oder „Das hat unser Geschäftsfreund auf Borneo dem Museum geschenkt“, begreift man auf einmal die weltumspannende Bedeutung des Vorganges „Schreiben“, der uns nach Ueberwindung der Fibel zu einer so selbstverständlichen Körperfunk- tion geworden ist wie Essen und Trinken. Ohne diese kleinen Stahlinstrumente, diese Bast- und Holzgriffel, diese Holztafeln, diese Notizbücher in Mammut- format, diese beschriebenen Bänder aus Baumrinde stünde also der ganze Kulturbetrieb, um den herum sich unser ganzes Leben abspielt, glattweg still. 9Uts <§ottfrttb liellers gluckltrfjer Zeit Der Dichter im Briefwechsel mit Marie und Adolf Exner. Mit vier farbigen Lichtdrucken nach Original - Landschafts- Aquarellen von Gottfried Keller, einem Manuskript-Faksimile Kellers, der Wiedergabe eines Lied-Manuskriptes von Brahms und 6 Bildern in Lichtdruck nach zeitgenössischen Vorlagen. Schöner Geschenkleinenband Mark //.— (Prfdbiencn in Der ^peiöerftfcen'STerlagsbudbbantilunö, Eeiyjig 867 Die Vielseitigkeit des Museums ist verblüffend, keine Schreibnietliode aus dem Verlauf von zweitausend Jahren ist übersehen oder weniger komplett und liebevoll als die andere in Originaldokumenten und Werkzeugen, oft Stücken von hohem Wert, übersichtlich vorgeführt. Es handelt sich aber dabei nicht nur um eine Schaustellung von historischem Wert. Der Sammler dieser schönen Dinge verfolgt auch noch den Zweck, unsere Kinder von dem Mar- tyrium der Haar- und Grundstriche zu befreien, das uns allen so viele Kinder- stunden vergällt und uns die angstvoll gekrümmten Finger mit unwahrschein- lichen Tintenschmiermustern dekoriert hat. Die Proben einer individuellen Schrift bei Kindern beweisen, daß dieser Schreibdrill viel an der Nervosität der Kinder schuld war. Draco. Am 4. November feierte Dr. Franz Leppmann seinen 50. Geburtstag. Für / , uns existiert Franz Leppmann leider r erst, seitdem wir bei Ullstein sind und ^ ^ Franz uns als Verbindungsoffizier bei- gegeben wurde. Dieses Amt hat er mit sehr viel kollegialer Delikatesse zu unserer vollsten Zufriedenheit ausge- füllt. Ganz abgesehen von dieser Tätig- keit aber hat Franz folgende Werke von sich gegeben: „Thomas Mann“, Verlag Axel Junker, „Kater Murr und seine Sippe“, Verlag C. H. Beck, München, „Mirabeau“, Ullstein - Verlag. Seine Uebersetzungskunst, geschult an Abbe Prevöt und Maupassant, ist fast allen Heften des Querschnitt zugute gekom- men. Oft hat er uns in der „Voß“, die wir freundlicherweise gratis ins Flaus bekommen, erfreut durch sehr hübsche Lokalpremiers, Essais und ausgewach- sene Novellen, in denen er eine sehr weise, überlegene, manchmal auch etwas melancholische Weltanschauung den Lesern preisgibt, während er als beliebter Sprecher im Berliner Rundfunk sonorere Töne anschlägt. Er hat seine Jugend mit so viel G’azie und Esprit verlebt, daß wir uns auf die Arabesken seiner vieillesse verte freuen. Franz Leppmann Aenne Schönstedt, die ausgezeichnete „komische Alte“ und jetzt Theater- direktrice auf den Dresdener Ausstellungen, hat diesen Sommer die Holländersche Revue „Das bist du“ in Verbindung mit Dresdner Lokalszenen aufgeführt. Sie ist dazu auf eine neue kleine Idee gekommen, nämlich mit bemalten Klötzen zu arbeiten. Auf diesen Klötzen kann alles dargestellt werden: wie etwa Pot de Chambre, Stiefelknecht und was sonst noch unter das Bett gehört, wenn Bett- decken darüber gebreitet sind. Ebenso natürlich auch andere Sachen. 868 Jinddieqmndlagmfurderi ‘mlnv 'Rdmdunddenmelodißben.Tonder UNVERWÜSTLICHEN 1 BACH-INSTRUMENTE 'DaijerfindsieibrmVrasimmermt Anfragen andasStammfyunerbdm : II lß A € 1HI _ Bamen/NeuenvecIdoCfrir Qroß- MinMadrfmM^damtjfr&Ms utHaiiMfieitUßliinißftelleNlaiis Mbcka coi\töoi%mfi:7S Flechtheims Renoirausstellung.") Ich hin den Söhnen Auguste Renoirs, den Herren Pierre Renoir in Paris, Jean Renoir in Marlotte und Claude Renoir in Cagnes sur nier, für ihre 1 - reundestat, mir aus den Bildern, die ihr Vater ihnen hinterließ, einige für eine Ausstellung in Deutschland zu überlassen, zu großem Dank verpflichtet. Ich habe in der Hauptsache Spätwerke des Meisters ausgesucht, denn das Spätwerk Renoirs ist in Deutschland noch so gut wie unbekannt. Renoirs Werk aus den letzten zehn Jahren seines Lebens ist nur mit dem späten Tizian, den letzten Selbstbildnissen Rembrandts zu vergleichen mit dem Greco, mit Picasso. Es bietet eine Fülle von Geheimnissen, deren Deutung seinem Schöpfer überlassen bleibt. Georges Riviere schreibt in seinem Buch „Renoir et ses amas“: ,,Sa derniere peiisee a ete pour la peinture: „Je fais encore des progres", mur- mura-t-il peu instants avant de mourir, songeant sans doute ä la teile qu’il lais.-ait inachevee.“ Berlin, November 1927. Alfred Flechtheim. *) Die Ausstellung wird über 50 Gemälde und die drei Skulpturen, die der Maler geschaffen hat, zeigen: die im Oktoberheft des ,, Querschnitt* 4 abgebildete Gruppe ..Mutter und Kind* 4 und das Medaillon und die Büste des jüngsten Sohnes Claude. Ein Bubikopfgegner möchte mit schönem Frauenkopf ehrbare Freundschaft schließen. Alter Nebensache. Unter „Reiches Haar Nr. 9737“ an Heinrich Schalek, i. B„ Wollzeile u. (Neues Wiener Journal.) ..Es ist ein Versuch. .Grande Reportage ‘ im besten Stil zu propagieren. Für Deutschland bedeutet diese neue Sammlung eine Über- raschung und einen unerwartet reichen , neuen Besitz Die literarische Welt über die BERICHTE AUS DER WIRKLICHKEIT Herausgegeben von Eduard Trautner Bisher erschienen die folgenden Bände: E. E. KISCH: Kriminalistisches Reisebuch LEO LANIA: Indeta.die Fabrik d. Nachrichten PIERRE MAC OR LAN: Alkoholschmuggler JOSEPH ROTH: Juden auf Wanderschaft HANS SIEMSEN: Verbotene Liebe E- TRAUTNER : Gott, Gegenwart und Kokain ..Alles in allem sind diese .Berichte aus der Wirklichkeit die interessanteste Publi- kation der letzten Zeit . die bestimmt einmal von kulturhistorischer Wichtigkeit sein wird ; ihr W ert für den Leser von heute be- steht darin, daß sie ihm Tatsachenbilder gibt, die man kennen muß, um diese Zeit überhaupt , , -u begreifen M . (Querschnitt) Jeder Band gebunden für M 1.80 überall erhältlich. VERLAG DIE SCHMIEDE/ BERLIN W35 870 Alleinstehende vornehme Dame (im Mittelalter), sehr wirtschaftlich, mit verzinslichem Vermögen, wünscht bald mit Standesherrn (der Pension hat und nicht unter 60 Jahren) in Verbindung zu treten. Spätere Heirat nicht aus- geschlossen. ( „Vossisclic Zeitung.“ ) ,,Chantage“ ist der Titel eines Films von der unmittelbaren Brutalität eines Faustschlags, den die ,,Artistes Reunis“ soeben gedreht haben, unter der Lei- tung von Marie-Louise Iribe-Renoir, als Regisseur Henri Debain und dar- gestellt von den besten französischen Filmschauspielern wie Huguette Duflos, Jean Angelo, Maurice Lagrenee und Constant Remv. Es ist ein bedeutender und einwandfreier Versuch der modernen Technik, ohne daß das dramatische Moment auch nur einen Augenblick hinter dem Szenischen zurücksteht. 871 Adieu Berlin. In prähistorischen Zeiten, als man noch um van Gogh stritt und \\ ildenbruch aufführte, lebte in der Lütticher Straße zu Köln, in einem bemerkenswerten Junggesellenheim, der Regierungsassessor v. W edder- kop. Sein Lebenslauf zeigt, was alles aus einem Kunstschriftstellcr werden kann. Ich erinnere mich eines flottgeschriebenen Büchleins, einer Art von Vademekum für die Kölner Sonderbundausstellung von 1912, und mit be- sonderer Vorliebe einer geradezu gediegenen, heute keineswegs veralteten Studie über den Maler Ernst te Peerdt. Kleine Kritiken, die hier und da wie lustige Wellenspritzer auf dem trübgrauen, unergründlichen Ozean der Kunst- schriftstellerei auffunkelten, erfreuten durch gepflegte Sprache auch dann, wenn sie durch scheinbare Schnoddrigkeit empfindsame Gemüter verletzten. H. v. Wedderkop zog nach Berlin; die Leser dieser Zeitschrift kennen seine Mission, seine Neigungen und Abneigungen. Der im Aphorismus und im gepflegten Essay scheinbar sich auszugeben schien, überrascht durch einen Roman, den S. Fischer verlegt hat. Vor diesem Roman warne ich alle, die von solcher Lektüre aufregende Geschehnisse, wilde Romantik, zarte Liebesepisoden und ab- gründige Psychologie erwarten. Vielleicht findet der \ erfasset*, daß derartiges durch Sling und geringere seiner Kollegen hinreichend ins Haus geliefert wird. ,, Zeitsatire“ wäre vielleicht die richtige Bezeichnung liir das oft hin- reißend gut geschriebene Buch, aber auch dieser Ausdruck trifft nicht ganz den Kern. Denn im Grunde ist dieser Herr v. Thienen, der in den Mittel- punkt des Geschehens auf der von Sommergästen überfluteten Xordseeinsel gerückt ist, obschon er eigentlich nur als Ansager auftritt, eine verdammt ernsthafte Persönlichkeit. Sein Zynismus verbirgt, wie fast immer, wenn er nicht vom Biertisch abstammt, innere Schamhaftigkeit, und die Weltweisheit, die er predigt, ist keineswegs frei von einer Abgeklärtheit, die uns einst wie heute den alten Stechlin so liebenswert erscheinen ließ. Also ein mondäner Fontane? Vielleicht wird es der Autor einmal. Aber schon jetzt einer, dem keine erlaubte Clownerie fremd ist, und der die guterfundenen oder dem Leben behend nachgezeichneten Figuren mit einer sehr überlegenen Regie durchein- anderpurzeln läßt, bis ein mit richtiger Feuersbrunst versehener Xaturaus- bruch sie alle wieder in ihren gewohnten Leerlauf zurückscheucht. Dr. Walter Cohen. Ihre Physiologie, Psychologie, Hygiene und Eugenik Ein biologisches Ehebuch Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von Dr. Max Marcuse. 1927. Geh. RM 18. — , in Leinen gbd. RM 20. — Ejh umlassendes, In jeder Beziehung wertvolles Buch. Auch die Frau sollte diese Bibel der Ehe lesen. .Kölnisches Tageblatt" Ausführlicher Prospekt steht gern kostenlos zur Verfügung A. Marcus & Weber's Verlag,. Berlin WlO, Genthiner Strafe 38 872 Zum Gedächtnis des 25. Todestages von EMIL ZOLA liefe der Kurt Wolff Verlag zusammen mit seiner Schwesterfirma, dem Hyperionverlag, im gemeinsamen Verlag erscheinen: Die erste würdige Bibliophilen- Ausgabe von ZOLAS ROUGON-MACQUART Geschichte einer Familie unter dem zweiten Kaiserreich 20 Bände Subskriptionspreis in Ballonleinen 100 RM. in Ganzleder 150 RM. Einzig berechtigte deutsche Gesamtausgabe Erste Reihe, 10 Bände in Kassette Das Glück der Familie Rougon (Die Wiederaufrichtung des Kaiserreiches) Die Jagdbeute (Ein Spekulantenroman) Der Bauch von Paris (Die Markthalle) Die Eroberung von Plassans (Aufstieg und Niedergang eines Ehrgeizigen) Die Sünde des Abbe Mouret (Der Roman eines Priesters) Seine Exzellenz Eugen Rougon (Die Laufbahn eines Emporkömmlings) Die Schnapsbude (Der Fluch der Trunksucht) Ein Blatt der Liebe (Die Geschichte eines kranken Kindes) Nana (Ein Leben des Lasters) Am häuslichen Herd (Die Geschichte eines Bürgerhauses) Zweite Reihe, 10 Bände in Kassette Das Paradies der Damen (Der Roman des Warenhauses) Lebensfreude (Berufung und Schicksal der Frau) Germinal (Der Bergarbeiterroman) Das Werk (Schicksal eines Malers) Mutter Erde (Der Bauer kfimpft um die Scholle) Der Traum (Geschichte eines Findelkindes) Die Bestie im Menschen (Das Verbrechen im Wahnsinn) Geld (Der Roman der Börsenspekulation) Zusammenbruch (Der Krieg 1870/71) Dr. Pascal (Das System der Vererbungstheorie) HYPERIONVERLAG MÜNCHEN Die Plastiken der Osterinsel E.O. HOPPE Von Das romantifdie Dmeriba .«uv 304 ganzseitige Abbildungen in Kupfer- tiefdruck, 40 Seiten Text als Einleitung. Preis in Ganzleinen gebunden . . . M 26.— in Halbleinen oder Halbpergament M 35.— Die „Literarische Welt” schreibt: „. . . Unsere Vorstellung von den Vereinigten Staaten ist trotz allem, was Film und Lite- ratur in den letzten Jahren ihr zutrugen, ohne einen rechten Begriff ihrer landschaft- lichen Natur geblieben. Hier wird deren ganze Vielheit anschaulich, das Gesamtbild offenbart im Reichtum der Gegensätze die großartige Spannweite des Bereichs, ln diesem Amerika muten auch die Formen und Launen des Bodens sensationell und rekordhaft an. Die Felsenwunder von Arizona, Utah und Colorado, jene haar- sträubend scharf und tief ausgebohrten Schluchten, das bizarr zerlappte Gestein des Brice Canyon, die Exaltation des Tals der Monumente, wo die Natur sich in den phan- tastischsten Gralstempeln und Ritterburgen gefällt, aber auch das Riesenhafte der Ströme, Bäume, Ebenen läßt Hypertrophien des Städtebaues als schwachen Anpassungs- versuch an die natürlichen Übermaße er- scheinen. Hoppes photographisches Inge- nium, das auch die übrigen gewiß nicht geringen Kameraleislungen dieser Bände in den Schatten stellt, zwingt die absurdesten Wüchse und räumlichen Phänomene auf die Platte. Doch über alledem ist nun keineswegs das gebaute Amerika vergessen. Straßen, Industriewerke und Brücken, Öl- türme und Bahndämme, noch auch das Unbesondere, dessen intimere Schönheit ausfüllend den Gesamteindruck schließt . . VERLAG ERNST WASMUTH A.G. BERLIN Dr. Walter Knoche-Santiago (Chile). Sehr bekannt sind seit den Berich- ten der ältesten Reisenden, wie Cooks, Roggevens und A. v. Chamissos, die Riesendenkmäler des einsamst gelege- nen aller Eilande, der Osterinsel. Diese Bildwerke, aus vulkanischer Breccie gearbeitet, ragen bis zu 18 "oder jo M eter über dem Erdboden empor und blicken, in Reihen geordnet und streng typisiert, fast verachtungsvoll auf > Meer hinaus. Weniger bekannt sind kleine Steintöpfe aus Tuff oder blasi- ger Lava gearbeitet und ferner die Toromiros, hölzerne Schnitzereien meist menschlicher Figuren von etwa io — 70 cm Höhe. Ursprünglich wurde hierzu das sehr harte Holz des Toromirobaumes benutzt, der aber schon kurze Zeit nach der Besiedlung durch übermäßig starken Gebrauch verschwand ; später kam Treibholz in Frage. Die Augen bestehen aus runden Stückchen Ob- sidian, eingefaßt in den kreisrunden Schwanzwirbel des Haifisches. Jede einzige hat ihren Namen, und zwar eine'n Eigennamen, so daß sicher die Toromiros einer Art Ahnenkult dienten. Sie waren Bildnisse der Ver- storbenen, die zwar oft schematisiert, doch Individualität anstrebten, ähnlich wie die ägyptischen Könige, mit an- gesetztem Bart und sonstigen Emble- men versehen, Persönlichkeit und Schema in sich vereinigten. Aber nach einer Ueberlieferung der Eingebore- nen wurden die Figuren auch als Ma- rionetten benutzt, und es gibt heute an dem Ufer von Anakena einen Ort, der «74 Photo E. O. Hoppe Pin» Die amerikanische Schriftstellerin Marta üstenso Heinrich George als Macbeth genannt wird: „Haus der sich bewe- genden Figuren.“ Ein König Tukuihu war der angebliche Erfinder dieses Spiels. Er ließ die Figuren an einem Binsengarn tanzen, um auf diese Weise böse Geister zu verspotten. So erklärt es sich, daß unter den hölzernen Plas- tiken auch Phantasiefiguren, wie dop- pelköpfige Wesen, ein delphingestalti- ger Fischgott u. a. m. eine Rolle spie- len, und man Durchbohrungen findet, durch welche das Binsengarn hin- durchgezogen wurde. Wir müssen bis nach Indonesien gehen, um einen ähn- lichen Zeitvertreib zu finden. Die erhaltenen Holzplastiken der Osterinsel sind recht selten, wie die bei der Kleinheit der Bevölkerung und dem immerhin fast tropischen Klima, welches zerstörend auf das Holz ein- wirkt, zu erwarten ist. Nur wenige Museen besitzen größere Sammlungen, wie die in New York, Berlin, Santiago und einige gezählte mehr. Selbst Ein- zelstücke sind in den meisten Museen nicht vertreten. Da die Insel in dieser Hinsicht ethnographisch völlig er- schöpft ist, und ferner ihre Kunst- werke mit zu den primitivsten gehö- ren, wenn wir von den rohen Erzeug- nissen gewisser Polarvölker absehen, so ist es kein Wunder, wenn in jüng- ster Zeit wenig vollkommene Fäl- schungen auf der Insel selbst herge- stellt werden, vollkommenere hingegen in Chiles Hauptstadt, Santiago. An die Adresse des angeblichen Dichters des im Septemberheft ver- öffentlichten Gedichtes „Bansin“. In Nr. 9, Jahrgang 7, des Querschnitts Seite 723, befindet sich ein Gedicht mit der Ueberschrift „Bansin“, unter- zeichnet Z. v. G. Da ich annehme, daß Sie diesen Schmarrn bezahlt haben, NEUERSCHEINUNG Friedrich I., Wachsfigur nach dem Leben DIE HOHENZOLIERN von HERBERT EULENBERG Mit 24 Bildnissen, M. 12.— * Aufstieg und Untergang dieses Fürstengeschlechts stellen sich hier, von dem Dichter Herbert Eulenberg auf Grund genauen Aktenstudiums lebenssprühend erzählt, völlig anders dar, als dienstbeflissene Geschichts- schreiber im Bann patriotischer Be- geisterung es bisher glauben machen wollten. Ein Buch, dasjederDeutsche kennen und gelesen haben muß! * ln jeder guten Buchhandlung vorrätig BRUNO CASSIRER VERLAG B KBI.n i W35 halte ich es für meine Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß dieses „Opus“ ein Plagiat ist. Ein verstorbener Patient von mir, der Kabarettkomiker Werner Goldmann, der als Säufer genau so berühmt war wie als Kabarettist, sang dieses Lied schon vor 20 Jahren (wenn er besonders stark angeheitert war) in dem früheren Lindenkabarett. Daß er dafür nicht totgeschlagen wurde, hatte er nur seiner unendlich komischen \ isage zu verdanken. Er starb den schönen Tod aller Säufer, Friede seiner Asche! Lassen Sie sich das gezahlte Honorar zurückgeben und verwenden Sie e> bitte zu irgendeinem wohltätigen Zweck. Proskaucr. Carl Hofer im Düsseldorfer Kunstverein. Im lahre 1929 wird der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen hundert lahre alt. Es ist ein weiter \\ eg nach 1 ipperary, von den Düssel- dorfer Nazarenern, Lessing und Hasenclever, zu Liebermann, Corinth, Süd- see-Exoten und jetzt Carl Hofer. Eine Hofer-Ausstellung von diesem Um- fange — 60 Oelbildern und gutgewählten Handzeichnungen — ist im Rhein- lande noch nicht gezeigt worden. V enn ich mich nicht sehr irre, ist gerade Düsseldorf durch seinen Sonderbund eine der \\ iegen des Hoferschen Ruhmes geworden. Hier zeigt er schon 1910, als d er Künstler noch in Rom lebte, Bilder, die zwischen Greco und Cezanne etwas unentschieden schwankten, aber doch die bewußte Klaue zeigten und ihm am Rhein Freunde gewannen, die unerschütterliche Treue bewahrten. Der Katalog nennt aus rheinischem Privatbesitz viele der besten Namen, auch steuerten die Museen von Köln und Düsseldorf, das gerade eins der schönsten Selbstbildnisse des Malers erwarb, verschiedene Bilder bei. Ich gebe hier kein Urteil über einen Maler ab, dessen Bedeutung schon lange feststeht, der in Bildnissen, Landschaften, Stilleben und Kompositionen („Die Gefangenen“) immer zu packen versteht und oft zu einer in Deutschland fast einzigen Endgültigkeit gelangt. Ich gratuliere dem Kunstverein, der durch solche Veranstaltungen seine Spannkraft beweist; möge ihm der Erfolg von „Hamburg 1927“ zeigen, wie man aufs Würdigste Jubiläum begeht. Auf daß wir uns, mit dem Querschnitt zu sprechen, auf die Arabesken seines Alters freuen dürfen! — n. JULIUS SCHLOSSER/ PRÄLUDIEN Vorträge und Aufsätze. Mit 16 Bildtafeln. Gebunden 17 M. DerberühmteWiener Kunsthistoriker faßt in diesem Bande seine kleineren Auf- sätze, die meist an schwer zugänglicher Stelle erschienen waren, zusammen. Der Kreis der behandelten Gegenstände reicht vom Ausgang der Antike bis in die neuesteZeitund umfaßt neben kunstgeschichtlichen Themen auch Musikgeschicht- liches und allgemein Kulturgeschichtliches. Eine Fülle von Anregungen geht von dem Buch aus, dessen Vielseitigkeit an GoethescheBildungsideale gemahnt. Soeben erschienen! Zu beziehen durch jede Buchhandlungl JULIUS BARD VERLAG / BERLIN W15 876 Der Töchter Wohl Ich bin ein Mann von gutem Ruf, Der Töchter Wohl ist mein Beruf, Versorge Töchter klein und groß, Der Vater wird die Sorgen los. Kleine Töchter kein Gelächter, Große Töchter noch viel schlechter, Eli, Eli, Gott gerechter, Hilf doch in der Not! Kleine Töchter, große Töchter, Hübsche Töchter, kluge Töchter, ’s schläft und schlummert nicht dein Wächter, Sorgt für täglich Brot. Kleine Töchter, kleine Sorgen. Der kluge Vater denkt auch an morgen! Große Töchter, große Sorgen, Sorge in der Zeit! Die kleinen werden große Töchter, Die Zeiten aber immer schlechter, ’s borgt der Bäcker und der Schlächter, Aber nicht Nedan!!! Ich bin ein Mann von gutem Ruf Der Töchter Wohl ist mein Beruf, Versorge Töchter klein und groß, Der Vater wird die Sorgen los. /. PR1LUTZKY Treusorgender Töchterversorger. ( Aus dem Prospekt eines Heiratsvermittlers.) Das Bild der Frau Maryla Flam im Hundeheft stammt aus dem Atelier Rose Weiser, Bcrlin-Charlottenburg. MITTELALTERLICHE SYNAGOGEN von Richard KrautheimerAMit 100 Abbildungen. Gebunden 19 M. Das erste Werk über dieses für die kulturelle und religiöse Geschichte des Judentums und seine Beziehungen zu den Wirtsvölkern außerordentlich bedeutsame Gebiet. Die Gesellschaft zur Erforschung jüdischer Kunstdenk- mäler unterstützte die Arbeit mit ihrem reichen Archiv- und Bildermaterial. Soeben erschienen! Zu beziehen durch jede Buchhandlung! FRANKFURTER VERLAGS-ANSTALT / BERLIN W15 877 Zoologische Dummheiten. Kürzlich hat ein Literaturblatt eine Statistik über den Wirkungsbereich des Berühmtseins veröffentlicht und ganz entzückende Dummheiten damit zu Tage gefördert, geschehen im Sommer 1927 zu Berlin: Die etwa fünfzigjährige Gattin eines vielfachen Hausbesitzers in Berlin wurde gefragt, wer Max Liebermann sei. „Irgend son Parteimensch!“ Und Paul Loebe war im Kopf des etwa vierzigjährigen Rayonchefs eines Waren- hauses „Lin Heidedichter“. Man müßte solche Umfragen öfters machen, damit wir „unserer bürger- lichen Bildung“ stolz werden. Und dabei spezialisieren: heute nach dem Wieder- erkennen von Photographien fragen, (ob Christoph Columbus einen Schnurr- bart hat) ein anderes Mal nach Bäumen, nach der Lage von Städten oder — nach Tieren. * Wenn man viel in zoologische Gärten kommt, empfiehlt es sich, einmal auf die Zuschauer zu achten und ihren Gesprächen zuzuhören. Die Haare stehen einem dabei zu Berg. Voilä! (alles selbst gehört oder durch Zeugen zu erhärten). Bei Hagenbeck in Stellingen: Schauplatz: „die afrikanische Steppe“ mit der Löwenschlucht im Hintergrund. Der Wärter wirft Heu auf, Gnus und Elenantilopen drängen herbei, ein Zebra rennt auskeilend nach vorn. Die junge Frau neben mir, Seidenmantel und mondäner Miniaturschirm, sagt zu ihrem Dieses Pyrenäenbuch ist wirklich das Reisebuch. Kein anderes hat mir eine Landschaft, die ich noch nicht kannte, so nahe gebracht, so zum Freunde gemacht, wie dieses Peter Pantersche. Das kommt daher, daß es nicht geschrieben, sondern erlebt ist. (Acht Uhr Abendblatt) Peter Panter besitzt das Geheimnis, daß seine Worte auf dem Papier wirken wie unmittelbar gesprochen. Sie haben die klarste, rundeste Form und sind so eindringlich, so persönlich gerichtet, daß man meint, seine Stimme im Ohr zu haben. Sein Buch ist ungeheuer aktuell, aber es wird auch in 20 Jahren nicht vergessen sein. ( Hamburger Fremdenblatt) Wenn wir jemals eine Reisebeschreibung gelesen haben, so ist sie blaß und nichtssagend gegen das Pyrenäenbuch von Peter Panter. ( Welt am Abend) Peter Panter gehört zu den Schriftstellern, zu den wenigen, die gelesen werden können, sollen und müssen. Sein Pyrenäenbuch sollte in den Schulen eingeführt werden. (Frankfurter Zeitung) Einige der begeisterten Stimmen über PETER PANTER Ein Pyrenäenbuch Mit 33 Photographien. Broschiert M 5.-, Leinen M 8.- VERLAG DIE SCHMIEDE/ BERLIN W35 878 Begleiter, auf das Zebra deutend: da läuft ja ein Leopard herum, frei, ohne Gitter! Er: Das ist kein Leopard, das Tier hat ja Streifen, es ist eine Giraffe. Berliner Aquarium. Mutter und ihre etwa sechzehnjährige Tochter, diskret bürgerlich angezogen, betrachten die großen Fetzen der abgestreiften Haut einer Puffotter, an der knorplige Verdickungen zu sehen sind. Die alte Dame in sachlicher Belehrung zu ihrem Kind: Sieh, die Schlangen haben eben ge- gessen, hier liegen noch die abgenagten Rippen eines Fisches! Vor dem großen Huftiergehege. Ein Schullehrer vom Land deutet auf ReQmtsma Cgdretten Selbe Urte 6 p f- Lamas und Guanakos. „Kinder, seht her, dies sind junge Giraffen. Der lange Hals wächst sich später noch aus.“ Besonders drollig sind die Vergleiche bei selten vorkommenden Tieren. Goliath, der Stellinger See-Elefant, müßte sich sehr wundern, wenn er die menschliche Sprache verstünde. „Ganz wie ein Pferd“, sagt einer, „lebt aber im Wasser, det ist ein Nilpferd.“ Oder „Schnute und Barthaare haben Aehn- lichkeit mit einem Löwen.“ Zwei Hamburger Bauersleute sehen lange Zeit sprachlos der Fütterung dieser Riesenrobbe zu. „Keek mol doa, hei slukt de Fisch all heil runner.“ Antwort: „Tja, det is oack en Wiederkäuer.“ Vor dem Mähnenwolf, der wohl zum ersten Male in Europa lebend im Ber- liner Zoo gezeigt wird. Ein Mann, Mitte der Dreißiger: „So ein Tier habe ich 879 t.och nicht gesehen, hat Rehbeine. Muß unheimlich schnell laufen können. * Sie, blond und ganz jung, mit einem Lorgnon: „Ist wohl ein Abmischling. Viel- leicht Kreuzung zwischen Wolf und Giraffe. Sowas gibt’s!“ (Viel Vergnügen! ) Fortsetzung folgt. Paul Eippcr. Die Amelang’sche Buchhandlung feierte im Oktober 192/ *h r 25jähriges Jubiläum. Der alte Amelang war, wie der jetzige Herr Eggers, unser Freund, uns mitteilt, um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts tätig. Herr Eggers vermochte nicht zu sagen, wie sein Urahn zu dem merkwürdigen Namen ge- kommen ist, und was er bedeutet. Jedenfalls ist er ein ausgezeichnetes Vor- hängeschild, das eine gediegene und weit verzweigte Kundschaft anlockt. Zum 25jährigen Jubiläum wurde den Inhabern ein silber-vergoldeter Pokal von hübscher, glatter Form überreicht mit einer Eule, dem Schutztier der Wissenschaft, auf dem Deckel. Tiberias. Nicht der Architekt Mendelsohn, sondern der Regierungs- und Bau- rat Alex Baerwald, Berlin-Haifa, hat das Kraftwerk in 1 iberias entworfen. Diesem Heft ist ein Verzeichnis der neuen Bücher des Insel-Verlages bei- gefügt, ferner ein Prospekt, der die Werke des Bibliographischen Institutes, Leipzig, anzeigt. In einem Teil der Auflage weist der Verlag Kurt Vowinkel in seinem Prospekt auf die „Europäische Revue“ des Prinzen Karl Anton Rohan hin. In ihrer Vielseitigkeit werden diese Beilagen unseren Lesern will- kommen sein und ihnen manche Anregung für Weihnachtsgeschenke geben. Carl-Zuckmayer-Abend. Mit lebendigem, sympathischem Vortrag las Carl Zuckmayer im Grauen Kloster aus seinen Werken. Erst eine Novelle: „Der Bauer aus dem Taunus“ (Propyläen-Verlag), die aus anspruchsloser Schlicht- heit zu wuchtigem Erlebnis wuchs. Ein Bauer holt mit ungeheurer Energie unter Gefahr und Entbehrungen sein Kriegskind aus Rußland heim nach Deutschland. Die Szene im Lager der Kosaken, die die Größe dieses Vatertums begreifen, und der Empfang der Frau bei der Heimkehr sind besonders stark. Im zweiten Teil las Zuckmayer Gedichte von feinsten Nuancen und wärmster Erdhaftigkeit aus der Sammlung „Der Baum“. Zart und melodiös das „Wiegen- lied“, hinreißend im Rhythmus das Lied „Ueber die Pferde“ und besonders genießerisch amüsant. „Das Essen“, das uns den Geschmack auf die Zunge zaubert. Zuckmayer versteht es wunderbar, im Nu den Kontakt mit seinen Hörern herzustellen und sich und sein Werk ihm innerlich nahezubringen. Im November des Jahres erscheint: ANTHOLOGIE JÜNGSTER PROSA herausgegeben von Erich Ebermayer, Klaus Mann, Hans Rosenkranz Umfang etiva 350 Seiten. Geheftet etwa 3.50 Mark, in Leinen gebunden etwa 4.30 Mark Diese Anthologie versucht, einen t'berblick über die künstlerischen Kräfte der jüngsten Generation in Deutschland zu geben. Außer Georg v. d. \ ring, dem Dichter des „Soldat Suhren”, enthält die Anthologie u. a. Arbeiten von Hilde Böhm, Georg Dobo, Manfred Hausmann, Joachim Maaß, Boris Silber, Manfred Sturmann, W. E. Süßkind, Werner Türk u.a. Vorbestellungen nimmt jede BuchTiandlung entgegen J. M. SPAITH VERLAG/BERLIN 880 Soeben erschienen die ersten 20000 Exemplare von DES GROSSEN KAMPFFLIEGERS, LANDFAHRERS, GAUKLERS UND MAGIERS ABENTEUER, STREICHE, GAUKELEIEN, GESICHTE UND TRÄUME von GERHART HAUPTMANN Etwa 350 Seiten (Format 20,5x27 cm) in bester Ausstattung. Druckleitung und Einband von Professor E. R. Weiß. Geheftet 16 RM, Ganzleinen 20 RM, Halbpergament 25 RM. Hauptmann sendet einen Unsterblichen, den Schelm Till Eulenspiegel, durch das Deutschland, das der Weltkrieg eben verlassen hat; denn nur der lachende Vagant, der durch fröhliche Zuversicht wissend gewordene Narr.weifiden Anblickdeszerschlagenen, mitschweren Wunden bedeckten, verarmten, von Wahnwif? und Verbrechen fiebernden Landes zu ertragen Till, der derbe, volkstümliche Held von einst, hat den verwandelnden Lebenshauch seines neuen, großen Erweckers Gerhart Hauptmann empfangen: er entdeckt Deutschland in seinem zeitlichen und zeitlosen Schicksal, er entdeckt den Ewigen Deutschen in seinen Widersprüchen und der Tragik seines Lebens. Bei der Fahrt durch seine Abenteuer weichen Zeit und Raum vor der Perspektive eines ungeheuren Phantasiegemäldes. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen Prospekte kostenlos S. FISCHER VERLAG / BERLIN BÜCHER -QUERSCHNITT Prof. Dr. HANS W. MAIER, Der Kokoainismus. Geschichte I Patholo- gie I Medizinische und behördliche Bekämpfung. Georg Thieme, Leipzig, 1926. Nach der 1924 erschienenen Joel-Fraenkelschen Monographie über diesen Gegen- stand hat Maier in diesem Buche mit großer Sorgfalt und Vollständigkeit die bisher vorliegenden Kenntnisse im Zusammenhang dargestellt und erweitert. Reiche Kasuistik, reiches Literatur-Register. D. Dr. ERNST KRETSCHMER, Medizinische Psychologie. Georg Thieme, Leipzig, 1926. Der bekannte Konstitutionsforscher und Autor von , »Körperbau und Charakter“ bringt hier eine „medizinische Psychologie“ auf der Basis einer Lehre von den Konstitutionstypen. Voraus gehen Abschnitte über das ,,Leib-Seele-Problem“ ; den Abschluß bildet ein ausgezeichnetes Kapitel über praktisch - ärztliche Psychologie. D. HANS SI EMSEN, Paul ist gut. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. Siemsen ist einer von den sogenannten Stillen. Was bei uns in Deutschland besagen will: von den Zuverlässigen und von den Neuen. Siemsen geht aus von kleinen Vorgängen, die sich in Zwickau oder Osnabrück z. B. abspielen, oder in denen als Stoff ein Bummelzug, ein Imbiß, ein Dackel, Marionetten oder Paul eine Rolle spielen. Dann macht er, ohne sich irgendwie zu beeilen, seine ausge- zeichneten Bemerkungen dazu und kriegt auf diese Weise nicht nur snapshots von erstaunlicher Treue, sondern vor allen Dingen auch sehr viel Seele fertig. Siemsen ist wie Paul — nämlich wirklich gut. Jeder kleine Vorgang interessiert ihn, und wegen dieser seltenen Qualität ist er durchaus noch nicht genügend an- erkannt, wie er andererseits sich bei dem zahlreichen Durchschnitt durch seine Gesinnung höchst unbeliebt gemacht hat. H. v. W . Langenscheidts Handbücher für Auslandskunde : Band „Land und Leute in Nord- amerika" . Vierte völlig neue Bearbeitung von Ernst Smithander s. Langen - scheidtsche Verlagsbuchhandlung, Berlin-Schöneberg. Der Verlag ist in dieser Serie ebenso ausgezeichnet und zuverlässig wie in allem, was er macht. Der im Format der Wörterbücher gehaltene Band umfaßt neben guten Karten alles Wissenswerte in übersichtlicher Anordnung. Man findet u. a. Alligatore wie American Oriental Society, Arbeiterbanken neben Austern und Automobil-Clubs, Beamtentum wie Briefadresse, Chain Stores wie Citizen making, Danksagungstag wie Ehe, Frauenarbeit wie Hahnenkämpfe, Reklame wie Syna- gogen, Verbrecher wie Warenhäuser. Beste Mitarbeiten, beste Quellen, wie der Abschnitt über Negermusik z. B. dem Querschnitt entnommen ist. B. Sch. SCHIEDMAYEM Pianofortefabrik STUTTGART, Neckarstr. 12 (Ecke Ulrichstr.) BERLIN W Potsdamer Str. 27 B ALTE ACH bei STUTTGART Seit dem Jahre 1735 und in der sechsten Generation ist die Familie Schiedmayer im Instrumentenbau tätig. FLÜGEL . PIANINOS . HARMONIUM (Meisterharmonium • CELESTA). Bald 60000 Instrumente von Kennern wie Bülow, Careno, Claire Dux, Sigrid Onegin, Franz Schreker, Josef Schwarz, Richard Strauß gespielt, beweisen täglich die Wahrheit unseres Leit wortes: In höchster Vollendung. Unsere neuen kleinen Flügel- und Pianino- Modelle erlauben bei entgegenkommenden Zahlungsbedingungen jedem den Kauf eines unserer weltberühmten Instrumente, 6 Grands Prix, zuletzt in Genf, Mai 1927, Staatspreis des Deutschen Reichs, Gold. Medaille in Frankfurt a. M. Aug. 1927. 882 Phot. Anilin, Itinlnpest Photo Curt Melier Vilma Banky Willi Schacffcrs Phot. Underwood Press Service Chinesischer Patriarch mit Kindern und Kindeskindern Girls in Lanchestcr Dr. med. ROTHE, Schönheitspflege des Mannes. Max Hesse Verlag, Berlin. In einer Zeit, die für Frauen minutiöse Befolgung strenger kosmetischer Gesetze vorschreibt, ist es nur natürlich, daß auch der Mann — gleichviel welchem Alter oder Beruf er angehört — seiner physischen Verschönerung erhöhte Auf- merksamkeit widmet. Dies treffliche Büchlein enthält wertvolle Hinweise, Aufschlüsse und Ratschläge, wie der moderne Mann gesunde Schönheitspflege treiben kann, ohne Geck zu werden. HERBERT EULEN BERG, Um den Rhein. J. M. Spaeth-Verlag, Berlin. Vielleicht wird dieser Roman einmal als das typische Spiegelbild unserer Zeit Geltung behalten. Die dichterischen Qualitäten, die Prägnanz des Ausdruckes, die „Um den Rhein“ zu dieser Wertung als Zeitdokument prädestinieren würden, sind unbedingt da. Wie alles von Eulenberg, durch gedankliche Fülle und bestechende Beobachtung weit über das Niveau des üblichen „Zeitromans“ gehoben. RE H M , Geschichte des deutschen Romans. Sammlung Göschen. Verlag Walter de Gruyter, Berlin. Sachlicher Leitfaden, der das ganze Gebiet wirklich erschöpfend umspannt. Da- bei nicht trocken geschrieben und ohne die Fachsimpelei, die meist die Lektüre literaturhistorischer Abhandlungen vergällt. Wer den historischen Aufbau des deutschen Romans kennenlernen will, ohne durch voreingenommene Werturteile abgelenkt zu werden, wird bei den beiden Bänden vollauf zufrieden sein. CARL ROSSMANN, Klas der Fisch. Rembrandt-Verlag, Berlin-Zehlendorf. Wir haben keine wirklichen Phantasten in Deutschland und keine Schriftsteller, die, ohne zu posieren, von der Natur reden können. Hier ist einer! Ich kenne wenig Bücher, die so meisterhaft die Atmosphäre des Meeres wiedergeben und in ihrer Erfindung so wagemutig und doch so naturverbunden sind. Das Mysterium dieses Fischmenschen ist packend geschrieben, und dabei mit solcher Sachlichkeit entwickelt, daß man fast an die Wahrhaftigkeit dieser dichterischen Vision zu glauben gezwungen ist. FRITZ WITTELS, Die Befreiung des Kindes. Hippokrates- Verlag, Stuttgart. Der Wiener Arzt Fritz Wittels gibt hier eine recht lebendig geschriebene, gemeinverständliche, psychoanalytische Erziehungslehre. Auch der Kenner dieser Dinge wird das Buch wegen seiner zahlreichen interessanten Reflexionen mit Genuß lesen. A N A T O L E FRANCE, „Leben der Heiligen Johanna", übersetzt und be- arbeitet von Friderike Maria Zweig. J. M. Spaeth, Berlin. Nützliche und angenehme, wenn auch zuweilen etwas massive Verdeutschung dieses wertvollen Werkes, das, auf streng historischer Grundlage fußend, manche unbekannte Einzelheit aus dem Leben der Jungfrau mitteilt und gleichzeitig zu interessanten Vergleichen mit Shaws „Heilige Johanna“ anregt. Das ge- diegen ausgestattete Buch enthält reizvolle Bildbeigaben sowie eine Karte mit eingezeichneter Marschroute. SIGRID U N D S E T : „Kristin Lavrans T ochter ", herausgegeben von J. Sandmeier. Rütten und Loening, Frankfurt a. M. In dieser Romantrilogie, die im 14. Jahrhundert spielt, schildert die Verfasserin das tragische Schicksal einer stolzen Frau, welche ihren schweren Weg als Weib, Mutter und Mensch mit unerschöpflicher Opferbereitschaft zu Ende geht. Trotz des historischen Rahmens umweht lebendiger Erd-Geruch die echt nordischen Gestalten. 883 RENE FULÖP- MILLER, „Lenin und Ghandi Amalthea-Verlag, Wien. Memoiren, von Lenins W T itwe Nadeshda Krupskaja gesammelt, Briefe aus Sibirien, Gespräche und Dokumente mannigfaltigster Art verlebendigen die Persönlichkeit des großen Führers als Kind, Student und Exilierter, als Freund, Gatte, Redner und Kämpfer. Ghandis bisher ungekannte Selbstbiographie, Briefe sowie treffliches authen- tisches Material über Indiens Besonderheiten ergeben aufschlußreiche Parallelen. Interessante Abbildungen vervollständigen das lesenswerte Buch. PANA1T I S T R AT I , „Onkel Angiel“. Rütten u. Loening, Frankfurt a. M. Scharfgebeizte Luft alt-bäuerischen Milieus, patriarchalische Realistik, Aben- teurerromantik und legendäre Ueberlieferungen — diese seltsam bunte Welt, welche Westeuropäer in den Sammelbegriff „Balkan“ fassen, schildert Panait Istrati, der begabte Graeco-Rumäne, mit Kraft und ungewöhnlichem Freimut. „Kyra Kyralina“ und „Onkel Angiel“ sind die ersten beiden Bände einer vom Autor angekündigten Romanreihe, die Adrian Zograffis wildbewegte Lebens- geschichte enthält. Der Bamberger Dom. Photographie : Walter Hege; beschrieben von Wilhelm Pinder. Deutscher Kunstverlag, Berlin. Dies wunderschöne Werk gehört zu den wertvollsten und besten Reproduktionen, die je gemacht wurden, ja man kann ruhig behaupten, daß Walter Heges Bild- material sowohl künstlerisch als technisch in Deutschland unerreicht dasteht. Die Bildwerke sind, in den verschiedensten Stellungen und Belichtungen auf- genommen. Der Ausdruck stets packend, oft ergreifend, die Fülle unbekannter Details geradezu verwirrend. Den anregenden Text lieferte W. Pinder. 884 GEORG FRÖSCHEL, Der Priester und die Frau. Weltbücher - Verlag, Berlin-Friedenau. Milieu und Konflikt sind, wie bei allen Romanen Fröschels, äußerst spannend und mit seltener Prägnanz geschildert. Es ist der Roman des Abbate Nicolo, der als Graf Sandreggio vergebens eine schöne Frau opfert, der er sich mit Leib und Seele verschrieb, und dann doch in ein Trappisten-Kloster verbannt wird. ERMANN, Literatur der Aegypter. J. C. Hinrichscher Verlag, Leipzig. Die stattlichen Forschungsergebnisse moderner Aegyptologen waren bisher zu- meist in Fachzeitschriften eingefangen und nur Eingeweihten zugänglich. Dieses Buch hat die bedeutsame Aufgabe erfüllt, interessierten Lesern authentisches Material über die Literatur — und somit über die gesamte Lebenshaltung — der Aegypter zu vermitteln. T 1 T A Y N A , Rund um meinen Geliebten. Herz-Verlag, Wien. Dank sei dem Himmel, daß nicht alle Geliebten uns Männer so nackt und bloß und mit so schonungslosen Augen sehen wie Titayna. Wir wollen dieses Buch sorgfältig vor unseren Geliebten verstecken! Denn jede Frau, die diesen Reise- bericht rund um das historisch gefestigte Postament unserer strahlenden Männ- lichkeit in die Finger bekommt, wird Aehnlichkeiten zwischen uns und Titaynas Freund entdecken, uns durchschauen und uns, wenn sie genug Humor hat, wo- möglich auch noch komisch und lächerlich finden . . . und wird Titayna dankbar sein für dieses oft erschütternde Buch. Draco. F L E S C H , Die Berufskrankheiten des Mannes. Eine wichtige und weit über den Medizinkreis hinaus interessierende Mono- graphie. Stelzer- München im Tauernrennen BMW MOTORRÄDER Bayeriscne Motoren Werke Aktiengesellschaft München 46 885 MINNA BECKER, Graphologie der Kinderschrift. Niels Kampmann Ver- lag, Heidelberg. Die mit einem empfehlenden Geleitwort von Ludwig Klages ausgestattete, 246 Seiten umfassende Monographie über ein bisher ernsthaft noch kaum in Bearbeitung genommenes Phänomengebiet vermittelt eine Fülle z. T. über- raschender Einsichten zur Kinderpsychologie auf Grund eines reichen und mit moderner Methodik ausgewerteten Materials. Besonders eindringlich betont die Verfasserin die große praktisch-pädagogische Bedeutung der gewonnenen Er- kenntnisse. Durch eine herausnehmbare Sammlung von etwa 120 paradigmati- schen Kinderhandschriften in faksimilierter Wiedergabe wird der Studienwert des beachtlichen Werkes noch erhöht. D. A N AT O LE FRANCE, Die Vormittage in der Villa Said. Aufzeichnungen der Gespräche eines der wenigen großen europäischen Geister, erstaunlich durch ihre Universalität und prachtvoll in ihrer großen heißen Mensch- lichkeit. EDUARD CASTLE, Deutsch - österreichische Literaturgeschichte. 3. Bd. 2. Abteilung. Wien, Carl Fromme, Verlag. Nach dem Tode von Nagl und Zeidler hat Castle den neuen Band des großen Werkes umsichtig bearbeitet. Besonders wichtig ist Emil Horners Aufsatz über Kürnberger, dann die Artikel über den Volksgesang und das Volkstheater. JULIUS M E I E R-G R AE F E , Pyramide und Tempel. Ernst Rowohlt Verlag, Berlin. Diese Notizen während einer Reise nach Aegypten, Palästina, Griechenland und Stambul sind das klügste, erheiternde Reisebuch, das neben dem Bädeker für die Levante obligatorisch eingeführt werden sollte. B I N D I N G , Reitvorschrift für eine Geliebte. Für das Thema zu geschraubt geschrieben, aber durch das Thema amüsant genug, ist dieser Einfall wert, propagiert zu w r erden. Der Naumburger Dom und seine Bildwerke, aufgenommen durch TValter Hege, beschrieben von Wilhelm Pinder. Deutscher Kunstverlag, Berlin. Diese herrlichen Aufnahmen, schon für sich eine Optimalleistung photographischen Könnens, geben fast mehr als der Anblick des Originals, w r o im Halbdunkel und durch die Entfernung die Einzelheit fast verschwindet, die hier erst in ihrer Größe und Herrlichkeit unvergeßlich blickhaft wird. A. B. EMIL L. JORDAN, „Ostsee“. Ein Ausflug mit Inge. Verlag E. Haberland, Leipzig. Frohes, bewußtes Jungsein ist dieses Buches stärkster Teil. Der Verfasser, dessen kraftfahrsportliches Skizzenbuch vor einiger Zeit aufhorchen ließ, legt uns in seinem Ostseebuche ein reizvolles kleines Gemälde vor, das lebhafte Naturschilde- rungen und Menschenbilder vom Strande mit einem hübschen eigenen Erlebnis verbindet. Man glaubt, frische, reine Seeluft zu atmen, man spürt gleichsam ein paar lustige, leichte Wellenspritzer. Der Geist der starken, gestrafften, modernen Jugend weht durch dieses klare Buch. Professor W. Tiemann hat den Bucheinband entworfen. O T E R O , Erinnerungen. Gebrüder Enoch-Verlag, Hamburg. Von den Erinnerungen der Otero erwartet man Indiskretionen, Gesellschafts- klatsch und vielleicht auch Kritik, und liest hier statt dessen Erinnerungen einer netten Frau, die auf ihren schönen Beinen mit Vergnügen durch ein Leben ge- trudelt ist, das ihr viel Spaß und viele Brillanten eingebracht hat. Große Schön- heit verpflichtet bekanntlich nicht zu großer Persönlichkeit. 886 MAX DE RI , Die Malerei im ig. Jahrhundert. Entwicklungsgeschichtliche Darstellung auf psychologischer Grundlage in zwei Bänden. Rembrandt-Verlag, Berlin-Zehlendorf. Es ist scheinbar das unvermeidliche Schicksal aller historischer Darstellungen der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart, daß sie noch subjektiver, noch persönlicher ausfallen als die längst verflossener Zeiten, die wir besser über- schauen oder doch zu überschauen meinen, und deren Gesicht für uns feste Formen angenommen hat. Deris Entwicklungsgeschichte der Malerei im 19. Jahr- hundert, in der 4. Auflage jetzt vom Rembrandt-Verlag übernommen, wird um so willkürlicher in der Beurteilung der Künstler und ihrer Bedeutung für die Umwelt und Nachwelt, je mehr sie dem ungewissen Strom des Heute an- gehören. Hält man Julius Meier-Gräfes Entwicklungsgeschichte oder Karl Schefflers kürzlich erschienenes Buch über den gleichen Gegenstand neben Deris Ausführungen, so wird man überraschend ähnliche und auch recht abweichende Urteile fesstellen können. Am stärksten allerdings ist der Unterschied im Ver- gleich zu Carl Einsteins Auffassungen in dem 16. Band der Propyläen-Kunst- geschichte. Die ausführlichen Bildanalysen sollen nach der Absicht des Autors „Verständnis vermitteln“, und sie erfüllen diesen Zweck ganz ausgezeichnet. Es ist allen jenen, die vor einem Bild so schnell fertig sind mit ihrem Urteil, dieser „Lehrgang“ nur aufs angelegentlichste zu empfehlen. Daß die Bild- analysen überdies lesbar und gut geschrieben sind, wird ja nur wenigen als Nach- teil erscheinen. C. F. R. ALEXANDER KOCH S FÜHRENDE DEUTSCHE KUNST _ UND DEKORATION OKTOBER ERÖFFNUNGSHEFT DES JAHRGANGS VIERTELJÄHRLICH 3 MONATSHEFTE IM ABONNEMENT M6.- EINZEL- PREIS DIESES H EFTES 2 50 I 1928 MALEREI ' PLASTIK / KUNSTGEWERBE NAMHAFTER KÜNSTLER AUS BERLIN, WIEN MÜNCHEN, STUTTGART, LEIPZIG, PARIS 96 ILLUSTRATIONEN, DARUNTER 5 BEILAGEN VORRÄTIG IN ALLEN BUCHHANDLUNGEN VERLAGSANSTALT ALEXANDER KOCH GMBH. /DARMSTADT H.21 88 X DAS AUSLAND AMERIKA: Amerika über alles. Wir bleiben unter uns. Wir müssen eine Nation von „Nur-Amerikanern“ sein; wir müssen alle diejenigen ausstoßen, welche die amerikanische Ver- fassung nicht auswendig wissen, und nicht die Adresse von Lincoln in Gettys- burg. (L. Har ding, Gouverneur von Jowa.) Woran man den gesunden Amerikaner erkennt. Ich traf gestern einen Mann im Zuge, der auch nicht das leiseste Interesse für Fußball hatte; ich fragte ihn, ob er niemals als Kind gespielt hätte? Er verneinte. Ich fragte ihn, ob er in den Vereinigten Staaten geboren und erzogen sei? Er bejahte. Ich zog mich so vorsichtig als möglich von ihm zurück . . . ein Mensch, der in unserem Lande geboren und erzogen ist, der ein Mann geworden ist, und niemals Fuß- ball gespielt hat, kann nicht richtig im Kopf sein. („New York W orld“.) Hinaus mit den Ausländern. Ich bin der Meinung, daß in den Vereinigten Staaten keine andere Sprache gelehrt werden darf, als Englisch, und daß jeder Ausländer, der hierherkommt, ohne unsere Sprache zu können, sofort wieder zurückgeschickt werden sollte. Ich bin hundertprozentiger Amerikaner. (Rev. O. L. Martin, Pfarrer in Peoria in Arizona.) Amerika in Front. Der bedeutendste und erwähnenswerteste soziale Fort- schritt des 20. Jahrhunderts ist die Entwicklung des „Luncheon-Friendship- Clubs“ in Oakland. (Hon. Carlos G. White, internationaler Gouverneur der „Loyal Knights of the Round Table“.) Amerika, das Schicksal der Welt. Die Bibel ist ein angelsächsisches Buch und sagt das Schicksal der Angelsachsen voraus; so sonderbar es auch den- jenigen erscheinen mag, die es zum ersten Male hören; das Schicksal der Angel- sachsen ist das Schicksal der Welt. („The Dearborn Indepedcnt-Michigan.) Das fromme Amerika. Amerika in der Hölle. „Unsere Kirchen verschwenden so viel Geld auf fremde Missionen, daß wir den Himmel mit Chinesen und Afrikanern bevölkern werden, während wir Amerikaner die Hölle bevölkern.“ (Pastor E. G. Byrd , Birmingham in Alabama.) JEAN-RICHARD BLOCH Soeben erschienen! KURDISCHE NACHT ÜBERSETZT VON PAUL AMANN / BALLONLEINEN M. 8.- In asiatische Urwelt reiten wt und begegnen Menschen von urtümlicher Leidenschaft des Lebens: dem kur- dischen Reiter und der schonen Nestorianerin. Hinreißend und beglückend fühlen wir ein ureinfaches. starkes und volles Dasein, das Bloch in einer wundervollen Sprache gestaltet, JEAN-RICHARD BLOCH SIMLER & CO ■ VORWORT VON ROMAIN ROLLAND ÜBERSETZT VON PAUL AMANN / BALLONLEINEN M. 8.— .Eines der wichtigsten geistigen Dokumente des letzten halben Jahrhunderts". (Die Literarische Welt.) ROTAPFEL VERLAG ZÜRICH UND LEIPZIG 888 Der liebe Gott und das Fußballspiel. „Allmächtiger Gott, himmlischer Vater, wir erflehen Deinen Segen auf diesen Tag, der eine so große Anzahl von Menschen hier zusammengebracht hat. Herr, miide Geschäftsleute haben sich diese Stunden erwählt, um einmal erlöst zu sein von der Plackerei ihrer Arbeit; Anwälte haben die Türen ihrer Büros für kurze Zeit geschlossen, Schreiber und Stenotypisten haben für einen kurzen Nachmittag die Jalousien ihrer Arbeits- stätten heruntergelassen! Erbarme Dich, und laß durch nichts die Freude dieses Tages zunichte werden; halte den Regen fern, laß für kurze Zeit Sonnen- strahlen die finsteren Wolken durchdringen. Herr, gieb Mut und Geschicklich- keit zu diesem Unternehmen, führ jede Mannschaft siegreich durch die Ab- gründe der Mutlosigkeit, und vorüber an den Klippen finanzieller Verlegen- heiten zu einem wirklich ruhmreichen Erfolg! Stärke die Zuschauer, damit sie in jeder Hinsicht die Mannschaften unterstützen können, und halte alles fern, was das große nationale Spiel beeinträchtigen könnte. Gott, himmlischer Vater!“ (, .Christliches Journal Knoxville.) Beten hilft Jeden Nachmittag versammelten sich in der Kirche von Hazle- hurst Farmer, Geschäftsleute, Beamte, Frauen und Kinder um ihren Geist- lichen, Dr. Godwin, und beteten um Regen . . . Der Herr hörte auf ihre instän- digen Bitten, die Grafschaft Jeff Davis kann heute die beste Ernte einbringen, die sie jemals gehabt hat! Gelobt sei der Herr! ( „Hazlehurst News“ , Hazlehurst in Georgia.) Die Bibel und das Golfspiel. Es besteht eine Beziehung zwischen der Bibel und dem Golfspiel, die bisher in unserer Stadt noch niemand erklärt hat; Rev. Dr. Eli is N. Kremer, ein ehrwürdiger Geistlicher, welcher schon seit einem halben Jahrhundert Pfarrer in der Reform-Kirche in Salem war, beabsichtigt, am nächsten Donnerstag abend darüber Aufklärungen zu geben, in einer Vor- tragsserie über evangelischen Gottesdienst. ( „Theologische Nachrichten“ , Harrisburg, Pensylvania.) Amerikanische Kultur. Eine vielbeschäftigte Frau. Vormittagsprogramm einer Amerikanerin: 7,30: Erwachen und Besinnen; 7, 45: Frühstück; 8: Psychoanalyse; 8,15: Be- sprechung mit der Köchin; 8,30: schweigende Meditation; 8,45: Gesichts- massage; 9: Empfang eines Händlers mit persischen Miniaturen; 9,15: Korre- spondenz; 9,30: Maniküre; 9,45: rhythmische Uebungen; 10: Haar waschen; GEORGES DUHAMEL Soeben erschienen! BRIEFE NACH PATAGONIEN ÜBERSETZT VON MAGDA KAHN / BALLONLEINEN M. 6.30 „Bringt Europa mich zum Verzweifeln, so begebe ich mich, um es besser betrachten zu können, nach Afrika“, sagt der Dichter. Von hier aus porträ- tiert er Europas Gesicht mit überlegener Ironie: den Redner, das Theater, die Ge- lehrten, die Geistesabenteurer, den Sammler, die Kranken. Geschliffene Satiren von schneidender Schärfe — ein trefflicher Europaspiegel von heute I ROTAPFEL VERLAG ZÜRICH UND LEIPZIG 889 1 0,1 5 : Modelliert werden; 10,30: Empfang des täglichen Besuchs ihrer Mutter; 11 : Tanzstunde; 11,30: Komitee über Geburtenkontrolle. In diesem Tempo vergeht der ganze Tag, die Stop-Uhr ist ihr Götze . . . Der Kampf gegen das Zigarettenrauchen. Jeder Schriftsteller, welcher direkt oder indirekt das Zigarettenrauchen unterstützt, ist eine öffentliche Ge- fahr, und sollte von allem Schreiben ausgeschlossen werden. (Des er et News, Utha.) Zigarettenrauchen macht den Frauen eine rote Nase, und läßt ihnen einen Schnurrbart wachsen. (Abteilung „ Medizinisches “ in „Wisconsin News“, Milwaukee.) Eine Zigaretten rauchende Frau ist entweder tatsächlich eine Prostituierte oder versucht, eine zu werden, und wird in diesem Sinne von jedem verstän- digen Menschen angesehen. (Universitätsblatt „Daily Northwestern“ , Illinois.) Die Gefahren des Familienbades. „Ich habe nichts gegen das Baden“, sprach der Rev. H. J. Mc. Cool, Pfarrer der Stadtkirche in Baton Rouge in Lousiana, „ich bin sogar der Meinung, daß man mindestens ein Bad im Monat nehmen sollte; aber ich komme immer mehr zu der Ueberzeugung, daß ein ge- meinsames Baden zu einem der schwierigsten Probleme der Zukunft werden wird, denn ich bezweifle ernsthaft, daß es möglich sein wird, tugendhafte Ge- danken sich zu bewahren, wenn die ganze Stadt gemeinsam badet!“ Musik, ein politisches Bekenntnis. Wir können unmöglich die europäische Musik als Grundlage für unsere Musik übernehmen, denn sie ist drüben auf- gebaut auf monarchische und aristokratische Vorstellungen. (Der Präsident der Universität von Arizona.) Die Signatur des Normalmenschen. Bevor ein Mensch nicht wenigstens einem Klub angehört und dort mit seinen Freunden für seine Freunde arbeitet, kann man ihn nicht als normales Wesen bezeichnen. („Der Demokrat ”, Arkansas.) Die Verlagsbuchhandlung Reuh & Pollack, Berlin, veranstaltet im Novem- ber eine interessante Ausstellung von Bildern des Malers Hans Adler: „Palästina- Aquarelle“. ADOLF UZARSKI KURUKALLAWALLA Eine sensationelle Geschichte. Mit 74 Bildern des Verfassers. Geheftet 2.40 M„ Ganzleinenband 3.80 M. Die witzigste Verspottung unserer Weihrauchspenden vor Filmdivas und Muskelmännern und anderen gefährlichen Nichtigkeiten. Abenteuer einer Filmexpedition auf einer von Wilden bewohnten Insel im Weltmeer. Mit höchst ergötzlichen Zeichnungen Uzarskis. DELPHIN-VERLAG / MÜNCHEN 890 SAMMEL- QUERSCHNITT Von ALF.XÄ NDER BE SSM ER TNY D ie Gesellschaft der Bibliophilen feierte im September in Hamburg bei ihrer Generalversammlung den siebzigsten Geburtstag des Begründers ihrer Gesellschaft und der deutschen neuen Bibliophilie überhaupt, Fcdor von Zobel- titz, dessen charmanter Elan wie immer entzückte. Unter den Stiftungsgaben waren eine große Reihe wertvoller Publikationen. Sehr glücklich hatte Pro- fessor Wahl, der Direktor der Hamburger Staatsbibliothek, von Johann Heinrich Voß „Twee Veerlander Idyllen“ ausgewählt. In der Kunsthalle über- raschte vor allem der Fortschritt der Handpresse von Oda Weitbrecht, die mit ihrem letzten Druck von Schillers „Versuch über den Zusammenhang der tieri- schen Natur des Menschen mit seiner geistigen“ einen der schönsten neuen deutschen Drucke überhaupt hergestellt hat. Die ersten Drucke dieser Ham- burger Handpresse werden einst nicht weniger kostbar sein als die frühen Erzeugnisse der Bremer Presse. — Die Bücherstube Hans Götz hatte einige Tage vorher eine besonders schöne Sammlung moderner Drucke mit ausge- zeichnetem Erfolg zum Verkauf und so den Beweis erbracht, daß das Interesse an bibliophilen Versteigerungen durchaus nicht auf Berlin beschränkt ist. — In der Nähe von München bei Pasing geben Heinrich S. F. Bach- mair und Günther Hildebrand die im Format kleinste Zeitschrift für Bibliophilen, Bibliomanen, Bibliomisen, Bibliophoben und Bibliophagen, den „Bücherhirt“, heraus, die der Anregung eines Engländers folgend von hinten mit Seite i anfangend nach vorn fortschreitend durchbeziffert ist. Auf diese Weise soll der Leser immer wissen können, wie viele Seiten er noch zu lesen hat. C. G. von Maaßen bringt im „Bücherhirt“ eine amüsante Ab- handlung über den Prinzen Magno Cavallo, der am Ende des 18. Jahrhunderts in Norddeutschland durch sein groteskes Auftreten frappierte und höchst sonderbare Poesien als Privatdrucke verbreitete. Der Bücherhirt bringt das folgende sonderbare Poem: „Ach, möcht ich werden Stieglitz! Um gut und schön zu singen, Den feyerlichen Tag mit Witz, Die Geschichte des unbekannten deutschen Soldaten ist: GEORG VON DER VRING SOLDAT SUHREN Geheftet 4.50 Mark, in Reinleinen - Buckram gebunden 6 Mark Die Frankfurter Zeitung schreibt: Vergessen Sie den Autor, vergessen Sie den Namen Georg v. d. Vring. Behalten Sie: Soldat Suhren. Erhältlich in jeder Buchhandlung J. M. SPAETH VERLAG / BERLIN 891 Den Oranien läßt springen; Auf Bergen, in Wiesen, im Thal, Auch in Katers Maul und Mund Ich würde mit Widerhall Singen auf Orizunt! Vivat Orange! Bis am Strom Gange! Echo: Orange Gange Ange Ge E.“ Die reichste Sammlung von alten Leipziger Ansichten, die der Sammlung Stöpel, wird Börner in Leipzig versteigern; sein Katalog ist geradezu ein Kompendium dieses außerordentlichen reizvollen Sammelgebietes. SCHALLPLATTEN- QUERSCHNITT Tanzplatten Vox. Nr. 8503 E. „Coine and dancc the Black Bottom“ und ,, Heebie Jeebis“, Fox- trot. ] azz-Sinlonie-Or ehester Bernard Elte: Pseudo-gemächliches Tsching Bum hypnotisierender Bottom-Bewegung. Odeon. A. 43 316. „Veni Pebeta“ , Tango sentimental (Emanuel Jöves). — Rück- seite: „Corazön del Arabal“, Grande Tango Milonga. Dajos Bela - Kapelle : Schmeichlerisch duettierende Pikanterie und Lässigkeit. RAMMOPHON SPEZIALHAUS ° b ?l Berlin, Tauentzienstr. 14 und Friedrichstr.189 sind die Räume bedeutend erweitert. Breslau, Gartenstraße 47. Düsseldorf. Königsallee 38-40. Elberfeld, Herzogstraße 30. Essen, Korn- markt 23. Kiel. Holstenstraße 40. Köln a. Rhein, Hohe Straße 150. Königsberg I. Preußen, Junker- straße 12. Leipzig, Markgrafenstraße 6 (im Hause Pohlich). Nürnberg, Königstraße 63. Wien I, Graben 29 a (Tratinerhof II) und Getreidemarkt 10. NSERE NEUE GROSSE FILIALE: .TAUENTZIENSTR. 14 IST ERÖFFNET! 15 Vorführräume, ein großer Konzertsaal, nach den modernsten Entwürfen von erster Künstlerhand, wird diese unsere neue Berliner Westen Filiale als eine Sehens- würdigkeit Groß-Berlins erscheinen lassen. 892 Brunswick. A242. „ Ain't She Sweet “, Foxtrot (Yellen Ager). — Rückseite: J’m looking over a four leaf clover" , Foxtrot (Dixon-lVoods). Ben Bernie, Hotel- Roosevelt-Orchestra: Klavier, Saxophone, sanfter Chorrefrain und hurtige Bläser, morbide gemischt. Odeon. 2164. „Te amo“, Tango (Beltran Alfonso) U7id „Tango miraclc“ (Slatinay). Dajos Bela-Kapelle: Zärtliche Melodik in Leierkastenmanier. Odeon. 2034. „Poem“, Valse boston (Zdenko Fibich). — Rückseite: „Paquita“ , Tango Argentino (N. Milano). Dajos Bela-Kapelle: Anmutig durchgeführtes Duo zwischen Geige und Saxophon. Sprechplatten Electrola. S. 4800. „Botschaft an das nordamerikanische Volk und die Italiener in Amerika “ (italienisch), gesprochen von Benito Mussolini : Das klangvolle Organ eines echten Condottiere erobert mit wundervollem Italienisch den faszinierten Hörer. Parlophon. B. 6168. „The New York — Berlin f light “, June 4 th — 6 tl1 192/, described by Clarence D. Chamberlin and Charles A. Levine: In diesen umflorten Stimmen vibriert noch etwas von ozeanischen Stürmen und Kämpfen. Orchesterplatten Grammophon. Nr. 66 552. „Die Fledermaus“ (Johann Strauß), Ouvertüre. Mit- glieder der Staatsopern-Kapelle Berlin, Dirigent: Erich Kleiber: Ungemischter Frohsinn, präzise Keckheit. Brunswick. B. 20 822 — 23. „Marche Slave“ (Tschaikowsky). New York -Phil- harmonie-Orchestra. Dirigent; IV. Mengelberg : Slawisch pathetische Synkopie- rung, illustrative Marsch-Intermezzi. Vox. 1637, 38, 39, 40 (AA). „Militär-Symphonie", G-dur, Nr. 100 (J. Haydn), dirigiert von Erich Kleiber: Prächtige Wiedergabe aller musikantischen Intimi- täten dieses frischen Stückes. Homocord. 87, 89 — 90. „ Historische Märsche “ vom Mittelalter bis zum 18. Jahr- hundert. Musikchor des I. — II. Batls., 9. Inf.-Regts. Dirigent: Prof. Oskar Hackenberger : Unerhörter Reichtum an Erfindung und Empfinden! Plastische Vitalität! Packende Illusion von Jugend, Weite, Abenteuer . . . Gesang Electrola. D.B.119. „Mamma mia“ ( Neapolitanisches Lied von N utile). — Rück- seite: „Per che?“ ( Pennino ), Tenor Enrico Caruso: Vielfältiger Charme süd- italienischer Folkloristik. Einzigartig das verhaltene Schluchzen . . . ELECTROLA BRINGT BESTE MUSIK IN JEDES HEIM. BERLIN W.8LEIPZIGERSTR.23+KURFÜRSTENDAMM 35 FRANKFURT A.MAIN + KÖLN A. RHEIN 893 Electrola. D.M.iii. „Gott, der du in jedes Menschenherz“ aus Verdis „Don Carlos “, italienisch. Tenor: Enrico Caruso; Bariton: Antonio Scotti. — Rück- seite: „Was hob’ ich leiden müssen “ aus „Aida“ (Verdi). Italienisches Duett. Caruso und Louise Homer, Alt: Heroische Musik von schönsten Menschen- stimmen gemeistert. Polydor. H.70085I86. „Elijahu hanavi“, „ Eli EUjahu“. — Rückseite: „Zwei Hamavdil“ ; sowie Polydor. H. 70 084. „Lemivtsa al rifta“, „Asamer bisclivachin“: Diese seltsamen althebräischen Gesänge von Oberkantor Pinkasowicz vorbildlich gestaltet, bieten stets neue Reize und aufschlußreiche Beziehungen zu abendländischer Melodik. Electrola. D. B. 736. „Dort vergiß leises Flehen“ aus „Die Hochzeit des Figaro“ von Mozart. — Rückseite: „Teure, für dich!“ aus Donizettis „ Die Favoritin“ . Bariton: Mattia Battistini : Für Laien und deutsche Kehlkopfhelden gleicher- maßen interessant, wie dieser Figaro zu atmen und zu phrasieren versteht. Electrola. E. G. 434. „Fm T elling the birds“ ( Brown, Friend). — Rückseite : „There ain’t no maybe in my baby’s eyes“ (Jack Smith): Landläufiges Liebes- liedchen in Smithschen Farben, die — en gros gekauft — schnell verblassen. Parlophon. P. 9005. „Le Coucou“ (Daquin), „Le T ambourin“ ( Rameau), „Gigg“ (Bull), „Hornpipe“ (Purcell). Cembalo: Anna Linde: Sachliche Beherrschung dieses kolorierten Bilderbuches ä la i8ieme. Brunswick. B. 27 676. „Romanza Andaluza“ und „Jota Navarra“ (Sarasate, Op. 22). Violine: Bronislaw Hubermann. Klavier: Siegfried Schidtze: Ein andalusierter Teufelskerl — in den höchsten Regionen seines Instrumentes verblüffend be- heimatet. Grammophon. 66 554. „Orgelkonzert F-dur“, 1. Satz (Händel). Orgel: Prof. A. Sittard, Michaeliskirche, Hamburg, sowie „Largo“ aus Händels „Saul“: Großartig aufrauschende, technisch ungewöhnlich erfaßte Musik. Brunswick. A 381. „Forever and ever with you“ (Davis-Burke). Saxophon-Solo : Bennie Krüger: Lieber ein singendes Saxophon als vier Durchschnittssänger! Vox. 8511 E. „Lucky day“, Foxtrot (R. Henderson, arr. H. Bik) und „Charleston, Charleston“. Künstler- Jazz-Orchester Georges Boulanger: Spitzenleistung jedes einzelnen Instrumentes, fabelhaft schmissiges Klavier, sympathisches Frosch- gequake. Vox. Nr. 8514 E. „Shepherd of the Hills“, Foxtrot (H. Nicholls, arr. H. Bik). — Rückseite: „Valtz-boston“. Konzert - Jazz - Orchester Boulanger : Erstaunliche Saxophonerie. Diversa 894 Ein Ullstein-jSonderheft für Leute, die die Köstlichkeit der braunen Bohne zu schätzen wissen. Hier wird endlich einmal das Geheimnis verraten, wie Kaffee bereitet werden mulj, wenn er wirhlidi gut sein soll. Die verschiedenen iSorten, das Rösten, Mahlen, Mischen, das Brühen und iSieden, die Be- reitung mit Kaffeemaschinen, alles ist darin enthalten. Auch von Tee, Kahao und iSdioholade ist in dem Heft ausführlidi die Rede. Preis 76 Pfennig. DR. J. L. SCHMITT : Das Hohelied vom Atem 400 Seiten / 200 Übungen / 100 Bilder / 12 Mark Pressestimmen: Seltsames Buch“ — „Fabelhaf- tes Werk“ — „Wie eine Offenbarung “ — „Von Ideen strotzend “ - „Ein Kompendium lebendiger Kräfte“ — „Endlich ein wirklich wertvolles Buch“ In 4 Monaten 1200 Stück verkauft. Das Geschenkbuch Domverlag M. Seitz 9tad)en=$tatarrl), ^cu^^uftcn, Schnupfen, $eifeifeit, SBetfcfjleimnng ber ©tmungsorgane, tole überhaupt alle Äatarrfje ber ßufttoege toerben am ficherften burd) bic Sur im Saufe mit bent SBtesbabener £ancre-3nl)alator befämpft. Sie 3ui)alation erfolgt auf foltern 3Bege, roirft besinfiglerenb, Ijeilenb, fd)leimlöfenb, abhärtenb, oorbeugenb unb form jebergeit ohne Berufs» ftörung oorgenommen toerben. Ser finnreid) fonftruierte ©pparat oerroanbelt toiffenfdjaftlich begut- achtete heilfräftige Stoffe in einen feinen ©asnebel unb bringt biefen mit ber ©temluft bis in bie tiefften ßufttoege. Sierburd) finb gang ausgezeichnete Crfolge erglelt toorben, rooriiber fid) mehr als 25000 Patienten, barunter auch gahlreiche ©rgte, in begeifterten ©riefen ausfpredjen. So fd)reiben: Herr (E.S*©abIer in Sigmar bei(Ehemniß: „3d)litt feit über 50 3abren an einem d 'onifd)en, faft unf)eil- baren Katarrh oerbunben mit afthmatifdjen Unfällen. Seit bem ©ebraud) 3hres 3uhalators bin ich geheilt, fo baß id) troß meines Filters oon nunmehr 80 fahren 6 3abre baoon oerfchont geblieben bin." Herr Stabt -Oberingenieur ßiibecfe, ©erlin: „3ch hatte 3bren ©pparat'balb 14 3ah r e im ©ebraud) unb fonn baher feftftellen, baß er, fadjlid) unb rid)= tig angetoenbet, unbebingt ©effentng unb Heilung bei allen (Erfrantungen ber ßuftroege geioährleiftet, roie id) bas an mir fei bft unb©etannten ftets beobad)ten tonnte, ©ud) bie ftoftenfrage befd)räntt fid) auf bie einmalige ©nfcßaffung bes Apparates, unb ba eine ftlafcße 3nhalationsflüffigteit rneift ein 3abr unb län- ger ausreicht, finb bie ©etriebsfoften gleich ©ull." Herr Ulbert ftußner, Slammerfänger am ©r. Schau- fpielhaus in ©erlin--(Ebarlottenburg: ,,©ad) mehrmal. ©ebraud) 3h r es ©Mesbabener Original -Inhalators brängt es mich, 3hnen folgcnbes initguteilen: Ser Apparat hat nicht nur meine Stepfis, fonbern auch meinen ftatarrf) oollftänbig überrounben. Schon nach ber erften 3 n halation trat eine fühlbare (Erleichte- rung ein; bie ©efdjroerben gingen immer mehr gu- rücf, unb nad) ein paar Sagen roar id) gang frei ba- oon. 3d) betrad)te es als meine ©fbd)t, ben ©pparat bei allen paffenben Gelegenheiten roeiter gu empfehlen." Herr ©eichsbantrat ©ta£ Schulde, ©erlin ©©$ 21, ^Bühelmshaoener Strafe 4: „3ch beftätige 3hnen gerne, baß id) 3h.ren ©Siesbcbener Sancre=3nhalator fd)on oor bemftrieg gegen Slebltopffatarrb mit gutem (Erfolg angeroanbt habe. Seit 2 3al)ten befiße ich toieber einen Apparat unb habe foroohl im oorigen, roie aud) in biefem ©hinter bei einem hartnäefigen ©r ond)ial tatarrh unb ©adjenfatarrf) mit heftigen $u ft enanfällen nad) turgem ©ebraud) ©efferung unb fpäter Teilung ergielt, nad)bem alle oorher angeroanbten ©Uttel feinen (Erfolg hatten." Herr Otto Herrmann, ©erltn-Spanbau, ^idjels- borfer Str. 98: „Schon feit etroa 10 fahren oenoenbe ich Shren Apparat, ber mir fehr oiele gute Sienfte geleiftet hat 3d) empfehle ben rounberooüen Appa- rat jebern, ber oiel unter (Erfranfung ber ßuftroege Apparate gur ©tobe toerben roegen ©nfteefungsgefahr n t d) t abgegeben. leibet, unb fann id) 3huen fogar nacfjtoeifen, baß bereits einige Sußenb meiner ©efannten ben ©pparat oerroenben. ©Ile finb besßobes ooll." Ser ©orftanb ber Staatl.©etriebstran- fentaf fe in Sarmftabt: ,,©on©rgten roie ©tit- gliebern unferer & a f f e toerben uns bie ©orgüge 3hrer Apparate gegenüber ähn- lichen Apparaten beftätigt." Herr Sfoappid) in Sifdjen (©aqern) : ,,©3ir finb fdjon feit ettoa gtoölf 3af)ren im ©efiße 3h r es 3nhalators. ©ei Hüften, Schnupfen unb öeiferteit nehmen toir ihn in ©ebraud), befonbers aud), toenn bas ©tmen burd) bie ©afe erfd)toert ift; ebenfo haben toir if)n fchon oielfad) gur ©orbeugung gegen Siphtherie unb Scharlach angetoanbt Unfer Hausargt hat fid) fd)on f e h r lobenb über ihn geäu- ßert. Unferc SUnber inhalieren ebenfalls bereits fehr gerne. Siefem prafttichen roohltuenben Haus- mittel golien toir unfere oolle ©nertennung." Herr 3afob ^infernagel, ©entner, Hufum t Schles- wig: ,,3d) beftätige 3hnen gerne, baß id) burd) Das3n= halieren mit bem oon 3hnen erf)altenen3nbalator nach ca. 3 ©}od)en oon meinen afthmatifd). ©efd)toerben be- freit toorben bin. ©Is mein ©aeßbar, ber an ©ad)en- fatarrh litt, oon biefem (Erfolg hörte, bat er mid), ihm einen 3nhalator oon3hnen gu beforqen, toas auch ge* feßehen ift 3um Sroft aller ©ftf)maleibenben tonnte id) feftftellen, baß ©ftßma burd) ©ebraud) bes ©Mes- babener Sancre =3nhaIators geheilt toerben fann." Herr Slarl ©orßölger Stuttgart: ,,3d) fann 3hnen betätigen, baß id) mit 3hrem ©pparat außerorbent- lieh günftige (Erfahrungen gemacht habe unb mache. 3iesbaben ©L3« Ein neues Buch von WILHELM HAUSENSTEIN Mit 47 Abbildungen auf Tafeln INHALTSVERZEICHNIS: Herbst im Elsaß / Besan<;on / Kleines Restaurant in Lyon / Ankunft im Süden / Melancholie in Avignon / Aussicht aus zwei Fenstern / Orange / Le Rocher des Doms / Nach Nimes und Arles / Das Haus v. Goghs / Französisches Provinztheater / Aiguesmortes / Les Saintes-Maries / Marseille und Aix / Pavillon Cezanne / Villeneuve-lez- Avignon oder die Totenmaske einer geistlichen Hauptstadt / Saint-Gilles / Les Baux / Ende in den Alyscamps In blau Ballonleinen gebunden . . . RM 8.50 Durch jede gute Buchhandlung zu beziehen 3ko!)lanU & 33ertl)olti Vedas / Crtimmtfrljau Für jedermann auf jedem Schreibtisch! Jwo? Elegant Praktisch Preiswert Die neue, praktische Haus -Kartothek Wann und Wo? ermöglicht Ihnen, alles Wissenswerte ohne Mühe sof.zur Hand zu haben. 13 cm iang. 5 cm hoch. 8.5 cm breit Mit Lederbezug M 14.75 Poliert Nickel M 10.50 Täglicher Eingang von reizenden Neuheiten I Verlangen Sie unseren reichillustr. Haupt- kaialog Nr. 107 (mit 2000 Abbildungen). Albert Rosenhain Das Haus für Geschenke LeipzigerStr.72-74 Berlin. Kurfürstendamm 232 Sin echter JialtetL ist ein willkommenes Weihnachtsgeschenk Sie werden damit dem . 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Wells 5 großes Lebenswerk, ein Kosmos aller uns bewegenden Ideen vom Verhältnis der Geschlechter, vom Einzelnen und der Ge- samtheit, von Konservatismus und Revo- lution, vom alten und vom neuen Menschen. „Clissold” ist eine große Leistung, der Aus- druck eines genialen, großmütigen Geistes. (J. M. Keynes in der Neuen Freien Presse) JOHN GALSWORTHY Btc jforfvtc *aga ROMAN 75. Tausend Deutsch von Luise Wolf u. Leon Schalit Drei Bände: Halbleinen M 14 . — , Ganzleinen M 16 . — , Halbleder AI jo. — . Dunnd ruck aus %abe in einem Band: Ganzleinen M 16 . — , Ganzleder M 22 . — Der bedeutendste Roman des heutigen Europa. (Graf Hermann Keyserling) Diesem großangelegten Epos verdankt Gals- worthy seinen Ruf als repräsentativer zeit- genössischer Dichter. Es ist nach Anlage urud Idee, durch den Reichtum an Typen und Charakteren eine englische comedie humaine. (Frankfurter Zeitung) PAUL ZSOLNAY VERLAG / BERLIN • WIEN DER QUERSCHN ITT VII. Jahrgang Heft 12 INHALTS-VERZEICHNIS H. v. Wedderkop Der größte Franzose Giorgio de Chirico . . Statuen, Möbel und Generäle Albert G. Barnes ...... Giorgio de Chirico Brigitte B Wie ich Revue-Girl wurde Lutz Weltmann Der Tag des Dramaturgen Hans Felix Wolff Lieder aus dem Ahoggar Andre de Ridder Rubens in Antwerpen Allred Flechtheim ,,So fast as Düörpen“ Leopold Heinemann . . . Deutsch-Amerikanische Presse Stella Kramrisch Indisches Anschauen Anton Giuiio Bragaglia Die bewegliche Maske Leon Pierre Quint Im Auto durch Deutschland Gerhart Rodenwaldt Auf dem Wege zur Klassik Bücher- und Schallplatten- Querschnitt Marginalien Mit vielen Abbildungen im Text und auf Tafeln Beilage : Welche Bücher kauft der Querschnitt-Leser zu Weihnachten? * Titelbild nach einer Zeichnung von FI. Ploberger PREIS DES HEFTES 1,50 GOLDMARK Verantwortlich lür die Redaktion-. H. v. Wedderkop. Berlin. — Verantwortlich für die Anzeigen: Walter Mattheb Berlin Verantwortlich in Österreich iür Redaktion Ludwig Klinenberger !ur Herausgabe: Ullstein ■...• . >ri ■ >*: Photo Faycr-Wicn Die Tänzerin Mara Ziperowitsch (Mrs. Adolf Dehn) Weiße Meerschweinchen. Aufnahme Jaeger & Goergen, München Christa Hatvany-Winsloe, Das Rosette- Meerschweinchen. Bronze erfüllt. Die Kämpfer schreiten nicht lächelnd wie zum Turnier dem Kample entgegen, sondern es ist bitterer Ernst geworden. Herakles bewältigt Natur- gewalten und trägt ungeheure Lasten, ein wildes Ringen voller Schmerz voll- zieht sich zwischen Kentauren und Lapithen. Dabei spüren wir ähnliche und vielleicht noch stärkere Dissonanzen als in der Einzelskulptur, Vergewaltigun- gen der Proportionen, Unausgeglichenheiten und Härten der Komposition, die wahrscheinlich noch fühlbarer wären, wenn uns das Ganze erhalten wäre. In dieser noch ringenden, urwüchsigen Kraft erblicken wir die Quelle, aus der der Strom der klassischen Kunst entstand. Wie die Heftigkeit sich milderte, machen uns die Gestalten zweier Niobiden deutlich, die wahrscheinlich einem Tempelgiebel entstammen, nach der Formensprache schon in die folgende Epoche gehören und nur in der Herbheit der Bewegung noch den Stil der Uebergangszeit nachklingen lassen. AUS DEM PROPYLÄEN-VERLAG Von der Propyläen-Kunstgeschichte liegt wiederum ein neuer Band vor, der dritte der ganzen Reihe, von der nunmehr 12 Bände erschienen sind. Er behandelt die ,,K unst der Antike“ und hat zum Verfasser Gerhart Roden wadt, den Archäologen der Berliner Universität und Leiter der Archäologischen Reichsinstitute. Es ist ein Band, der ebenso überrascht wie der Gotik-Band der gleichen Reihe. Wir meinen, die Kunst Griechenlands und Roms längst als fest umschriebenen geistigen Besitz für uns zu haben und er- leben sie hier doch mit einer Eindringlichkeit, die sie uns von neuem zu schenken scheint. Seit Winckelmann den Stil der Antike als ,,edle Einfalt und stille Größe“ charakterisierte, haben geniale Interpreten uns diese Kunst mit immer wieder neuen Augen sehen gelehrt. Jede Generation hat sich mit dem griechisch-römischen Altertum auseinandergesetzt. Denn die Ausgrabungen und Forschungen des 19. Jahrhunderts haben unsere Anschauung und unsere Kenntnis von der antiken Kunst in einem Umfang erweitert und vertieft, wie alle früheren Jahrhunderte zusammengenommen es nicht vermochten. Was die Antike uns Menschen von heute ist und sein kann, sagt dieser neue Band der Propyläen-Kunstgeschichte. Wir verfolgen den Gang der Entwicklung von der kretisch-mykenischen Kunst des 3. und 2. vorchristlichen Jahrtausends über den archaisch-griechischen Stil des 9. bis 5. Jahrhunderts zur vollen Höhe der klassischen Zeit mit den Werken eines Polyklet, Myron, Phidias, Praxiteles, Skopas, Lysippos, und weiter die Ausbreitung und den Verfall im Hellenismus. Dann die römische Kunst von den geheimnisvollen Anfängen in den Arbeiten der Etrusker zu den realistisch eindrucksvollen Werken der Kaiserzeit bis zum Ausklang der Spätantike im Uebergang zum mittelalterlich christlichen Stil. Von den ,,V ersen der Lebende n“, der von Heinrich Eduard Jacob im Rahmen des „Kleinen Propyläenbuches“ herausgegebenen Anthologie der deutschen Lyrik seit 1910, konnte eine neue Auflage veranstaltet werden, die selbstverständlich auch die seit dem ersten Erscheinen des Buches neu herauf- gekommenen lyrischen Talente, wie beispielsweise Bert Brecht oder Carl Zuckmayer, berücksichtigt. 943 Was ist Wurst? Schon mancher hat sich um eine Definition des Begriffes „Wurst“ bemüht, die in unzähligen Gestalten an unseren Magen herantritt und in nur zu vielen Fällen ein nie gelöstes Rätsel ist. Eine Aeußerung des Preußischen Landtages bezeichnctc die Wurst einmal als einen „zusammen- gebundenen Darm mit undefinierbarem Inhalt“. Das Preußische Kammer- gericht verlangte bei einer Gerichtsverhandlung, daß sie „ein gefüllter Darm sei, dessen Inhalt nur aus einer Mischung von Fleisch, Fett und Gewürzen be- stehen dürfe“. — Dieser Optimismus wird aber wohl in sehr vielen Fällen nicht erfüllt. Die Berliner Fleischerinnung hat vor nicht langer Zeit den Be- griff „Wurst“ folgendermaßen erklärt: „Wurst ist sowohl ein Nahrungs- aL auch ein Genußmittel, dessen Zubereitung je nach den Ansprüchen des Käufers, nach Herstellungszeit und -ort, nach Landessitte und nach dem Ort der Feil- bietung verschieden ist.“ Vorsichtiger kann man sich doch gewiß nicht aus- driicken! Richtig ist aber sicher, daß Wurst „Vertrauenssache“ und wenn sie gut ist, etwas sehr Wohlschmeckendes, Gaumenanregendes und Nahrhaftes ist. Deutschland ist das Land, das die allerbesten und allermeisten Würste fabriziert und konsumiert, und mancher Ausländsdeutsche sehnt sich noch in weiter Ferne nach den heimatlichen Würsten. Dr. Patierno. (Dresdner Hausfrau.) E. v. Ripper. MARGINALIEN 944 r* - VOI OM^niMA WCELTG/ ‘DAM* LA QN^OAl DITT A1)C k »Tn s KKOBDE PÜD \NTEHAU: NUIT * . ..! jrOlENDEG *AiNÄ:HTENl IN TAPMI KßlfT/ •\ocle EIN MODGI »LÜTEN CONNEJMA 5.6 LAUEN/ \LL6UND JOUß' . . J rNFfilfCHEß. rlAUCH IN JlEM GLACE DAIE IA MUIT" PARFÜM DE GENERALAGENT »EN'GCOfL AGEP hOEE OLIN M8.CnAtlQTTENaG.5S 7C11E DC LAPAIX.PABIf „Fridericus Rex.“ Von Otto Gebühr. Otto Gebühr, der populäre Filmdarsteller, weiß von einer Flut von Fragen zu erzählen, die sich immer wieder mit der erstaunlichen Ueberein- stimmung zwischen dem historischen Bilde des Alten Fritz und seiner schauspielerischen Wiedergabe beschäftigen. Der Künstler versucht hier, eine summarische Antwort zu geben. Die Schriftleitung. Ich werde immer gefragt: „Sie haben zunächst natürlich alles durch- studiert, was an Literatur aus der und über die Zeit Friedrichs des Großen existiert, die Biographie seines Lebens und seiner Taten: wie vie'e Monate haben Sie nun wirklich gebraucht, um sich so in die Person des Königs hin- einzuleben ? !“ Meine Antwort lautet jedesmal: Nichts dergleichen ist geschehen! Ich weiß natürlich wie jeder Deutsche Bescheid über die geschichtlichen Vorgänge der Regierungszeit Friedrichs, aber an die Aufgabe, den großen König im Film darzustellen, gehe ich mit der ganzen Naivität heran, wie jeder Künstler an sein Werk. Ich habe die Ueberzeugung gewonnen, daß ich irgendwie vom Schicksal zu dieser Aufgabe bestimmt worden bin, und dieses Gefühl stimmt mich weihe- voll und heiter. Gehe ich daran, den ehrwürdigen Rock Friedrichs anzuziehen, so will ich OTTO WACKER BERLIN W 10 / VIKTORIASTRASSE 12 ERSTE GROSSE AUSSTELLUNG SEINER ZEICHNUNGEN AQUARELLE / GEMÄLDE DEZEMBER 1927 / 10-6 UHR, SONNTAGS 10-3 UHR NCE VAN GOGH 946 allein sein. Ich will niemanden haben, der mir hineinhilft, jeder Handgriff ist mir selbst ein Erlebnis. Wenn ich aus dem Zimmer trete, sind meine Bekannten für mich ver- schwunden, Freunde umgeben mich, oder aber Personen aus der damaligen Zeit. Ich lasse mich nicht anrühren und mache keine Scherze. Es ist, so arrogant es klingen mag, etwas von dem großen Geist in mich gefahren, ich fühle mich vollständig als König Friedrich. Ich gehe umher in den Zimmern in Sanssouci, und alles ist mir vertraut; ich sehe durch die mich umgebenden Menschen hindurch und fühle ein unfaß- bares großes Denken. Ich habe mich in das Empfindlings- und Anschauungsleben Friedrichs hin- eingefühlt und wahre diese Gabe wie ein heiliges Vermächtnis. Der Abend nach diesen Tagen sieht mich zerschlagen, todmüde, wie nach einem Trancezustand. In kurzem beginnen die Aufnahmen zum letzten Teil des Fridericus-Rex-Dramas. Eine schwere Arbeit steht mir bevor, die letzten 25 Lebensjahre des Königs. Ich muß mit ihm altern bis zu seiner Sterbestunde. Wie schwer das alles sein wird, kann kein Mensch ermessen. Mit der Lösung dieser Aufgabe ist die Bestimmung meines Lebens erfüllt. (Berl. Lokal-Anz.) LUIGI PIRANDELLO Deutsche Gesamtausgabe der Romane Herausfregeben von Hans Feist Einleitung von ALFRED KERR ^ I. EINER, KEINER, HUNDERTTAUSEND Mit einem Bildnis Pirandellos II. „KURBELN“ Roman. Aus den Tagebuchaufzeichnungen des Filmoperateurs Serafin Gubbio III. GESCHICHTEN FÜR EIN JAHR 13 Meistemovellen Preis pro Band geheftet M. 3.60, Leinen M. 5.20 — Weitere T3ände in Vorbereitung ORELL FÜSSLI VERLAG / ZÜRICH ■ LEIPZIG 947 NEUERSCHEINUNGEN! iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimiiimniiii ihiiiiiiiiiiii R. Benjamin BALZAC Sein wunderbares Leben Mit einem Porträt des Dichters nach Vogel v. Vogelstein Broschiert in zweifarbigem Umschlag 6.— M Hübscher Geschenkband. Ganzleinen 8.50 M Hübscher Geschenkband. Ganzleder 12.- M Benjamin hat nach gründlicher Bearbeitung des ganzen Balzac- schen Werkes, seiner unge- heuren Korrespondenz, aller Überlieferungen und kritischen Arbeiten über ihn, noch ein- mal im Geiste dieses ganze wunderbare Dasein erlebt, und künstlerisch gestaltet. — Der Bucherfolg des französischen Originals war außerordentlich groß,in kurzerZeitwurden über 50 000 Exempl. abgesetzt. Uns Deutschen bedeutet Balzac nicht weniger als seinen Landsleuten. Elsa Dora Wo H{ EIN ERWACHEN Novelle 10 Bogen in Sonderdruck-Kursiv. künstlerischer Pappband mit farbigem Vorsatz und Schieber in Spritztechnik. — Preis 4.— M. Die vorliegende Novelle steht mit einem Lieblingsbuch der Deutschen - mit ßindings »Op- fergang« - auf gleicher Höhe. Feinste Psychologie, Subtilität der Einfühlung. Vornehmheit derGesinnung, äußerste ethische Konsequenz und Unsentimen- talität der Gestaltung zeichnen sie aus. — Zu diesen Vor- zügen gesellt sich die reizvolle Gewandung, die das Ganze zu einer unaufdringlich-künstleri- schen Einheit zusammenschließt. Urban -Verlag /Freiburg l. Br. Schwäbische Kuriosa! (.Anekdote vom Gottesmann Samuel Leukhardt, Calw.) Folgendes wird von dem Got- tesknecht Samuel Leukhardt aus Calw berichtet: In selbiger Stadt lebte auch ein Kaminfeger namens Eisenhart, der zu allerlei Possen und Narreteien aufgelegt war, und willig für jeden Schabernack, der so eine richtige Kugelfuhr in Aussicht stellte. Eines Tages hatte er auch den Kamin bei dem Gottesknecht Samuel Leukhardt zu fegen; dabei überkam ihn plötzlich die Lust, jenem frommen Mann einen Streich zu spielen. Er stieg also, be- vor er mit der Arbeit begann, mög- lichst geräuschlos tief in den Kamin hinab und rief mit donnernder Stimme: ,, Samuel! Samuel!“ Leukhardt saß gerade in der Küche heim Mittagessen. Er hatte einen Topf mit Sauerkraut und Spätzle in der Hand; vor ihm auf dem Tische lag die aufgeschlagene Bibel. Samuel folgte, wie sein biblischer Namensvetter, sofort dem Ruf, stellte sich vor den Kamin und fragte mit zitternder Stimme: „Herr Zebaoth! Hier bin ich! Dein Knecht höret!“ „Samuel! Samuel! Was hast du in der Hand?“ dröhnte es aus dem Kamin. „Sauerkraut und Spätzle, Herr Zebaoth“, antwortete Samuel. „Wirf es von dir, denn es ist un- rein“, donnerte Eisenhart herab. Und siehe, Samuel Leukhardt er- griff sein Mittagessen und warf es ins Feuer. Rudolf Schlichter Paul Graupe veranstaltet am 17. Dezember gemeinsam mit der Firma Ball eine Auktion Nr. 1 unter dem I itel „Eine Sammlung kostbarer Dosen“. 948 „Flossy.“ Erinnerung an Florence Mills. Fasziniert, fest auf meinen Sessel gebannt, hing ich damals — vor fast drei Jahren im „Ambassa- deur“ — mit den Augen an einer hinreißenden schlanken, biegsam ge- wachsenen Gestalt, die bei jener denkwürdigen Premiere im grellen Schein- werferstrahl vom Podium herab ins Tanzparkett, inmitten ihrer „Negroes“ glitt. Was für eine Tänzerin war sie, gegen deren wilde Synkopen eines ebenso lasziven wie dekadent-gepflegten Bronzekörpers die naturalistischen Bewegungen einer Josef ine Baker sich lediglich grotesk auswirken! Und dabei kein Startum. Florence gab jedem Glied ihrer Truppe einen Hauch ihres einzig- S etb e Jo rt e 6 ff . artigen Genies und riß durch getanzte Phantasien des Ensembles Pariser wie Fremde mit und machte das Theater für Monate zum Mittelpunkt der Saison. Und wie sie schließlich in kongenialer Parallele zum „sterbenden Schwan“ das todestraurige Spiritual von einer Dahinsiechenden und Heimatsüchtigen mit seltsam silbriger, von heißem Odem durchglühter Stimme sang, waren ihre Frackparodie, ihr Erntetanz oder „broadway-song“ versunken, und es blieb der einfache Mensch, dessen Macht tief ins Herz griff. Den ihr Nahestehenden war Florences Sehnsucht nach den heißen Zonen Amerikas nicht fremd, rascher als gefürchtet mußte sie den letzten Weg gehen — „dreaming in Dixie-land . . .“ Paula von Reznicek. 949 Arnold Ulitz: „Der Bastard“. Erschienen iin Verlag Ullstein. Die „Barbaren“, Robinsonade und Mythus, hatten noch das Format des „Ararat“ und des „Testaments“. Die „Christine Munk“ war der erste bürger- liche und der erste Breslauer Roman von Arnold Ulitz. Nun zeigt der „Bastard“, mit welcher eigensinnigen Kraft er sich auf einen persönlichen Problemkreis zurückzieht. Denn der Breslauer Akademieprofessor Christof Hutten ist eine Abwandlung des Typus Stefan Brügge aus der „Christine Munk“. Und wenn Ulitz jetzt das slawische Grenzland seiner deutschen Seele öffnet, wenn er nach dem Osten verlangt und den Dostojewski-Menschen feiert (Dinge, die dem Herausgeber dieser Zeitschrift sehr unsympathisch sind), so fühlt man eine sehr individuelle Notwendigkeit. („Den lächerlichen Rußland- mumpitz“, sagt Huttens Frau, „die verfluchte Russomanie“, denkt Hutten selbst; und der Herausgeber würde lächelnd applaudieren.) Der Bastard soll erstens heißen: der deutsch-slawische Zwittermensch, der Heimweh nach Rußland hat, seinem Kriegserlebnis; und zweitens ist es ein vaterloses Kind im Dorf Kolodischtschi, Gouvernement Minsk. Hutten, sechs- unddreißigjähriger Mann der Ehe und des Berufs, von Hemmungen angefallen, von Trunksuchtsexzessen bedroht, träumt Wachträume von Marja Nikola- jewna und glaubt, sie habe von ihm einen kleinen Sohn, den sie auch wirklich hat. Und er quält sich und seine Gattin Marianne, die mit großer ethischer Freiheit und höchst unglücklich zu einem anderen entflieht, bis sie mit Peter, ihrem und Christophs Jungen, nach Kämpen auf Sylt reist und er, Hutten, nach Minsk. Er erreicht Kolodischtschi, den Bahnhof, den Weg, das Haus, das Fenster von Marja Nikolajewnas Zimmer. Aber er wird betrogen: von einem alten Weib, das nur nach und nach sich an den deutschen Kriegsleutnant und Ortskommandanten erinnert und Geld von ihm ziehen will, und von dessen Tochter, Marjas Feindin, der Sinaida, die sich entschließt, den Deutschen mit Leidenschaft zu lieben. Die Romanspannung: daß die Lipinskas Marja ver- leugnen, dem Fremden vorlügen, sie sei in Moskau Dirne geworden, daß sie das Kind Sinaidas, ein krankes, stummes, nach der Ankunft des Deutschen von DR. EMIL LENK In Halbpergament gebunden mit 40 Abbildungen Mark 14 . — . Aus dem Inhalt: Goethe. Lenau Heine, Liszt. Novalis. Mozart. Grillparzer, Schopenhauer, fidtard U "agner, E. T. A. Hof mann, Schiller, Hebhel, Berlioz, Chopin, Stnndberg, Beethoven, Hölderlin, Napoleon, Carl .Maria von Weber. »Sächsische Staa tsze i tu n g « : Der Verlag Dr. Madaus & Co. bringt ein Werk, das sofort die Augen der Gebildeten auf sich lenkt. Einband, Druck und die zahlreichen Bildbeigaben sind gediegen. Ebenso gediegen ist auch der Inhalt des Buches. Dr. Emil Lenk hat mit bienenhattem Fleiß das umfangreiche Material zu seinen biographischen Aulsätzen zusammen* getragen, die das Liebesieben deutscher und ausländischer Genies schildern. »Das Liebesieben des Genies« bringt keine biographische Aufzählung älteren Stils, keine Verhimmelung der Autorität, sondern nur einfache mensdi- liche Dokumente auf historischer Grundlage. An der Liebeswahl wird die Gleichheit im Grundsätzlichen aller Erotik nachgewiesen und dabei versucht, das- dynamische Entstehen des Kunstwerkes aus dem Erlebnis zu deuten. Zu beziehen durch jede Buchhandlung VERLAG DR. MADAUS d CO. / BERLIN C 2, BURGSTRASSE 28 950 Photo J. Söhn, Düsseldorf Der Kunstpalast in Düsseldorf, erbaut 1902 Photo C'onr. IKisgcn, Düsseldorf Der Kunstpalast nach dem Umbau durch Wilhelm Kreis 1926 QUERSCHNITT DURCH EIN WERK Ahnt der Laie, oder der Auch-Fachmann, was dies Wort »Werk« bedeutet, wenn an 9000 schaffende Menschen tausende Pferdekräfte u. Kilowatts darin wirken — Kilogramm-Millionen in ihm lasten — Berge von Geld zum Lohn- termin in Lastwagen herangeschleppt werden. Dies wäre der Querschnitt durch eines der dreifältig wirkenden Werke: Aus des Morgens frühem Empordämmern lösen sich weite Straßenzüge lang die end- losen grauen Reihen der Namenlosen aus dem Nebel — gleiten durch gelbschimmernde Tor- bogen an den Menschen — und Zeitkontrollen vorbei — hinein — hinein — Sirenentöne — Arbeit beginnt — Schwungräder stampfen auf — riesenhafte Turboaggregate zischen säu- selnd im gigantischen, ausgekachelten Haus der Kraftzentrale — Transmissionen surren — „ADLER Standard 6“ Der vollkommenste deutsche Präzisionstodoen. /Nfydraulische Vierradbremse. 3 T ^^fenn-aldruckschmierunc? } /-eisieb Olfilterima Luftfilter * ffföderung besonderer Dimensionen CV-MT 'im II I < JO S \C H VI ( \l SAM AI. MAU Mills Riemenscheiben patschen — pneumatische Hämmer toben — Preßluft- Nietmasdiinen hauen kurz knallend Stahl auf Stahl — Menschen hasten — schwere Hände er- werben Schwielen auf Schwielen — die Schreibmaschinen pochen und ticken — Telefone läuten und surren — Besucherwagen kommen und enteilen rollendes Band schafft Material von Werkstand zu Werkstand — riesenhafte Krane schaukeln farbgehauchte Limusinen durch nebelschwangere Luft — endlose Wagen- und b ahrgestellketten ziehen von Hof zu Hof — schwere Lastwagen schaffen hunderte von Schreibmaschinenkollis und Fahrrädern zur Bahn — Lo/a Kreutzberg Eisenbahnzüge passieren, Schiffe ziehen am Werk dahin — . Und das außenhin sichtbare: Im fernen Osten reiht Clairenore Stinnes mit ihrem unverwüstlichen »Adler- Standard 6« Kilometer auf Kilometer, hunderte auf tausende — über den Ural dahin gegen Peking zu — phantastischer Vorstoß mit des 20. Jahrhunderts härtestem Gebrauchsfahrzeug im Reich der Mitte — Filmstreifen rollen über tausendfältig flim- mernde Leinwand — Lola Kreutzberg schreibt aus dem Märchenland Bali auf ihrer »Klein- Adler« Bericht um Bericht — Tempelgesänge und heilige Tänze geleiten das leise Auf- schlagen der Tasten dieser im Stoßstangensystem vollendeten kleinen Schreibmaschine höchster Leistungsfähigkeit — und in Nord tmd Süd fährt das »Adler- Rad« als stabilster Läufer — und die Welt des Films gleitet auf Adlersflügeln durch die Handlung. — Umfassend nah und fern, Fabrikation und Handel, Automobile, Schreibmaschinen und Fahrräder, unübersehbaren Tausenden Leben und Schaffen und Verdienst gebend — und auch im Neuesten und Modern- sten des schöpferischen Geistes stets treu der Tradition höchster Leistung: so läßt DER QUERSCHNITT klar vor dem sdiaucnden und bewundern- den Auge erstehen des Großindustriellen Werkes lauteres Musterbeispiel: die ADLERWERKE vormals HEINRICH KLEYER A.-G., FRANKFURT A. MAIN H. Sch. \\ cintraubs Syncopators in der Revue „Das bist Du‘ Photo Baruch Oelgemälde von Max Oppenheimer (Mopp) sterbendes Kind, dem Marjas unterschieben, daß Sinaida den Betrug mit Grausamkeit, Lockung durch die Gefahr des Spiels und Reue weiterführt und, als Hutten sich von ihr losgerissen, sie geknebelt zurückgelassen hat, Maria das Verbrechen bekennt. „Steh bitte auf, Sinuschka,“ sagt in diesem Drama der russischen Dorffinsternis Marja (sie und Sinaida haben Schreibmaschine gelernt und reden nicht etwa über ihren Bildungsgrad hinaus), „sind wir denn im Kino, Dummköpfchen?“ Aber wie ist das alles von Ulitz angefaßt! Man lese, wie Sinaida am Waldrand, unter dem Brombeergesträuch, im verschwende- rischen Mondschein den Deutschen küßt, nachdem sie eben der traurig betteln- den Marja einen Kuß aufgezwungen hat; und man fühlt, wie hier animalische Echtheit die Romanpsychologie durchbricht. Das ist das Merkwürdige in Ulitz: die naturhafte Gewalt seiner Stimmun- gen und seiner Explosionen. So reagiert Marianne Hutten, von Christof ge- demütigt, in ihrem erotischen Schmerz: „Sie stöhnte vor Ekel an sich selber, sie schlug sich mit den Knöcheln der geballten Fäuste gegen die Schläfen, gegen die Brust, gegen den Schoß.“ Oder wie nachts zu Hutten der Ruf der Ferne kommt; es ist wie der Anprall eines Schneeballs ans Fenster. Oder in Kowno der unerhörte Duft der erweichten Erde. Und das ist die Freiheit in Ulitz, wie er, der tief Ernste, immer mit einem verschwiegenen Humor über seinem Ernste steht. Er darf es wagen, für den Depressions-Alkoholismus eines Professors in Breslauer Schnapskneipen („Michael Kramer“ von 1927) zu interessieren; und verlöre vielleicht, ginge er aus der Enge den Weg ins Weite, den Weg der „Christine Munk“, den Glanz seiner sehr deutschen Sehnsucht. Aber er weiß, daß Hutten die Gewohnheit hat, „sich selber wichtig zu nehmen und autobiographisch zu beschauen,“ und daß ein Don Quichote in ihm ver- borgen ist. Unerhört stark, wie zum Schluß Marja noch einmal an Hutten geschrieben hat, und wie das Fräulein im Uebersetzungsbureau, sachlich und dürftig, dem Zerknirschten das Wesentliche des Briefes mitteilt. Wie der Alltag den Dosto- jewski-Rausch erstickt. Paul Wie gier. DR. WOLFGANG WIELAND Q Soeben erschienen. Geheftet Mark 3.50, in Ganzleinen gebunden Mark 5. — Ist Flirt wirklich nur harmloses Spiel ? Ist er eineVerfeinerung, Veredelung in den Beziehungen der Geschlechter, die den Kulturfortschritt begleitet? Dies Buch warnt in eindringlicher Weise vor einer Art Flirt, die die Satzungen der Natur beiseite schieben zu können glaubt und damit zur Selbstvernichtung der Rasse führt / In jeder guten Buchhandlung erhältlich FELIX MEINER VERLAG LEIPZIG 95i E.O. HOPPE Das romantifdie Amerika Kupfer- tiefdruck, 40 Seiten Text als Einleitung. Preis in Ganzleinen gebunden . . . M 26.— in Halbleinen oder Halbpergament M 35.— Die „Literarische Welt” schreibt: „. . . Unsere Vorstellung von den Vereinigten Staaten ist trotz allem, was Film und Lite- ratur in den letzten Jahren ihr zutrugen, ohne einen rechten Begriff ihrer landschaft- lichen Natur geblieben, liier wird deren ganze Vielheit anschaulich, das Gesamtbild offenbart im Reichtum der Gegensätze die großartige Spannweite des Bereichs, ln diesem Amerika muten auch die Formen und Launen des Bodens sensationell und rekordhaft an. Die Felsenwunder von Arizona, Utah und Colorado, jene haar- sträubend scharf und tief ausgebohrten Schluchten, das bizarr zerlappte Gestein des Brice Canyon, die Exaltation des Tals der Monumente, wo die Natur sich in den phan- tastischsten Gralstempeln und Ritterburgen gefällt, aber auch das Riesenhafte der Ströme, Bäume, Ebenen läßt Hypertrophien des Städtebaues als schwachen Anpassungs- versuch an die natürlichen Übermaße er- scheinen. Hoppes photographisches Inge- nium, das auch die übrigen gewiß nicht geringen Kameraleisiungen dieser Bände in den Schatten stellt, zwingt die absurdesten Wüchse und räumlichen Phänomene auf die Platte. Doch über alledem ist nun keineswegs das gebaute Amerika vergessen. Straßen, Industriew'erke und Brücken, Öl- türme und Bahndämme, noch auch das Unbesondere, dessen intimere Schönheit ausfüllend den Gesamteindruck schließt . . .” VERLAG ERNST WASMUTH A.G. BERLIN Sinclair. Hermann Hesse hat vor ein paar Jahren einen Roman unter dem Namen Sinclair veröffentlicht. Schon damals kam Joachim aufgeregt zu mir und rief: „Wer hätte das ge- dacht, daß dieser Upton Sinclair so ein lyrisch-mystisches Werk schreibt — prachtvoll“! Ich klärte ihn auf und hielt die Sache für erledigt. Es kam furchtbar. Denn vor zwei Jahren fiel Joachim der Roman „Babitt“ von Sin- clair Lewis in die Hände. Er war be- geistert. „Echter Sinclair“ brüllte er. „Amerika, wie es leibt und lebt! Der Yankee. Seit dem , Sumpf“ hat er nichts geschrieben, was sich damit vergleichen läßt.“ Ich klärte ihn auf und hielt die Sache für erledigt. — Es kam furchtbarer. Als nämlich Lewis die „Benzinstation“ veröffent- lichte, stürzte Joachim zu mir und schrie: „Humor hat er auch. Na — das habe ich schon bei dem lyrisch- mystischen Roman da vor ein paar Jahren bemerkt. Luid gleichzeitig geißelt er die amerikanischen Zu- stände. Das ist ein Schriftsteller, da kannst du dich verstecken, mein lieber V Freund!“ Ich versuchte ihn aufzu- klären, sprach milde und sanft, wie man zu einer Frau spricht, die be- hauptet, das Kleid der Soubrette im zweiten Akt sei violett gewesen, da man doch weiß, daß es grün war, ich nahm einen Zettel zur Hand und lesrte einen Stammbaum der Sinclairs und ihrer Werke an — vergeblich. Wütend rief er: „Du machst mich ja verrückt! Du verwechselst ja alles. Ich weiß genau, daß Hesse unter dem Pseu- donym Sinclair soziale Romane schreibt und daß Lepton Sinclair der geniale Dichter des , Babitt' ist. Hol dich der Geier mit deinen Dumm- heiten.“ Damit warf er mir die Türe ins Gesicht. 9 52 Wäre es doch dabei geblieben! Aber seit drei Tagen weiß ich etwas Entsetzliches! Was wird geschehen?* Es gibt einen amerikanischen Autor, einen berühmten Romancier, der so- eben ins Deutsche übersetzt wird, er heißt: B a b i 1 1 s. Ich fürchte ernstlich für Joachims Verstand. Paulus Schotte. Weihnachts - Ehe - Wunsch. Das Unglück des Vaterlandes konnte wohl hemmen, aber zerstören niemals die Sehnsucht nach dem Lebenskameraden. Wenn auch spät, so zaubern doch schon die wenigen Lichtstrahlen freundliche Visionen in die hoffende Brust, und unsichtbare Wellen tragen das be- glückende Bild: „Vollschlank, edel von Angesicht und Gestalt, Bildung und Herzensbildung, lachend, doch auch ernst.“ Ich bin groß, Jungges., über 45 Jahre alt, blond, in inter- essantem selbständig. Berufe stehend, musikalisch, liebe die Natur, Kunst und den Sport, in einem Hauptstraßen- zuge Berlins ansässig, m. realisier- barem Vermögen über 100000 M., Grundbesitzer usw. Ich bitte rtm Ver- bindung zwecks Briefwechsel mit ge- sunder, wirtschaftlich erzogener Dame, ca. 30 Jahre alt, aus bestem Kreise, mit Vermögen, das ich zum Ausgleich der beiderseitigen Familieninteressen für selbstverständlich halte, musika- lisch und mit anschmiegendem Wesen. Ich suche die Eigenschaften, die ge- paart mit Wohlanständigkeit und Ver- nunft, ein glückliches Familienleben unbedingt gewährleisten. Diskretion Ehrensache. Gefl. Zuschr. unt. 325 an „Invalidendank“. (Sport im Bild.) Duncker & Humblot, München. Prospekt ihrer Werner-Sombart-Aus- gabe liegt diesem Heft bei. EFRAIM FRISCH Zenobi ist nach dem „Verlöbnis“, dem Buch, mit dem der Name des Dichters in die Reibe der Besten eingereiht wurde, der erste große Roman. Zenobi ist in der bürgerlichen Welt ein Hochstapler wider Willen, in Wirklichkeit ein neuer Don Quichote des inneren Abenteuers. Eine Erscheinung Wichtige Neuerscheinung ROMAN In Ganzleinen M 6.50 unserer modernen Welt, der wir täglich auf Schritt und Tritt begeg- nen. I11 Zenobi ist ein neuer Typus entdeckt und gestaltet. Zenobi ist alles und kann alles. Er wird zum Symbol einer Zeit und einer Welt. ENOBI BRUNO CASSIRER VERLAG. BERLIN W35 953 Eine Aufsehen erregende Kunstpublikation Aus: Der Maler Daumier EDUARD FUCHS ©er QYlafer ©aumter Ein Album in Großfolio mit 60 Seiten Text und 87 Textillustrationen, 6 Bei- lagen und 27oTafeln mit 420 Abbil- dungen, also insgesamt 5 1 3 Abbildun- gen nach Gemälden, Aquarellen, Plastiken und Zeichnungen von Honore Daumier. Vornehm in Leinen geb. 5 5 M. Mit der Hand in Halbpergament geb. 90 M. Das vom Verlag Langen aufs Sorgfältigste aus- gestattete Album, das insgesamt 513, darunter über 200 der Öffentlichkeit bisher unbekannte Abbildungen nach Gemälden und Handzeich- nungen Daumiers bringt, ist wohl auf lange hinaus die wichtigste Veröffentlichung über einen der größten Künstler nicht nur des 19. Jahrhun- derts. Das wird vor allem ermöglicht durch die Genauigkeit der Wiedergaben, die nicht nur die Technik des Strichs, jedes aufgesetzte Licht, jede pastose Stelle, sondern auch die Erhaltung des einzelnen Bildes bis auf Nach- dunkelung, Risse und Sprünge erkennen lassen. Immer wieder drängen sich die zwei Namen auf: Rembrandt und Michelangelo. Schlag- wörter wie Ex- oder Impressionismus werden lächerlich angesichts dieser Bilder. Sie sind ganz große Malerei, weiter nichts. A! unebener Neueste Nadjridten, Munden. «Rfßerf langen / (ttiüncßen Autobiographie von Ernst te Peerdt. Friedrich Karl Ernst te Peerdt, jüngster Sohn des Kreisgerichtsrates te Peerdt, wurde geboren zu Tecklen- burg in Westfalen am 25. November 1852. Seine Mutter war eine geborene Attendorn. Die Mutter dieser letz- teren, also te Peerdts Großmutter, hieß mit ihrem Mädchennamen Rockefeiler und stammte aus Neuwied. Kreisgerichtsrat Heinrich te Peerdt war 1832 immatrikuliert in Bonn als Studiosus juris. Von ihm sind alle Personalien erhalten, ein starker Band Dokumente, Zeugnisse, Immatrikula- tionen, Bestallung, Pässe, bis zur Ver- abschiedung und zum — Roten Adler- orden. Sein verstorbener Bruder Wilhelm war Amtsrichter in Ruhrort. Die Familie te Peerdt ist uralt und war bis 1870 in Dinslaken ansässig; auch in Wesel und Cleve kommt der Name vor, in Wesel bis etwa 1910 bis 1915. Der Name soll von einem Haus- schild mit Pferd herrühren: ten Peerdt. Der Name te Peerdt wird viel miß- deutet, mißverstanden und ist seinen Trägern eine Quelle endloser Unan- nehmlichkeiten. Besonders die Polizei machte aus ihm häufig dö Pere, du Perre, was nicht angenehm ist. Ernst te Peerdt besuchte das Gym- nasium in Wesel und die Kunstakade- mien in Düsseldorf, München, Berlin, was schon auf starke Zählebigkeit schließen läßt. Zur Ausstellung brachte er nur wenige Bilder, da er stets abge- lehnt wurde. Italien besuchte er von 1879 bis 1881, und zwar Rom, Neapel und Capri. Auch als Schriftsteller hat er sich versucht, beschäftigte sich viel mit Philosophie und schrieb einen längeren Epilog zu der Deussenschen 954 Upanischaden-Uebersetzung. Kleine Schriften sind bei Max Spohr in Leipzig und Heitz & Mündel in Straßburg erschienen. Ernst te Peerdt war Schüler von Düms in Wesel und den Düsseldorfern Andreas und Karl Müller, Bendemann, Knaus; er verkehrte mit Schex, Bosch und Fritz Geselschap, die gleichfalls Weselaner waren. Nach vielem Hin und Her kehrte er nach Düsseldorf, seiner niederrheinischen Heimat, zurück. Seine eigentliche Heimat ist Wesel, wo schon sein Großvater väterlicherseits Notar war und sein Vater als Kreisrichter wirkte. Trotz eines keineswegs angenehmen Lebens ist er nicht Pessimist gewor- den. Indessen benutzt er jede sich bietende Gelegenheit, vor Ergreifung des Künstlerberufes zu warnen. Allerdings läßt Jugend sich nicht warnen; und da es meist doch vergebens ist, darf man wohl schweigen. Ja es gibt sogar ältere Leute, die einen einträglichen Beruf opfern, um Künstler zu werden, wie z. B. der ehemals in Düsseldorf wohlbekannte Otto Ahrweiler, der das von seinem Vater ererbte blühende Bankgeschäft opferte . . . Ernst te Peerdt. Düsseldorfs bester Maler, einer der besten Deutschlands, Ernst te Peerdt, feierte am 25. November seinen 75. Geburtstag. Er hat seine Jugend mit so viel Grazie und Esprit verlebt, daß wir uns auf die Arabesken seiner verte vieillesse freuen. — Diese Autobiographie ist dem von Dr. Walter Cohen und Gust. Lomrik herausgegebenen „Düsseldorfer Almanach“ entnommen. 955 Porträtstud-en. i. Unbekanntes Ueber der Stuhllehne Ein blonder Zopf Hängt an dein entzückend Süßen Kopf Eines niedlichen Mädchens. Augen huschen. Mädchen im Cafe. Zähne leuchten. Ein Möndchen plappert, Und auf dem Tellerchen klappert Ein Löffel In den schlankesten Fingern Und voll Distinktion. 2. Der Lette Colja. Das hat und tut Und weiß auch nicht Weshalb, wozu, Ni comme il faut. Hinwiederum Und ebenso Ist wohl auf zwecn Seiten j. Marius, Studiert hem tem Angeblich Kunstgeschichte Und ihre reizend ungeschriebenen Gedichte Sind tiefer Mist. Sie liebt die Wahrheit nicht. Der Tanz und Rhythmus dieser Zeit Hat allen ihren Sinn verdreht, Sic glaubt an die Unendlichkeit: Nicht sehr allein zu deuten. Heißt anfangs und zu Ende Nicht bürgerlich Und merkwürdig Voici : Colja! Volja. eine Dänin. Noch nie trugen den schönsten Leib So märchenschöne schlanke Beine, (Dem Reh vergleichbar). Teils ist das Chopin, Inhalt wie von Heine. Am nächstengleicht sie einer russischen Erzählung, Kein Mensch erkennt in ihr am Tag das Polyglotte, Schön Rottraud trägt seit ihr den Stempel der Kokotte. Wer weiß, ob Schönheit je vergeht? Ob du nur Wechsel schreibst, Ob die gesamten Werke . . . Ein Füll von S o c n n e c k c n Gibt dir zu Taten Stärke. Die Galerie Hinrichsen-Lindpaintner, Bellevuestraße 3, veranstaltet vom 7. Januar bis 1 r. März die Ausstellung alter deutscher Kunstwerke aus einem niedersächsischen Kloster, darunter frühgotische gestickte Bild- teppiche des 13. bis 15. Jahrhunderts. Daneben französische Wirkereien aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, gotische Plastik und Tafelbilder der gleichen Zeit, Kunstschätze von unschätzbarem Wert. Der Bildhauer Benno Elkan feierte am 2. Dezember seinen 50. Geburts- tag. Er hat seine Jugend mit so viel Grazie und Esprit verlebt, daß wir uns auf die Arabesken seiner vieillesse verte freuen. Rütten & Loening, Frankfurt a. M. fügen diesem Heft einen ausführ- lichen Prospekt bei. 956 WEIL SIE TONSCHON, FORM- VOLLENDET UND-VOR ALLEM DAUERHAFT- EREN PREISWERT SIND man verlange Preisliste und katalog q- auch über einbau-instrumente vom STAMMHAUS IBACH BARMEN C O LN - BERLIN - DÜSSELDORF - LONDON Der Maler Ari W. Kampf aus Düsseldorf an seine schwedische Freundin Siri Meyer, Schülerin von F. Leger zu Paris. 0 komm hierher nach Afrika, Gottbegnadete, es ist prachtvoll heiß, man wird dünn, so dünn, wie Du bei ausschweifendstem Leben in Paris nie werden kannst. Lnd all die Neger und Negerinnen und das Leben ist frei und schön. — \ iele wilde Moskitos gibts, nette Löwen und Herden von Zebras, Gnus, Giraffen, Straußen und Elefanten. — Die jungen Mädchen tragen freie Brüste, und was für schöne feste kleine Brüste. In langer Reihe schreiten sie zum Fluß Wasser holen, und all die kleinen Brüste zittern und schaukeln leise; darüber der Mund lacht und sagt: ,,jambo bana“, d. h. , .guten Tag, Herr'*, darüber Palmen und komische Bäume, die Leberwürste an ihren Zweigen hängen haben, oder es ständig unter sich regnen lassen, darüber Sonne und dann — der liebe Gottt. — \\ ir jagen, in- dem wir mit Autos in die Steppe rasen, auf irgendein Rudel \\ ild zu, 5 ° bis ioo Meter rangekommen, gehen sie ab, wir stop, runter vom Auto, Schuß! \ or- bei. Macht nichts. Los auf den nächsten Sprung Gazellen, sie schmecken gar zu lecker! Löwen, ja Löwen enttäuschen sehr. Sie reiten nicht auf Giraffen, lauern auch nicht auf Reisende, sondern sind recht scheu und gehen dem Weißen aus dem Wege. Wir riechen ihnen zu schlecht, wie auch die Neger behaupten. Nachts treiben sie sich auf den Straßen herum und sehen mit Augen so groß wie Laternen in die Scheinwerfer der Autos. Ihre Augen leuchten gelb, die der Leoparden lila. Affenaugen blinken rot, die der Anti- lopen grün. Giraffen stehen an Bäumen und fressen Laub und sind schwer zu erkennen. Man sieht sie besser im Zoo. — Mein Freund hat sich eine Kaffee- pflanzung gekauft am Kilimandscharo. Die afrikanische Bergziege liefert eine vorzügliche Kaffeebohne. — Der Kilimandscharo ragt mit unverschämter Wucht 6000 Meter aus der Steppe auf, ist immer schnee- und gletscherbedeckt, ein erquickender Anblick in der Tropenhitze. — Frauen kauft man hier, nicht auf Stunden, sondern als Ehefrauen auf längere Sicht. Eine Ungebrauchte kostet bis 100 Shilling, eine Gebrauchte ist weit billiger, komisch, das eigent- liche positive Können scheint man nicht sehr hoch einzuschätzen. In der Liebe primitiv, lassen sie sich ganz gut anlernen. — Gemalt habe ich auch schon, ei- war sehr schwer. Der Schweiß rann auf die Palette, eine Wolke von Insekten berauschte sich am Terpentingeruch, freche Ameisen schlugen ihre Zähne in meine Beine, und ein schöngefleckter Leopard wartete auf dem nächsten Baum c öan^ctdf nungcn »on $aul fHukns Herausgegeben von Gustav Glück und Franz Martin Haberditzl. Mit 241 Abbildungen, darunter 228 ganzseitigen. Gebunden 47 Mark. Die beiden bekannten Wiener Kunsthistoriker und Museumsdirektoren geben in diesem Budo das Ergebnis vieljähriger Arbeit. Aus allen Sammlungen des In - und Auslandes •wurden die Vorlagen zusammengetragen , darunter viele nodo nie vercffentlidote , so daß sido zum erstenmal ein ganz klares Bild der Zeidoenkunst des großen Meisters ergibt . Soeben erschienen! Zu beziehen durch jede gute Buchhandlung! JULIUS BARD VERLAG / BERLIN W 15 95® auf mich. Ich weiß nicht, mit wieviel ich die ausgestandene Angst in den Preis meiner Bilder einkalkulieren soll. Es werden nur Staatsgalerien und Millionäre kaufen können. Im übrigen kostet eine Ananas vier Pfennige, und ich habe einen Sonnenstich, womit ich es in Europa wohl zu etwas bringen werde. Siebenhundert Schmetterlinge fing ich. und sieben Sandflöhe bohrten sich in meinen Fuß. Grüße alle Pariserinnen von mir und schicke mir ein paar erotische Bücher! A R I. Gediegene, heitere alte Jungfer ohne Anhang sucht bei einz. Person trau- liches Heim. Ich scheue vor keiner Arbeit. Mein Motto war stets das schöne Dichterwort : „Nicht nörgeln und Schnörkeln, Sondern lachen und machen.“ ( Lauenburger Anzeiger, Ratzeburg.) Verkaufsgenie. Organisator, Reklamegenie, 35 J., ledig, Nichtraucher, Nichttrinker, Vegetarier, Frischköstler, Hellseher, Graphologe, Traumdeuter, Schriftsteller, Erfinder und Verkäufer seines ewigen Kalenders sucht Lebens- stellung. Zuschriften an O. B., Brünn. (Tagesbote Brünn.) Verein ehern. Typhuskranker. Am Sonnabend, dem 15. Oktober, abends 8 Uhr, findet im Arbeiterverein Linden, Gartenallee 1, ein gemütlicher Abend statt. Bekannte können eingeführt werden. (Hannoverscher Anz.) Lesen Sie den dieser Auflage beiliegenden wichtigen Prospekt von S. Fischer Verlag, Berlin. Die Galerie Internationale eröffnete Anfang November in den vollständig umgebauten und überaus geschmackvoll eingerichteten Räumen Lützowstraße 84 eine Ausstellung Alte Meister, Klassiker des XIX. Jahrhunderts, Junge Künst- ler, Objets D’art. Curt Meyer, Berlin, ist der Photograph des Bildnisses Willi Schaeffers im Heft 11. $aul Buffon, grlhefter Eine Sommergeschichte Roman. 3. Auflage. Ganzleinenband Mk. 5.50 . . . Die Allheit des Lebens zieht in dieser Sommergeschichte, die eine selten wertvolle Gabe darstellt, vorüber . . . Neue Freie Presse Ferner empfehlen wir von Paul Busson Sie IJheöeröebutt be£ jtteldnor Stonte Roman. 27 . Auflage. Ganzleinenband Mk. 5.50 Sie jfeuerbutje Roman. II. Auflage. Halbleinenband Mk. 5.— Erschienen in der jf.<©.^>peibel’fd)en'SJerla0^bud)I)anblunö > ia?ien,3leip3io 959 NEUERSCHEINUNGEN 1927 HARRX DOMEJ^A Der falsche Prinz Leben und Abenteuer Kartoniert 2.S0 / Leinen 4.40 ILJA EHRENBURG Michail Lykow Ein Helden- und Schieberroman aus Sowjetrußland Kartoniert 4.So / Leinen 7.— KONSTANTIN FEDIN Städte und Jahre Roman aus dem eben Deutschland und dem neuen Rußland Kartoniert 4.8o / Leinen 7.— MAXIM GORKI Das Werk der Artamonows Roman / In Leinen 5.— Matwej Koshemjakin Roman in 2 Bänden I. Der Sohn der Nonne. II. Im Banne der Kleinstadt In Leinen 10.— UPTON_ SINCLAIR Petroleum Roman vom Werden einer neuen Weltmacht Kartoniert 4.80 / Leinen 7.— Die goldene Kette oder Die Sage von der Freiheit der Kunst Kartoniert 2.80 / Leinen 4.8o Singende Galgenvögel Drair.a in 4 Akten / Kartoniert 1.80 F. C. WEISKOPF Umsteigen ins 21. Jahrhundert Episoden von einer Reise durch die Sowjet-Union Kartoniert 2.40 / Leinen 3.80 IM MALIK VERLAG Dies Roggenbrot gibt Bauern- kraft. Sehr geehrter Herr Lands- mann! Auf Veranlassung des Herrn Postrat Dr. Berns, dem wir Ihre Adresse verdanken, machen wir auch Sie darauf aufmerksam, daß wir seit kurzem das Ihnen sicherlich wegen seiner guten Qualität bekannte west- fälische „Warburger Brot“ unter der Bezeichnung ,, Original Westfälisches Bauernbrot (We Ba)“ in Berlin auf den Markt bringen. Ueber die Ber- liner Brotkalamität brauchen wir uns Ihnen gegenüber, der Sie in West- falen ein anderes Brot zu essen ge- wohnt waren, nicht weiter auszu- lassen. Wir glauben bestimmt, daß Ihnen daran gelegen ist, Ihr heimat- liches echtes westfälisches Bauern- brot auch in Berlin stets zur Ver- fügung zu haben. Sollten zufällig in Ihrer Umgegend die dortigen Ge- schäfte dieses Brot noch nicht vor- rätig haben, lassen Sie uns Ihren Lieferanten wissen, damit wir diesen veranlassen, unser westfälisches Bauernbrot aufzunehmen. Hochach- tungsvoll Westfälisches Bauernbrot We-Ba, G. m. b. H. Seltener Wunsch. Auf speziellen Wunsch unseres Freundes Dr. Viktor Manheimer stellen wir hiermit fest, daß er am 7. Dezember seinen 50. Ge- burtstag beging. Er hat seine Jugend mit soviel Grazie und Esprit verlebt, daß wir uns auf die Arabesken seiner vieillesse verte freuen. Tiefunglücklich verheiratete junge Frau, die überall Hand anlegt, kinder- liebend, sucht am liebsten selbstän- digen Wirkungskreis. ( Münchener N. Nachr.) Grethlein & Co., Verlag, Leipzig, geben diesem Heft ihren interessan- ten Prospekt bei. 960 Der anstößige Archipenko. Jn Tokio findet gegenwärtig eine Aus- stellung von Plastiken und Gemälden von Alexander Archipenko statt. Fünf Werke, die die Polizei als ,, an- stößig“ entfernen ließ, wurden von japanischen Sammlern angekauft — (Die Ausstellung wird im Mai 1928 in der Galerie Flechtheim zu sehen sein). (B. Z. am Mittag.) Ein Verleger für Else Lasker- Schüler wird gesucht. Die Aufführung des Schauspiels „Die Wupper“ im Berliner Staatstheater erinnert eben an die Existenz der Dichterin Else Lasker-Schüler. Es bleibt festzustellen, daß die Werke der Dichterin recht eigentlich brachliegen. Künstlerischer Wert und wirtschaftlicher Erfolg stehen in unvereinbarem Gegensatz. Die Gründe dieser Erscheinung mögen hier un- erörtert bleiben. Der Wunsch eines Wechsels des Verlages besteht. Auch die Möglichkeit anderweiter Unter- bringung der Verlagsrechte ist ge- geben. Ein neues Manuskript der Dichterin liegt druckreif vor. Es mag hier auf eine Aeußerung Gerhart Hauptmanns hingewiesen werden: „Wäre ich Verleger, ich würde froh sein, Ihre Werke er- werben zu können.“ Mitteilungen werden zwecks Weiterleitung an die Schriftleitung dieser Zeitschrift erbeten. Karl Schönberg. Vom Amalthea- Verlag ist ein iöseitiger Prospekt, in dem auf die inhaltlich hervorragenden, künst- lerischen wertvollen und buchtechnisch ganz besonders schönen Neuerschei- nungen für Weihnachten hingewiesen wird, einem Teil dieser Auflage bei- geheftet. NEUE BROCKHAUS- REISEWERKE: Sven Hedin Mein Leben als Entdecker Mit 7 bunten und i $ i einfarbigen Abbildungen und 15 Karten. M jj . — , Leinen M /j. — W enn Sven Hedin sein Leben als Entdecker beschreibt, so braucht dies Buch in Deutschland keine Einführung. Es vereint die Vorzüge seiner zahlreichen bisherigen Reisewerke und ist vor allem für die junge Generation bestimmt, die die früheren umfangreicheren Werke noch nicht kennt und sich doch ein abgerundetes Bild der Taten des großen Forschers verschaffen will. Alle Bilder des Buches sind bisher unveröffentlicht; Hedin hat sie besonders nach seinen Reiseskizzen gezeichnet. Ein Entdeckerleben großenFor- mats; eine selten sympathische Persön- lichkeit, ein Buch von dauerndem Wert, zumal es hervorragend ausgestattet ist. Robert F. Griggs Das Tal der Zehntausend Dämpfe Mit 1 ij bunten und einfarbigen Abbildungen und 4 Karten. M ij.fo, Leinen M 16 . — In deutscher Sprache der erste ausführliche Bericht über eine der gewaltigsten Vulkankatastrophen aller Zeiten, über den Ausbruch des Katmai in Alaska. Er führte zur Entdeckung eines neuen Weltwunders, des „Tals der Zehntausend Dämpfe”, wo nicht Zehntausende, sondern Millionen von Fumarolen von jeder Größe und Temperatur dem Schmelzfluß in der Tiefe ent- strömen. Schwierige Erstbesteigungen verschiedener Vulkane, Untersuchung der heißen Dämpfe, Beobach- tungen über das Wiedererwachen des vermchtetenTier- und Pflanzenlebens, Erklärung der schwierigen vulkani- schen Probleme, graphischeDarstellungcn, ausführliche Karten, ausgezeichnete, teilweise bunte Bilder nach Aufnahmen der Expedition, Ausstattung in er- lesenem Geschmack — ein Geschenkwerk von bleibendem Wert für jung und alt. Roy Chapman Andrews Auf der Fährte des Urmenschen Mit 54 Abbild, und 2 Karten M ii.jo, Leinen M 14 . — Der Bericht der Innerasien-Expeditionen 1922,1923, 1925 über ihre einzig dastehenden Forschungen in der Wüste Gobi, wo Dinossaurier-Eier gefunden wurden. Er ist meist auf der Reise selbst geschrieben und gibt so einen selten unmittelbaren Eindruck. Ausgrabungen vonTitanotherien.dem vorweltlichen Riesennashorn, Spuren des Steinalters, Jagden in den Altaibergen, im Dschungel von Schensi, auf das fast sagenhafte „Gol- dene Vlies”, Ausgrabung der Riesenknochen des Balu- chitheriums, auf der Fährte des Urmenschen, dessen Heimat in der Mongolei vermutet wird. Sammeln von Versteinerungen und Tieren, interessante Bilder aus dem Volksleben, eine moderne Forschungs- reise mit großen Ergebnissen, ein Buch, das jeder Gebildete, ob jung, ob alt, mitGenuß und Befriedigung lesen wird. Ausführliche bebilderte Prospekte auf Verlangen kostenlos; durch jede Buchhandlung zu beziehen F. A. BROCKHAUS / LEIPZIG Neuigkeiten und neue Auflagen Der grosse Zeitroman des heutigen Frankreichs ROMAIN ROLLANDS ROMAN-REIHE „VERZAUBERTE SEELE" Neu : Auflage 35 000 MUTTER UND SOHN Ganzleinenband RM. 8.50, Halbleinenband RM. 7.50, Halblederband RM. 10.— Wer nach den ersten beiden Bänden noch nicht davon überzeugt war, dab Romain Rolland mit der neuen groben Romanreihe „Verzauberte Seele" seinen „Johann Christoph" an künstlerischer Meister- schaft erreichen oder gar übertreffen werde, dem nimmt der eben erschienene dritte Teil „Mutter und Sohn" jeden Zweifel. Die Dichtung ist grob in ihrem Wollen, grob in ihrem Können. Kölnische Zeitung Im kleinsten Rahmen ein umfassendes erbarmungsloses Bild unserer modernen Welt i n c r r n n t u DIE FLUCHT OHNE ENDE Ganzleinenband RM. 6.50 „Die Flucht ohne Ende" ist nicht nur die ereignisreiche Flucht des ehemaligen österreichischen Ober- leutnants aus den sibirischen Wäldern durch das bolschewistische Rufeland, in dem ersieh jahrelang als Revolutionär aufhielt, zurück in das westliche Europa, auf die Pariser Boulevards, — sondern die Flucht eines intensiv lebendigen Einzelwesens aus dem Zeitalter der Masse, aus der breiten, ge- dankenlos, gespenstisch gewordenen Zivilisation. Der grosse europäische Problem-Roman ren£ schickele DAS ERBE AM RHEIN Neu: Blick auf die Vogesen, Auflage 10000 / Maria Capponi, Auflage 15000 Jeder Band gebunden in bester Ausstattung RM. 8.- Rend Schickeies neuer Roman ist ein grober Genufe und wird als Ganzes mit der vielgerühmten „Maria Capponi" zusammen als einer der wichtigsten deutschen Romane der letzten Jahre bestehen bleiben. Es ist wahrhaft ein historischer Roman der jüngsten Vergangenheit, der Nachkriegszeit. Die europäische Politik der letzten Jahre spiegelt sich darin: Die französisch-imperialistische Politik, die Ruhrbesetzung, deutsche Inflation, Faschismus. Dawes-Abkommen. Historische Gestalten wie Poincard und Stinnes ragen hinein. Das alles aufgefangen im Spiegel des kleinen Eisafe. Kurt Wolff Verlag / München 962 Rciterfries aus Prinias (Kreta). Herakleion, Museum Aus dem soeben erschienenen Band der Propyläen-Kunstgeschichte: G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike (Hellas und Rom) Aus G. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike Kopf der Braut aus dem Westgiebel des Zeustempels in Olympia, Museum Aus G. Kodenwaldt, Die Kunst der AmiKe Kopf des Maximinus Thrax. Berlin, Altes Museum Aus G. Rodenwaldt, I^ic Kunst der Antike Aphrodite aus Kyrene. Römische Kopie. Rom. Thermenmuseum BÜCHER -QUERSCHNITT E M I L LE N K , Das Liebesieben des Genies. Verlag Dr. Madaus u. Co., Rade- burg bei Dresden. Aus dem Vorwort : „Keine Summierung lasziver und zufälliger Details. Das Schwergewicht liegt in der Möglichkeit, aus der Liebeswahl eine Gleichheit im Grundsätzlichen aller Erotik zu fassen. Daneben der Versuch, das dynamische Entstehen des Kunstwerkes aus dem Erlebnis zu deuten.“ Diese Aufgabe wurde in objektivster Weise zu lösen versucht. Zwanzig der Persönlichkeiten, die uns interessieren, sind einbezogen. B. Sch. MORUS, Wie sie groß und reich wurden. Verlag Ullstein. Zehn Lebensromane, zehn Kämpfe um Macht und Gold, spannender und reicher in der Erfindung als die genialsten Abenteurerromane. Und wie bagatell- mäßig ist der Hauptkomponent „Liebe“ in diesen Schicksalen weggekommen. Irgendwo tun uns die zehn Helden, die den Schlüssel zu Macht und Ansehen gefunden haben, unsagbar leid. Wenn man dieses Werk, das in sachlicher Form die Romantik des Geldes enthüllt, zugemacht hat, versteht man unsere Zeit besser, als wenn man ein zehnbändiges Werk über wirtschaftliche Zusam- menhänge gelesen hat. RICHARD K AT Z , Ein Bummel um die Welt. Verlag Ullstein. „Bedenke, daß Du kein Archäologe bist.“ Das ist einer der erfrischenden Leit- sätze, unter denen dieser weitgereiste Weltbummler sein Buch so amüsant auf- notiert hat, daß man gar nicht merkt, wieviel Wissen und Beobachtung in diesem massiven Folianten eigentlich steckt. Da ein Abstecher nach Afrika — da einer nach Asien — man schnuppert mit Richard Katz in der Welt herum und wird zum Schluß gewahr, daß man ohne viel Kopfzerbrechen eine Unmenge Wissen um fremde Länder und Völker in sich aufgenommen hat ; das gute und reiche Bildmaterial und der schöne Druck prädestinieren das Werk zu einem Geschenkbuch, wie kaum ein anderes, geeignet, jedem Menschen Freude zu machen. Draco. M. EPSTEIN, Das Geschäft als Theater. Weltbühne. Originelle, zeitgemäße Definition dramatischer Probleme, auf vielseitiger Literatur und Theaterkenntnis basiert. ] [ . F. WOLF, Strategie der männlichen Annäherung. Ilos-Verlag, Wien. Sachliche Erörterung der hauptsächlichsten Liebesfragen und deren psycho- physische Lösung, belegt durch geschickt zitierte Beispiele. FRANK v. H U R LY , Perlen und Wilde. F. A. Brockhaus, Leipzig. Hervorragend schöne Bilder illustrieren spannend geschilderte Erlebnisse, kuriose Sitten und Gebräuche in Neu-Guinea. KURT F AB E R , Tage und Nächte in Urwald und Sierra. R. Lutz, Stuttgart. Von Bolivien, Peru und Brasilien, von Einwanderern, Dollars, Abenteuern und beglückter Heimkehr nach Deutschland. E. F. W. EBERHARD, Feminismus und Kulturuntergang. W. Brau- müller, Wien. Ein außerordentliches Buch, dessen kulturelle, soziale, ethische und sexuelle Erkenntnisse nicht laut genug verkündet werden können! Die wichtigsten Kapitel über die erotischen Grundlagen der Frauenemanzipation, deren Ziele und Auswüchse, sollte man den mehreren Geschlechtern in öffentlichen Vor- trägen begreiflich zu machen versuchen. L.Th. 963 PAUL IV I E G L E R , Die große Liebe. IV ie sie starben. Avalun- Verlag, Hellerau. Zweiundzwanzig kurze Skizzen, ebensoviel ungewöhnliche Schicksale von Persönlichkeiten, die wir zu kennen glaubten, die aber erst durch Paul Wieglers seltene Kunst der Belebung ganz greifbar vor uns hingezaubert werden. Aber wir vergessen die historische Echtheit vor der berückenden Schönheit dieser leichten Gebilde. B. Sch. ILJ A EHREN BURG, Die Liebe der Jeantie Ney. 2 Bände. Deutsch von Waldemar Jollos, Rhein-Verlag, Basel. Revolutionsroman von Moskau bis Paris, Revolutionselend von der Tscheka bis in französische Zuchthäuser, Schurken, die im Trüben des internationalen Chaos fischen und die große Liebe. Ein vielseitiges Zeitbild. Sehr gut übersetzt. JAMES JOYCE, Jugendbildnis. Rhein-Verlag, Basel. Deutsch von Georg Goyert. Kindheits- und Jugendroman von unerhörter Präzision und Ehrlichkeit bei der Bioslegung der seelischen und emotionellen Vorgänge. Man sieht das Werden einer Persönlichkeit, deren ethische Tiefe und kulturelle Weite härtesten Kampf heraufbeschwört, man erlebt gleichzeitig den religiösen und politischen Freiheitskampf Irlands intensivst mit. Eine packende Vorbereitung auf die inzwischen im gleichen Verlag erschienene Fortsetzung: den Ulysses. Der Uebersetzer wurde seiner schwierigen Aufgabe gerecht. ROBERT MICHEL, Jesus im Böhmerwald. F. G. Speidel'sche Verlags- buchhandlung, Wien. Die Legende vom Schicksal eines Knaben, der den Passionsweg Christi in heutiger Zeit zwischen Kohlenmeilern und erdhaften Menschen des Böhmer- waldes nacherlebt. Der W'ald in seiner dunklen Schwere ist die Atmosphäre dieses schönen Buches, in dem ein Dichter Natur und mystische Seelenwunder mit tiefen, vollen Farben malt. Dr. L. STORM , Virginia, deutsch von Eva Mellinger. Th. Knaur Nachf., Verlag, Berlin. Selbst wenn man mit Literatur überfüttert ist, wird man dies Buch nicht aus der Hand legen, bevor man die Vollendung der Schicksale der drei jungen Frauen, die jede einen Typ für sich darstellen, erfährt. Die Erzählung ist getragen von sehr großer Reife, sehr weiser Einsicht in die. Mängel wie die Vorzüge unserer Zeit und ihrer Menschen und ebenso zärtlicher wie selbstloser Liebe zu der Heldin des Romans, der in keine Konvention zu zwingenden und deshalb so berauschend, so rührend hilflosen kleinen, großen Virginia. Die Uebersetzung ist meisterhaft. B. Sch. Goethe- Kalender auf das Jahr 1928. Dieterichsche Verlagsbuchhandlung, Leipzig. Herausgeber Dr. Karl Heinemann und Dr. Robert Weber. Enthält außer einem Nachruf auf Dr. Karl Heinemann Interessantes über und an Karl August, eine umfassende Uebersicht über die Vertonung Goethescher Gedichte im Einzellied und die sehr reizvolle Novelle „Der Prokurator“ aus den wenig bekannten „Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter“. JAMES JOYCE, Ulysses. Rhein-Verlag. Basel. Endlich die deutsche Ausgabe dieses gigantischen Werkes von Georg Goyert kongenial besorgt. Wir verweisen auf den Aufsatz im Querschnitt Heft 2 1924 von Ezra Pound, und behalten uns eine nähere Würdigung vor. 964 Zwei Monate ist dieser Peter Panter in den Pyrenäen, an den Grenzen von Frankreich und Spanien, herumgeklettert, mit Eisenbahn und Autos gefahren, hat Stierkämpfe gesehen und Volksspiele, sich in vornehmen Luxusbädern unter noch vornehmeren Leuten und in kleinen, halb bankerotten und veralteten Badeorten gelangweilt, ist auf Mauleseln geritten, hat sich einfrieren und von der Sonne dörren lassen, in Lourdes segnen lassen, und sich in einsamen Hotelzimmern an Regentagen melancholischen Betrachtungen hingegeben. Und aus all dem hat er ein Buch gemacht, ganz in seiner Art, schnoddrig, ohne je oberflächlich zu sein, witzig, und dabei doch gut fundiert und voller Kenntnisse. Kämpferisch im besten Sinne, und so amüsant, daß man es wieder von vorn anfängt, wenn man die letzte Seite beendet hat. Aus einer Besprechung von Georg Hermann in der „ Dame “ über: PETER PANTER Ein Pyrenäenbuch Broschiert Mark 5. — Mit 33 Photographien Leinen Mark 8. — Um Reisebücher dieser Art hier zu finden, müssen wir schon bis auf Heine zurückgehen, oder auf den Grafen Pückler 1830 . Politisch untermalte Reisebücher also. Bücher, die ernst und lustig zugleich sind, witzig, frech und aggressiv, und die unter dem Vorwand einer Reise Politik treiben. Menschlichkeit propagieren und gegen die Mächte — ob sie Staat oder Religion oder sank- tionierte Dummheit heißen — Sturm laufen. ( Georg Hermann.) WALTER MEHRING Algier oder die dreizehn Oasenwunder Mit 14 Zeichnungen des Verfassers Das Ineinander der alten und der neuen Daseinsformen in Algier, des modernen und des ewigen Afrika erschaut zu haben, ist Walter Mehrings besonderes Verdienst. Broschiert Mark 4.— Leinen Mark 6.— LEO MATTHIAS Ausflug nach Mexiko Roman einer Reise Mit 14 Photographien Dies Buch ist das Werk eines Dichters, gestal- tet vom Hirn eines Philosophen, es stellt einen neuen Typus der Reiseschilderung dar und ist bestimmt, Epoche zu machen. Die liter . Welt. Pappe Mark 6. — Leinen Mark 8. — VERLAG / DIE SCHMIEDE / BERLIN JOHN DOS P A SSO S , Manhattan Transfer . S. Fischer, Berlin. Die große, rauschende Sinfonie New York mit allen dünnen und starken Stim- men, ein nie und nirgendwo kompliziertes Material. JOHN E RS K I N E , Das Privatleben der schönen Helena. Kurt Wolff Verlag, München. Mit den Augen von Mayfair gesehen. ROBERT F. G R I GGS , Das Thal der zehntausend Dämpfe . F. A. Brockhaus. Leipzig. Aufregende Berichte des mutigen Prof. Griggs über den grandiosen Vulkan- ausbruch, der dieses Tal in Alaska neu geschaffen hat. Die Expedition wurde von der National Geographie Society ausgerüstet. Reiches Bildmaterial. DER DEUTSCHEN JUGEND NEUES IVUNDERHORN. (Das Fridolin-Jahrbuch 1928.) Verlag Ullstein, Berlin. Ein außerordenlich anregendes Werk, das nach allen Gebieten des menschlichen Lebens ausgreift, die der heutigen Jugend etwas bedeuten. Nur wirklich kompe- tente, unsere besten Autoren wurden zur Mitarbeit herangezpgen. Ein sehr modernes Theaterstück neben Ausflügen nach Java oder Nordsibirien, eine Reise zum Zoologischen Garten mit Dr. Lutz Heck persönlich. Der Goldschatz der Inkas und Lindberghs Jugend. Photographie und Musik, Zeichnen und Kleben, Sport und Mechanik werden lebendig in diesem prächtigen Buch. B. Sch. EMIL WALD MANN , Die Kunst des Realismus und Impressionismus im 19. Jahrhundert. (Propyläen-Kunstgeschichte.) Waldmanns geschmeidiger Feder gelingt die Charakterisierung der großen und kleinen Persönlichkeiten dieser bedeutsamen Epoche in hervorragender Weise. Sein Maßstab ist streng und doch nicht eng. Das begrifflich Abstrakte, Dok- trinäre liegt ihm ebensowenig wie den Wirklichkeitsmalern, denen seine Dar- stellung gewidmet ist. Er beginnt mit den frühen Realisten, die zugleich noch Romantiker sind, und verfolgt die Entwicklung über die großen Höhepunkte bis zum Abklingen der impressionistischen Welle um die Jahrhundertwende mit dem Heraufkommen des neuen Stils. Die Illustrierung des Bandes ist, wie bei den übrigen Bänden dieser monumentalen Reihe, lobenswert und erfreulich in ihrer Reichhaltigkeit. Hervorzuheben sind die zahlreichen farbigen Tafeln, die denen, die keine Möglichkeit haben, die Werke selbst zu sehen, immerhin eine annähernde Vorstellung von dem Momentanen, Schwingenden, Atmosphärischen der Freilichtmalerei zu geben vermögen. C. F. R. NEUERSCHEINUNGEN ^ V. v. Grünewaldt . . . Karl Chr. Schneider . Prof. Dr. F ranz Strunz Prof. Dr. Franz Strunz VON MESMER ZU COUE Zur Geschichte der suggest. Heilmethoden, kart.M 3.80, Leinen M 5.80 GESCHICHTE DER ALCHYMIE Heraus#, v. Prof. Dr. F. Strunz, Wien. Brosch. M 10.-, Leinen M 12- JOHANNES HUS Kartoniert M 6.-, Leinen M 8- ASTROLOGIE, ALCHYMIE, MYSTIK Kartoniert M 6.-, Leinen M 7.50 OTTO WILHELM BARTH-VERLAG G.M.B.H., MÜNCHEN-PLANEGG 966 MAX B R O D , Die Frau , nach der man sich sehnt. Paul Zsolnay Verlag, Wien. Sie ist zwar durchaus nicht die Frau, nach der die heute übliche Sehnsucht geht. Sie und ihr Partner sind romantische Gestalten in Reinkultur, ihre Atmosphäre ist, wenn auch getragen von heutiger Zivilisation, so doch nicht von ihr umgestaltet. Aber innerhalb dieser hermetischen Abgeschlossenheit sind diese Menschen und ihre aufregenden Schicksale überzeugend gestaltet, die Sprache des Buches meisterhaft. B. Sch. JACQUES L O M B A R D , La Route obsture. Alphonse Lemerre, Paris, dem- nächst deutsch im J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. W. Wie in anderen berühmten französischen Abenteuerromanen bildet für eine Gesellschaft internationaler Aristokraten und Abenteurer das asiatische Rußland, diesmal Turkestan, den wirksamen Hintergrund. Eine vornehme, russisch- französische Wünschelrutengängerin. Daneben ein smartes, hypermodernes, eng- lisches Girl, englische Lords und Sowjetleute, räuberische Kirgisen, Tataren und Kurden, vornehme Diener und drollige Gelehrte, alles wird durcheinander- gewirbelt und durch spannende Abenteuer geschickt zum happy end geführt. ,,P O L I T I K UND GESELLSCHAF T." Herausgeber Walter Schotte und Edgar v. Schmidt-Pauli. Böse Beispiele verderben gute Sitten. Walter Schotte, bisher Herausgeber der erzseriösen „Preußischen Jahrbücher“, ist jetzt auch unter die Herausgeber der aggressiven Gesellschaftsblätter gegangen. Aber nur die Hälfte ist so und dies in eleganter, liebenswürdig überlegener Form (seine Waffe ist, wie er selbst sagt, das Florett, das treffen, aber nicht verletzen soll). „Die andere Hälfte des Heftes befaßt sich mit den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftspoliti- schen Problemen der Zeit aus ganz großen nationalen Gesichtspunkten heraus und erhellt damit dem Laien unbekannte Gebiete. Die Mitarbeiter für die Theater-, Film-, Musik- und Tanzglossen sind ebenso sorgfältig gewählt wie die für den Hauptteil. B.Sch. R. v. REZNICEK , Die Auferstehung der Dame. Dieck & Co., Stuttgart. Die noch so junge und daher so routinierte Praktikerin des Lebens weiß unheim- lich viel über uns und für uns. Und alles restlos, alles sagt sie in diesem Buch, sagt es unmittelbar und intim wie in einer ungestörten Plauderei zweier Freundinnen, die einander nicht zu fürchten brauchen (kommt vor!). Dabei ist die Ausstattung des Buches im Einband und den zahllosen Bildbeigaben zeit- gemäßer Künstler von nicht zu übertreffender Eleganz. B. Sch. B. Sch. Diese drei Novellen enthält der Band RUTTEN & LOENINC VERLAG / FRANKFURT A.M. Dämonen und Narren von Heinrich Eduard Jacob 967 R E rche zu leisten vermöge.“ (Aus einer großen Provinzzeitung.) Kopfzeile in der Detroit News: „In Schnaps gesteckte Blumen werden betrunken.“ Verordnung des Stadtrates von Long Beach, einem Vororte von Hollywood: „Niemand soll sich mit Liebkosungen, Umarmungen, offenkundigen Schmeiche- leien, Tätscheleien, Küssen zwischen ihm und einer Person oder Personen des anderen Geschlechtes in, auf oder nahe einem öffentlichen Park, Hofe, Wege, Platze, einer Straße, Allee oder der Strandpromenade oder irgendeinem anderen öffentlichen Orte in der Stadt Long Beach entlassen, und keine Person darf mit dem Kopf oder irgendeinem anderen Körperteil auf irgendeinem Körper- teile von Personen des anderen Geschlechtes auf oder in der Nähe irgend- eines der genannten Orte sitzen oder liegen.“ SCHIEDMAYEM Piamofortefalbrik STUTTGART, Neckarstr. 12 (Ecke Ulrichstr.) BERLIN W Potsdamer Str. 27 B ALTBACH bei STUTTGART Seit dem Jahre 1735 und in der sechsten Generation tat die Familie Sdiicdmayer im Instrumentenbau tätig. FLÜGEL • PIANINOS • HARMONIUM (Meisterharmoniura • CELESTA). Bald 60000 Instrumente von Kennern wie Bülow, Careno, Claire Dux, Sigrid Onegin, Franz Sdireker, Josef Schwarz, Richard Strauß gespielt, beweisen täglich die Wahrheit unseres Leit wortes: In höchster Vollendung. Unsere neuen kleinen Flügel- und Pianino-Modelle erlauben bei entgegenkommenden Zahlungsbedingungen jedem den Kauf eines unserer weltberühmten Instrumente, 6 Grands Prix, zuletzt in Genf, Mai 1927, Staatspreis des Deutschen Reichs, Gold. Medaille in Frankfurt a. M. Aug. 1927. 9/2 Reklamezettel eines Instituts für Geselligkeit. Damit allzu heftige Meinungsverschiedenheiten zwischen den Teilnehmern vermieden werden, teilt das Institut mit, unter welchen Devisen man sich wohlfühlen wird: For Old Age Pensions, Hot lunches for school children, Free Motherhood, Paper Bag Cookery, Bone dry law, World court, Fletcherism, Single Tax, City Manager plan, Army and Navy, McNary-Haugen, Babe Ruth, Free Verse, Man Act, Montessori Method, Abolition of Grade Crossings, Deep Breathing, Freedom for Armenians, Relief for the Jews, The Working Girl, a College of osteopathy in Emporia, Free Beer, 150 cigarettes. Against the twilight sleep, Limitation of campaign expenditures, Ku Klux Klan, Birth Control, League of Nations, Government Operation of mail planes, Bishop Manning, Rum Runners, Compulsory military training, Crystal Gazing, Chiropractic, Christian Science, The Go-Go Birds, Voodooism, Immigration, N. Y. Stock Ex., Woman Suffrage, Nebular Hypothesis, The drainage ditch, Recognition of Russia, Evolution, Leopold and Loeb, Speed Limits, Law of Gravity, Child Labor Laws, Branch Banking, and the Temptation of St. Anthony. Otto H. Kahn in einer Ansprache in Boston: „Kunst ist Demokratie im letzten und wahrsten Sinne des Wortes. Kunst zahlt Dividende in Dollar und Cent. Die Kunstliebe der alten Franzosen und Italiener bringt jetzt Mil- lionen von Dollars in ihre Länder. Ich glaube, es gibt auch in den Ver- einigten Staaten Millionen von ganz einfachen Bürgern jetzt, deren Herzen nach Kunst hungern.“ Arthur Isaacson aus Deer Creek wurde verhaftet und mit 20 Dollar be- straft, weil er in der Kirche zu laut „Amen“ gesagt hatte. Isaacson besuchte die Union Church in Oakvally mit anderen jungen Leuten. Während des 973 Gottesdienstes gerieten sie in einen solchen Enthusiasmus, daß sie den Priester laut und häufig, ,,Amen“ rufend, unterbrachen. Es wurde dem jungen Mann bedeutet, daß religiöse Inbrunst nicht durch Stimmaufwand, sondern durch innere Sammlung in Erscheinung zu treten hätte. Der moderne amerikanische Maler ist ein inferiores Geschöpf. Er ist dumm und blöd und dünkelhaft, ein Kerl, der außerhalb der Gesellschaft steht, der in erbärmlichen Quartieren haust, zwischen ihnen und seinem Händler hin und herläuft und wie ein Schaf von Seele, von seiner Armut und seinem unverstandenen Genius blökt. Wenn er ein paar Pfennige hat, saust er ab nach Europa, um sein empfindliches Gemüt in die Atmosphäre der Vergangen- heit zu tauchen oder um sich in den Künstlerkneipen von Paris zu zerstreuen. Von allen, die sich mit Kunst beschäftigen, ist der Maler der unlebendigste. Kein Mensch von Verstand und Bildung könnte sein Dasein auf Dinge ver- schwenden, die nicht nur gänzlich unbedeutend, sondern auch nicht die ge- ringste Verbindung mehr mit dem heutigen Leben haben. Das große Publikum hat keine Vorstellung von der Schwäche, Dummheit und Ignoranz der Maler. Aber er selbst ist noch stolz auf diese Eigenschaften. In jeder Gesellschaft ist er eine Null, und anstatt modernen Problemen ins Gesicht zu schauen, grübelt er in seinem Atelier und betet die rohen Kunstprodukte der Wilden und die Zeichnungen der Kannibalen an. Dabei hört man manchmal noch die wahnsinnige Ueberschätzung, daß er der Aristokrat in der Kunst wäre. Wenn das Publikum wirklich Bilder gebrauchen könnte und die Kritik auch nur etwas intelligenter wäre, würde es ja einen solchen Zustand gar nicht geben. Der Maler, dumm wie er ist, liest entweder nichts oder versteht nichts, aber er ist riesig beeindruckt von seinen Patronen, den Kunstschrift- stellern; das Publikum ist indifferent oder benebelt, und die Meinung über Kunst ist so tief gesunken wie nur jemals, ein Zustand, der nicht mehr lange bestehen kann. Solange nicht das Malen wieder Angelegenheit von Leuten mit schöpferischem Verstand wird, anstatt nur denen überlassen zu bleiben, die sich ,,rein dem Gefühl“ ergeben und sentimental im Dunkel herumtappen, ist es dazu bestimmt, ein Torenspiel für Amateure und Mannweiber zu sein. (American Mcrcury.) Für Cecil B. De Mille, den Filmregisseur, war es sehr schwer, seine Schauspielerin Dorothee Cumming, die die Mutter Gottes in seinem neuen Ihre Physiologie, Psychologie, Hygiene und Eugenik Ein biologisches Ehebuch Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von Dr. Max Marcuse. 1927. Qeh. RM 18. — , in Leinen gbd. RM 20. — Ein umfassendes, in jeder Beziehung wertvolles Buch. Auch die Frau sollte diese Bibel der Ehe lesen. „Kölnisches Tageblatt“ Ausführlicher Prospekt steht gern kostenlos zur Verfügung A. Marcus & Weber's Verlag, Berlin W10, Genthiner Straße 38 974 Film „Der König der Könige“ darstellt, dahin zu kriegen, die Szene während der Kreuzigung mit vollstem Realismus zu spielen. Als eines Tages Fräulein Cumming erscheinen sollte, um die Szene noch einmal durchzugehen, hörte De Mille, daß die Schauspielerin nicht kommen könne, weil ihr Vater heute morgen gestorben wäre. „Großartig,“ rief De Mille, „Auto! Und her mit ihr!“ Man brachte sie ins Atelier, und die Szene wurde von der Schau- spielerin in der Verfassung gedreht, die De Mille gerade von ihr haben wollte. Ein Provinzler, wenige Tage in New York, stürzt auf einen Freund zu und sagte ihm voller Erregung: „Morgen gibt’s eine große Sache auf dem Broadway. Ein vollkommen nacktes Mädchen wird um zwei Uhr nachmittags auf einem Pferd durch die Straßen reiten.“ — „Großartig,“ sagte der New- Yorker, „ich werde auch da sein, ich habe schon seit Jahren kein Pferd mehr gesehen.“ (Variety.) Queens College. Die Pi Delta Literarische Gesellschaft begann ihre regel- mäßigen Zusammenkünfte am Sonnabend abend um 7 Uhr. Fräulein Sun- shine Cathcart präsidierte, übergab aber dann den Vorsitz an die Vizepräsi- dentin Fräulein Friendship Brow. Das Programm des Abends wurde aus dem Stegreif zusammengestellt. Zuerst entstand eine Debatte über die Liebe. Allgemein wurde die Ansicht vertreten, daß es leichter sei, in einem Ford Liebe zu machen als in einem Einspänner. (The Nation Michigan.) Handschüttelwettkampf! Ungefähr 60 Damen und Herren besuchten die Cabaret-Variete-Vorstellung des Damenklubs bei Gaidos. Laut Programm wurde ein Handschüttelwettkampf vorgeführt: Alle Herren wurden auf- gefordert, möglichst vielen Damen innerhalb einer Minute die Hand zu schütteln. Herr I. M. Parke gewann den 1. Preis mit 7 4 Händedrücken. (Galveston Texas.) Lindbergh. Zwischen dem 21. Mai und dem 17. Juni hat Lindbergh, wie sich jetzt nach monatelanger Zählung herausstellt, drei Millionen fünfhundert- tausend Briefe, einhunderttausend Telegramme und vierzehntausend Pakete be- kommen. Immer noch ist ein Rudel von Sekretären und Postbeamten mit dem Sortieren beschäftigt. Weiterhin treffen täglich durchschnittlich ein- hundertfünfundsiebzig Briefe ein. Jeder zwanzigste Brief enthält ein Ge- dicht. An Rückporto wurden bisher Marken im Werte von zehntausend Dollar gefunden. Vierhundert Lindbergh schrieben, sie seien nahe mit „Lindy“ ver- wandt. lUnöerfptel^cug aus alttvEeü Eine Geschichte des Spielzeugs von Karl Gröber Mit 12 farbigen Lichtdrucken und etwa 300 schwarzen Bildern. Preis in Ganzleinen mit Silberprägung M 32. — . Vorzugsausgabe in Ganzpergament (Num. 1-100) M 75. — . Diese Geschichte des Spielzeugs, die erste in deutscher Sprache, behandelt das Kinderspielzeug hauptsächlich in Europa von der Antike bis zum Beginn der fa- brikmäßigen Herstellung. Der Verfasser hat ein Material von überwältigender Fülle und Vielseitigkeit auf jahrelangen Reisen aus den großen europäischen und amerikanischen Sammlungen zusammengebracht. Nach Inhalt und Ausstattung handelt es sich um ein Gesobenkwerk von einzigartig hohem Rang. Deutscher Kunstverlag / Berlin W 8, Wilhelmstraße 69 96 Vol. 7 975 SCHALLPLATTEN-QUERSCHNITT Tanzplatten. „Because 1 love you “, Waltz ( Irving , Berlin), Odeon 2163. Rückseite: „ Jeanette , Valse Boston (H. Mertes). Dajos Bela-Kapelle. Musikalisch vornehme Ver- arbeitung populärer Wendungen. , y Bananen-Rut scher“ , Bananas Slide (Paddy), Brunswick 21017. Wer etwas auf sich hält, muß diesen Rutscher kennen und können. — Rückseite: ,, Fröhliche Stun- den“, Fox-Blues ( Povedano) . E. Schachmeister-Orchester, Hübsche Kombi- nation, besonders geeignet für Schwipslaune. „H allein j ah“ , Fox - Charleston (Robin). Odeon 2225 . Russifizierte Themen, Glockengeläute, unaufhaltsames Tempo. — Rückseite: „So blue C( (de Sylva). Dajos Bela-Orchester. Impressionistischer Waltz. ,, Russian Lullaby“ , Waltz (Berlin) mit Gesang. Lindström A. 4519. — Rückseite: „C’est vous“ (Green) mit Gesang. Perry-Or ehester. Kein Tanzen ohne diese beiden neuen Pieees de Resistance. Sehr komisch das Amerikanisch-Franzö- sisch des Tenors. „Muddy Water fC , Foxtrot ( Rose-Richmann) . Savoy-Syncops-Or ehester. Brunswick 21035. — Rückseite: „Pm looking for a girl namened Mary“, Walt 2. Grotesk- sprunghafte Novität. Boulangers Foxtrots klingen anders! ,,Rio Rita“*), Slow Fox, Electrola E. G. 452. Zugkräftige Melodik, angenehme Rhythmik. — Rückseite: „The Kinkayou“ , Charleston. Shilkr et -Orchester. Vor- trefflicher Prestogesang und energiegeladener Schmiß. Diversa. „Ungarischer Tanz Nr. 1 “ (Brahms- Joachim) , Violine: Hubermann, mit Klavier. — Rückseite: „Ronde des Lutins “ (Bazzini). Brunswick B. 7579. — Genußreiche Vereinigung von schönem Ton und sensationeller Technik. *) A n m. : Schnelles Tempo nehmen! UNSERE NEUE GROSSE FILIALE: TAUENTZIENSTR. 14 IST ERÖFFNET! 15 Vorführräume, ein großer Konzertsaal, nach den modernsten Entwürfen von erster Künstlerhand, wird diese unsere neue Berliner Westen Filiale als eine Sehens- würdigkeit Groß-Berlins erscheinen lassen. RAMMOPHON SPEZIALHAUS Ss Berlin, Tauentzienstr. 14 und Friedrichstr.189 sind die Räume bedeutend erweitert. Breslau, Gartenstraße 47. Düsseldorf. Königsallee 38-40. Elberfeld, Herzogstraße 30. Essen, Kom- markt 23. Kiel. Holstenstraße 40. Köln a. Rhein, Hohe Straße 150. Königsberg 1. Preußen. Junker- straße 12. Leipzig, Markgrafenstraße 6 (im Hause Pohlich). Nürnberg, Königstraße 63. Wien I, Graben 29 a (Trattnerhof II) und Getreidemarkt 10. 976 „Apres un Reve“ (Faure). Cello: Piatigorski , mit Klavier: Szreter. — Rückseite: „ Chanson Villageoise" (Popper). Odeon 2224. — Keine Amati-Geige, sondern ein richtiges Cello, allerdings verblüffend gehandhabt. Singende Säge!*) , .Gesang der IVolgaschlepper“ und „Wolgalied". Dr. Frede - rieh mit Instrumental-Trio. Odeon A. 45407. — Wundervolle Klangwirkung: für moderne Orchestrierung warm zu empfehlen. American Duett ist s: Layton und Johnstone m. Klav. „Pretty Utile thing". — Rück- seite: „ Southwind" . Columbia 4408. — Allerliebste Schlager, in Gesang, Klavier und Text unwiderstehlich. The Merrymakers! „ Blue skies" (Berlin) und „Mine" (de Sylva) m. Klav. Bruns- wick A. 455. — Aeußerst delikate Sing- und Summ-Stückchen mit frauenhaft zartem Tenor. „ Hawaii an Love Nest " (Sherwood) und „Can you bring back the heart I gave you " (Clay). Hawaiian Guitars. Brunswick A. 554. — Fernöstliche Heimwehweise und Tiroler Schnadahüpfln sind nicht so weit auseinander, wie man glaubt. „ Romance “ (Wieniawski). — Rückseite: „ Legende naive"*) (Longen). Violine: Y. Bratza, mit Klavier. Columbia L. 2984. — Blühender Ton, slawischer Rhythmus, sympathische Unterhaltungsmusik. „Alpenrosen" , IV alzer ( Lanner). — Rückseite : „Walzer-Intermezzo"* ) (T ranslateur). E. Lorand-Or che st er. Parlophon 9152. — Die populäre Fiedlerin suggeriert Prateratmosphäre und Frühlingsstimmung. „Zigeunerchor" (Verdi. Troubadour). — Rückseite: „Soldatenchor" (Gounod, Mar- garete. Scala-Chor mit Orchester. E. G. 447. — Auch ohne das visuelle Bild der Oper behalten diese Chöre hochdramatische Ausdruckskraft. Gesang „Mädchen mit dem roten Mündcheu" (Gail). — Rückseite: „Winterlied" (l . Koß). Tauber , mit Orchester. Odeon 831g. — Zwei Kabinettstücke, die den mit Recht so beliebten Tenor als kultivierten Liedsänger zeigen. „Le Sonnambula" (Bellini). — Rückseite: „Lucia di Lamrnermoor"**) (Donizetti). Sextett , Scala-Chor und Orchester. Columbia L. 1902. — Interessante Remi- niszenz an Glanzzeiten des Operngesanges ! Trotz einiger Schwächen mitfort- reißendes Ensemble. *) A n m. : Schnelles Tempo nehmen! **) A n in. : Lautton-Nadel nehmen. ELECTROLA BRINGT BESTE MUSIK IN JEDES HEIM. BERLIN W.81EIPZIGERSTR.25+KURFÜRSTENDAMM 55 FRANKFURT A.MAIN + KÖLN A. RHEIN 977 „Donna e mobile 1 *. — Rückseite: „Freundlich blick ich (l erdi-Rigoletto). 1 auber, mit Orchester. Odeon 4950 . — Superb! Warum hören wir Tauber als Herzog im „Rigoletto“ nur auf Platten? „Adamast or-Ballade“ (Meyerbeer- Afrikanerin). — Rückseite: „Lied des T orero * ) (Bizet-C armen). Titta Ruffo, mit Orchester und Chor. Electrola D. B . 406. Immer noch erstaunliche Reste früherer Stimmherrlichkeit. Großartige Musik von Meyerbeer ! „Faktotum- Arie <{ (Rossini-Barbier). — Rückseite: „Da ich nun verlassen soll * ) (Gounod-Margarete). Titta Ruffo , mit Orchester. Electrola D. B. 405. — Un- nachahmliche Phrasierung. Beneidenswerte Volubilität. Beide Platten äußerst hörenswert. Märsche. Parademarsch, von J. Möllendorf. — Rückseite: Präsentiermarsch , „Großer Kur- fürst t{ (v.Moltke). Polyphon 3129. — Zwei besonders eindrucksvolle Märsche, deren ariose Mittelsätze zu Herzen gehen. Unvergeßlich das Trio im Möllen- dorfer ! Radetzkymarsch (J. Strauß). — Rückseite: Heeresmarsch Nr. 118 (G. Meyerbeer) IV achttruppe Berlin. Polyphon 9144 . — Federndes Tsching-Bum spendet ge- sunde Erheiterung. „Marche Pompeuse u (Becker). — Rückseite: „The Midget and the Hippopotamus ' (Kottun). Columbia 4455. — Man darf bei dieser handgreiflichen Rhythmik und lustigen Illustrierung nicht an die Mystik altpreußischer Märsche denken. Orchester. „Das N achtlager von Granada“ (Kreutzer). Gr. Symphonie-Orchester (Dr. Weiß- mann). Odeon 6545. — ■ Weihnachtsbitte an berühmte Dirigenten: statt der Eroica einmal diese entzückende Ouvertüre aufzuführen!! csamunde“***), Ballett-Musik (Schubert). Staatskapelle : Kleiber. Grammophon £6598. — Eminent tänzerische, klanglich fast zu diskrete Wiedergabe. ein Mab“ ( Berlioz-Romeo). Halle-Orchestra. Columbia L. 1989. — Man ver- säume nicht, dies Wunder von subtiler und aparter Instrumentierung kennen- zulernen. Technisch gut reproduziert. A u c h ein Weihnachtswunsch an Dirigenten. „Schöne Galathee“** ) (v. Suppe). Großes Symphonie-Orchester unter Arthur Bo- danzky. Pcrlophon 9149. — Sehr anregend zu hören, wie der Mahler-Jünger und Dirigent der Metropolitan - Oper diese reizvolle Musik gestaltet. **) A n m. : Lautton-Nadel nehmen. ***) A n m. : Keine Lautton-Nadel. 978 Für den Weihnachtstisch EIECTROVOX MUSIKPLATTEN Elektrische Großraum-Aufnahmen Große Lautstärke + Edle Klangfärbung Kein störendes Nebengeräusch Weihnachts-Lieder gesungen von der Berliner Liedertafel Herrliche Orgel-Aufnahmen von Prof. Walter Fischer Vorspiel bereitwilligst VOX-Fabrikate sind in allen besseren Ge- schäften der Musikwarenbranche erhältlich. Nachweis bereitwilligst durch die VOX-Schallplatten- und Sprechmaschinen A.G. Berlin W 35, Potsdamer Straße 39 a. GALERIE INTERNATIONALE G. M. B. H. BERLIN W 35 84 LÜTZOWSTRASSE 84 / TELEPHONE LÜTZOW 34S1 DEZEMBER- AUSSTELLUNG: DAS MODERNE STILLEBEN ALTE MEISTER MODERNE KUNST Soeben erschienen : 3etl$enoffe Der neue China-Roman von Erich v. Salzmann Mark 6. — in Leinen gebunden Der seit vielen Jahren in China lebende \ erfasset* — einer dct besten Kenner des Landes — schildert in spannender eise den Zu- VERLAGS- sammenprall des chinesischen Menschen mit dem Fremden. In Fo g 'jp verkörpert sich das junge China, das erwacht, vorwärtsschreiten wird HERMANN KLEMM A.-G. / BE RLIN-G RUNEWALD DER ANSPRUCHSVOLLE Buch • Verleger läßt binden bei CARL EINBRODT GROSSBUCH BINDEREI ^»LEIPZIG RUSSISCHE FILMKUNST Text von Alfred Kerr 32 Seiten Text und 144Tafeln in Kupiertiefdruck. Ganzleinenband mit künstlerischem Offsetdruck Das erste wesentliche Werk über moderne Filmkunst. Preis RM 15 ERNST POLLAK VERLAS, BERLIN -CHARLOTTENBURG 4 Goethe- Buchhandlung jetzt : Leipziger Str. 120 gegenüber Herpich Für den Weihnachtstisch: Reichhaltiges Lager in schöner Literal ur. Bücher jeder Wissen- schaft. Bibliophilie. Luxus- und Pressen- drucke. 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Das Buch erschien anläßlich der zwanzigjährigen Tätigkeit des international berühmten Berliner Architekten, dessen zum Großteil bisher unveröffentlichtes Gesamtschaffen bis in die jüngste Schaffenszeit hier erstmalig geschlossen gezeigt wird. ERNST POLLAK VERLAG, BERLIN - CHARLOTTENBURG 4 Der Dichter moderner Frauentypen Der starke Erzähler in zwei Sprachen BENNO VIGNY läßt soeben zwei überragende Romane erscheinen die von der gesamten Presse begeistert aufgenommen wurden . NELL JOHN Roman einer Verjüngten Kartoniert RM 4.50 Ganzleinen RM 6 — »...Französischer Esprit und Kultur vereinen sich mit einer ^Yiener Feinfühligkeit und Delikatesse zu einem Meisterwerk, das vor allen Dingen die Frauenwelt hinreißen wird « 8 L hi -Abendblatt, Bl i. ». . . nie ist der Autor ein kalter Macher, sondern stets ein selbst Hmgerissener der einen mitreißt .« Lion Feuchtwan ger in » Die Uame «. ». . Vignv trägt den Leser aus der Realität hinaus in das Zauberreieh der Romantik . er ist ein Zauberkünstler, der uns durch den hinreißenden Schwung zu fesseln vermag . . .« , , ^ , * ». . . dieser Roman wird von Hunderttausenden verschlungen werden . er hat ein rasendes atembeklemmendes Tempo . . hält den Leser vom ersten bis zum letzten \\ ort mit bri^ler Faust an der Kehle . . .« Richard Specht in »,W Freie Pnssc«, B un ». . . dieser Roman ist ein unglaublich spannendes Märchen, das es an moderner Romantik mit jeder Abenteuergeschichte aufnehmen kann . . . em Buch, dessen Pubhkumserfol„ sicher J ^ _\ fues // lener l agoiatt . » Mit den Mitteln schärfster Psychologie werden hier Spannungen und Abenteuer. Gesell- schaftskritik und Menschenbeobachtung, Triebhaftigkeit und unüberwindliche Hemmungen zu einer mitreißenden Handlung verdichtet . . .« Fred A. Anger may er im »/T lener Tag*. » fesselnd, ergreifend, schwungvoll geschrieben, wird das Werk Aufsehen und Befriedigung schaffen, denn es ist ein Menschheitsdokument . . .« Der li eg, » ien. AMY JOLLY Die Frau aus Marrakesch Der fesselnde Marokkoroman »Das Buch ist ein Kulturdokument . . wächst zu einem großartigen Sittengemälde, zu einem Roman entfesselter Leidenschaften. Es sind Gestalten in diesem Buche, die den großen Figuren eines Balzac oder Zola nicht allzu fern sind . . .« Hamburger Fremdenblatt. ». . . Seine Amv Jolly. die kleine Sängerin in Marokko, ist eine Figur, die dem Leser mit ihren beiden kleinen Füßen sofort ins Herz springt . . .« Fester Lloyd , Budapest ». Das Buch ist von einem gewaltigen Durchmesser durch alle Gebiete menschlichen Seelen- lebens .« Berliner Bö r sen-Zeitung. »Ein Marokkoroman, in dem sich ein Franzose mit der abendländischen Kultur auseinandersetzt und leidenschaftlich die Rechte des weiblichen Herzens verteidigt. . .« Westermanns Monatshefte. ». . . Ein ungemein sympathisches, frisches, lebendiges Buch voll Kraft und zartem Reiz . . . Ein erstaunlich gutes und starkes Buch . . .« 8 Uhr- Abendblatt, Berlin. ». . . Ein Roman yon Bedeutung, der bleibenden Wert hat • # Freie Presse , Lodz. ». . . hier lesen wir eine große Reportage der afrik. Kolonialetappe ' . .« Welt am Abend , Berlin . ». . . und dann das Schönste: Eine weiche Melancholie, die um Erfüllung wie um Verzicht aus den Herzen, aus Schmutz wie aus Erhebung, aufblüht, orchideenhaft fremdartig, pittoresk, von den in Wüstenglut verzitternden Horizonten Marokkos umgürtet, in deren Molochofen sie manchmal zu einer schwarz flammendenVerzweiflung verkocht. Norbert Jacques , Berliner Bör sen-Courier. »Aus eigenem Erleben erwuchs dieser Roman ... zu einer wahrhaften Dichtung . . ein Aben- teurerbuch von bestechender Gewaltsamkeit des Inhalts und des Stils . . . Amv Jollv ist ein Typ der Frauen, die uns verdorben haben, und die wir dennoch segnen werden. Diesen Marokko- roman Vignys wünsche ich vielen in die Hände.« Brandenburger Zeitung. ». . .Amy Jolly ist ein Stück Leben, ein wahres Frauenschicksal . . . erschütternder Bericht . . .vonVigny wirklich fesselnd dargestellt . . . Amy Jolly hat unsere menschliche Anteilnahme.« Dresdner Nach-, ». . . Seitdem Claude Farrere seine Kulturmenschen« geschrieben hat. ist wohl diese Seite der französischen culture so schonungslos nicht behandelt worden.« Neues Tageblatt t Stuttgart. ». . . Dieses Buch ist bisher auch Vignys bestes . . . Das Buch ist von ebensoviel Spannung als Stimmung erfüllt.« Sächsische Staatszeitung. ». . . Solange man das Buch in Händen hält, ist man wirklich in jenem Lande der Verdammnis, weilt wirklich unter diesen kraftvollen und rücksichtslosen Kolonial menschen. Die Post aus Deutschland. ». . . persönlich erlebt ist alles in diesem Buche, das in jedem Sinn ein üoeument humain zu nennen ist und über das bloße Tagesinteresse hinaus künstlerischen Wert besitzt« Neue Freie t*resse , Wien. ». . . ein Roman von Bedeutung. . . . ein Bekenntnis an alle die Frauen, die durch den Mann gelitten haben.« Theater - und Musik-Correspondenz, Wien. »Beide Bücher gehören zu denen, die es verdienen, daß man sie zu aufmerksamer Lektüre in die Hand nimmt, da man sie nicht ohne Gewinn fortlegt« Berliner Bör sen-Zeitung. WELTßUCHER-VERLAG / BERLIN-FRIEDENAU DATE DUE T DUE RETURN ED 1 KING PRESS NO 306